Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Haupiblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Vei— 
lage) erscheint wochentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag. Der Abounementsepreis veträgt vierteljährlich 
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M 42. Donnerstag, den 14. März 1878. 
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Deutsches Reich. 
Munchen, 12. März. Das Auftreten des k. Stoatsmi⸗ 
nisters Herrn v. Piretzschner junr Reichstage bei ver Berathung des 
Besetzeniwurfs hinsichtlich der Stellvertretung des Reichskanzlers 
at an höchster Stelle die vollste Anerkennung gefunden und ist 
juch in einem an Herrn v. Pfretzschner nach Berlin gesendeten 
Telegramme in einer filr denselben höchst schmeichlhaften Weise 
zusgesprochen morden. Herrt v. Pfreßßschner dürfte vor Ende 
ieser Woche hierhet zurückkehren. 
B8erurn lo Maärz. Wenn man sich plötzlich in Regie⸗ 
inngskreisen der Hoffnung hingibt, es werde sich im Reichstage 
ine Majorität für eine Verstäändigung auf Gruad der iezzigen 
Tabaksfleuer. Vorlage finden, so ist dies eine Erscheinung, für welche 
augenblichtich noch eine jede Erklärung fehlt; Thatsache ist aber, 
aß eine solch? Hoffnung vorhanden isl. Man meint, die Basis 
ur die Verständigung werde die Erhöhung des Finanzzolbes auf 
30 bis 835 M., ftati 4e0 M., wie die Vorlage verlangt, welche 
nan durch eine verhäͤlinißmäßig geringere Erhöhung der Steuer auf⸗ 
nlandischen Tabat zu gewinnen hofft. Bis jetzt ist kein Anzeichen 
porhanden, weiches die Hoffnung der Regierungskreise rechtfertigt, 
her immerhin ist die Stimmung beachtenswertb und scheint zur 
Borsicht zu umhnen. 
Wie das „Berl. Tagbl.“ erfährt, siud für die deurschen 
dünstler im Pariser Ausstellungspalast nur noch etwa 180 qm 
Wandfläche versügbhar. Es wird daher unter den auszuftellenden 
Werken eine strenge Musterung gçehalten und werden deren nur:; 
wa 200 zugelaffen werden. Die Reichsregierung wird den Reichs⸗ 
ag angehen, 75.000 Mark für die Kosten der Ausstellung zu be⸗ 
villigen. 
Der „Re'schsanzeiger“ verbffentlicht die Verleihung des Kronen⸗ 
»xdens J. Klasse an den Frhrn. v. Roteschild in Frankfurt a. M. 
Der Socaldemokrat Fritzsche ist in die Commission dis 
steichstags 4uk Vorberathung der Gewerbe Gesetznovelle gewählt 
vorden. Vorsitzender der Commission ist Rickert (nat.⸗lib.), Stell⸗ 
nertreter desselven Bürgers (Fortschr.)* 
Die soctuldemokratischen Reichstagsabgeordnelen Blos und 
Most beantragen, daß küuftig die Rechstagswahlen nur-an Sonn⸗ 
agen stoatiffiden und die Wahlzeltel in uubeschriebenene, undurch⸗ 
ichtigen Convecten abgegeben werden sollen; ferner daß mit Ge⸗ 
angniß nicht uuter 1. Monot bestraft werden soll, wer einem Wäh⸗ 
er Geschenke oder andere Vortheile anbietet, verspricht oder gewäqhtt 
der Naatheile-androht, um ibn bei der Abgabe seiner Stimme 
u beei⸗ flassen⸗ 
Nach A⸗eußerungen auf der parlamentarischen Soiree wäre zu 
Refürchten. daß das Verlangen Englamn.ds, der Conferenz soll 
der gesammee; Inhalt des Friedensvertrages von San Stiefano zur 
Beschlußfassung behuss Abänderuug des Pariser Vertrags vorgelegt 
derden zu zeiterunzen führe und den Zusammentritt der Conferenz 
nindestens verzögern werde. Die Conferenz soll ihre Sitzungen in 
dem neuen Rrschskanzlerhause, dem früberen Valais Radziwill, 
Whalten.. 
Ausfand. 
Waen, 11. März. Im Budgel⸗; Ausschuß der österreichischen 
Delegat:on antwort;te Aundrassy beute, nach den Congreß Aussichten 
efragt: er gehe mit der Hoffaung auf Verständigung nach Ber⸗ 
in, vob müsse auch die Moglichkeit des Scheiterns des Congresses 
n'z Auge gefaßt werden. Dann werde Oesterreich mit eigenen 
Machtmüteln fuüͤr seine Interessen eintreten. Die Beziehungen zu 
Deuischland bezeichnete er als die besten. (Fr. 3.) 
Paris, 12. März. Der Unterrichts-Minister ettheilte dem 
Bater Hyncinthe die Etlaubniß, während der Weltausstelung Vor— 
räge zu halten. — Heute faud ein P. stolenduell. zwischen den 
D hatitien Andrieux und Paul von CEassagnac statt. 
Londom, 11. Maͤrz- Wie „Standard“ wissen will, halten 
die Behörden in Malta die Weisung erhalten, alle heimlehrenden 
riegtschiffe zurückzuhalten behuis Verßärlung der englischen Flolte 
zu den Orientgewässern. 
Pera, 12. März. In Syrien herrscht große Aufrequng 
ind lebhafte Agitation zu Gunslen eines Anschlusses an Aegypten. 
In Koniah traitn Mollahs auf and proklamirten den Verfall und 
ntergang der Dynastie Ozman. Der Sultan ist keank. 
Konstantinopel, 114. Marz. Mehemed Ali Pascha 
st für die Dauer der Abwesenheit Reouf Pascha's zum interimi⸗ 
*ischen Kriegsminister ernannt worden. — Die Sterblichkeit unler 
den Eingewauderten ist im Zunehmen. — In mehreren Städten 
st die Brodsteuer eingeführt worden. — Ein Telegramm des 
Houverneurs von Janina meldet die vollständige Niederlage der 
zriechischen Frerwilligen in Epirus. Die Ruhe wäre dort voll⸗ 
ländig wieder hergestellt. — General Saviet wurde zum Gouver⸗ 
xuc von Tripolis ernannt. 
Peterbburg, 13. März. Das „Journal de St. Peters- 
ourg“ façt gegenühber englischen Zeitungsstimmen: der Congreß 
akein Schiedsrichterliches oder anderes Tribunal, sondern eine 
jemeinschaftliche Berathung über gemeinsame oder diverginirende 
Interefsen. Entscheidungen würden nicht mit Stimmenmehrheit 
— unlogisch, daß Jebermann feine 
Interwerfung voraus erkläre; ebenso unvaltbar sei die Forderung, 
em Congresse alle, auch die keinen europäischen Charalter habenden 
Friedenspunkte zu unterbreiten. 
Vermisutes. 
“Sit. Ingbert, 13. März. (Pfausverkauf.)“ Das 
aeben der kulsholijchen Kirche gelegene Haus des Herrn Ehrhardt 
Jochum ging geftern durch Verkauf um den Preis von 27.000 
Markt in den Besitz des Herrn Apothekters Zorn über. 
* St. Ingbert, 14. PRärz. Gohes Alter). Am 
II. März verstarb in der benachbarten preußischen Gemeinde 
Spiesen im hohen Aller ven O7 Jahren der Handelsmann 
Jatkob Mater, genannt „der alte Maier“. Der Verstorbene 
rfteute sich dis kur, vor seinem Tode ener seltenen geistigen und 
örperlichen Rüstigleit. Jeden Tag rauchte er vom frühen Morgen 
»is zum späsen Abend seine Pfeife. Noch In seinen Lebzeiten sah 
er eine zahlreiche Rachkommens vaft: Kinder, Eukel und Urenkel. 
FKaiserstautern, 6. März. Um die Z weuerrichteten 
Polizeidienerstellen dahier haben sich nicht weniger als 118 Bewerber 
jemeidet, worunter etwa 60 rorzüglich Befähigte, meistens gediente 
endarmen, so daß der betreffenden Com mision die Vorschlage und 
luswahl sehr schwer jallen weiden. Als im Jabre 1872 2 neue 
Z„tellen errichtet wurden, meldeten sich bios 12 und im Jayre 1876 
los 14 Bewerber auf 2 Stellen, wohei nod besondere Auffoörde⸗ 
ungen ergangen wareu. 
Kaiserslautern, 12. März. Am Sonntag, den 
17. März, Nachmittags 23 Uqr, findet in der Brauerei Jänisch 
dierselbst eine Generalbersammlung des pfaälsischen Dampfkessel⸗ 
seevifionsdereins statt mit folgender Tagesordnung: 1) Bericht des 
Vorstandes, 2) Rechnungsablage, 3). Berscht des Iagenieurs, 4). 
Ergänzungswahl des Vorstandes und der Rev'sions Commission. 
F Auf Anttag des Stadtrathes-von Kaiserslautern— 
vurden hohen Orts die beider in dieser Stadt bisher am Dienstag 
nach Lichtmeß und au dritlen Sonntag im Aubaust abgehaltenen 
Jabrmärkle aufgehoben. 
Neustadt, 55 März. Der hiesige Carneyal war für 
die Ausdehnung unserer Stadt wirklich großartig, besonders die 
drähwinkler Garde zeichnete sich dur h aute Ha.tung und glänzende 
Tostüme aus. Lerder fehlte auh die Kehrseite nicht. Im Pfand⸗ 
Jjause ging es so lebhast zu, wie auf det Straßt und in den 
Wirthshäusern; Uhren und Ringe, Ober und Unterbetten, auch 
Sauerkrautstündet sollen den Weg dortin gewandert sein. Eine 
zute Keitit hörten wit auf der Straxe. Ein Nenstadter begrüßt 
im Sonntag einen Auswärtigen aat der Straßze: „Na, willst Du 
wuch die jchtechlen Zeiten in MRu“adt sehen ?“