St. Ingberler Anzeiger.
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M 70. Sonntag, den .x Mat
13378.
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Deutsches Reich.
München. Die „Südd. Preffe, schreibt: „Die Kopenhage⸗
ner Reise des Feldmarschalls Moltke beschäfligt die
Blaͤtter noch immer. Von e'ner einfachen Familienangelegenbeit,
als der Vermählung des „Adoptivsohnes“ vom Feldmarschall mit
einer dänischen oder schwedischen Dame, zu reden, wie gewisse Ber⸗
liner Blätter thün, ist einfach assurd; der Bruder⸗ und Adsptivsohn
des Feldmarfschalls, Herr Wilhelm v. Moltte, ist bereits seit 1874
mit einer Tochter des Reichstagkabgeordneten Graf Bethusy⸗ Hue
oermaͤhlt. Die Heirath eines dänischen Moltke mit einer schwedischen
Dame des gleichen Ramens aber hätte den berühmtesten, mit jenen
Familien aber nur sehr entfernt verwandten Träger jenes Namens
allein schwerlich nach Kopenhagen geführt; sie hat offenbar lediglich
den Vorwand der militär⸗politischen Reise des Feldmarschalls geboten.
Wenn übrigens dei diesem Anlasse die Idee einer Schließung der
Ostsee durch ein deutfch-skandinavisches Bündniß als rein „phan⸗
zastisch“ bezeichnet wird, so ist Das wieder ein Beweis von der
zolitifchen Harmlosigkeit gewisser Leute; normal organisirte deutsche
köpfe könnten sich wohl nur darüber freuen, daß in einer so rein
zermanischen See wie im ballischen Meere nichtbaltische Völker mit
hren Flotten nicht mehr treiben dürflen, was ihnen beliebt. Wenn
Deutschland eine Seeschlacht in dem irischen Kanal liefern wollte,
vürde Das den Engläudern auch nicht angenehm sein. Auf jeden
Fall würde die Aufstellung einer deutsch⸗dänisch⸗schwedischen Flotte
nuf der schlachtberühmten Kopenhagener Rhede für die Eagländer
nilitärisch eine faiale Sache sein, mag sie nun eine politische Idee
Aeiben, oder Wirtlichkeit werden. Vielleicht genügt übrigens in
eser Beziehung England cegenüber eine Drohuag, und vermuithlich
redigt in diesent Augenblick die politisch sehr rege und strebsame
tronprinzessin des Deutschen Reiches ihrer kaiserlich indischen Muttet
was Maßigung.“ (Die deutsche Kronprinzessin befindet sich
nämlich seit Kurzem in Windsor.)
Berlhin, 1. Mai. Die „Neue Stettiner Zig.“ erfährt
zus zuverlässiger Quelle, daß die der Marine⸗Reserve, resp. Land—
vehr angehörigen, in Stettin wohnhaften Kapitäne, Steuerleute und
Matrosen angewiesen worden seien, sich insoweit bereit zu halten,
zaß fie in einer Einbeeufungsordte binnen acht Tagen hachzukom—
men im Stande sind.
Berhin, 1. Mai. Zum' zweiten Male war der Reichs—
ag beute beschlutzunfähig, und was diesen Vorgang noch unlieb⸗
jamer madhte, war der Umstand, daß nur zwei Mitglieder an der
Beschlußfähigkeit fehlten, während drei Abgeotdnete, welche in Ber—
in wohnen, nicht anwesend waren. Die Mitglieder des Reichs⸗
jages sind schnell mit der Klage bei der Hand, daß sie zu lange
in Berlin zurückgehalten würden, und jetzt sind bereits zwei Tage
zurch die eigene Schuld der Mitglieder berlorten.
Berhin, 2. Mai. (GBundesrath.) Der Bericht der Bundes⸗
rathsausschüfse übet den Antrag Preußens betreffend die Eisen⸗
mque?t beantragt nach der „A. Z.“ von Reichswegen eine Unter⸗
uchung der Lage der deutschen Eisenindustrie mit besonderer Rück⸗
sicht auf die 1873 eingetrelenen Tarifänderungen und ferner eine
Untersuchung der Lage der deutschen Baumwollenindustrie, namentlich
nit Bezug auf Eisaß Lothringen durch je eine aus fünf. Mitaliedern
vestehende Commission auf Grund eines vom Bundesrath zu billigenden
Programms.
Berlin, 2. Mai. Der von dem Zollausschuß des Bundes⸗
raths beantragte Gesetzentwurf betreffend die Erhebung einer Ueber⸗
gongsabgabe von Essig lautet: „F.1. Von Essig, welcher in das
Bebiet der Branntweinsteuer-Gemeinschaft aus dem außerhalb des⸗
ielben belegenen Zollgebiet (Bahern, Württemberg und Baden)
ꝛingeführt wird, jst eine Uebergangssabgabe zu erheben. Diese
Abgabe beträgt 2,25 M. für ein Hektolitet. F2. Von Seiten
der nicht zur Branntweinsteuergemeinschaft gehörigen Bundesstaaten
owie in den hohenzollern'schen Lauden kann auf Grund der in
»enselben“ bestehenden Branntweinsteuer eine Uebergangsabgabe für
xffig erhoben werden. Die betreffende Regierung hat dem Bundes⸗
rath von der Fesistellung einer solchen Uebergangsabgabe Mittheilung
zu machen und hiermit den Nachweis zu verbinden, daß dieselbe
uf Grund der bestehenden Branntweinsteuergesetzgebung erfolgt ist.
13. Die innere Steuer von dem zur Essgbereitung verwandten
Branntwein kann sowohl bdei der Ausfuhr des Essias nach dem
Nuslande als auch dann erstattet werden, wenn die Ausfuhr des
ẽssigs innerhalb des Zollgebiets in den Geltungsbereich einer anderen
Branntweinsteuergesetzgebung erfslgt. F4. Dieses Gesetz tritt mit
dem 1. Juli d. J. in Krafi.“
Auskand
Wien, 8. Mai. Die „Presse“ meldet: Verlaßliche Infor—
nationen bestätigen, daß die Pourparlers zwischen London und
Petersburg wieder begonnen haben. Die Verhandlungen betreffen
ↄwohl den Congreß als die milifärische Demarkation don, Konstan⸗
inopel. Es verlautet, Rußland ließe sich zu ansehnlichen gugestãnd⸗
nissen herbei.
Lond'on, 8. Mai. Die „Times“ meldet aus St.
Zetersburg: Das Gerücht, Rußland beabsichtigte ein Ullimatum an
»ie Pforte zu richten wegen schleuniger Raͤumung von Schumla und
Barna, ist unbegründet. So lange die berechtigte Aussicht auf eine
riedliche Löäsung vorhanden sei, dürfte Rußland nichts zur Be⸗
hleunigung der Krisis thun. — Die Russen bestellten 80 Bahn⸗
uͤqe zur Rückbeförderung der Truppen in die Heimath. J
Vermischte.
—rPirmasers, 2. Mai. (P. A.) Das Gewitter,
velches gestern Nachmittag auch über unsere Stadt zoq, entlud sich
nit seiner ganzen Gewalt in der Gegend von KHroͤphen und Wals⸗
zrunnerthal. Der mit Hagel vermischte wolkenbruchartige Regen
riß Alles mit sort, in seinem Laufe Bäume entwurzelnd und die
Uderkrume fortschwemmend. Im Walsbrunnerthal staute sich das
Basser bis zu einer Höhe von über 2 Meter an. Der Schaden
oll ein ungeheurer sein. Leider ist auch ein Menschenleben zu be⸗
lagen. Die 15jährige Tochter des Gemeindedieners Wagner von
dröppen wurde von dem Unwetter ereilte; von dem— reißenden
Strome fortger ssen, wurde sie bei Walsbrunn als Leiche aufgefischt.
FLambrecht, 2. Mai. Gestern Abend kurz nach sieben
Iht wucden wir hier durch d'e Stutmglocken allarmict,s galt
diesmal nicht einem ausgebrochenen Brande, sondern den von Wassers
noth sewer heimgesuchten Bewohnern der eine halbe Stunde vou
sier entfernten Sattelmühle zu Hilfe zu kommen. Das Gewiller
jauste dort so schredlich, daß in wenigen Minuten eine große
Wassermenge von dem nahen Berge herabstromte, Steine und Holz
nit sich führend, in die Wohnungen und Stallungen daselbst ein⸗
»rang, und das Vieh mit Ausnahme eines Rindes und Kalbes,
die in den Fluthen ihren Tod fanden, nur mit der größten Mühe
zerettel werden lonnte. Glücklicher Weise sind keine Menschenleben
zu beklagen. Hier in Lambrecht hatten wir nur ein leichles Ge—
vitter mit starkem Regen.“ f. P.)
t Der Wolkenbruch, welcher am 1. Mai Nachmittags zwischen
dambrecht und Esthalniederging, hat im Elmsteiner Thal
die Straße streckenweise ganz zerstört, viei dereits versteigectes Holz
veggeschwemmt 2c. Nach der „Burgerztg.“ ist Alles, was jzut
Sattelmühle gehoͤrt, zerstört und würden Tausende erforderlich sein,
ie wieder in Stand zu setze.
* Bei prächtigstem Frühlingswelter und unter reger Betheili⸗
jung wurde am Sonntag die Villa Rotberg auf dem Donmners
ꝛerg eröffnet. Das Haus ist im Innern und Aeußeren tenodirt
ind zur Aufnahme von Fremden eingerichtet. Die herrliche Lage
)es Pensionats inmitten der schönsten Waldungen, gestaltet die
Billa Rotberg zu einem der gefandesten und angenehmsten Luft⸗
lurorte. *
Im „Eisenstein“ bei Kirchheimbolanden wurden durch Herrn
Bailipp Schach am 27. April in zwei Fuchsbauen nicht weniger
ils drei alte und elf junge Fuͤchse aufgefunden.