Full text: St. Ingberter Anzeiger

dere Mächte daran betheiligen, so wünscht Rußland auch jetzt noch 
nichts Besseres; wenn nicht, so muß Rußlaad zur Erreichung der— 
seiben Zwecke, welche im Berliner Memorandum gebilligt sind, seiner⸗ 
seits execunv'sch vorgehen. 
Die russische Kaukasus⸗Armee ist nun ebenfalls mobil 
gemacht und der General-Adjutant Loris⸗Melikoff zum Ober Com⸗ 
mandanter derselben ernanut worden. Der kaiserliche Ukas nennt 
die an der russisch- türkischen Grenze aufzustellende Armee das 
Iclive Corps an der kaukasisch-ürkischen Grenze‘“,, und dasselbe soll 
aus drei Abtheilungen bestehen. Tie tauk«siiche Armee besteht aus 
der sogenannten kaukasischen Grenad'er-Dibisfion mit 16 Bataillonen, 
serner aus der 20., 21., 39. und 41. Jufanterie Division mit je 
Is Baraillonen der taukasischen Schützenbrigade a 4 Batéillone, 
zer taukasischen Dragoner-Division mit zusammen 16 Esc dronen 
and der laukasischen Sappeur⸗Brigade. Sowohl der Geenadier⸗ 
vie den Infanterie D visionen ist je eine Festungs Artillerie · Brigade 
—X Gesammistand der kaukasischen Arniee veziffert fich 
demnach auf 80 Infanterie- und⸗ Schützenbataillone, 16 Es 
adronen und 32 Batuerien, das sind 82,320 Mann Infanier e, 
2464 Reiter und 252 Geschütze. Außerdem dücften auch die 
—X ftrachan-Kosasen in die Mobili- 
firung mit einbegriffen sein, da sie ebenfalls zur Kaukasus-Armee 
jerechnet werden. Dieselben zählen, und zwar die Kudan'schen 
dosalen 6 Schützenbata llone, 182 Eskadroneun und 5 reitende Bats 
—D 61 Escadronen und 2 Batterien und die 
Astrachan⸗Kosaken 12 Escadronen. Selbsiberständlich werden diese 
aosaken⸗Heere niemals ihre auf dem VPapier sostemisirten Stände 
erreichen. 
—1 
Vermischtes. 
4 Zweibrüchen, 29. Nov. Ein Einwohner von Ludwigs⸗ 
ßafen hane im Jahre 1863 mit der Versicherungsgesellschaft Azienda 
eicuratrioe in Triest einen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen 
and die diernach zahlbaren vierteljährlichen Prämien b's Ende 1873 
regelmäßiag bezahit und zwar, wie des ausbedungen war, anfänglich 
an die Hauptagentur dir Gesellschaft in Ludwigshafen. Diese 
wurde jedoch bald aufgelöst, worauf er die zu zahlenden Prämien 
an die Hauptogentur zu Kaiserslautern und, als auch diese aufs 
gehobden wurbe, an die Generalagentur der Gesellschaft füt Bayern 
a Mäünchen einsandte. Zu Anfang des Jahres 1874 öste die 
Besellschaft auch diese letztere Agentur auf, so daß sie nun in 
Bayern überbaupt har keipe Verltreuung mehr hatte', obwohl sie 
sierzu nach dem Inhan ihrer Zulassungsurkunde verpflichtet war, 
ind wies den Ludwigshafener an, tünftig die Zahlungen an die 
Bertretung in Innsbruck einzusend vw. Dieser, dent das lästig war, 
seitete nun unterm 14. März 1874 briefliche Unterhandlungen ein, 
im die vierteljähtlichen Prämienraten in einmalige Jahreszahlungen 
mzuwandeln. Am 25. März daraus sand e er dann die am 21. 
desselben Monats fällig gewordene Ptämie ein, welche auch au⸗ 
zenommen wurde, und ersuchte dabei die Vertrenung der Gesellschaft 
n Innsbruck schriftlich, den vollen J hresbetrag von 831 fl. 48 kr. 
bei Ablauf für die Folge per Postnochnahme zu erheben. Da er 
süiber bierauf keinerlei Antwort erhielt und auch die Erhebung des 
Betrags nicht erfolgte, so sandte er om 10, August 1874 den 
Jahresbetrag der P amie an das Bureau in Innsbruch ein, erh elt 
in aber von dort wieder zurück mit dem Bedeuten, daß, da nach 
Urt. 2 der Versicherungsbedingungen die Police außer Krast reie, 
venn eine Prämierrate am Verfalltage nicht bezadlt werde, er seiner 
Rechte verlustig geworden und der Vertrag schon am 21. Juni 
1874 erloschen sei, weil er die an dielem Tage faͤllig gewesene 
Pramie nicht rechtzeitig bezahlt habe. Hiermit nicht zufr:eden, trat 
e nun bei dem Handelsgerichte —XV die 
Szienda assicuratrice auf, indem er verlangte, daß sein Ver⸗ 
icherungsvertrag von dem Gerichte als nach wie vor zu Recht 
heftehend erklärt werde. Die Veklagte ertlärte die Klage jür un⸗ 
bdegründet, indem sie sich auf den sLon erwähnten Paragraph der 
Siatuten berief. Das Handelsgericht Frankenthal erllärie jedoch 
durch Urtheil vom 9. Juli 1875 unter Beurkundung des An— 
erbielens des Klägers, die noch geschuldeten Pramsen jederzeit 
nachzuzahlen, dessen Versicherungsvertrag nach wie vor zu Recht be⸗ 
stehend, und legte der Beklagten die Proceßlosten zur Last, indem 
s enischied, daß einerseins die betlagte Gesellschaft nach Urt. 1230 
J. c. veipflichtet gewesen wäre, den Klager, was nicht geschehen, 
dor Verlustigerklärung seiner Rechte an die Zadlung der dallig 
zewordenen Praͤmie zu mahnen, da aus dem Versicherungsvertrage 
nicht unzweideutig zu entuehmen sei, daß die bloße Thaisache der 
nicht rechtzeitigen Prämienzahlung den Verlust jedes Versicherungs⸗ 
anjpruches nach sich ziehen solle; daß andererseits die Gesellichaft 
aber auch nicht berewtigt gewesen sei, den vertrarsmäßigen ursprüng— 
lichen Zahlungsort nach einse tigem Belieben zu verlegen, zumal 
oz Ausland, was sogat den Concessionsded ngangen zuwiderlaufe. 
Aus beiden Gesichlspunkten betrachtet, zeige sich daher die erhobene 
Fge begründet. Gegen dieses Urtbeil erhob die bellagte Gesell⸗ 
chaft Berufung, welche jedoch durch Urtheil des Apellhofes vom 
2. 1.. Mis. als unbegründet verworfen wurde und zwar ohne 
ähere Prüfung der Frage, ob die Gesellschaft verpflictet ewesen, 
en Kläger in Verzug zu setzen, ehe sie den Vertrag für erloschen 
tlaren konnie, einfach um deßwillen, weil einerseits die Gesellschaft 
urch Aufhebung der Vertretung in Bayern, die ihr durch eller⸗ 
öchste Verordnung aufeclegt war, den contractmäßig und durch eine 
seihe von Jahren geschäfteüblich im Inlande fesigestellten Ort, 
voselbst die Prämie zu entrichten und in Empfang zu nehmen war, 
nseitig und entgegen der Coucessionsbewilligung in's Ausland ver⸗ 
egt, johin selbst eines Vertraasbruchs sich schuldig gemacht habe, 
bährend ardererjeits die Uebersendung des erwähnten ganzfährigen 
— welcher die Unterhandlungen 
soer den künftigen Zahlungsort der Prämien durch das eigene Ver⸗ 
chulden der Gesell'chaft, weil diese dem Versicherien auf seinen 
etzten Bref jede Anwort schu'dig geblieben, noch nicht abgeschloffen 
varen, sohin Kläger mit gutem Grunde die Annahme des an die 
Hesell chaft abgeschickken Betrages darch diese erwarten durfte, und 
ichts weniger vermuthen konnte, als daß die Gesellschaft den in 
dete stehenden Lebensversicherungsbertrag auf Gruud der Statuten 
ür erldichen erklären würde, zumal ja schon die Zahlung im Maͤrz 
874 verspaͤter geshehen, zleichwohl aber angenommen worden war. 
Wi. K.) 
p Pirmaserns, 29. Nodp. Der Voistand der biefigen 
Henossenschaftsscächterei macht heute Nachstehendes bekannt: „Ochsen⸗ 
leisch 36 Pf., Sawemefleisch 64 Pf., Kalbfleisch 50 Pf., Kessel⸗ 
vurst 70 Pf., Schwartenmagen 80 Pf., Fleischwurst 96 Pf. 
Ldiackwurst 10 Pf., Bratwurst 20 Pf. Für Ochsenfleisch werd 
Jarantirt, da Kühe und Fassel vom Ankauf ausgeschlossen sind.“ 
f Die „Pf. VeZig. schreibt aus Kaiserslautern, 27. 
Nov.: Einem croßen ünglüde wurde gestern hier nur durch glück 
ie Fagung dorgereugt. Eine Frau juchte nämlich ihr sind und 
rug ein HMädchen, ob sie dasselbe nicht geseben hätte; das kleine 
Heädchen verue nte die Fraqge, bemerkte jedow daber, daß ein anderes 
Madchen in den Abort des Spt tzengaufes gefallen sei. Die Frau 
ilte sofort datin und sah mit Eutsetzen, daß nur koch das Händ⸗ 
hen ein⸗s Kindes aus der Kloake hervorragte. —A 
ind zog auch wirklich ein etwa 9jähriges Maͤdchen aus der mit 
einem Sitzbrette versehenen Kloate. Es war das Tochterchen eines 
inserer dochgeachtesten Lehrers der höheren hiesigen Lehranstalten. 
as nur durch diese Fügung dem sichern Tod entging. An der 
eregten Stelle am Sprihenhaufe freilich hat man — dem alen 
S„prichworte folgend: .Daß man das Stallthor schließe, wenn das 
Bserd eutlaufen ist? — heute Morgen schon ein Schloß an die 
Thüre gelegt. 
F In Katzweiler gerieth am 26, ein Schustermeister in trun⸗ 
enem Zustande unter Pferd und Wagen und wurde derart beschö 
digt, daß er sosort iodt am Plotze blieb. 
Der D striktsrath von Kusel hat beschlossen, die Regierung 
u bitien, dahm wirken zu wollen, daß die pfalzijchen Bahnen im 
sordwesten und Westen an die benachdarte Rhein⸗Rahebahn ihren 
Anschiuß finden mögen. Daß das pfälzische Bahnnetz noch einige 
ucken jeigt, deren Ausfüllung nothwendig, ist in allen Kreisen 
inbestritten; am meisten ist die Entwickelung in dem Noidwestlichen 
Theile der Pialz zurückgebl eben und es hat daher schon vom Stand⸗ 
zuntt der Ausgleichung der Interessen der betreffende Distt lus⸗ 
allsbeschluß seine Berechtigung. 
Ingenheim, 27. Nov. Das Hängen scheint hier nach 
jerade Mode zu weden. Am Fre'tag vor 8 Tagen erhängte sich 
jer Hand l3maan M. Weiß, um sich den Händen der Strafjustis 
u entziehen und am verflossenen Sonntag machte eine verheitathete 
Frau einen Selbstmordversuch, indem sie sich auf dem Speicher 
Thängte, aber noch im letzten Momente von ihrem Ehemann ent⸗ 
Fecht und abgeschnitten wurde. Die Mornve zu dieser That ijollen 
ünsliche Zwistigkeiten gewesen sein. 
Aus der Pfalz. Am 4. nädbsten Monats treten in den 
Zaupistädten der 8 Kreise die Landräthe zu ihrer jährlichen Ve——. 
ammlung zusammen. Ein Hauptgegenstand soll die Bewilligung 
er Mittel für die neu zu organisirende Gewerbeschule dilden. welcht 
iner drätlasfigen Schuͤle zu einer sechsklassigen Realschul—⸗ 
verden soll, theils aus inneren Gründen, indem die Gewerdjchul— 
ie ihr gesiellte und früher schon herabgesetzte Anfgabe nicht voll— 
fändig dewältigen kounte, theils zu dem äußeren Zwecke, daw.t die 
Lbsolventen das Recht des einjährigen freiwilligen Militärdienstes 
n ganz Deutschland erlangen tönnen. Dem psaälzisven Landrath— 
vird vielleicht auch Gelegenheit gegeben werden, sich bezüglich des 
In dem durch seine lebhasfte Fürsorge fuͤr die verschiedenen Inte 
»ssen der Pialz beliebten Prasidenten protegirten Dienstbotenstiftes 
u ußeren, das, so gut als geneint ist, keinen rechten Anklang 
ird Fortgang finden will, indem der praltische Sinn der Bevol⸗ 
erung meint, wenn Prämien helfen, so müßten wir in den letzten 
Jahren lauter vorzügliche Dienstboten gehabt haben, da Jeder für 
aücngen Diensiboten fodel Pramien schon zum Lohne geleg