St. Ingberler Anzeiger.
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43 139. Samstag, den 2. September 1876.
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Deutsches Reich.
München, 30. August. Der deutsche Kaifer hat dem Ge—
neral v. d. Tann das Großkreuz des rothen Adlerordens ver—
iehen.
München, 30. Aug. Das Staatsministerium der Finanzen
zbt unterm 24. d. M. bekannt: Für Einlösung der unverzins—
ichen Kassen-Anweisungen, welche zufolse der Gesetze vom 4. Sep⸗
ember 1866 und vom 21. Juni 1870 in Asschritten zu 50, 5
ind 2 Gulden ausgegeben worden sind, wird hiemit auf Grund
zer deßfalls im 8 19 des Finanzgesetzes vom 29. Juli 1876 4*
roffenen Bestimmungen eine mit dem 29. September 1877 endeude
Zräclusivfrist festgesetzt. Rach Ablauf dieser Frist werden alle kis
zohin nicht eingelösten Kassa-Auweisungen der bezeichneten Gitiungen
s gänzlich werthlos betrachtet; sie können daher nach dem, Frist⸗
blauf irgend einen Anjpcuch an den Staat oder die Staatsschul
ꝛentilgungsanstalt nicht mehr begründen und es darf weder nach—
caͤgliche Einlösurg notz eine Annahme an Zahlungsstatt bei deu
Staatstassen weiter stattfinden. Mit Rücksicht hierauf ergeht wieders
jolt die Aufforderung, derartige Kassa-Anweisungen während der
»bigen Aunahmefrist bei einer der Finanzv rwaltung unterstellten
dassa in Zahlung zu geben oder bei einer der noch na hbezeichneten
Stellen zur Umwechtlung zu bringen. Die Annahme und Um—
vechslung erfolge zu den nach Art. 14 8 2 des Prünzgesetzes ich
erechnen den Werthea, nämlich für einz'elne Stücke von 50 fl. zu
35 M. 71 Pfg., von 5 fl. zu 8 M. 87 Pfg., von 2 fl. zu 3M.
3 Pfg. Abgenützte und beschädigte Stücke werden nur daun
uagenommen und umgewechselt, wenn die Aechtheit und der Werth—
etrag unzweifelhaft zu erkennen sind und wenn die Gewißheit er—
angt wird, daß kein Mißbrauch mit den etwa fehlenden Stücken
tattfinden könne. Die Eatscheidung hierüber steht der k. Staats—
hhuldentilgungs Kommission dahier zzy. Die Kassen, bei welchen
ayerische Kassa-Anweisungen bis 29. Sepiember 1877 umge—
oechselt werder, sind: 1) kgl. Staatsschuldentilgungs-Haupttassa in
Runchen und k. Hauptbank in Nürnberg, 2) insowen die Kassen⸗
nestände der nachfolgenden Kassen ausreichen bei den k. Staats-
chuldentilgungs⸗ Spezialkassen in Augsburg, Nürnbeig und Würz⸗
uurg, kal. Kreiskassen in Ausbach, Augsburg, Bayreuth, Landshut.
München, Regensbvura, Speyer und Würzdurg, kgl. Filialbanken in
Imberg, Ansbach, Augsburg, Bamberg, Bayreuth, Hof, Ladwigs—
afen, München, Passau, Rejensburg, Schweinfurt, Straubing und
Bürzburg, 3) vermittlungsweise bei allen k. Rentämiern, welde sich
icht mit einer der vorgenannten Kassen am nämlichen Orte befinden.
Alteglofsdein, 28. Aug. Der Aptheilungschef im Kriegs⸗
mnisterium Oderst Robert v. Xylander ist in Regensburg ein—
etroffen, um dem deutschen Kronprinzen während der Inspection
er Kavallerie-Divisionen zur Dienstleistung zugetheilt zu werden. —
im den Kevallerie-Manövern beizuwohnen, sind bis jetzt nach⸗
ehende fremde Offiziere hier engetroffen: Major v. Carras und
dittmeistet v. Moser der württembergischen Reiterri und Hauptmann
zadt des schwedischen Generalstabes. Wie ich höre, follen auch
och mehrere höhere preußische Offiziere erwariet werden.
Berhin, 29. August. Die Novelle zum Strafgesetzbuch
rdnet betanntlich an, daß Kinder unter 12 Jahren, die ihrer Un⸗
arechnungsfähigkeit halber dem strafrechtlichen Verfahren nicht untet—
vorfen sind, wenn sie sich einer strafbaren Haudlung schuldig ge—
lacht haben, in eine Erziehungs- oder Besfserungsanstalt verbracht
virden sollen. Nun wird von der Regierung die Frage erwogen,
dd, wenn die bestehenden Anstalten dieser Art nicht ausreichen, be⸗
ondere Erziehungsanstalten zu diesem Zwecke errichtet werden sollen,
der ob es statthaft erscheint, die jugendlichen Delinquenten auch in
jamilien unterzubringen. Zu einein Enlschluß scheint man einst⸗
neilen noch n'cht gekommen ju sein.
Unter deim Vorsiß des Minssterialdirektors im prieußischen Han⸗
isministerium Dr. Jacobi haben gestern (29.) Aug. im Foyher des
nstagsgebäudes die Verhardlungen zum Zweck der Patent-Eu—
eit degonnen und werden voraussichtlich bis zum Ende dieser
Woche andauern. Die zu denselben Seitens der Reichsregierung
eingeladenen Sachverstäadigen haben sich fast vollzählig eingefunden;
außer denselben wohnen den Verhandlungen auch die Mitglieder des
Ausschusses des Bundesrathes für Handel und Verkehr bei. Wie
üdrigens aus angebl'ch zuverlässiger Quelle gemeldet wird, soll die
Reichsregierung nach wie vor an dem Prinzip der Vorprüfung fest⸗
salten und das französische Anmeldeverfahren verwerfen. Was die
Irist anlangt, für welche die Patente ertheilt verden sollen, so wird
ich die Reg'erung voraussichtlich den Vorschlägen einer zehn⸗ bis
ünfzehnjährigen Dauer anschließen; dagegen sollen die Patente
ünftig nicht mehr gratis ertheilt, sondern nach dem Vorbilde anderer
Länder außer dem gesetzlichen Stempel auch ein entsprechender Be⸗
ührensetz erhoben werden.
Mainz, 27. Aug. Wenn auch vorauszusetzen war, daß
inser Platz von der allgemeinen Geschäftskrisis nicht unberührt
leiben würde, so hat doch die Wirklichkeit alle Vorstellungen über⸗
volt. Die meisten unserer großen Fabriken, die Essen bahnwagen-,
ie Leder-Fabriken, selbstverständlich auch die Möbel⸗Fabriken (letztere
icht in dem Maße wie die übrigen), die Schuh Fabriken und unsere
onstigen größeren Etablissements sind succesive zu einer so nam—⸗
jaften Reduction ihrer Arbeitskräfte gezwungen worden, wie sie
ihnlich in den früheren Zeiten kaum dagewesen ist. Abecr auch in
en Handels-Geschäften und selbst in dem sonst über alle kritischen
zeiten leicht hinweggleitenden Wein-Hagudel heerscht eine unerhörte
rlaue. Dazu sind keine Aussichten auf wirklich niedere Lebensmittel⸗
Zreise vorhanden. Unsere Ernte ist nur theilweise gerathen, und
nenn auch die Verkehrs-Mittel übermäßige Theuerung nicht auf⸗
ommen lassen, so steht diesen Preisen doch eine genügende Ein⸗
ahme der Consumenten für Arbeitslöhne nicht gegeüüber, und die
Zefürchtung, daß die herannahenve schlechtere Jahreszeit noch
chlimmere Zustände bringen könne, scheint nicht ungerechtfertigt
u sein.
Aus Sachsen, 27. Aug. Ein Mitarbe'ter des „Dresd.
Anz.“, der dieser Tage das odere und mittlere Erzgebirge bereist
Jjat, entwirft ein ziemlich düsteres Bild von der gegenwärtigen Lage
det Arbeiter aus fast allen Fabrikdistrikten. „Was zunächst Chemnitz
anlangt, so arbestet man in der Maschinenbranche mit beschränkter
Arbeitszeit und gegen früher sehr geringem Personal. Die große
ächsische Maschinenfabrik (Hartmann) beschäftigt nicht viel über die
Hälfte der früher angestellten Arbeiter und eine zweite große Fabrik
jat vor Kurzem an einem Tage 62 Eisenarbeiler entlassen. Fast
noch trauriger sieht es um die Weberei in Glauchn, Mteerane ꝛc.
nus und das Strumpfgeschäft in und um Chemnitz, sowie im
Zwönitzthale geht gleichfalls schleht. Ebenso wird das Weißwaaren⸗
ind Wolldamast- Geschäft als äußerst flau bezeichnet. Dabei sind
ille Lebensbedürfnisse höher im Preise, als z. B. hier in Dresden.
In Chemuitz z. B. ist auch geringeres Rindfleisch nicht unter 66
us 70 Pfennigen zu haben. Nur die Marknenkirchner Instru—
nenten⸗ und Saitenfabrikanten klagen nicht, da dieselben immer
noch sehr viel überseeischen Export haben. Eine andere Kalamität
Jat sich infolge der langdauernden Dürre in den Fabtikorten bezüg—
ich der fließenden Wasser herausgestellt. Da letztere durch allerhand
ugeführte Angangsstoffe vergiftet sind und nicht abfließen können,
o haben sich fast überall Schlammtümpel gebildet, die abscheuliche
Ausdünstungen verursachen.“
Ausland.
Wien, 30. Aug. Vorliegenden Nachrichten zufolge enlschied
ih das Gefecht bei Popovo zwischen den Türken und den Mon—
enegrinern zum Vortheil der Ersteren. Begenwärtig findet ein
neuer blatiger Kampf bei Bilek statt, woran der Senator Vucotiv
mit 8000 Muntenegrinern betheiligt ist.
Paris, 30. Aug. Der berühmte Komponist Felix David
(geboren 1810 in Cadenet) ist gestern gestorden.
Brüssel, 28. Aug. Nach einem Pariser Briefe der „Inde⸗
nendance“ hat Herzog Decazes im Ministerrath Mittheilungen ge⸗
nacht, aus welchen hervorgeht, daß Frankreich niemals angeboten