Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzeiger. 
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M 73. Samstag, den 11. Mai 1878. 
Deutsches Reich. 
Mäaäuchen. Wie ein fränkisches Blatt berichtet, sollen bei 
der neuen Gerichtsorganisation an Stelle der 38 Bejirksgerichte, 
die Bahern gegenwärtig zählt, 17 Landgerichte treten. Als Land⸗ 
gerichtsfitze werden für Oberbahern München, Traunstein und Weil⸗ 
Jeint, für Niederbayern Passau und Landshut, für Oberpfalz Re⸗ 
zjensburg und Amberz, sür Schwaben Augsburg und Kempien be⸗ 
eichnet. 
rich Muünchen, 8. Mai. Was die Mitthe lungen einiger 
Blätter über die Size der künftigen Landgerichte betrifft, so hat, 
vie der „Bayer. Kurier,“ erfaͤhrt, vor einigen Tagen der Justiz⸗ 
nin ster v. Fäustle einer D pation aus Freising mit aller Best mmt⸗ 
heit erllärt, daß das, was über die küuftigen Landgerichtssitze in 
jen Zeitungen siehe, einfach nicht wahr sei; zur Zeit könne eine 
zefinitwe Entscheidung noch nicht getroffen werden, weil vom Reich 
ioch eine Reihe von Einführungsbestimmungen erlassen werden 
nüßten, welche auf die Bildung der Landgerichtsbezirle von Einfluß 
eien; dann müsse auch die Bildung der künftigen Amtgerichtsbe⸗ 
rke vorausgehen. 
Berlhin, 7. Mai. Der Reichstag ist in seiner heutigen 
Sitzung in der zweiten Lesung der Gewerbe⸗Ordnungsnovelle bis 
zu 5 127 a gekommen. Unter Anderem wurde 8 124 angenom⸗ 
nen, welcher lautet: „Ein Arbeitgeber, wilcher einen Gesellen oder 
Behilfen verleitet, voc rechtmäßiger Beendig das Arbeits-Verhältniß 
zu detlassen, ist dem früheren Arbeitgeber für den dadurch enistehen⸗ 
ven Schaden als Selbsischuldner mit verhaftet. In gleicher Weife 
haftet ein Arbeitgeber, welcher einen Gesellen oder Gehilfen an⸗ 
zimmt, von dem er weiß, daß derselbe einem anderin Arbeitgeber 
zur Arbeit noch verpflichtet ist. 
Berlin, 8. Mai. Die „Provinzial Korrespondenz“ schreibt: 
Die Verhandlungen zwischen Rußland und England haben 
in den letzten Tagen wieder eine lebhaftere, bessimmtere Wendung 
zenommen, an welche in London und Petersburg erneute Hoff⸗ 
nungen auf Erreichung e'nes Einverständnissez über die weilere 
Behandlung der schwebenden Fragen geknüpft werden; in diesem 
Sinne wird besonderts auch d'e Petersburger Reise Schuwaloff's 
zedeutes. Die Gerüchte betreffs einer neueren Schärfung der Be—⸗ 
ziehungen zwischen Rußland und Oesterreich finden keine Be⸗ 
ätigung. 
Ferner meldet die „Provinzial⸗Korrespondenz“: Die Reise 
Sr. Majestät des Kaisers nach Wiesbaden sei für dieses Jahr 
aufgegeben; Se. Majeslät werde bis zur Reise nach Ems theils 
gier, theils in Babelsberg residiren. Furst Bismarcks neuralgisches 
Nerven-)Leiden sei in Folge seiner jüngsten Erktankung erneut 
jerborgetreten; Bestimmungen über den Zeitpunkt seiner Rückehr 
eien noch nicht getroffen. 
Berlin, 8. Mai. Schuwaloff besucht auf seiner Reise 
aach Petersbutg den Fürsten Biemardk in Friedrichsruh. (Fr. 3.) 
Berliner Blättern zufolge sieht in der That für diese oder doch 
edenfalls die nächste Reichstagssession eine Vorlage bezüglich der 
Errichtung einer Statthalterschaft für Elsaß Loth⸗ 
ringen in Aussicht. Der Kronprinz soll dem in jüngster Zeit 
nehrfach eroͤrterter Plan, wonach ihm die Vertretung der Sou⸗ 
peränität im Reichslande übertragen wücde, durchaus geneigt und 
su einem alljährlichen mehrmonatlichen Aufenthalt in Straßburg 
bereit sein. Im Falle der Verwieklichung des Projelles würde dem Kron. 
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das Reichskanzlerumt für Elsaß- Vothringen in Berlin Aaufgehoben 
verder. Von der Scaffung einer eigenen elsässischen Land⸗ever⸗ 
retung ist nicht die Rede; man würde mit dem Landesausschusse 
cegieren, jedoch den Act. 10 des Dittaturgesezez aufheben, Der 
Jegenwärtig in Berlin anwesende ehemalige badische Staalbminister 
FIrht. v. Rozgenbach soll mit dem Kronprinzen in der Angelegen⸗ 
Jeit mehrfach bonsetirt hahen. 
Ausland. 
Wien, 8. Mai. Bezüglich des Standes der russisch⸗ eng⸗ 
lischen Verhandlungen verlautet, daß England eine solche Redu⸗ 
irung der Grenzen Bulgariens fordert, daß ein wirklichet kercito— 
zialer Zusammenhang zwischen Rumelien und den kürkischen West⸗ 
provinzen bleibt; ferner wird ein Besatungsrecht der Pforte in 
den bulgarischen Vontusfestungen sowie das Verbleiben Jvon Karß 
und Batum bei der Türlei verlangt. Hier erachtet man die Be⸗ 
visligung dieser Forderungen seitens Rußlands für unwahrscheinlich. 
Die Beziehungen der hiesigen Regierung mit Montenegro sind sehr 
espannt. 
zep Paris, 8. Mai. Die ‚Eßstafette“ meldet den Durck zug 
ahlreicher Abtheilungen russischer Seeleute“ durch Frankreich jut 
kinschiffung in Havre. Nach Aussage der Offiziere, welche diese 
Abtheilungen führen, rüstet Rußland vier Dompfer aus, welche für 
)en Full des Krieges die Transeporischiffe, welche Truppen aus 
inglischen Colonicen an Bord haben, jerstörer und den Verkehr 
wischen England und den englischen Colonicen abschneiden sollen. 
Paris. Ueber den Geldpuukt bei dem Aussiellungs-Unter- 
nehmen wird der Köln. 3.“ Folgendes mitgetheilt: Die Bau⸗ 
rosten, die auf 35,313,000 Fr. veranschlagt waren, haben sich, 
zesonders der schwierigen Fundamentirung des Trocadero·Gebãuded 
vegen, bereits nahezu auf 50.000,000 Fr. erhöht. Bei den 
ocberen Bodenverhältnssen des Trocadero mußte nämlich den Funda 
nenten durch die Einsenkung cementirter Pfeiler von coiossaler 
Bröße der noͤthige Halt verliehen werden. Gegenüber diesen Bau— 
'osten rechnet man auf 34,000, 000 Fr. Einnahmen, woruner 
das Eintkrittsgeld mit 14,000 000 Fr. (gegen 3, 100000 i. J. 1885 
ind 10,765,000 i. J. 1867) upd der spätere Verkauf dee ange⸗ 
vandten Materials mit 743 Millionen angesetzt ist. Es hat so⸗ 
jar die Rücksicht auf die leichtere Verkäuflechteit des gebrauchten 
Naterials dazu beigetragen, daß der zur Annahme gelangte Bau⸗ 
»lan von Davioud und Bourdais dem großen Ausstellungsgebaude 
nicht wie im Jahre 1867 eine ellipsoide, sondern eine viereckige 
jorm verliehen hat. Uebrigens hofft man, daß das Ausslellungs⸗ 
efictt des Staates nur ein scheinbares sein werde, indem an ver⸗ 
nehrten Zoll aebilhren, Einnahmen, der Post und der Steuer auf 
zeist ge Getränke mehr als die nach der odigen Berechnung unge⸗ 
deckt gelassene Summe herauslommen werde. 
London, 4. Mai. Der „Standard“ meldet: In Folge 
»on Nachrichten über den Ausbruch von Unruhen in Nicaragua 
vurde ein englisches Kriegaschiff nach San José beordert. 
Konstantinopel, 8. Mai. Die rings um Konstan⸗ 
inopel aufgestellte Armee ist jetzt wieder in vollkowmen lriegstüch⸗ 
igen Stand gebracht. Vorgestern besichtigte der Sullan alle Ab. 
heilungen derselben. — Man hofft mit den Aufstandischen in 
Thefsalien und Epirus ein beftiedigendes Abkommen zu treffen. 
Konstantinopel, 8. Mai. Die Mehrjahl der rus⸗ 
ischen Munitionsdepots und Proviantvoctäthe werden von San 
Stefano nach Tschataldja übergeführt. Die neuen von den Russen 
aAbgeschlossenen Lieferungsvertiäge destimmen die Lieferungen nach 
Udrianopel anstatt nach San Stefano. 
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Zweibrücken, 8. Mai. Laui soeben hierher gelang⸗ 
ber bürgermeisteramtlicher Zuschtift aus Fraulautern ist am 5. d. 
in der Saar bdei Roden eine männliche Leiche geländet worden, 
velche als di jenige des sen 20. Viärz von hier verschwundenen 
Bürstenmag ers Karl Fickeisen durch dessen Frau rekognoszirt wor⸗ 
den ist. (3. 3.) 
Sit. Martin, 7. Mai. Gestern Abend wurde hier 
jelegentlich des im übrigen ganz schadlos übcr uns herziehenden 
Sewitters das seltene Phänomen einer ganz gewaltigen jog. Winds⸗ 
praut oder Windhose wahrgenommen, die theils im Dorfe selbst, 
heils in unmitteldater Näh. desselben, Spuren von solch verhee⸗ 
render Gewalt zurückließ. daß heute Ftüh de Siaite des Ereig⸗ 
isses einen wirklich staunenenregenden Anblick dardot. In einer 
choͤnen Obstanlage wurden Baume von sehr beträchtlicher Sfärle