Full text: St. Ingberter Anzeiger

f Die Eisenbahnunfälle in England in 1875 
Der handelsamtliche Bericht über die Eisenbahnunfälle im Vereinigten 
sönigreich während des Jahres 1875 ist soeben der Oeffentlichkeit 
lübergeben worden. Es ist demselben zu entnehmen, daß die Zahl 
der Personen, die während des verflossenen Jahres auf Eisenbahnen 
getösdiet wurden 1290, und die der Verletzten 5755 betrug. Von 
den Getödteten waren 134 und von den Verletzten 1806 Passa⸗ 
giere; 765 der Getödtelten und 3618 der Verletzsen waren Beamte 
und Arbeiter der Eisenbahn⸗Gesellsichafien oder der Vauunternehmer 
und 391 der Gesödteten und 331 der Verletzten waren Personen, 
die Bahngeleise unbefugtermaßen betraten, oder solche, die Selbst⸗ 
mord verübten oder zu verüben suchten. 
F Der ,Times“ wird aus Philadelphia Folgendes gmeldet: 
In Northfield, Minesota, ritten am Donnerstag Nachmittag acht bis 
zu den Zähnen hewaffnete Männer in die Stadt und iorderten 
die Leute auf der Straße auf, sich in ihre Hauser zurüchzuzieden. 
Nachdem sie zur Northfield Bank geritten, betraten deei das Gebäude, 
wahrend die andern draußen blieben um Wache zu halten. Der 
stasffiter, der sich mit zwei Buchhaliern in der Bank besand, wurde 
aufgefordert, das Gewölbe zu öffnen. Da er sich weigerte, wurde 
er erschosser. Einer der Buchhalter lief weg und sprang aus dem 
Fenster. Et erhielt einen Schuß in die Schulter. Ehe die Räuber 
dem andern zu Leibe gehen konnten, versammellen sich die Einwokßner 
mit Gewehren und Pistolen bewaff et. Sie griffen die draußen 
Wache haltenden Räuber an und tödteten zwei, worauf die am 
Leben gebliebenen ihre Pferde bestiegen und davon galsppirten, 
und zwar ohne die geringste Beute. Binnen einer halben Stuude 
brachen 1850 Burger der Stadt zu hrer Verfolgung auf. 
Unter den geoßen Berliner Zeitungen nimmt gegenwatng das 
u „Berliner Tagblatt“ den hervorragendsten Rang ein. 
er politische Theil des Blattes zeigt, daß es werihvolle Kraite zu 
einen Mitarbeitern zählt und wohlunterichtete Spezial⸗Korrespondenten 
an allen wicht' gen Plätzen unterhält. Bei entschieden liberaler Tendenz 
ist das Be, üner Tagblatt“ nach jeder Richtung hin vollkommen 
unabhängig und versolgt das Prinzip, fich durch keine Partei⸗ 
Rücksichten becinflussen zu lasffer, sondern alle zu tagetretenden poli⸗ 
fiischen urd nationaldkondmischen Fragen lediglich nach eigenem, 
über den Parteien stehenden Ermessen zu behandeln. Daß diese 
Vor züge, sowie die Vi⸗seitigteit und Reichhaltigkeit des „Berliner 
Tageblatt“, welche sich auf alle Gebiete des öffentlichen Lebens 
eistreckt, von dem zeitungslesenden Publikum gewürdigt werden, be⸗ 
veist seine gegenwärtige bisher von keiner deutschen Zeitung erreichte Auf⸗ 
age von laglich 41, 800 Eremplaren. 
Eine besondere Pflege genießt das lägliche Feuilleton des 
Berliner Tageblatt, welches die bedeutendsten und beliebtesten liter— 
arischen Capacitäten zu seinen ffändigen Mitarbeitern zühlt. — Noch 
st der seit VNonaten erscheinende Roman „Sturmfluth“ von Friedrich 
Spielhagen nicht zum Abschluß gelangt und schon hat der Verleger 
nit großen Opfern einen neuen großen Roman „die neuen 
Serapionsbr der“ von Karl Gutzkkow, dem berühmtesten unserer 
eutschen Erzähler, eiworben und wird mit dem Abruck im Laufe 
des Monats October beginnen. Die Belleiristische Bellage „Berliner 
Sonntagsblatt? bietet durch seinn Original-Romaue, Novellen, 
dulturbilder, fwie⸗ mannigfaltigen Beiträgen unserer ersten Schrift⸗ 
Icller den Lesern fortlaufend eine unterhalsende und belehrende 
Ldek:ure. — Das von H. Scherenberg meisterhaft iIIustrirte Wiß⸗ 
blatt „D LK ist mit se nem frischen ungekünstelten Humot den 
Abonnenten des „Berliner Tageblatt“ ein allwöchentlich willkom⸗ 
mener Gast. 
Der Abonnementepreißs von 5 Rink. 25 Pf. kfür alle drei 
Blätter zusammen, incluñve Postprovision) ist gewiß als ein sehr 
biPsliger zu bezeichnen. 
———— 
—Aufruf an die Vrotestanten der Pfald! 
Die unterzeichneten Protestanten der Pfalz erachten es für ge⸗ 
boten, an die Mitglieder des Protestantenbereins, sowie an alle 
freistunigen Freunde der unirten Kirche einen Auftuf ergehen zu 
lassen zu eiiet 
Gesneral⸗Versemmlung 
im Saalbau zu Neufladt 
am Eonntag, den 24. Sept. Vormittags 11 Uhr. 
Nachdem der pfalzische Protestautenderein seine lezte Hauptwer⸗ 
sammlung im Jahre 1873 zu Kaiserslautern abgehalten, erscheint 
es wiederum an der Zeit, unserer protestantisch: unirten Kitche eint 
kräftigere Theilnahme zuzuwenden, ihre freiheitliche Entwichlung in's 
Auge zu fafsen und in gemeinschaftlichem Zusammenwitken aller 
Gleichgesinnten ihre Wohlfahrt zu sichern. 
Hiezu eidt ans der gegenwärtige Zeitpunkt dringende Veraa⸗ 
lassung. 
UÜnter dem 17. Juni ds. Is. haben die wichtigsten Beschlüsse 
der letzten Generalsynode die Allerhöchste Genehmigung erlangt. 
Die directe Wahl der Presbyterien durch die Gemeinden, die 
vollsländige Erneuerung derselben alle 6 Jahre, die Wahl von Sy⸗ 
nodalausschüssen, die Berücksichtigung der Gemeinden bei Besetzung 
erled'gter Pfarrstellen: das sind schätzbare Errungenschgften für die 
unirte pfalische Kirche, um welche seit Jahren gelämpft wurde. 
Eben darum werden aber auch die proiestantischen Gemeinden mit 
Freuden ihre Zustimmung geben zu einer Danlkadresse an Se. 
Majestät den Koönig, welche der Generalversammlung in Neustadt 
vorgelegt und von derselben beschlossen werden soll. 
Einen weiteren Gegenstand der Berathung wird die Neuwat 
der Presbyterien in den einzelnen Gemeinden bilden. Ein jeder 
Protenant wiro die Wichtigleit dieser Wahlen erkennen. Aus den 
Presbyterien geht die Dibcesan⸗ und Generalshnode hervor. Welcher 
Beist nun in diesen Körßerschaften wallen und wie unsere unirte 
stirche cegiert werden wird, ob ihre freih itliche Entwicklung gesichert, 
NeAast adt a. d. H., den 25. August 1876. 
Ackerman, Oeksnom in Marnheim. Arnold, Bürgermeister in Edenloben. Arnold, Privatier in Lachen. Barth, Heinrich I., Bürger⸗ 
meister in Dürkheim. Baßlet, Paul, Presbyter in Nußbach. Vauer, Bürgermeister in Steinbach. Baumgärtner, Stadtrath in Franken⸗ 
hal. Becker, J. L. in Freingheim. Bein, Christ. Presbyter in Neustadt. Bergdolt, Rentner in Edenkoben. Bleuler, Hospitalver⸗— 
walter in Frankenthal. Bögel, Fabrikant in Annweiler. Braun, Nik., Ackerer in Niederkirchen bei Kaiserslautern. Braunsberg, 
Zaufmann in Frankenthal. Brendel, Lorenz, Bürgermeister in Iggelheim. Burktardt, Adjunkt in Weidenthal. Catoir, Carl, Rentner 
— 
Landau. Damm, Oeksnom in Einselthum. Doll, Ph. J., Presbyter in Edenkoben. Ebel, Wilh., Presbyter in Neustadt. Erter, 
Jakob, Presbyter in Neuftadt. Ferker, Georg, Presbyier in Mußbach. Fetzer, Joh. Gemeinderath in Niederkirchen bei Kaiserslautern, 
Frank, Subrekior in Edenkoben. Freudenberger, Presbyter in Haßloch. Frey IV., Bürgermeister in Rheir gönteim. Friedrich, Fadritkant 
in Gtoßkarlbach. Gelbert, Joh., Brauer in Kaisersiautern. Gerlach, J. Kaufmann in St. Julian bei Kusel. Göthel, Peter D., 
Adjuntt in Niedertirchen dei Kaiserslautern. Grohs, Clemens, Kaufmana in Ludwigshafen. Gros, Adjuskt in Böhl. Guth, Buüͤrger⸗ 
meißer in Insheim. Buth, Conrad, Delonom in Insheim. Haag, D., Gemeinderath in Weidenthal. haffen, Bürgermeister in 
oder don gegnerischer Richtung gehemmt und der alte Kampf und 
Unfriede wieder erneuert werden soll: das wird wesentlich pon den 
Maännern abhängen, welche die Gemeinde in ihr Presbyterium 
waählt. J 
Zeruver wird sich die Generalversammlung in Neustadk mit 
der Reorganisation des pfälzischen Protestantenvereinßz zu beschäftigen 
aben. 
Der Verein, weit entfernt, seine seitherige Thätigkeit einzustellen, 
soll durch seive Neugestaltung zu frischerer und regerer Wirtsamkeit 
veranlaßt mirden. I J 
Seither als politischer Verein betcachtet und dem politischen 
Vereinsge'etze unterstellt, foll er nun den Charakter eines blos kirch⸗ 
lichen Vereines erhalten. 
Er sol sich gliedern in Zweig⸗ und Lokal⸗-Vereine, damit in 
jeder pfalzischen protestantishen Gemeinde der Geist des fre'en, ver⸗ 
nünfligen Protestantismus sorgsam gepflegt werde, jener Geist, der 
da fortschreitet auf der Bahn wohlgeprüfter Wahrheit. 
In dieser Weise wird auch vnsere pfalzische unirte Kirche 
beitragen zur Lösung der großen, religiöß-kirchlichen Frage, welche 
die heutige Zeit und das deutsche Volt bewegt, immer hochhltead 
die Errungenshaften unserer Vaͤter, fortarbeitend in ihrem Geiste 
— zugleich uns einz wissend mit den freiheitlichen Bestredungen 
auf dem religidsen Gebiete der übrigen Welt. 
Die hohe Aufgabe und der Ernst der Zeit richten von selbft 
den Mahnruf an die freisinnigen Männer, zusammenzustehen und 
usammenzuwirken, daß dem deutschen Volle ebensowohl seine religiös⸗ 
ättlichen Güter erhaiten, als die fortschreitende Entwiclung des 
protestantischen Geistes gewahrt und gesichert bleiben. Darun nach 
Zräften mitzuwirken, ist auch die Aufgabe unferer pfälzischen Pro⸗ 
testanten. Darum ergeht an sie unser Aufruf und unsere Einladung 
zur General-Versammlung in Neustadt und wir find überzeugt, 
daß die Männer sich einmüthig und zahlreich einfinden werden, denen 
die Wohlfahrt unserer pfälzischen unirten, wie der deutschen prote⸗ 
—IILI