Full text: St. Ingberter Anzeiger

vestehe. „Ja, Herr Cassag nac.“ entgegnete Menier. dessen Geduld 
zu Eude war, jn, ich bin „Chofolat er“ und ich mache wir eine 
Fhre daraus; ich war sogar der Lieferant ihres Vaters, und ich 
rlaube Ihren', mir die Schuld zu bezadlen, in der er bei mir 
noch geblieben ist.“ Paul ne Cassagnac rief Menier zu: „Sie 
find ein grober Kerl!“ Furchtbarer Lärm. Der Praͤñdent ruf! 
Paul de Coassagnac zur Ordnung. Letzterer will nun sprechen, 
aber die Kanimer läßt ihn nicht zu Worte tommen, worauf er zum 
Präsidenten hineilt. Der Tumult wird immer groͤßer, als ploͤtzlich 
uͤn aifriger Vonapartist im zweiten Range in den Ruf ausbricht 
Es lede Frantreich! Es lebe Napoteon IV.!“ Der Präasiden! 
hbefiehlt die Räumuug der Loge, die Huissiers aehmen den Waus 
ejt, und führen ihn nach dem füe die Journalisten bestimmten 
Saal, wo ihn einer der Quästoren verhöͤrte. Die Rammee ließ 
sich durch diesen Zwischenfall sehr aufregen und schenkte den weiteren 
Verhandiungen sehr veringe Aufmerksamkeit. Das Judividuum ist 
rin gewisser Jaubert, ehemaliger Grenadier der kaijerlich u Gaede 
sund als solcher mit der Krim Medaille geschmückt, jetzt Gäruser in 
Montmartre. Der Mann verwahrte sich ausdrüchlich dagegen, daß 
man ihn für einen Toslhäusler nehme; erx hätte sich vielnehr nach 
raflicher Uebtrlegung vorgenommen, seines Gefüblen für das ge⸗ 
qutzie Regime einmal in recht ellatanrer Weise Luft zu machen. 
Die Quastoren übergahen den Mann dem Poiizeilonmissaiär. 
Die Erthülungen, die kürzlich der Prinz Napoleon auf der 
Tribüne ver französischen Kammer öber ein zwischen Frankreich 
Oesterreich und Italim so gut wie fertiges Bundniß im Jahre 
I868 gemacht bot, werden quch von italienischen Blättern bestätigt 
und verbollstandigt. So schreidt die „Italie“: 6ck ist ganz richtig, 
vaß Fraukreich damals die Hife Oesterreichs und Italiens gegen 
Breußen häue haben loͤnnen, wenn es den Italienern Rom übrr- 
sassen dane Das Cabines Menodteas hatte die Juitiatine der Ver⸗ 
handlungen sowohl in Wien als in Paris ergriff⸗n. Das war im 
Jahre 1868, unmittelbar vach der Madrider RKevolution und der 
durxemburger Vezwickelung. Nach langen Schwankungen tonute sich 
ober Napoleon zulezt nicht entschließen/ Rom an jrine Verbündeten 
zuszuliesern. Er wagte es vicht, die kierilale Partei vor den Kopf 
zu schlagen, die man gegen Preußen ebenfalls brauchte. Im Jahie 
1869 wollte er auf das Projelt zurüdklommen, aber jetzt war es 
zu spät. Fürsi Bismard hatte ihn überholt und inzwijchen der 
alienischen Regiervng jeden Grund benommen, mittelst eines 
Waffenbündnisses aus der Hand Frankreichs das anzunehmen, was 
is durch die Macht der Exeignisse, ohne Opfer, um den Preis bloßer 
Reutrauität erlangen konnte. 
An die französischen Präfelten sind neue Instruktionen ergongen, 
welche noch dem „Journal des Debats? eine durch die Auslegung 
des Frantfurter Friedens nothwendig gewordene, füt Elsaß Loth⸗ 
ringen wichtige Bestimmung enthalten, die nach dem genönnten 
Blatt also lautet: 
Die aus den an Deuischland abgetretenen Ländernn gebürtigen 
jungen Leute, welche, wie iht Vater, ihre Mutier oder ihr Vor⸗ 
unnd, für die jranzösische Rationalität opiirt haben, werden auf 
dia Rekrulrungslisten der Gemeinde gesetzt, in welcher ihre Familie 
zhren gesetzlichen Wohnsitz hat. Dagegen werden diejenigen von 
diesen jungen Leuten, deren Vater, Mutter oder Vormund nicht 
selbst die französij ve Rational äl reclamirt oder ihren Wohnsitz auj 
dem abgetretenen Gebiel behalten haben, nur auf ihren ausdrück 
lichen Antrag zur Gestellung zuge assen. Dieselben werden dedeuitet, 
daß die deutsche Regierung die Rechtsgül tigkeit ihrer pe soönl hen 
Opuion bestreitet und daß sie sich, inden sie in die Reihen unserer 
Armee einireten, der Gefahr aussetzen, don der deuischen Behörde 
als Refractäre verfolgt zu werden, wenn sie in ihr Geburtsland 
zurückkeyren. Sie werden, damit uns⸗re Regierung von jeder Ver 
antwortlichkeit frei bleibe, auf den Geftellungslisten durch ihre Unter 
schrift bestätigen, daß man ihnen dese Erdffnung gemacht hat.“ 
Madrid, 7. Dez. (Donna Baldometa de Larra — die 
panische Spitzeder.) 
Die dffentliche Aufmerksamkeit ist in diesen Tagen durch ein 
längst vorhergesehenes und stünd ich erwartetes Ereigni⸗ von den 
Fammerverhandlungen abgeleitet worden. —onna Baldomera de 
darxa, die Schöpierin der berüchtigten Casas de imposiciones, 
aner Nachahmung der Dachauer Banken im großartigsten Maßstabe. 
ist verschwunden. Amm Sonnabznd Abend zeigte sich die „Freundin 
der Armen,“ wie sie fich zu neiuen pflegte, zum leßzten Male dem 
arglosen Pudl kum der Hauptstadt in einer Loge der lomischen 
Oper. Zwei, Tage später, am darauffolgenden Montag, versammelte 
sich eine große Menschenmenge vor ihrem Hause, die Einen in der 
Ursicht, neue Ersparnisse anzulegen, Andere, um die Zinsen der 
rens ejngezahlten Summen in Empfang zu nehmen. Die Thür 
zlieb. ind ssen berschlossen, und da die Menge immer ungeduldiger 
ind der Lurm bedenklich ward, schidte sich die Porizei schleßlich au, 
zen Platz zu säubern,, um erxnstlichen Ausschreitungen vorzudeugen. 
Fin Richter ließ nunmehr die Thür aufbrechen, um gmtlich festzu⸗ 
Faß Dang Balbdomera mit ihrer Kasse und allen Werthob⸗ 
klen das Weite gesucht. Nach der m'edrigsten Schätzung herfferten 
iich die Einzahlungen auf 19 Millionen Reolen; davon hatte die 
reigebige Dame 5 Mill onen für Zusen (monatlich 30 pCt.) 
urückvezahlt, so daß idr immerhin noch 14 Millionen Regolen, 
ingesähr 2 800,000 M. bleiben. Ganz Madeid und ein girßet 
Theut der Umgebung sind an dem Verluste detheiligt. Wobl hal 
die Tagespresse die Verblendeten rechtzeitg zu warnen gesucht, aber 
der Tricb auf irgend eine Weise Geld zu verdienen, ohne arbeiten 
zu müssen, ist bei der jetigen spanischen Generation zu mächtig. 
Iis daß zute Lehren einen fruchtbaren Boden fänden. Dazu komm 
aun noch. daß kum 22 pCt. der Bevölkerung lesen koͤnnen. diese 
aber in ihrer Mehrzahl an Alles eher als an die uneigennützigen 
Rathsch äge der heimischen Presse glauven. Das Wetner war mii 
Donna Baldomekta, weunngleich sie dessen gar nicht bedunte num 
vor den Nachstellungen der spanijchen Potizei füther zu fein—. Das 
unaufhö liche Regnen hat näamlich zur goßen Freude der Beamten 
die Thätigtet des Telegraphen für unbestimmte Zeit gelͤhmt. Es 
Jehöet ja mit zu der berüchtigten Cosas de Espanus, doß jtede— 
eiue Platztegen jrgend eine eleltrische Leisung für mi desteus 24 
Stuuden fört. Der Minister des Innern hat nun srotzem 200 
Telegramme an alle Polizeibebörden deq Koͤnigreichs aufsetzen laffen 
Dieselben harren ibrer Befdederung in Madrid, während die 
Schwindlerin wahrscheinlich längti die Pyrenaen hinter fich hat. 
Batatz, 13. Dez. Der eunglische Konsul befahl den ena 
lischen Hndelsscheffen die Station zu verlassen wegen wachseude; 
—AX 
Buͤtarest, 13. Dez. Die Tarker erkläcte, im Falle einen 
tremden Invasion in Rumänsen den wichtigsten stiategischen Punkt. 
dalafatt, zu ottupiten, auf Grund des abgeschloffenen Suze. änctäts 
Txattats. 
Vermischtes 
fSi. Ingbert, 14. Der. Geftern ereianete sich in 
Walde zwischen Ewersberg und Friedrichsihal ein erschütterndes 
AInglück. Ein Holzhauer war nämlich mit Abhauen eines Baume— 
eschäfngt, weich ietzterer deim Fallen die in der Nähe sich aufe 
haltende 16jährige Tochtee des Holzoauers derart deschadigte, dai 
sie in Folze der erhalienen Verletzungen alsbald stard. 
IKaiserslaufern wurde am verflofss nen Sonm 
ag Nachs ein Polizeibediensteter, der zwei Raufende trenner 
vollte, vou einem derselben in den Rücken gestochen, so daß er voraus 
ichtlich mhrere Wochen dienstunfähg jein wird. 
Kaiserslautern. Der Postwagen von Lauteredcen 
ommend stürzte am Sonntag Abend zwischen Olsbrücken und 
dir chhorn in den Chausseegraben; glückücherweise wurde keiner —X 
Hassagtere verletzt. Dieselben wurden mittels eines riquirntez 
HMullerwagens weiter befördert und kam dieser neue Postwarn um 
9 Uhr statt unn 7 Uhr Abends hier an. 
Der Voront des pfatzischen Gewerbevereins; Verbandes ha 
die Verbandsvereine zu einem am Sonntag, den 17. d. M. in 
Hotel Zarlsberz“ in Kaiserslauseen Vorm. 2 10 Udr statiftnd. nder 
Delegittentag eingelader. 
FePirmasens, 11. Dez. Die Genossenschafte⸗Schlächtere 
hat aufgehött. — Nach dem „Pirm. Wochenbl.“ soll ein Gerbe 
Tagner) von Fehrbach am 2. 1. M. zwischen 7 und 8 Udr Abend⸗ 
don drei vermunim'en, mit füchtigen Prügeln versehenen Mönnern 
in der Nähe von Pirmasens angehalten und nach Geld durchsuch 
pvo' den sein. Glückli verweise datte derselbe, da seine Hoseutasch 
zertissen war, den Betrag von 34 M. im Stiefel, wo fsie nid 
uchten. 
p In der Sitzung des Polizeigerichts Landau vom 5. be 
vurden mehrege Burschen von Siebeldingen wegen durch Haber 
Adtreiben verübten Uafugs zu empfindlichen Geidstrafen verurtheilt 
Dieselben hatten von Siebeidingen nach Birkweslet einen Umzus 
nit Wagen und Pierden gehalten, welche mit Sprichwoöͤrtern und 
Zunbleinen geziert waren, die auf bestimmte Personin von Siedel 
dingen urd Birkweiler, d. 1. auf deren Thun und Treiben hm 
nielten. 
München, 11. Tez. Aus Abgeordnetenlreisen vernimm 
die „Hoffmann'sche Korrespondenz“. daß der Entwurf erner Stenerte 
form seiner Vollendung entgegengehe und daß Minister v. Beri 
zur Berrathung desselben e ne kurze Frühiahrsfession des Landtage 
heranlossen will, weil er beadsichnge. das nächste Büdaet berein 
nach den ucuen Steuergefetzen aufzustelle 
Bateuth. (15 Mmionen!) In Tabiti ist ein ge isen 
J. C. Brenuer gesiorbin und hat 10 bis 18 Mill:onen —W 
Ruterzassen ohne Erben. Er ist aus Bayreuth gebürtig. Keir 
Hetingeret als der deuische Boischafter in Paris ist's, der dien 
Rachticht an das Stadt zericht Bavreuth üdermittelt hat. Ma 
ans sich denken, wie's in allen Köpfen brennt. 10 bis 15 Mi 
jonen! Das ist Musit! Die geht woch über Richord Wagne 
ind alle Nibelungen. Wenn's nur mit dem gewissen Brenner ee 
vfz ff Huͤdbh. VDorfztg,)