Full text: St. Ingberter Anzeiger

iächlich in San Franzisko, St. Louis, Chieago, Cincinnati, Newyork 
und der pennsylvanischen Kohlenregion. Die Pol'zei ist in allen 
zroßen Städten auf der Hut, und die Besorgniß ist so groß, daß 
Bischof Stevens von Pensylvanien bei Gelegenheit der Eröffnung 
der in Philadelphia abgehaltenen jährlichen Konvention der pennsyl⸗ 
oanischen Episkopalkirche die Bewegung als eine Wolke bezeichnet, 
die nicht größer fei, als eines Mannes Hand und die zerplatzen 
werde, ehe man sich deren Annäherung bewußt sei. Die Bemerkung 
des Bischofs machte einen tiefen Eindruck. Man glaubt, daß die 
Ethebung in San Franzisko beginnen wird, wo die Kommunisten 
am besten organisirt, am stärkster sind und die offenste Sprache 
führen. Wenn Ruhesförungen eintreten sollten, wird die Regierung 
dieselbe energisch zu unterdrücken suchen. Eduard Megy, der Kom⸗ 
munistenfütrer in Newyork, der Mitglied der Pariser Kommune 
war, wurde verhaftet, aber gegen Bürgschaft wieder auf freien 
Fuß gesetzt. Der Richter las ihm bei dieser Gelegenheit eine derde 
Lektion, und soagte ihm, die Kommune sei keine amerikanische Insti⸗ 
rution und ihrre Grundsätze würden in den Vereinigten Staaten 
nicht geduldet werden. 
Rermischtes. 
fUeber das Vermözen des Bierbrauens Fr. W. Tascher 
in Kaiser slauterp ist die Gant eröffaet. Vor Kurzem 
noch sollte die Bierbrauerei in ein Allien ˖ Unternehmen verwandelt 
werden. 
fNeustadt, 14. Mai. Gestern Mittag zog ein Gewitter 
übir die Gimmelduger Gemaikung, welches auch reichlich Schlossen 
extsandte, ohne aber irgendwie erheblichen Schaden zu thun; was 
übrigens zu bewundern st, da nicht allein sehr große Körner fielen, 
sondern auch sehr große Eisstücke, aus zusammengefrornen Körnern 
bestehend. Ein bei Gärtner v. Erden gefallenes Stück maß 8 
Emtr. in der Länge und 8 Emtr. im Durchmesser. (B. Z.) 
F Landau, 14. Mai. (Verhaudlung gegen Franz Kübler 
bon Riedselz wegen Meineids) Bei dem Wettrennen in Zwii— 
hrücken im Jahre 1875 benutzte bei einem Rennen, zu welchem 
aur pfälzische Pferde zugelassen wurden, der Aderer Kuhn von 
Mörzheim ein Pferd des heutigen Angeklagten und errxang dawit 
zen ersten Preis. Wegen dieses Betruges wurden Kuhn und Kübler 
seinerzeit bestraft. Der Gewinner des zweiten Preises bei jenem 
Rennen klagte darauf gegen Kuhn, veil der erste Preis ohne jenen 
Betrug ihm zugefallen wäre. Kuhn dagegen erhob Klage gegen 
sübler, weil er ihm zwei Drittel seines ersten Preises überlassen 
hatte. Die Sunime, um weiche es sich bei bieser Klage handelt, 
beträgt 550 M. Kübler leugnete, von Kuhn Geld empfangen zu 
haben und schwor in der Cwil-Sitzung des Bezirtsgerichtes Landau 
dom 4. Okllober einen Eid aus dahin gehend, daß Kohr ihm sein 
Pferd mit dem Bemerken zurück eschickt habe, er könnt dasselbe nicht 
gebrauchen und daß Kuhn ihm nichts bezahlt, ouch keine Rückzah⸗ 
jung versprochen dabe. Wegen dieses Meineides wurde Kübler 
heute zu 3 Jahren Zuchthaus, Anerkennung der dürgerlichen Ehren⸗ 
cechte auf die Dauer von 5 Jahren nach estandener Strafe ber⸗ 
urtheilt und ihm gleichzeitig dauernd die Besahigung abgesprochen, 
als Zeuge oder Sachverständiger vernommen zu werden. Kübler 
soll gegen das Urtheil zu appell ren beabsichtigen. 
4 Die diesjährige Hauptversammlung der prälzischen Sinnethmer 
wird am 2. Juni im Germaunia-Saale der Brauerei „Stiit“ in 
Landanu stanfiaden. 
7 In Folge der heftigen Regengüsse in den letzten Tagen isi 
der Rhein z emlich gewachsen und hat theilwe se die niedrigen Ufer 
aberschwemmt. 
Nierstein, 14. Mai. Ueber das in verflossener Nacht 
dahier verübte Berbrechen schreibt die „Landeskr.“: Bütgermeister 
Vohwinkel, ein Mann von etwa 68 Jahren und seit einigen Jahren 
Wittwer, wurde in seinem Bette ermordet, und das in seinem 
Pult befindliche Geld, eiwa 600 fl., geraubt. Die alsbald statt⸗ 
gehabte Leichenschau hat ergeben, daß die 18 tlichen Streiche mit 
einer Axt auf den Kopf ausgeführt wurden. Das Mordinstrument, 
das maßn im Haufe vermißte, wurde später in dem durch den Ort 
ließenden Bach gefunden. In dem Zimmer des Ermordeten wurde 
eine alle werthlose Kopfbedeckurg (eine Mütze), die warrtscheinlich 
Eigentqum des Mörders ist, aufjgefunden. Das Untersuchungsge⸗ 
richt hat einen Matzaerburschen aus Friesenheim in Haft genonmen. 
Derselbe hat einige Zei: in demselben Hause dei dem Schw'egersohn 
des Ermordelen in Atbeit gestenden und wurde kürzlich entlassen. 
Der Ern ordete schief zu ebener Eide, währeund Schwiegersohn mit 
Familie im oberen Stock wohnte. Ein im Hofe befindlicher sehr 
p chsamer Hund hat nicht das geringste Zeichen von Unruhe gegeben, 
so daß die Angehörigen des Ermordeten erst das Verbrechen heute 
morgen enidedten. Es ist demnach anzunehmen, daß der Ver—⸗ 
hrecher eine Person sein muß, de mitdem Hunde vertraut ist. 
FFalsche 50⸗Pfennigstück kursiren in jüngster 
Zeit in verscuiedenen Gegenden des oberbah⸗rischen Regierurgebezuls. 
Dieselben sind aus versitbertem Messing gemacht und an der 
nelben Farbe, sowie dem schlechten Gebräae keuntlich 
fFMainz, 14. Mai. Ein zweites Verbcechen wurde in 
Nierstein von einem jungen Manne verübt, der einen Andercu jüugfi 
im Rhein ertränken wollie. Der Thäter wurde heute Vormittag 
wegen Mordversuchs unter Gendarmerie-Bedeckung hier eingebrach— 
und sofort in's Arresthaus abgeliefert. Der in's Wasser Geworfene 
'onnte sich noch rechtze tig reiten. (Tagal.) 
rOffenburg, 10. Mai. Die hiesige Straffammer ha 
den Weinhändler Max Bernheimer, weil er einem Manne eine zur 
zrößeren Hälfte aus Sprit, Trester, Hefe und Wasser bestehende 
Flüssigkeit unter der ausdrücklichen Versicherung, es sei reiner Wein 
oerkauft hatte, zu drei Wochen Gefängn'ß verurtheilt. 
Ein Blitz aus heitrem Himmel. Der „Koln. 
Zztg.“ geht aus Aachen folgende inleressante Mittheilung zu 
„Am 13. Mai Vormittags stand ich mit einem Bekannten in Aachen 
n nächster Nähe der Stephanskirche vor dem Schaufenster eines 
Beschäftshauses. Die Sonne blickte freundlich vom Himmel heral 
and kein Regentropfen fiel zur Erde. Da plötzlich sahen wir hoch 
ben in der Luft eine Feuermasse, dieselbe juhr mit einem einzigen 
zewaltigen Schlag⸗, ähnlich wie er beim Platzen einer Vombe ge— 
hört wird, herab in din Thurm der Stephanskirche und warf hie 
eine Glocke aus dem Glockenstuhl herab; dieselbe blieb glücklicher 
ve se im Gewölbe liegen. Der Feuerstrahl hatte auch nicht gezündet 
Beräubt stand ich eine Sekunde, dann sprang ich emsetzt in das 
nächste Hals hinein; der Herr, welcher neben mir gestanden, hatte 
dasselbe gethan; wir zitterten Beide am ganzty Leibe. Es war 
mir, als wäre ich im Rücken von emem heftigen Schlage getroffen 
worden, das Gefühl war so deutlich, doß ich meinen Rock aiszog, 
am zu sehen, ob er beischädigt sei; doch derselde zeigte nicht die 
zeringsite Verletzung. Aus den umliegenden Häusern stürzten nun 
die Leute heraus, alle sahen beftürzt nach obden. Wie ich späler 
erfuhr, hatten die Meisten geglaubt, ihr Haus sei von dem Schlage 
getroffen worden.“ 
FDer Glückwunschtelegramme sind so biele an 
den Ka'ser gelangt, daß nab Aeußerung eines Hofbeamten ein 
zolles Jahr Zeit nöthig sein würde, wenn ein Einzelner sie in der 
dänge und Ausführlichkeit beantworten follte, wie fie eingelaufen 
ind. Bereils vorgestern Abend kam eine Begrüßung vom Präsiden⸗ 
en der vereinigten Staaten Amerikas an, nachem im Laufe des 
A 
der Sultan ist darauf bedacht gewesen, dem Kaiser seine Hochach⸗ 
sung erkennen zu geben. 
fF Berlhin, 12. Mai. Fast jeder Lotleriegew'nn hat be— 
lkanntlich seine Geschichte, und es ist nun einmal nicht zu bestreiten, 
daß der Zufall zuweilen wunderbar spielt. Vor etwa 4 Wochen 
war in einem Hause der Schönhauser Allee zwischen zwei Ehe—⸗ 
seuten ein großer Streit ausgebrochen. Der Mann, ein armer 
Ddaurer?geselle, hatte sich vom Mun e das Geid fuür ein achtel Loos 
der sächsischen Loitecie abgespart und dasselbe auch heimlich die ersten 
4 Kiassen durch bezahlt. Bei der füniten Klafse haperte es mit 
dem Gelde und der Mann verfetzte, um rwicht des Anspruchs auf 
die Betreiligung an der Haupiklasse verlustig zu gehen, den Trau⸗ 
ciug, das einzige Werthstück, das er in der schweren Zeit noch 
hehalten hattꝛ. Seine Frau tkam doöhintet und es zab eine schwere 
eheliche Scene. Im Verlaufe des Zwistes rief die Fiau dem Mann 
sornig nach: „Und wenn Dich der T....l holt, mer soll'z 
leich sein!“ Die heflize Frau ahate nicht, wie schnell sie an 
diesen Ausbruch des Unwillens au' traurige Weise er nuert werden 
ossse. Aa de aselben Vormittage stürzte näulich der Mann vom 
Bau und erlitt so schwere innete Verletzungen, daß er am Abend 
»ereits starh. Die Beerdigungakosten vertmochte die Frau nur da⸗ 
zurch zu erschwinjen, daß sie das Lezßte opferte, was sie besaß. 
Als sie bis vor eiwa acht Tagen den Rest aufgezehrt hatte, fand 
ie in der dürfligen Bacderobe des verstorbenen Mannes das omi⸗ 
iöse Loos. Ein Rüdkaufshändler kaufte es ihr aus Mileid für 
jen Originalpreis von 20 Mark ab und gewann zwei Tage darauf 
30,000 M. Der Mann hat aus gutem Herzen — ein gewiß 
eitener Fall — der Wittwe die Hälfte des Gewinnes, den er auf 
dem Wege des D eiskonts bereits erhoben, am Freitag zugeschick. 
4 Ein drolliger Streich wurde vor einigen Tagen dem Ci⸗ 
jarreneFabrikanten F. in der Wasserthocstraße in Berlin don einem 
leinen Affen gespielt, den ihm sein Schwager kürzlich von einer 
Zeereise mitgebracht. Der Affe, welcher wegen seiner außerordenl⸗ 
ichen Zahmheit bei seinem Herrn und dessen Kunden sehr beliebt 
var, haite in alle Rau lichkeiten ungehinderten Eintritt und hielt 
ich besoaders häufig im Laden auf. Als der Cigarcenhändler am 
freitag Morgen feinen Laden betrat, fand er zu seinem größten 
Z3chtechen, sowohl den Ladentisch wie den Fußboden mit Cigarren 
edect, die zwar zierlich neben einander gepackt waren, aber dem 
Besitzer derselden doch einen richt trostlosen Andlick gewährsen, denn 
nie derschiedensten Sotten lagen in wahrhaft babyloniser Ver⸗ 
pirtung bunt durcheinander. Det Affe hatte Tags zuvor in der 
Fabrik dem Sortiten zugesehen, fich Rachts in den Laden ceschlichen 
ind hier in einer techt unliebsamen Weise die Manipulation des 
Sortirens nachgemaht, so daß eine mebr als zweitägige Ardeit zur