Slt. Ingberler Anzeiger.
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M 53. Dienstag, den 2. April 1878.
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Deutsches Reich.
Mänchen, 31. März. Se. Maj. der König hat dem
Fürsten Biemarck zu dessen —8
sichsien Gtücwünsche nach Berlin gesaudt und auch dem deuischen
Boischafter in Paris, Fürsten Hohenlohe⸗Schillingsfürst zu dessen
heutigem 59. Geburtstage solche übermitteln lassen.
Am Montag wird im Reiustage folgende Interpellation von
Dr. Buhl und Genossen verlesen werden: Beabstichtigt der Bundes⸗
rath die Erhebung einer Uebergangsabgabe für Essig aus Bayern,
Würtemberg und Baden beim Eingang iu die Staaten der Brannt⸗
weinsteuerge.neinschuft einzusühren, und ist eine Vorlage on den
keichsstag hierüber zu erwarten?
Die Bundesrathsausschüsse deschlossen bezüglich der Tabals⸗
enquete einige Adänderungen, um alle für die eiwaige Einführung
der Tabaksieuer maßebenden Grundlagen zu gewinnen. — In
der Budgettkommission gab Geh. Rath Möchaelis die Erklaͤrung ab,
daßz die Minder Einnahme der Zölle 1e. im laufenden Etalsjahre
230 Millionen betrage. — Ein preußischer Antrag an den A
ralh will den 8 88 der Gewerbeordnung dahin abändern, daß die
Land⸗sregierungen befugt sein sollen in Orten unter 15,000 Ein⸗
vohnern den Beirieb einet Gastwirthfchaft von dem Nachweise des
Bedürfaisses abhängig zu machen.
Zerhin, 30. März. Die Ausschüsse des Bundesraths
haben heute die statislischen Erhebungen über Tabalbau und Tabalb⸗
jabrication betreffende Gesetz berathen und beschlossen der bei dem
Bundesrath, die Aunshme des Gesetzentwurfes mit denjenigen Ab⸗
iuderungen zu brantragen, welche ersorderlich erscheinen, um gleich⸗
zeitig alle jüt die eiwaige Einführung der Fabrikatsteuer maß
gedenden Grundlagen zu gewinnen- (Allg. Zig.)
Berlin, 30. Maͤrz.Wie ich hore, sind heute bei der
Reichzreg erung Mittheilungen aus Wien einge!aufen, wonach Oester⸗
reich aus dem Dreikaijerbunde nicht zu breten gederkt und Andrassy
ohne vorheriges Eirv rnehmen wit dem Fürsten Bismatck nichte
unternehmen wolle. Im Reichstage wird die Orientfrage jedenfalls.
jei es in Form einer Juterpillat on oder bei der dritten Berarhung
des Etats zur Sprache gebracht werden. — Ueber Ignatiew's
Mission wird der .Nat.⸗Zig.“ aus Wien geschrieben: Ignatiew
hat den Auftrag, Oesterreich nicht nur Bosnien und die Herzego⸗
wina, soudern die ganze Westhälfte der Balkanhalbinsel also auch
Salonichi anzubieten. Jgnatiew bditiet jedoch um eine bestimmte
Frklärung, was O⸗sterreich mit diesen chriftlichen Provinzen an⸗
fangen will, darum ist Ignatiew's Mission problematisch, weil man
sich in Wiem nicht intscheiden will. Die Zumuthung Ignatjews
an O sterreich, es möge an die Türkei den Krieg erklären, hat in
Wien unangenehm berührt.
Ausland.
Wien, 30. März. Ojfficiös wird berichtet? General Ig⸗
naliew hat Namens des Kaisers das größte Entgegenkommen für
alle Juteressen und Wünsche Oesterreichs ausgesprochen. Der ihm
und seiner Mission zu Theil gewordene Empfang wird den Beweis
geben, daß mou in Wien nach wie vor den großten Werih auf
das Hrei Zaner Verhälltniß legt und weit entfernt ist, sich der
brüskirenden Politek Englands zu nähern, wennschon Oesterreich
nicht dams zuͤrückhält, eine Anzahl Punkie der Friedensprälimina⸗
ten zu dezeichnen, deren Abänderung es derlangt. Verhardlungen
dieruber werden bei dem gehinderten Congreß von Macht zu Macht
geführt.
Wien, 31. März- Gutem Vernehmen nach blieb bis zur
Siunde die Mission Ignatiews ohne genau präzisirtes, definilives
Ergeonißz. Er reist nach Petersburg zurück, um dort über die
Eroͤffnungen Androssys zu berichten, welche principiell dahingehen,
daß Wesibulgarien detart organisirt werde, daß nicht Rußland
ondern' Oesterreich daselbst die Hegemonie austbe. Serbien, VPionke⸗
negro, Bozuien, Her egowina und Albanien müssen russischem Ein—
flaßz durch Begründung eines militãtisch⸗ wit ihschafslichen Vertrags⸗
orthältnisses mit Oesterreich entzogen werden. Bezüglich leßterer
drei Provinzen würde Oellerreich mil dem Sultan ins Einvernehmen
zu treten haben.
Paris, 30. März. Die „Agence Havas“ meldet aus
Athen: Es geht das Gerücht, England habe um die Ermächtigung
nachgesucht, auf griechischen Boden ein Armeelorps dampiren zu loͤffen
Brüssel, 27. März. In der Abgeordnetenkammer er⸗
llärte der Ministerpräsfdent bei der Discufsion der Militärcredite,
Belgien, habe nichts mehr zu befürchten jür seine Unabhängigkeit;
seit 1870 sei jede Gefahr von dem Nachbarlande verschwunden.
— Also seit dem Sturze des französischen Kaiserreichs! Diese Er⸗
flärung, daß Belgien von Deuischiand nichts zu fürchten habe,
wird in Frankreich Manchen verschnupfen.
London, 31. März. Renter's Bureau meldet: Es heißt
die Garnison von Montreal (Canada) sammt Artillerie geht nach
Halifoax, um die dortige konigliche Arlillerie abzulbsen, welche
nach England beordert ist.
Petersburg, 831. März. Das „Journal de St. Pelers⸗
»ourg bespricht nochmals den Rücktritt Derdy's, zählt alle von dem
ritischen Cabinet feit 1875 aufgeworfene Hindernisse auf und
chließt folgendermaßen: Nachdem Rußland Alles gethan hat, um
Ren Frieden aufrechtzuerhalten, nachdem es die äußerste Nachficht
auf dipismatischem wie auf militärischem Terrain belundet hat,
wird es fortan nur seine eigenen Interessen und seine Ehre zu
Rathe ziehen, wenn es Anderen gefällt, dieselben zu bedrohen.
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Vermischtess.
rLandanu— Die beiden seit Kurzem vermißten Realschüler
rus Böchingen haben sich am 29. März wieder zu Hause ein⸗
zefunden; ihr Reisegeld hatle nur bis Mühlhaufen gereicht; den
Rückweg muß!ten sie zu Fuß machen,
pPMünchen, 27. März. Die Vorarbeiten zur Feststellung
der Gerigtssitze in Bayern nach der neuen Gerichtsorganifation
ollten im Justizministerium bereits vollendet sein.
p'München, 27. März. (B-Bl.) Das „Hotel Grand
National' dahier ist heute zwangsweise versteigert und von Herrn
Maurermeister Deiglmeir um die Summe von 547,000 Mark
rstanden worden, eine Summe die nicht einmal zur vollständigen
Dickung der Hypothekenschulden ausreicht, so daß die Correntgläu—
diger jedenfalls ganz leer ausgehen. Der Schuldenstand hat
uber 800,000 Mark betragen.
Wärzburg, 29. Mätz. In der hiesigen Infanterie⸗
taserne ist vor zwei Wochen der Typhus ausgebrochen und mußte
Aieselbe in Folge dessen sofort geräumt werden. Die Mannschaft
vnrde in Baracken vor dem Zellerthore untergebracht. Heute
liegen von einer Compagnie 54 Nann im Spitol; doch nimmt
die Krankheit nur in seltenen Fällen einen tödtlichen Verlauf.
FMannheim. Die Schwurgerichtsverhandlumg gegen
Zermann Wolf von hier wegen betrügerischen Bankerotts und wegen
Betrugs ist auf Miltwoch den 8. April, Nachmilttags 8 Uhr, und
Donnerstag den 4. April angesttzt.
FErne theure Tochter. Man schreibt aus Berlin:
Die Sängerin Frau Mallinger ist dieser Tage von einer
Tochter glücklich entbhunden worden. Es ist Dieß wohl eines der
heuersten stinder, welche jeit Langem in Berlin zur Welt gekom⸗
men sind. Frau Mallinger hat nämlich gleich den anderen her⸗
porragenden Kräften der Hofoper einen Engagementsvertrag, wonach
sie für jeden Spielabend ein beste mmies Honorar erhält. Da nun
dꝛe Süugeria bereits seit eiwa drei Monalen nicht aufzutreten in
der Lage war und noch in den näussten drei Monaten nicht wird
auftreten körnen, dann aber die Hoftheaterferien beginnen, so kann
man eine Vorstellung von den Kosten dieses Familienereignisses sich
wohel wachen.
Bingen Tabak, iheueres Srod!
Theuerer Tabal, bisligeres Brod!
— Mit obigem Motto, defsen Wahrheit jedem denlenden Menschen
leicht zu beweisen ist, wäre die sonderbare Grille des Reichskanz