Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberl 
Anzeiger. 
Da. St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
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A 140. I Sonntag, den 3. September I 1876. 
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Deutsches Reich. 
München, 31. Aug. Durch kgl. Verordnung d. d. Linder⸗ 
hof 17. Aug., ist den Notaren, sowie den Obergerichtsschreibern 
in den Bezirksgerichten nund den Landgerichteschreibern in der 
Pfalz aus jenen Einreg'strirungsgebühren, welche sie an das Rent— 
amt für d'e vom 1. Oitober laufenden Jahres an zur Einregistri⸗ 
ung gelangenden Acte zu entrichten haben, eine Tautieme von 2 
— XE 
Ausland. 
Paris, 831. Auqg, Die Agence Havas“ meldet aus Kon⸗ 
tantinopel von heute: In einem Ministerrathe, an welchem die 
xsten Wärdeträger des Reiches theilnahmen, ist Abdul Hamid an 
Slelle Murads V. zum Sultan ausgerufen worden. 
Konastantinoped, 31. Aug. Gutem Vernehmen nach hat 
der gestrige Minitfexrath dieg Beschlußfassung über die Einstellung 
der Feindjeliskeiten ausgesetzt, um zuvor noch nähere Kenntniß 
üher die Adsichten der Mächte zu erlangen. 
Zara, 30. Aug. Derwisch Pascha ist mit 4 Tabors Mahren, 
3 Tabors Egyhptern, 4000 Baschi-Bozuks und 3000 Zeybeks in 
Bedgoritza, aagekommen, so daß gegenwärtig 56 Tabors mit 54 
Zanonen in und um Podgoritza vereinigt sind. Von den Kanonen 
wurden mehrere auf die Kulis zwischen Podgoritza und Spuz ver⸗ 
heilt. & Eine Abtheilung Montenegriner drang am 28. August 
zis in die Nähe von Podgoritza vor und verbraunte 80 Häuser. 
Am Donnerstag zersprang in Podgoritza eine Kanone, wodurch eine 
Quantität Mun fion mit in die Luft flog und 20 Türken getödtet 
und 40 verwundet murden. Hierüber irritirt, massakrirten die 
Türken von Podgoritza einen Geißlichen und einen Bürger. 
*3 
Vermischtes 
Neustadt. Dem Mühlfteinfabrikanten August Martin da⸗ 
zjier ging vom Regierungspräsidenten v. Braun ein Anerkennungs 
Dreiben dezüglich der ihm auf der inlernqtionalen, Ausstellung in 
RPürnberg zuertannten goldenen Medaille zu, in welchem sich Se. 
rrcellenz mit lebhaftem Vergnügen über die Bestrebungen Martins 
Zusspricht und ihm zur dem. von ihm errungenen glanzenden Erfolge 
Jon ganzem Herzen Glück wünscht. Um Schluß des Shreibens 
eißt es wörtüch: „Woöocen sich an diesen ruhmvollen Sieg pfal⸗ 
schen Gewarhefleißes über fremdländliche Concurtenz auch noch 
heilere Erfoige auf anderen Gebieten anreihen und so die auf 
hebung und Foͤrderung der pfälzischen Industrie gerichteten Be⸗ 
— 5* ihr erhabenes Ziel sicher erreichen.“ 
PSpeyer, 31. Aug. Der Schaden, den das letzte Hoch⸗ 
passer in der Gemeinde Spehyer anrichtete, ist auf 500,000 M. 
erechnet; es waren 3000 Morgen Ackerland unter Wasser gesetzt 
ind die Frucht auf denselben vecnichtet; rechnet man hiezu noch 
die üherschwemmlen und ihres Ertrages heraubten Wiefen, sowie die 
Zerflörungen an Gebäulichkeilen, wie sie die Ueberschwemmung her⸗ 
zorrief, so wird man obige Summe nicht für üte g 
Pf. 3. 
f Witten, 26. Aug. Dieser Tage brannte ein Bauern⸗ 
auschen an det Bochumer Chausse nieder. Die Bewohner retteten, 
zis auf einen siebenjährigen Knaben, das nachte Leben. Von dem 
anglücklichen Knoben fand man nach der Kalastrophe das verlohlte 
Znochengerippe unter den Trümmern. 
t Eine Stultgarter Dame unternahm dem Vernehmen nach 
am vorigen Dieustag das Wagestück, von Ermatingen über den 
Bodenses nach der Insel Reichenau hinilber zu schwimmen, was ihr 
m JStunde 5 Min. glücklich gelaug. Des Kahnführers Tochter 
oon Ermalingen begleitete sie mit einer Gondel. (F. J) 
fObertribunalseytscheidung. Wiewohl Diebstahl 
und Unterschlagung unter Eheleuten sttoflos ist, gesetzlich demnach 
uiIs Vrbrechen nicht betrachtet werden, so ist doch die unbegrundete 
Beschuldigung eines Ehegaiten seitens des Anderen als grobe und 
oiderrechiliche Kränkung der Ehre und demnach als Ehescheidungs⸗ 
zrund im Sinne des Allgemeinen Landrechts anzusehen. (Erkennt⸗ 
uiß des Obertribunals, JI. Senats vom 12. Mai ds. Is. „Die 
jesetzliche Straflosigleit vor dem Kriminalrichter führt das Etr⸗ 
ienntniß des Obertribunals aus, „nimmt jedoch diesem Vorwurf 
iner jedenfalls schimpflichen Handlung nicht den Charakter einer 
roben und widerechtlichen Kränkung der Ehre, und dieser Vorwurf 
srug wiederum (im vorliegenden Falle) nicht den Charakter eines 
dloßen Schimpfworles an sich, weil eben derselbe zur Ueberführung 
der schimpflichen That, mit speziellen Thatsachen noch näher moti— 
virt wurde.“ 
Getreidebericht von auswärtigen Handels—⸗ 
plätzen. Die Ernteergebnisse von fast sämmtlichen Landern Eu— 
opas sind nun ziemlich genau bekannt und der Durchschnitt ergibt 
war bei Brodfrüchten keine vollständige Mittelernte, jedoch vermögen 
ie größeren Produckionsländer, namentlich Rußland, Oesterreiche 
Ingarn, sowie auch Bayern in den weniger productiven Ländern 
»en Ausfall zu decken. Ferner wird die allgemein gute Qualität 
)es Getreides für die geringere Quantität einigen Ersatz bieten, 
ind ehenso sind die noch vorhandenen mitonte rsehr bedeutenden alten 
Vorräthe nicht zu unterschätzen. Gerste und Hafer liefeite mit 
venig Ausnahme in ganz Europa einen guten Ertrag. Amerika 
jatte allerdings eine geringere Ernte als in dem vorigen Jahre, 
vird aber tnotzdem noch eine bedeutende Erportfähigkeit entwickeln 
ind man ist deshalb auch heute schon zu der Ansicht berechtigt, daß 
n keinem Lande Europas bis zur nächsten Ernte weder Mangel 
noch eine wesentliche Preissteigerung eintreten werde, wenn dies nicht 
durch andere Verhältnisse hervorgerufen wird. Im Getreidehandel 
eigt sich noch keine besondere Lebhaftigleit, indem sowohl Verkäufer 
uls Fäufer eine ziemlich zurüchhaltende Stellung einnehmen und 
zur in Gerste, sow'e auch mitunter im hafer fanden belangreichere 
Umsaãtze statt. In England ist die Ernte noch nicht gänzlich bes 
ndigt, übrigens scheint man mit dem Resultate nicht unzuftieden 
u sein, was schon aus der dort herrschenden ruhigen Stimmung 
erborgeht. Frankreich wird von seinem eigenen Prodult nichts ent⸗ 
ehren lönnen, dagegen wie gewöhnlich für einen Theil der Schweiz 
den Impott vermittein. 
J Paris. Gambetta ig an einem Karhunkel nicht unbedenk⸗ 
ich ertrankt. 
F Paris, 28. August. Aus Philadelphia läuft heute die 
elegraphische Rachricht von einem großen im Ausstellungsgebäude 
vusgebrochenen Brande ein. Die Kisten der französischen Sektion 
oslen dadei ganz, die der deutschen und belgischen zum Theil ein 
staub der Flammen geworden fein. Nähere Einzelheiten will der 
ranzösische Ausstellungs ⸗ Kommissar, Herr du Somerad, brieflich 
nittheilen. Mat.3.) 
F Iu Marseille wird eine chinesische Gesondtschaft erwartet; 
je besteht aus 5 Mandarinen erster Klasse, datunter der Chef der 
Polizei von Peking. 
f London, 29 Aug. Dem „Marxchester Quardian“ ent⸗ 
ehnen wir die nachstehende, etwas sensationelle Notiz: „Mirts Browne 
ind Robinson, die großen Bauunternehmer in Worship⸗street, Lon⸗ 
son, sind gegenwärtig unter Leitung des deutschen Botschafters am 
dose von St. James, Graf Münster, mit der Errihtung eines 
rächtigen Gebändes in Süd⸗Kensington beschäftigt, welches Furst 
Zismarck, der, wie erwartet wird, im Februar nächsien Jahres in⸗ 
ognito in London eintrifft, wie es heißt, jedes Jahr vom Februar 
is Juni bewohnen wird. Im Januar wird das Gedäude vollendet 
ein und seine Kosten werden kontrakismäßig 70,000 Pfd. St. für 
den Bau allein und 50,000 Pfd. St. für die innere Einricht⸗ 
ing betragen. ·“ 
4 Das Anwachsen Londons. Der Jahresbericht der 
dondoner Polizei für das Jahr 1875 enthält interessante Angaben 
iber das Anwachsen Londons. Die Riesenstadt dehnt und streckt 
ich nach allen Richtungen hin. 10,023 neue Häufer wurden im 
zaufe des Jahres gebaut, 169 neue Straßen und vier öffentliche 
dläte angelegt und der Bau von 3775 Hausern angefangen.