Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberker Auzeiger. 
der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Vei 
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M 164. — Sountag, den 158. Oetober — — 1876. 
Am 
Deutsches Reich. 
München, 12. Ott. Das Kadettenkorps war früher eine be⸗ 
siebte Unterkunftssiätte für die Sohne unseres Adels, um diese sicher 
ind auf dem bequemsten Wege als Offiziere in die Armee zu bringenz 
n den letzten Jahren, seit welchen die Privilegien genannter Anslalt 
o ziemlich aufgehört haben, ist das Verhältniß zwischen der Zahl 
er bürgerlichen und adeligen Frequentanten ein umgekehrtes. Von 
zen für das Studienjahr 1876 —77 aufgenommen, bezw. verblie— 
»enen 165 Zöglingen (um 3 mehr als im Vorjahre) sind 118 
rgerlicher und uur 47 adel'ger Herkunft; die Gesammtzahl ver— 
heilt sich auf die einzelnen Klassen wie folgt: 33 Eleven in der 
27 'in der 2. Klasse, je 31 Kadetten in der 3. und 4., 23 in 
zer 5. und 20 in der 6. Klasse. Die Zunahme der bürgerlchen 
zöglinge rührt auch dadon her, daß seit dem Jahre 1848 das bür⸗ 
serliche Element in dem Offizierskorps überwiegend vertreten ist. 
Berlin, 12. Ott. Das soeben durch Aushang an der Tafel 
»es Kammergerichts veröffentlichte Urtheil gegen den Grafen Arnim 
rtennt denselben des Landesverrathes sowie der Beleidigung des 
daisers und des Fürsten Bismarck schuldig und lautet auf 5 Jahre 
Zuchthaus. 
— Aussland. 
stonstantinopel, 12.Okt., Abends. Die weiter 
von der Psorte aufgestellten Bedingungen für den Waffenstillstand 
ind folgende: Es soll verhindert werden, daß die gegenwärtig von 
zer türkischen Armee besetzten Positionen von den Serben wieder 
esetzt werden; jede Einfuhr von Waffen und Munition in die 
eiden Fürstenthümer Serbien und Montenegro ist zu untersagen, 
esgleichen der Zuzug von Freiwilligen aus dem Auslande wirksam 
zintanzuhalten; der serbischen und der montenegrinischen Regierung 
oll untersagt werden, den benachbarten nufständischen Provinzen 
rgend welche Hilfe zu leisen. 
Pera, 12. Olt. Die Pforte hat Waffenstillstand bis zum 
15. Rärz beantragt und gleichzeitig an die Großmächte das Ersuchen 
jerichtet, behufs Regelung der einzelnen Punkie ihrerseits Offiziere 
u delegiren; die türkischen Befehlshaber werden beauftragt, sich 
nit letzleren, sowie mit den serbischen uad montenegrinischen Truppen⸗ 
ührern in's Einvernehmen zu setzu. Die Demarcationslinie soll 
muf Grundlage des derzeitigen Besitzstandes festgestellt werden, doch 
oäre die türkische Regierung bereit, ihre Positionen auf serbischem 
gebiete zu räumen, falls man sich von serbischer Seite verpflichten 
oürde, dieselben nicht zu besetzen. 
VPermischtes. 
Otterberg, 11. Okt. Die hiesige Leinenzwirnerei 
jal vor etwa 14 Tagen ihr gesammtes Arbeiterpersonal entlassen. 
Um 14. Novp. nächsthin kommt das gesammte Anwesen, Immobilien 
und Mobilien zur Versfeigerung. 
fF Edesheim, 12. Ott. Heute wurde der Gartenwingert 
w Peter Hammer dahier geherbsiet; det Most wiegt 750 nach 
echsle. 
4 In Gräfenhausen beginnt die Weinlese am nächsten 
Dienstag. Der berühmte Rathe verspricht von sehe guter Qualität 
l werden. 
f Bockenheim, 12. Okt. Gestern Mittag trug sich in der 
bertzel'schen Marmorfabrik ein großes Unglück zu. Ein ca. 50 
Str. schwerer Marmorblock stürtzte beim Verarbeiten um und zer⸗ 
chmettette vier Arbeitern Atme und Beine; einer ist bereits todt. 
GSrf. 3.) 
Wuürzburg, 12. Okt. Das Schwurgericht verurtheilte 
den Redakteut Dr. Rittler wegen Majestätsbeleidigung zu einer sechs⸗ 
nonatlichen Gefängnihstrafe. 
pVombayerischen Walde. Innerhalb 3 Monaten 
ind in der Nähe des Bahnbaues Deggendorj-Zwiesel 6 weibliche 
Leichname aufgefunden worden, ohne daß bis jetzt der Mörder trotz 
er täglichen Streifzüge durch die Wälder und trotz der von der 
degierung ausgesetzten Belohnung entdeckt werden konnte. Auch 
Donnersliag, den 28. September soll in der Nähe von Viechtach 
in Bauernsohn seiner Baarschaft von 514 M. 29 Pfg. beraubt 
ind als erdrosselt liegen gelassen worden sein. 
7 Madrid, 9. Ott. Die Exkoͤnigin Ifabella begibt sich 
norgen zum Besuche der Prinzessiin Adalbert von Bayern nach 
Nünchen. U 
7 Pauline Lucca, welche auf einen Monat für die ilalienische 
Dper in Petershurg engagirt ist, hat für jede einzelne Vorstellung 
3000 Fr. kontraktlich zugesprochen erhalten. 
Utopiaeuntdeckt. Dem ‚Boston Advertiser“ ist es 
jeglückt, dieses vielgesuchte glüchliche Land endlich aufzufinden. Es 
st genanntem Blalte zufolge, der Staat Vermont. dessen Vetwaltung 
ine so einfache und wenig kostsp'elige ist, daß die Besteuerung von 
Zeiten des Staates fast nur eine nominele zu nennen ist und 
veniger als 50 Cents per Kopf und per Jahr für jeden Einwohnet 
eträgt. Die Zufriedenheit des Volkes mit den bestehenden Gesetzen 
vird am besten durch die kurze Dauer der nicht häusigen Sitzungen 
zer gesetzgebenden Körper illustrinrt. Die Leere in den Gefängnissen 
virft das beste Licht auf die socialen Verhältnisse der Bevölkerung; 
zie gänzliche Abwesenheit öffentlicher Atmuth erregt den Neid der 
Behörden der Nachbarstaaten und jedem Reisenden wird sofort der 
ibsolnte Comfort, dessen sich die Bevöllerung dieses Staates erfteut, 
n die Augen fallen. Es würde schwer halten, fährt genanntes 
Zlatt fort, auf der Erde eine vollständigere Illustration des Er⸗ 
olges reiner republikanischer Institutionen, ausgeführt unter den 
rinzipien einer wahren Demokratie, zu finden als die durch den 
S„taat Vermont dargebotene. f 
Fæ Din Bier⸗Krawall in Arabien. Einem Privatschreiben 
uus Aden (Arabien) ist zu entnehmen, daß dort die Stimmung 
ine sehr erregte ist und daß der serbisch-türkische Krieg, den Gegen- 
atz zwischen den Muselmanen und Christen bedeutend zugespitzt hat— 
zu Beginn des Monats gab ein an sich unbedeutendes Ereigniß 
lnlaß zu blatigen Szenen, welche glücklicherweise ohne ernste Folgen 
jeblieben sind. Seit einiger Zeit wird durch eine, Tritster Firma 
'n starket Import böhmischet Biere nach Arabien getrieben. Darob 
errschte unter den eingebornen Wirthen eine große Erbitterung, 
»ad dise hetzten die muselmännische Bebölkerung auf, die Bierlocale, 
n welchen nicht englisches Ale, sondern böhmisches Bier verlauft 
u behelligen. Die Folge davon waren wiederholte Angriffe auf 
zie Bier!ocale. Das englische Militär mußte zur Herstellung der 
Irdnung gegen die aufgehetzte Bevölkerung einschreiten, da die 
ritische Behörde eine jener Christen⸗ Massacre befücchtete, an welchem 
ie arabische Geschichte so reich ist, und welche in dem gegenwär⸗ 
igen Zeitpunkt mehr als je zu fürchten sind. Die Ruhe wurde 
n wenigen Tagen wieder hergestellt und det mohamedanische Kampf 
jegen das böhmische Bier erwies sich als fruchtlos. 
Tandwirthschaftliches. 
Zur Beherzigung. Den hohen Werth einer guten Obst⸗ 
aumpflege würdigend, haben viele Staaten die Anordnung getroffen, 
as die einzelnen Geme'nden Gelände zur Anlegung von sogenannten 
yemeindebaumschulen zu stellen haben, die von den betreffenden 
ʒzemeindelehrern unterhalten und als Lehrmittel benutzt werden sollen. 
luch wird fast in allen Seminarien für Lehrerbildung dem Unter⸗ 
ichte über Obstbaumzucht theils mehr, theils weniger Sorgfalt ge⸗ 
vidmet. So lobenswerth auch diese Anordnungen genannt werden 
nüssen, so bedauerlich ist es auf det anderen Seite, daß demselben 
ast allgemein in ungenügender Weise entsprochen wird. Hervor⸗ 
agende Fuͤlle verdienen daher allgemein bekannt gegeben zu werden. 
die Gemeinde Moßbach a. H. besaß von jeher an ihten füdwest⸗ 
ichen Bergabhängen sehr ausgedehnte Oedungen, meistens naus losem 
Sieingerölle bestehend und eine kurze Zeit des Jahres als Schweine⸗ 
rift dienend. Dem dermal'gen Lehrer Müller war es vorbehalten, 
n die unwirthlichen Verhältnisse Ordnung zu bringen und für die 
hemeinde eine Quelle wahret Wohlhaͤhenheit zu begründen. Etr