Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler AAnzeiger. 
MK—r2R,——ä2æòcò/ec/c!u235 
Der St. Ingberter Nnzeiger und das (Smal wöchentlich) mit dem Hauplblatte verbindene Unterhaltungsblatt, (Sonntagt mit illustrirter Rei⸗ 
lage) erscheint wöchentlich viermal: Dienstag; Donuerstaäg, Samstaͤg und Sonutag. Der Abonnementspreis beträgt vierteljährlich 
lRark 40 R.⸗Pfa. Anzeigen werden uiit 10 Pfg., von Auswäris mit 15 Vfg. fur die viergespaltene Zeile Blattschrift der deren Raum, Reciamen 
mit 30 Afg. pro Zeile berechnet. 
— . 
— ——— — 
M 66. Sonntag/ den 28. April 1878. 
——— — 
— 
— — 
Deutsches Reich. — 
Berlin. Die Kreuzeitung schreibt: „Nach unseret Kenne⸗ 
niß ist die schon vor einiger Zeit ventilirte und befonders aus 
Elsaß »VLothringen selbst immer wieder lebhaft angeregte Frage 
riner Regentschaft des dentschen Kronprinzen in den Reichslanden 
neuerdiugs metzr und mehr in den Vordergrund der Erwägung ge⸗ 
treten, und es wird glaubwürdig versichert, daß sowohl der Kron⸗ 
prinz selbst wie der Fürst Bismarck dem Projelte ziemlich geneigt 
ind. In das Stadium der Ensschließungen scheint dasselbe jedoch 
noch nicht gelangt zu sein.“ 
Ausland. 
Paris, 285. Apris. Am nächsten Samstag findet im 
klysoe ein Ministerath Statt, bei dem alke Minisker anwesend sein 
werden. Man wird sich mit der devorstehenden gesetzgebenden Session, 
die man abkürzen will, und mit der Eröffnung der Ausstellung 
deschäftigen. Bei dieser Gelegenheit soll auch die Verlheueruug in 
Folge der Ausstellung zur Sprache kommin. In hiesigen Refiau⸗ 
rants sind die Preise bereits um 25 pCt., in manchen Gasthoͤfen 
am 100 pCt. erhöht. Man befürchtet, daß diese Vertheuerung 
ziele Fremde abhalten wird, nach Paris zu lommen, und daß die⸗ 
enigen, welche kommen, ihren Aufenthalt in Paris wegen der 
roßen Kosten abkürzen werden. Ob man aber, um diesen Uebel⸗ 
tänden abzubelfen, wirlsame Maßregeln wird ergreifen können, er⸗ 
cheint sehr zweifelhoft. 
London, 26. April. Ein gestern in Erxeterhall stattge⸗ 
jabtes Meeting nahm eine Resolution zu Gunsten der Bildung 
einer Freiwilligenarmee für den activen Diensk an. 
Rom, 25. April. Dem ‚Diritto“ zufolge wird die deutsche 
Regierang bei der überaus schwierigen Vermittelung zwischen Ruß 
and und England (über die gleichzeitige Zurückziehung der dritischen 
Flotte und der russischen Truppen aus der Nähe von Konskantinopel) 
durch Italien auf das lebhafteste unterstützt. 
Wenn schoͤnes Welter ist, so sehen wir den Mond, wenn schlechteß 
Wetter berrscht, sehen wir ihn nicht. Ist es bei schlechtem Wetter 
Bollmond, se denken wir nicht an den Mond, ist es aber schönes 
Wetter, so denken wir: Aha, der hat's gethan. Es ist also auch 
mit dem Monde nichts. Ich möchte noch einige Worte über die 
Bauernregeln sagen: es gibt Leute, welche den Bauernregeln als 
den Erfahrungssäßen des Landmannes große Bedeutung zuschrei⸗ 
»en. Ein eingehenderes Studium ergibt indeß, daß sie einer we· 
entlichen Bedeuturg bar sind, dena es ist bekannt, daß die Bau⸗ 
ernregeln sich auf bewegliche Fefte beziehen und in Folge dessen 
anjuverlässig sind. Ja man trifft in verschiedenen Kalendern Bau— 
rrnregeln, die gerade das Entgegengesetzte sagen, so daß man ruhig 
»ehaupten kann: der größte Theil der Bauernregeln hat seinen 
Btund im Aberglauben. Nun giaube ich endlich deim Baromeler 
angelommen zu sein. Das Baromeler ist ja ais Wetterglas bei⸗ 
nahe in jeder Familie zu Haus und es ist nichts gewöhnlicher als 
daß man bei hohem Stand auf schönes Wetter, bei tiefem Stand 
auf schlechtes Wetter schließt; indeß wer den Gang des Baro⸗ 
melers einige Jahre verglichen hat mit der vorhergehenden Wit⸗ 
lerung, der kommt zur Ueberzeugung, daß das Barometer ebenso 
anzuverlässig ist, wie alle übrigen Unzeichen der Witterung. Das 
Fallen des Barometers, nicht der tiese Stand desselben, sondern die 
rückgüngige Bewegung ist ein Zeichen, daß bei uns die Luft min⸗ 
dee schwer wird oder daß weniger Luft zu dem Orte hin⸗ als 
vegströmt, oder es ist ein Zeichen, daß die Luft an dem Orte 
pecifisch leiter wird; daß also das Gewicht eines Cubikmeters 
Luff geringer wird und eine Verminderung eintritt durch Beimisch⸗ 
ung von Wasferdampf. Wasserdampf hat nur bo von dem 
zewöhnlichen Gewvicht der Luft; wenn man also der Luft Wasser- 
»ampf beimischt, so bekommt man eine Luft, die weriger wiegt. 
Die Ankunft von Wasserdampf in einer Gegend ist haͤufig der 
Vorbote eines kommenden Regens; es wird also häufig vorkommen, 
daß das Fallen des Barometers und der Eintrif regnerischer 
Witterung zusammentreffen. Es ist das Fallen des Baromelece 
illerdings ein Vorzeichen, doch ein nicht vollständig zuverlässiges, 
in respeltables Vorzeichen der lommenden feuchten Witterung; sie 
zraucht gerade nicht in Regen zu bestehen, sondern in einer 
Trübung der Atmosphäre. Ja es kann das Fallen dis Baromelers 
infach deßhalb eintreten, wenn Luft von gleicher Beschaffenheit aber 
n geringerem Maße zu⸗s als wegfließt. Wenn wir uns doe 
eutlich machen wollen, gewinnen wir eine groͤßere Einsicht und 
erstören den Aberglguben und das feste Vertrauen, das wit darauf 
zesetzt haben. Denken Sie sich etwa in St. Ingbert habe die 
Luft eine Geschwindigkeit von 8 Meter in der Selunde: das ist 
ein schwacher Wind, den wir durchaus nicht unangenehm empfinden, 
zingegen in Kaiserslautern, das ungefähr in westlicher Richtung 
egt. dabe der Wind die gleiche Richiung wie hier, aber eine Ge⸗ 
hwindigleit von 8 Meiern in der Sekunde: so ist die natürliche 
Folge, daß die Luft sich verdünnt, indem mehr hinaus⸗ als herein⸗ 
ließt, so daß das Baromeler auf der ganzen Linie fallen muß; eß 
st durbaus kein Vorzeichen, daß schlechte Witterung eintreten kann. 
Ich habe eine Zusanmenstellung gemacht über die Erfolge, die sich 
im Fallen des Baxometers ergaben: ich beobachtete, daß det 
fintritt des Regens 7 mal stattfand, während 4 mal kein Regen ein⸗ 
raf, sondern ganz schönes Weiter herrschte. 
Ganz unzuverläfsig und durchaus nicht zu beachten ist das 
Steigen des Barometers: wir haben bei steigendem Baromeler ge⸗ 
'ade so viele Regentage als schöne, so daß man darin kem Zeichen 
er zu erwartenden gulen Witterung erblicken kann. Im Winter 
Neicht es sich vollständig qus, im Sommer hingegen kann man 
agen, daß ein“ fortdauernder hoher Baxometerstand von 
puter Winerung Gigleitet ist, allein das nützt uns nichts 
Ar die Wetterprognose. Doch ist es auch nicht so auflufassen, 
ls müßte bei bohem Barometerfand immer helles Wetter‘ sein; 
as will ich damit durchaus nicht gesagt haben; in der Mehrzahl 
it es richtig. Wir haben einen der schoͤnsten Beisplele im Februgt 
Rermischtes. 
St. Ingbert, 27. April. (Pollichia) Eort⸗ 
jetzung der Rede des Herrn Brof. Rednagel.) „Ich kann 
mich im Folge eigner Beobachtungen dem Vorurtheil nicht anschlie⸗ 
hen, ich glaube nicht, daß aus dem Verhalten der Thiere auf das 
lünftige Wetter geschlossen werden kann. Auch ist es gewiß eine 
jalsche Annahme, wenn man sich dächte, daß das Thier die Zu⸗ 
nahme der Feuchtigteit in der Luft oder die Veränderung einer 
Windrichtung oder die Zunahme der Temperatur genauer empfinde 
als die dafür konstruirten Instrumente; denn für alle denkbaren 
Vorgänge in der Temperatur besitzen wir Instrumente, die jeden⸗ 
jalls genauer die Witterungsvorgänge angeben als das Thier. Et⸗ 
was Anderes, was man sehr haufig hört, ist die Wetterprophe⸗ 
zeihung der Kranken, wenn einer Gicht oder Hühneraugen hat, so 
hat er guten Grund über den Einflaß des Wetters zu klagen; 
Rheumalismus wird ganz gewiß stärker, wenn Zug im Zimmet 
jerrscht und der Zug entsteht dadurch, wenn rapider Luftwechsel 
im Zimmer ist. Wenn das Wetter feucht wird, werden die Slie⸗ 
jel enger, sie dtücken also mehr auf Hühneraugen. 
Wir kommen nun zu den höheren Wetterptopheten, von denen 
ich z. B. dru Mond erwähne. Es ist ein allgemeia verhbreitetee 
Vorurtheil, daß der Vollmond schönes Weiter bringe, besonders im 
Winter. Es liegen über 40jährige Beobachtungen vor, welche in 
der Sternwarte gemacht worden sind und die nachgewiesen haben, 
daß ein Zusammenhang zwischen Mond und Wuerung. nicht be 
deht. Man ist dadei aljo zu Werk gegangen. Man ha di⸗ 
Regentage verglichen, welche bei zunchmendem Monde eingetreten 
siad, und diejenigen Regentage, weiche beim abuehmenden Monde 
»ortlamen, und hat gefuden daß ihre Zahl gleich war. Also hat 
ich auch dies als ein eitles Vorurtheit erwiesen. Woher kommt 
nun aber, daß wir den Mond als ein sicheres Anzeichen einer 
zuten Witterung ansehen? Das hat einen merkwürdigen Grund.