Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler ANnzeiger. 
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M 206. Dienstag, den 26. Deeember 
1876. 
Deutsches Reich. der Verhältnisse im Inlande, sei es durch eine Modifikation des Steue⸗ 
München, 20. Dez. Nach den vom Justizministerium rungssystems, sei es durch eine Vermehrung der Kommunikationsmittel 
oeben veröffentlichten Ergebnissen der Stirafrechtspflege im König⸗ and eine Verbill gung der Frachten den leidenden Industrieen zu 
eich Bayern während des Jahtes 1875 wurden von den Gerichten uu heisen als durch Verlassen eines handelspolitischen Prinzips, dem 
»es Königreiches, abgesehen von den durch die Stadt- und Land. Deutschland feine ganze gewerbliche Entwickekung zu verdanken haft. 
zerichte abgeurtheilten Uebertretungen der Forstgesetze, 807,728 Aussfsand ·... 
itrafbate Handlungen abgeurtheilt. Von diesen wurden 5368 als Petersburg, 21. Dez. Nach einem hier in unter⸗ 
Berbrechen, 53,965 als Vergehen und 238,397 als Uebertretunzen Lichtetften Areisen mit großer Beftimmtheit auftretenden Gerücht ist 
erklärt. Au der Zahl der Verbrechen sind die einzelnen Regierungen Zaiser Alexander infolge einer heftigen Erkältzzng nicht unbedenklich 
n folgendem Verhältnisse betheiligt: Ob rbayern mit 1387 Ver— ꝛxtcankt. (Telegraph'sch als uawahr widerlegt.)— 
nrechen oder 25,84 pEt., Niederbayern mit 755 oder 1407 pCt., „In der Frage wegen Sicherstellung der Christen in der 
Schwaben mit 691 oder 12,81 pCt., Untecfranken mit 634 oder Türkei und besonderer Garantie hierfüe in den drei insurg'rten 
51,87 pCt., Mittelfranken mit 543 oder 1013 pCt., Oberfrauken ürkischen Provinzer wird die türkische Regierung. die inzwischen in 
nit 531 oder 980 pCt., Oderpfalz mit 514 oder 9,87 pCt. und »em Freunde allaemeiner Reformen, Midhat Pascha, eine neue Sptze 
zie Pfalz mit 313 oder 553 pCt. jefunden hat, bei ihrer Zuziehung zu den Konferenzen ihre entschei— 
München, 22. Dez. Das Finanzministerium erinnert ende Erklärung abzugeben haben. Durch diese Erklärung wird 
viederholt daran, daß die Reschskassenscheine zu 5, 20 und 50 ich die Situation präzisiren. Rußland hat inzwischen bei den Vor— 
Mart bei allen kgl. Kassen zum Nennwerthe angenommen werden Nuferenzen, füür weiche General Ignatieff grotze Attionsfreiheit hatte, 
nüssen. — 8 sich auf * rrt bestuntn— — n 
München, 23. Dez. Am 27. ds. Mis. werden bei der entabsche Frage auregt, sondern allein wirtsame Garantien für 
ayer. Vereinsbank dahier die Zutheilungsanttäge für die dermalige e Sicherheit der Christen in den orei Provinzen fordert. Bei dem 
Begebung von fünf Millionen M. aus dem 41procent. Prioritäts⸗ uhigen Verlaufe der Vorbesprechungen unter den Reprasentanten 
Anlehen der Akliengesellschaft der pfälzifchen Norddahnen im Betrage et Näahte in Ko stantivobel sningie es um so ehr auff allen, wenn 
— as hier am meisten verbreitete Blatt, der „Golos plötzlich einen 
Nordbahnen zum Bau der Bahn von Gränsiadt nach Eiseaberg at aggreffiven Artikel gegen Oesterreich brachte. Es möge solchen 
ß w. cnigegengenommen. en meaer Stimmung zur Choratterisitung die Thatsoche 
Die kal. Staatsminister v. Pfretzschner und v. Fäustle, Anen geheien werden, daß der „Golos? nie einen officidsen 
velche gesteru noch dem feierlichen Schluß dis Reichslages bei⸗ 
wohuten, sind von Berlin heute Mittag hier eingetroffen. — In 
nilitärischen Kreisen vernehmen wir steben, daß im allerhöchssen 
Auftrage des Königs sich die kommandirenden Generale der beiden 
dahderischen Armeekorps nach Beilin begeben, um dem deutschen 
caiser die Glückwünsche der Armee zu dessen 70jährigem mil lä— 
rischen Dienstjubilaäͤum zu überbringen. 
Berlhin, 23. Dez. Der „Reichsanzeiger“ publizirt die 
VBerleisung des Grotzkreuzes des Rothen Adler⸗Ordens mit Eichen⸗ 
ljaub an den Justizminister LKeon har dt. — Die „Norddeutsche 
Allgemeine Zeitung hätt den Meldungen anderweitiger Ze fungen 
zegenüber daranß fest, daß der preußische Landtag am 12. Januar 
1877 zusammentrete. 
Berlin, 24. Dez. Die Voraussicht des Abgeordneten Hrn. 
Dr. Lucius, daß der von der Reichsregierung vorgelegte Gesehent— 
vurf betreffend die Ermächtigung zur Etablirung von Aus ie ch⸗ 
angszöllen iu der abgelaufenen Session nicht mehr zur Verhandlung 
zelangen werde, hat sich vollständig bewährl. Bei dem hohen Werthe, 
velchen der Reichskanzler auf die Ertheilung jener Ermächtigung 
notorisch legt, ist nicht daran zu zweifeln, daß das Gesetz beim Be— 
ninn der nächsten Session sogleich wieder zur Vorlage celangen 
wird. War in dem diesjährigen Entwurfe nur die Rede von 
Zöllen auf Eisen und Zucker, so wird der nächste Entwurf eine 
zrößere Reihe von Gegenständen bezeichnen, welche den Ausgleich 
»der die Retorsion nach der Ansicht der Reichsregie ung dringend 
erbeischen. Damit würden wir dann nicht mehr min einem Aus— 
iahmegesetze von beschränkter Dauer und für bestimmte Fälle zu 
hun haben, sondern vor der Adoptirung des schutzzöllnerischen 
Brinzips zum leitenden Prinzipe unserer Handelspolitik stehen. 
Unterdessen werden einige Monate der Erfahrung hinter uns liegen, 
dꝛe die mit dem 1. Januar uunmehr defiastiv eintretende Äuf— 
jebung der Eisenzölle wirkt. Wir leben der frohen leberzeugung, 
»aß die Befürchzungen, welche die Interesseten daran geknüpft und 
der Reichsregierung plausivel zu machen gewaßt haben, sich als 
ehr übectrieben erweisen werden. Es verbleibt dann auch noch 
senügender Spieiraum in der Zeit, die thatsächlsche Lage anderet 
Industeicz'v ige naher zu prüfen, wie z. B. die der Juckerfabrikation, 
iad zu erwägen, od es nicht vottheilhafter wäre, durch eine Verbessetung 
Rermischtes. 
F Wie man dem ‚N. W. Tgbl.“ aus Breslausschreibt, 
ühlte sich der achtzigjührtige Earl v. Holtei, der Patriarch unler 
)en deutschen Schriftstellers,, in letzter Zeit körperlich so herab⸗ 
sekommen, daß er im Kloster der Barmherzigen Brüder um Auf— 
iahme bitten mußte. Die Herren Patres waren so menschen⸗ 
reundlich, dem müden, hinsälligen Greis seine Bitte — wohl die 
zie in seinem bunten wechselvollen Leben — zu erfüllen, und 
äuneten ihm ein Zimmer ein, wo er, umgeben von mitder Pflege, 
eine Tage ia Ruhe beschließen kann. Auch ein Ende eines deutschen 
Dichters! 
F Ein Glückklicher.) Man schreibt aus Paris Deer 
daupttreffer der 1864er Loose in der Ziehung vom 1. ds. Mis. 
nat der Pariser Brillantenhändler vom Boulevard Sebastopol Ochs 
jemacht. Es ist doch sonderbar, wie Einen Fortuna manchesmal 
»erfolgt. Ochs hat vor einigen Jahren in Wiesbaden einige tausend 
vulden in Prente et Quarante gewonnen. Er ktaufte dafür öster⸗ 
eichische 1864er Loose und hat bereits einen Treffer von 10,000 
L., einen von 20,000 fl. und jetzt den von 200,000 fl. 
Parie, 29. Rov. Ein Weinstubenwirih in der Rue 
Saint Mederic in Versailles, Herr Lelong. erzählt das, Baelletin 
rancais“, befand sich kurzlich in seinem Keller, als ihm plötzlich der 
Boden unter den Füßen wich und er etwa vier Miter tief in eine 
Ait von Brunnen fiel, von dessen Ex'stenz er bis dahin keine Ahnung 
jatte. Auf seine Hilfernfe lief man min Stricken und Lichtern her⸗ 
»ei. Lelong, der sich, schwer verletzt, wie er war, nicht rühren konn- 
e, blickte um sich und sah zu seinem Erstausen in esnem weiten 
reller eine Reihe meihodisch geordueter Weinfässer. Seine Gesellen 
apften dieselben au und enideckten, daß fie mit den besten französ⸗ 
ischen und span'schen Weinen gefüllt waren. Wie sich nachträglich 
rrausstellte, gehörte dieser Kellet zu einem Padillon, dem sogenannten 
dendez-vous d'Amour, welchen sich Ludwig XVI. in dem berüch— 
igten Herschpark ang legt hatte. Man glaubi unicht, daß die Re⸗ 
ublick das Eigenthum dieses Weines reklamiren wird. 
F In den letzten Tagen kam vor dem Gerichtshofe zu Nizza 
»ie seinet Zeit auch im deutschen Reichstage zur Sprache gekommene 
elannte unerquickliche Affaire Schenking zum Austrag. Herr B.