Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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M —161. p Dienstaaq, den 10. Ocetober I 1876 
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— 
Deutsches Reich. 
Müpchen, 7. Olt. Der König von Württemberg hat dem 
Preinzen Ludwig von Bayern das Großkreuz des Ordens der 
würtlemb. Krone verliehen. — Kriegsminister Generallieutenant v. 
Maillinger wurde bei feiner ueuliben Anwesenheit bei den Truppen— 
mandvern in Berlin und Veipzig von dem Köaige von Preußen 
durch Verleihung des rothen Adlerordens 1. Kl. und von dem 
Könige von Sachsen durch Verleihung des Großkreuzes des Albrecht⸗ 
Ocdens ausgezeichnet. 
Berlin, 6. Ott. Der Staats Gerichtsbof verurtheilte den 
Grafen Arnim zu fünf Jahren Zuchthaus. 
Auslaud. 
Wien, 8. Okt. Die „Montagszeilung“ veröffentlicht einen 
Artikel, welcher das Zusämmengehen Oesterteichs und Rußlauds als 
fesistehend erklärt. 
Pest, 6. Okt. Entgegen Pariser Nachtichten, Rußland habe 
in Berlin um den Preis einer wohlwollenden Neutralität angefragt, 
schreibt der Berliner Korrespondent des Pester Livyd: Das deutsche 
Keich als solches habe bei der Löͤsung det orientalischen Wirren 
michts zu derlieren oder zu gewinnen. Die Aufgabe Deutsch ands 
besiehe darin, auf eine gute Flanken— und Rückendeckunz nach 
Westen bedacht zu sein, was am besten gelingt, wenn ein gutes 
Tinvernehmen zwischen Oesterreich und Rußland aufrecht erhalten 
bleibt. (N. Fr. Pr.) 
Paris, 8. Otkt. Dem Tempo“ zufolge nehmen die Ver⸗ 
handlungen wegen des Waffenstillstandes zwischen Serbien und der 
Türkei einen günstigen Verlauf. 
In England hat der türkische Krieg einen heftigen Kampf 
der beiden großen Parteien des Landes, der Tory's und Whig's 
angeregt Die Tory's die am Ruder sitzen, sind für die Erhaltung 
der Türkei und die Whig's, die an's Ruder möchten, wollen nicht, 
dasßß England zum zweiten Mal Geld und Blut far den kranken 
Mann kinsetze. Mag er sterben, sagen sie. So haben denn d'e 
bedeutendsten Männer und Redner der beiden Parteien, Terby für 
die Tory's und Bright für die Whig's gewaltige Reden gehallen, 
und letzterer verlangte, daß das Parlament eingerufen werde, damit 
es der Regierung in Betriff der schwebenden Frage auf die Finger 
seben kann. 
In Semlin wurden mehrere Pulver und Bleisendungen 
deutscher Firmen nach Serbien saisirt. Die Absender reclamirten 
dei dem ungarischen Ministecium, da kein Durchfuhrverboi erlassen 
sei. Diefelbden wurden abgewiesen. Die Reclamation wird nun 
durch die deutsche Reichskanzlei erfolgen. (N. Fr. Pr.) 
Belgrad, 8. Okt. General Tschernajeff fordert dee Ein⸗ 
berufung der sämmtlichen noch übrigen waffenfät aen Männer vom 
18. bis zum 50. Lebessjahre. 
Petersburg, 7. Okt. Die „Irtetnattonale Telegraphen⸗ 
agentur“ meldet aus Ragusa vom 6. Oltober bestätigend, daß 
Montenegro die Berlängerung der Waffenruhe bis zum Aoschlusse 
eines Waffenstillstandes bewill gt hade. Die Pforte habe nech 
4iägigem Zuudern gestern die Bedingung Montenegro's, daß die 
Verpsoviantitung der einreschlossenen türkischen Forts nur unter 
sNoürole von Montegegro geschesen dücfe angenommen. Somt 
bestehe zvisch n der Piorte und Monsenegro neuerdings auf unde 
ummnte Zein Waff nruhe, und sei dies Resuliat den —A 
des englischen Konsuls Mousson zu danken. 
Das Zunftwesen und die Gewerbefreiheit 
mit Bezugnahme auf die Arbeiterverhältnisse der 
Gegenwart. 
Ein Vortrag, gehalten im Ar deiterbildungsverein St. Ingbert am 1. Oltober 
1876 von Professor Baumblatt von Kaiserslautern. 
Meine Hetren! Etne brennende Fraze der Neuzeit ist die 
Arbeiterfrage. Der Hand verkerstand bild.! eines dec wichtigften 
Glieder der modernen Gesellschaftsordnung und dadurch eine der 
Saulen, quf denen das Staalsgebäude tubht. Es' ilf daber die 
Aufgabe eines Jeden, dem der Nationalwohlstand am Herzen liegt, 
aber die Gebrechen nachzudenken, die heutzutage am Gewerbestand 
haften, Um aber mit einigem Erfolg etwas zur Besserung der Lage 
deitragen zu können, ist es nothwendig, eine Parallele zwischen 
Sonst und Jetzt zu ziehen. Aus diesem Grunde habe ich meinem 
Bortraße ‚das Zu fwesen und die Gewerbefreiheit? als Thema 
vrangestellt. 
Zümen Sie mir nicht, meine Herren, wenn ich ein verpontes 
und so sehr geschmähtes Wort, wie das „Zunftwesen“ ausspreche. 
Ich neöchte nicht mißberstanden und dem Vorwurfe ausgesetzt sein, 
als wolle ich ein todtgeschlagenes System von neuem beleben und 
zur Geltung bringen. Weit entfernt, diesem glücklich beseitigten 
mittelallexlichen Zopfe neue Nahtung geben zu wollen, erscheint es 
mir doch zweckmaͤßig, Sie mit dem einstigen Innungswesen vertzaut 
zu machen, um einen Vergleich anzustellen zwischen dem Znustande 
der Arbeiterverhaltnisse in jener Zeit, wo manchem strebsamen Geiste 
die Flügel unterbunden waren, und der Jetzizeit, wo dem Gewerbe⸗ 
reibenden die zügellose Freiheit in seinem Betriebe gestattet ist. 
AILI. Die Zunftfverfassung.“ 
Die Nothwendigleit einestheils, daß das Handwerk erlernt 
werden müsse, daß aiso dem selbststandigen Betriede eine Lehre und 
lebungszeit vorangehe, anderntheils der Umstand, daß die Gleichheit 
des Gewerbebetriebs wegen der Gleichartigkeit der Interessenten ein 
enossenschaftliches Zusammenhalten bedingt, rief schon im Alterthum, 
mehr aber noch ,im Mittelalter, wo zuerst dag Handwerk sich zu 
men wesentlichen Gliede der gesellichaftlichen und staatsbürgerlichen 
Ordnung durchbildete, die Zünfte und Brüderschaften in's Leben. 
Die Gesetzzebung sanctionirte dieselben und gab ihnen Halt. Da— 
durch wurde das Zunftwesen die erste Form, in welcher eine Rege⸗ 
ung des Handwerkbetriebs stattfand. 
Die Zunfteinrichtungen bezogen sich aber theils auf die Er— 
ecnung und Uebung des Gewerts, theils auf die Beziehungen der 
Bewerbsgenossen untereinander. In erster Reih: setzten sie fest, 
wer das Gewerbe erlernen könnte, bei wem und wie lange der 
Lehrling lernen mußte, und die Bedinzungen, durch deren Erfüllung 
er aus der Lehre entlassen werden konnte; sodann wie lange und 
auf welcht Weise das Gewerbe nach der Lehrzeit noch geübt werden 
mußte und welche Bedingungen zu erfüllen waren, um zum seldst— 
ständigen Betriebe desselden zugelassen zu werden. (Forts. f.) 
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VermisHhtes. 
F St. Ingbert, den 9. Oktt. Bei der gestern Vormittag 
in der prot. Kirche dabier für St. Ingbert und Eisenwerk statt— 
gehabten Wahl des Prestyteriuns machten nur Wenige mehr als 
ein Drittel der Wahlberechtigten von ihrem Wahlrechte Gebrauch. 
Gewählt wurden 
a. als Presbyter für St. Ingbert die HH.: 
Weyland, Fabrikint, mit 58 Stimmen 
Krämer H., Hüttenwerkbes. 51 * 
Scheinck, Raufmann, mit 75 
Sonn, Steiger, mit 78 F 
fürs Eisenw.: Eisenacher, Factor, mit 77 9 
b. Als Ersazmänner für St. Ingbert die HH.: 
Umbehr, Schlosser, mi 50 Stimmen 
Scheimesster, Steiger mit 45 
Weigand, Thierarzt, mit 45 F 
Möllendick, Schastet mit 483 
ürs Sisenw.: Eckert, Faktor, mit 77 F 
Für Schnappyach fand die Wahl des Nachmittags im protefl. 
Schulsaale dortselbst ftatt. Die Betheiligung war ebenfalls eine 
zetinge.. 
Als Presbyter wurden gewählt die HBp.: .* 
Georg Koch, Glasmacher 27 Stimmen 
Neumann, Bergamtsassistent 25 F 
Zimmermann, Steiger 23 
Ersatzmänner wurden die HH.: Fritz Günther, Maschi—