Full text: St. Ingberter Anzeiger

Hl. Ingberler Anzeiger. 
αααν 
der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchecutlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungkblatt, (Sonntagß mit illustrirter Bei⸗ 
lage), erscheint wöchentlich piermal: Dienstag, Doennerstag, Samstag nud Sonntag. Der Aboanementspreis beträgt vierteljährlich 
Mark 20 R.⸗Pfa. Anzeigen werden mit 10 Pfg., von Aasvörts mit 15 VPfz. kür die viergespaltene Zeile Blattschrift oder deren Raum. NRecla nen 
mit 30 Pfg. pro Zeile berechnet. 
4ß 190. Dounucrstag- den 30. November 1876. 
— 
Deutisches Reich. 
Berlhin, 28. Nob. Die ‚Nauional Zeitung ist von compe⸗ 
enter Seite in die Lage gesetzt, die Mittheilung des Wiener 
Fremdenblattes“, Füest Bismard habe dem Marquis Salisbury 
zegenüber kein Hehl daraus gemacht, daß der Gedanke der Besetzung 
Zulgariens als einzige w'rkungsvolle Garantie sich der Conserenz 
nit Gewalt aufdrängec werde — als vollitändig aus der Luft 
‚egriffen zu bezeichnen. 
Berrin, 28. Nov. Die von Preußen dem Bundesraih vor⸗ 
‚elegte Zollgesenovelle, unterschrieben von Camphusen und Achen⸗ 
ach lautet: „Gegenstände, deren Ausfuhr in einem anderen Lande 
»urch eine Ausfuhrpraämie begürstigt w'rd, können bei deren Ein⸗ 
uhr na v Deutischland mit einer Abgabe belegt werden. Die Aus⸗ 
neichsabgabe darf den Betrag der Ausfuhrprämie nicht übersteigen. 
Dieselbe kann ent.oeder für Erzeugnisse eines bestimmten Landes 
»der füt alle oder bestimmte Grenzstreclen augesrdner werden. Die 
Ausgleichssabgabe fallt fort, sobald ein Anlaß dazu nicht meht 
»orhanden ist.“ Die sehr kurzen Motive nehmen Bezug auf den 
Wortiaut der Throntede. (GIr. 3.) 
chen wegen Beleidigung des Königs von Bayern zu 9 Monaten 
Zefängniß. 
4 Die Kosten der von dir Distriltsgemeinde des Bezirksamts 
Zusel beschlossenen Straßenn ubauten belaufen sich für den Dist rikt 
Zusel auf beinahe 1,400,000 M., für Woljstein auf etwa 400,000 
M. und für den Distrikt Lauserecken auf nahezu 300,000 Mark, 
m Ganjen also auf 2,100,000 M. 
pBergrzabern, 27. Nov. In der Polizeisitzung am 23. 
d. M. wurde abermals eine Frau von Billigheim, die sich beigehen 
ieß, in das dortige Schullokal zu dringen und den Lehrer zu be⸗ 
AKimpfen, wel er ihr Soͤhnchen mehrere Stunden zurückbehalten 
jatte, ween Hausfriedensbruchs und Dienstbeleidigung in eine Ge⸗ 
ammigefüngnißstrafe von 6 Tagen verurtheilt. (S. W.) 
In Edenkoben wurde am Wiittwoch eine Feuerlöschprobe 
nit dem Zuber'schen Extincteur vecanstaltet, die sehr befriedigt hat. 
Han hanie einen Holestoß, der vorher mit Petroleum übergossen 
var, angezündet, so daß die Feuerslammen hoh aufschlugen, und 
»ann den Äpparat angewendet, wodurch das Feuer sofort geldicht 
vurde. Im Innern des Extincteurs ist kohlensaures Wosser, das 
hemilch zubereitet die Luft von dem im Brand befindlichen Gegen⸗ 
tand trennt. 
p Die Zuckerfabrit Frankenthal vertheilt als Ecgebniß 
hres letztverflossenen Geschästsjahres 15 pCt. Dididende. 
F Der nachste deuische Lehrertag wird am 1. August 1877 
n Kempten abgehalten werden. Man nimum an, daß rca 
500 L hrer sich hiezu einfinden werden. Für ih e Unterbringung 
verden schon jetzt Anstalien getroffen. 
Metz, 27. Nov. An Sielle des verlebten hiesigen Gou— 
derneurs General v. Schmidt wurde der bishecige Kommandeur 
der 6. Jufanterie-Divbesion, General Graf Schwverin, zum Gouver⸗ 
nenr ernannt. 
f Bockenheim, 27. Nov. Heute Nacht wurde dahier ein 
chauderbafter Mord verübt. Der Ermordete, ein bei dem Post- 
amte in Frankfurt beschäftigter Postassistent, wohste in der großen 
Saud asse dahier. Vor einiger Zeit soll in dasselde Haus eine 
Dame fehr zweifelhaften Rufes eingezogen sein. Der Postbeamte 
machte dem Hausherrn darüber Vorhalt, mit dem Bemerken, daß 
venn diese Person die Wohnung nicht verlasse, er ausziehen werde. 
Uls der Beamte nun heute Nacht von seinem Dieuste in Frankfurt 
e mlehrle, warde er von drei Louis überfallen und durch ver⸗ 
viedene Stiche in den Hals gerödtet. Er schleppte sich noch bis 
n die Nähe seiner Wohnung und wurde vor dem Wirthshause 
„JZu den drei Hasen“ todt aufgefunden. 
f Essen, 19. Nov. Die Krupp'sche Gußstahlfabril ist um 
inen neuea, mit der Bußstahlfabcikation keineswegs verwandte7 
Industriezweig vergrößert resp. erweitert worden. Es ist dies näm— 
ich die in der Colonie Nordhof eingerich ete Bürftenfabrik, in welcher 
den Arbeitern, die durch irgend welche auf der Fabrik erlittene 
Hehrechen ihrem erlernten Berufe nicht mehr nachgehen. können, 
Belegenheit gegeben, sich eiwas mehr zu verdienen, als die eventuelle 
Inval:denpension vetragen würde. Det Betrieb soll bis zu achtzig 
Mann ausgedehnt werden und es wird zunächst nut Hand leswaare 
abricirt. Wie verlautet, soll aus gleichem Grunde auch eine Tabak—⸗ 
tesp. Cigarrenfadrik eingerichtet werden. 
p Berlhin, 27. Nobenber. Der „Reichsanzeiger“ schreivt: 
Nach einer Bestimmung des kaiserlichen General Telegraphenamts 
vird versuchsweise nachgegeben, daß die Telegtophenanstalten auf 
Zerlangen auch Telegramme mit zwei Worien, also solche, welche 
rut aus einer Adrsse bestehen, annehmen und beföcdern. 
F Vom 1. Dezember ds. Is. au werden bei den Reichs— 
elegraͤphenanstalten auf Verlangen des Absenders versuchstwe se Tele⸗ 
ramme nach Orten innerhalb des Reichstelegraphengebietes zur 
Beiterhefoͤrderung mit der Post auch als gewöhnliche, nicht ein⸗ 
eschriebene Briese angenommen werden, insofern die Weiterbefdede⸗ 
ung vor einec Reichstelegraphenanstalt aus etfolgen soll. Der Ab⸗ 
ender hat das Verlangen durch einen entsprechenden Vermerk vor 
Ausland. 
Wien, 28. Rov. Der „Pester Lloyd“ sagt: Salis dury habe 
ich überzeugt, daß ein europärsch-s Collectiv-Veto gegen die russische 
Occupatioa nicht zu erlaugen sei, Rußland werde die Occupatiou 
ucht fallen lassen. Der „Lloyd', welcher darum das Scheitern 
»r Conterenz und einen russischetürkischen Krieg für wahrjcheinlich 
ält, schließt mit der Bemerkung, daß Oessterreichs Intecesse einen 
Fauftpfsaud verlange (Besetzung Bobuniens?). Bukarester und Wid⸗ 
diner Depeschen sagen, daß die Türken Ället zum Einfall in Ru— 
nänien vorbereiten. ) — —V — 
Wie aus Wien gemeldet wird, hat die österreichische Regierung 
»eim Reichsrath eine Creditforderung von 700,000 fl. zur Be— 
chickung der Pariser Ausstellung eingebracht. Entweder wird also 
)e Beschickung der Auestellung aus O⸗sterreich ein- sehr beschränkte 
ein, eder die össterreichischen Indust iellen haben eine sehr viel 
Irößere Opferwill kenn an den Tag gelegt, als die Mehrzahl der 
»eutjchen. (Nach öjterreichischen Blättern solle das Hauptgewicht 
uuf die Veriretung der Kunstindustrie gelegt werden.) 
London, 28. Nov. Hiesige Blätter veröffentlichen eine 
zuschtift Thomas Carlysle's Uber die orientalische Frage, in welcher 
3 hoaßt: Sich für die Türkei in einen Krieg gegen Rußlaud zu 
tfürzen, würde ein Alt der Nircheit fein. Man dürfe hoffen, daß 
'olche Polink für jedwedes englesche Ministerium unmoͤzlich sei, 
denn die Türkei habe troß aller Versprechungen keine einzige Reform 
ingeführt, selbst nicht einmal den Versuch dazu gemacht. Jetzt sei 
»at einzige Mittel die unverweilte fummarische Vertreibung der 
serrschenden türkoch n Volksklafsen aus Europa und das Zurückbe⸗ 
Jalten der friedlchen mongolischen Bevötterung, die dann auf voll 
tandig gleichheitligem Fuße zu bebandeln wäre. Eine solche Even⸗ 
ual tät sei unvermeidlich, auch dürfte eine Theilung des türkischen 
Bebiets zwischen Oesterreich und Rußland ernsthafte Schwierigkeiten 
nicht erregen. England habe nur ein Lebentiuteresse, u d zwar 
daß der Sicherung des Weges nach Indien durch Eaypten und 
den Suezkanal. Das Einverständniß Englands mi Rußland und 
Desterteich bleibe dringe d zu wünschen. Schließlich scwlägt Car— 
hale dor, die Frage dem Schiedsspruche des Fsuͤrsten Bismarck zu 
unterbre ten. 
Vermischtes. 
fSi. Inghert, 29. Nowp. Am Sonntan, 16. ds. Mis. 
nilh 6 Uhr faude der Kallbrenner Paul Kempf von FEschrinzen 
in seinem Raltesen daselbst den ledigen Jalod Rachel, Maurer von 
f,lengen als Leiche. Wie es scheint; leqgte si derselbe au den 
daltofen, um sich zu wärmen oder um zu shylafen und fand den 
cod durch Ersticken. 
— Das Zuchtpolizeigericht Kaiserslautern verurtheilte in 
einiet Sskung vom 25. d. den Schuster Adam Fesse von Lauter⸗