Vertreter Englands uünd Frankreichs Noten ihrer Regierungen, wor'n
diese lben gegen die ihren Nafionalen in Cuba bereitete Sitnation
protestiren, und. zwar aus Aulaß der durch den Zusatz zu dem
deutsch⸗sp mischen Handelsvertrage vom 24. Juni 1863 den Deut
chen gewährten Befreiung von der Kriegssteuer. —
Ueber Rußlands Kriegsrüstungen meldet der Berliner Corr.
der „Times“: „Die in Deulschland und O,sterreich wohnhaften
dienstespflichtigen Rufsen haben Befetl erhalten, sofort in ihre
Heimath zurückzukehren. Das Geschwader der russischen Schwarae
Meer⸗Dampfschifffahrts-Gesellschaft die zwischen 1858 und 1870
für commercielle und militärische Zwecke gebeldet wurde, ist bereit,
6,000 Mann von den nördlichen nach den westlschen Gessaden
des Schwarzen Meeces zu führen. Ein Detachement von Marine—
ind Artillerie-Officieren ist von Kronstadt nach Nitolajew gesandt
worden, um diese Schiffte zu equipiren und die Führung derselben
u übernehmen, somie auch die Errichtung von Batterien in Kertsch.
Ddessa, Nikolajew und Poti zu beaufsichtigen. In einigen wosi
sichen Provinzen Rußlauds wird die Reserbve eingezogen und
Truppen nach der nördlichen und dalichen Grenze Galiziens dirigirt.
In Russisch-Polen befinden fich etwa 20,000 Mann Cavallerie
auf dem Kriegsfuße. Russifche Freiwillige, Lrönche, Nonnen, Doks
horen, Telegraphen beamte und anderce für die Führung civiler und
militärischer Geschäfte erforderliche Personen werden bestäͤndig nach
Serbien gesandt. Russische Agensen kaufen ungeheuer große Quan⸗
ritäten Getreide in Rumänien auf. Die rumänischen Eisenbahnen
hereiten sich für den Transport von Truppen vor, ob russische oder
umänische bleibt abzuwarten.“
Der Berichterstatter der „Times“ teleg: aphirt aus Belgrad
pom 16. Okt.: Die Regiecung bestätigt officiell die Ankunft von
1000 Kasaken in Kladowa. Belgrad schwärmt von Russen und
Zosaken; um den Eindruck zu mildern, welchen diese mosdowitische
Einwanderung in Europa hervorgerufen bhat, wurde von Zeit zu
zeit die Nichricht in Umlauf gesetzt, daß sich hier eine größere
Anzahl von Freiwillißen aus verschiedenen Ländern aufhalte, und
daß eine deuische Legion seit einiger Zeit in der Bildung begriffen,
iber noch nicht vollendet sei, was gauz und gar erfunden ist.
Ferner ist viel von Garibaldianern erzählt worden, die im Ganzen
15 Mann zählen. Es ist ungerechtfertigt, den vollftändig russischen
Tharakter der ganzen Bedegung zu verhehlen.
Nach in New-York eingezangenen Nachrichten ist es am
Montag in einer in der Nahe von Charleston abgehaltenen Wahl⸗
Versammlung abermals zu einem Zusammenstoß zwischen Weißen
aund Negern gekowmmen. Letztere machten von ker Schußwaffe
Gebrauch, die Weißen zogen sich, nachdem mehcere von ihnen ge⸗
zödtet oder verwundet worden waren, nach Cbarleston zurück. Re—⸗
polber und Bowiemesser als Wahlagitationsmittel sind allerdings
Erscheinungen, von denen Europas übertünchte Höflichkeit noch
nichts kennt.
Das Zunftwesen und die Gewerbefreiheit.
(Fortfetzung.)
Unser blindes /Streben nach individueller Freiheit hat die
dage des Arbeiterstandes nicht unbedingt gehobden. Ueber der äugst⸗
lichen Besorguiß, daß ja dem Einzelnen nicht zu nahe getreten
werde, daben wir aus den Augen verloren, was zum Gedeihen des
Hanzen nothwendig ist, von dem doch an Eade auch das Wohl
jedes Einzelnen abhängt; danit ja Niemand aufgehallen werde,
jedes beliebige Gewerbe treiben, jedes Individuum den Weg zum
Reichwerden frei wählen könne, haben wir die nothwendige Ord-
nung des Gewerbewesens entweder völlig aufgelöst oder doch sehr
zelockert. Nirgends ist mehr wohlthätige Zucht und deßwegen
überall Schlaffheit und Charakterlosigkeit im Uebermaß. Die Zucht
muß wieder hergeflellt und, don oben angefangen, das alte Wort
des Schmieds von Ruhla: „Landgraf werde hart!“ wieder die
Losung werden. Strenge gegen Einen ist Wohlthat für Hundert
und für das Ganze. Die Le rer müssen die Schüler, die Innung
oder der Verein muß die Meister oder Mitgleder in die Zucht
nehmen, Meister und Herren die Gehülfen, die Gesellen die Lehr⸗
linge. Die öffentliche Autorität mu, durch alle ihre Handlungen
beweisen, daß einem Befehlenden ein Gehorchender gegenüberstehe.
Dann wird aum in die Familien, unter Kinder und Gesinde wieder
Zucht kommen und schließlich die Staatspolizei gute Tage haben,
die sich jetzt abarbeitet, um nur die äußerlich hervortretenden Aeußer⸗
ingen der Zuchtlosigkeit zurüczudrängen, niemals aber die Ursache
derselben zu hebeu im Stande ist. „Freiheit ist nur möglich in
der Beschränkung,“ sagte Johannes Müller, und wo wir die größte
Freiheit finden — in England — da fiaden wir auch die Herr⸗
schaft der, Sitte am strengsten. Die Satte aher schwebt nicht in
der Luft, fondern haftet nur da, wo sie feste Organisationen findet,
in denen sie wurzeln kann. Die Unzebundenheit des Einzelnen
ist der Tod der Sitte des Ganzen.
Allein alles Streben des Einzelnen, eine bessere Zeit für
unsere beklagenswerthen Arbeiterverhältnisse herbeizusühren, wirde!
nutzlos sein, keinen einzelnen Fabrikhetn, keinem einzelnen Meister
vird es gelingen, eine dessere Stellung se ner Mitarbeiter zu er—
ielen, so lange nicht sein Nachbar und Concurrent in gleichem
Sinne verfährt und kraftig einwirkt.
Sollen die mangelhafien Einrich'ungen unseres Gewerbewesens
vieder geordnet werden, soll der Gewerbestand wieder zu dem
vürdigen Ansetzen gelangen, den er ehedem beanspruchen kounte,
'd dürfen wir nicht vor der Ansicht zurückschrecken, daß es rathsam
ei, aus dem Schlimmen, das das Zunftwesen in sich faßte, das
Bute, das es in sich schloß, zu entnehmen; wir meinen die Zu—
ammengehörigkeit des Standes, das Festhalsen unter sich, das An⸗
inanderschließen der Meister und Fabrikherren, d'ie, als Repräsen—
niten ihres Standes, streuge Wacht belten sollten, über die ihrer
Iohut Anvertrauten. Sie müssen sich verbinden und verpflichten,
»afür Sorge zu tragen, daß Geöellen sowohl als Lehrlinge Achtung
»or ihrem Stande haben, daß sie aushalten bei dem Meister oder
jabretherrn, dem sie anve traut sind, was dadurch erz'elt we den
‚ürjte, daß es jeder Meister und Fabrikhert als eine Eutwürdigung
eines Standes ansieht, einen Arbeiter aufzunehmen, der ein anderes
ẽtablissement vor Ablauf der bedungenen Zeit verläßt. Fibritherr,
Heistee, Gejellen und Lehrlinge müssen fortan eine Familie bilden,
kiner uunterstütze den Andern, der Aeltere derathe den Jüngeren,
der Thatkräftige ermuntere den Schwachen mit Rath urd
That.
Haben wir aber durch die angedeuteten Bildungsmittel dahir
zewirst und es eizielt, den jungen Arbeitern Sinn für Zucht und
Sitte einzuflößen, so werden sie seltst zu dem sittlichen Bewußtsein
ommen, das es unwürdig eines anständigen Arbeiters sei, ein
ẽtahlissement zu verlassen, um ein anderes zu betreten, das ey
ber kurz oder lange wieder verrassen wird. Aber wie geslagt
zßor Allen müssen die Arbeitgeber dahin wirten, daß den Arbeit.
jehmern die Lust an diesem v gabundirenden Wanderleben benommen
perde, was nur dadurch bewirtt werden kann, daß Meistet und
jabrikherren sich jolidarisch verbeuden, kräftig vorzugehen, und sich
zurch Manneswort verpflichten, diefem Unfuge zu steuern und ihn
un der Wurzel auszureißen.
Und verfahren wir auf dese Weise, so tragen wir sicher viet
»ei zut Hebung des Handwerkerstandes, zur Kräsft'gung der Sitte
er heranwachsenden Generation, zur Bidung der arbeitenden
zugend, die es bald einsehe und zu würdigen wssen wid,. daß
nan nur ihr Bestes wollte und sie zu brauchbaren und ehceuhaften
Zürgern des Staates heranziehen möchte.
Denn täuschen wir uns nicht, m. H.! es hiegt imwerhin ein
jesundet Kern in unserer deutschen Jugend, der von geübter Hand
aur gepflegt zu werden braucht. Der große Schlachtenlenker hat
das im letzten Kriege bewiesen. Unsere Jün linge haden sich unter
einer Leetung auf dem Felde des Ruhmes nuud der Ehre ausge⸗
zeichnet und die allgemeine Bewunderung auf sich gezogen. Soute
es in friedlchen Zeiten vicht auch möglich sein, sie auf eine Bahn
zu lenken, auf der sie sich als echte deutsche und ehrenhafte Jüng—
inge bewähren F Bewiß, m. H.! Sescen Sie die Lenker ihrer
BHeschicke und es wird Ihnen gelingen, sie zu tüchtigen deutschen
Mänuern heranzuzichen, geachtet vor ihren Mitbörzern und ge⸗—
chätzt vom ausländischen Nachbar, der die leberzeugang gewinnen
nuß, daß der denische Arbeiter dieselbe Achtung verdiene, wie der
deuische Jünglina mit der Waffe in der Hand. (Schluß f)
Nermisihtes.
*Blieskastel, 18. Ott. Die kul. Praparandenschule da—
dier wird im laufenden Schuljahre von 70 Zonlingen defucht. Der
II. Curs zählt 17, der Il. 24 und der J. 29 Schüler; gegen
zas Schuljahr 1875,76 hat sich die Frequenz der Anstalt um 18
zöglinge erhöht.
Göll heim, 16 Oct. Wie wir kören, wurde heute Nach⸗—
nitag bei der Gemeinde Budenheim, in einem Strohhaufen hinter
einer Mühle die Leiche eines jungen Mädchens im Alter von 16
»is 19 Jahren auftesunden, welche bereits schon in Verwesung
ibergegangen ist. Daß hier eher ein Unglücksfall als ein Verbrechen
orliegt, ist seht wahrscheinlich. Die gericht'iche Untersuchung wird
zarüber wohl Auftlärung geben. (Pf. Volksz.)
F Zu Mühlhofen brachte dieser Tage eine Kuh nach nor⸗
naler Dauer der Trächtigkeit statt eines Kalbes ein sodles Etwas
ur Welt, das dusch die Beine an die Gaitung der Zweihüfer oder
Wiederkäuer erinnerte, sonst aber, zumal was den Kopf a.belangt.
»ie größte somatische Aehnlichkeit mit einem Hunde hatte. (RKb.)
fVon der Haardt, 17. Ott. Ueber die Tödtung eines
Wilderers im Mußbacher Gemeindewalde, welche unsere Gegend in
Aufregung versetzte, können wir Folgeudes als zuverlässig mittheilen:
Fin Jagdhüter, Namens Dosec, hatte sich Sonntag Morgens um
z Uhr in den Wald begeben und sah sich plötzlich drei Wilderecn
jegenüber, die ihn aufforderten, das Gewehr abzulegen. Da er
dies nicht that, so legten die Wilderer auf ihn und schossen au
eine Entfernung von 10 Schritten ihre Gewehrte gegen ihn ab