Full text: St. Ingberter Anzeiger

SBil. Ingperrer Anzeiger. 
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der St. Iugberter Auzeiger und das (2 mal wo hentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntagt mit illustrirter Bei— 
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M 78. 
Sonntag, den 19. Mai 1878. 
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Deutsches Reich. 
Mänchen, 17. Mii. Verkuuf von Geheimmitteln. Das 
igl. Staatémin sterium des Innern hat sich nach Einvernahme des 
lal. Obermedicinalausschusses veranlaßt gefunden, die zum Verlaufe 
von Geheimmitteln auf Grund der in dieser Seziehung früher gil⸗ 
tigen Vorfchriften in widerruflicher Weise ertheilten Ministerial⸗ 
bewilligungen, insoweit diese Geheimmittel unter den 8 1Loer kais. 
Verorduung vom 4. Januar 1875 über den Verlehr mit Arznei⸗ 
mitieln follen und ihr Verlouf auber den Apoiheken stanfinden 
durfte, zuriiczunehmen. Für den Verlauf der hee in Rede stehenden 
Beheimmittel ist daher fortan lediglich die erwähnte kais. Verordnung 
maßgebend und die Frage, welche von diesen Geheimmitteln von 
den Apothekern im Handverkauie und welche nur auf Grund eirer 
ichriftl:chen ärztl'chen Ordination abgegeben werden dütfen, bemißt 
sich rach Z 25 der allerhöchsten Verordnung vom 25 apiil 1877, 
die Zubereinung und Fei haliung von Arzneien betreffend. 
Schweinfurt, 13. PMai. Der deutsche Kronprinz wird 
dem „Tagbi.“ zufolge während der Herbstimandber des 2. bayer. 
II 
Berlin, 16. Mai. Es herischt allgemeine Uedereinst'mmung, 
daß daz Min'sterium mit reaktionären Maßnatmen eifrig beschäftigt 
sei, welche das Vereins⸗ und das Preßgesetz betreffen. Die Rüd- 
lehr des Reichskanzlers ist neuerdings wieder unwadricheinlich ge— 
worden, was mit dem Eensterwerden der Verwicklungen in der 
orientalijchen Fraue zusammenhängt. 
Berlin, 16. Mai. Der „Reichs Anzeiger“ bringt an 
dir Spitze seines Blattes folaenden kaiserlichen Eriaß: 
„Die That e nes auf Irrwege gerathenen Menschen, welcher 
anscheinend nach Meinem, bon Goites nädiger Fügung so lange 
beschützten Leben trachtete, hat zu ungemein zahlreichen Kundgebungen 
der Treue und Anhänglichkeit an Mich Veraulassung gegeben, die 
mich tief gerührt und inpig erfreut haben. Nicht allaͤn aus dem 
ganzgen Deutschland, sondern auch vielsach aus dem Auslande, von 
Behdiden, Corporationen, Vereinen, von Pribalpersonen aller 
Lebenskreise und aller Lebensalier ist Mir bethärigt worden, daß 
das Herz des Volkes bei seinem Kasser und Könige ist und daß 
is Gutes und Trauriges treu mit ihm empfidet. Das'erbe Gesühl 
habe Ich insbesondere auch hier aus jedem Ange gelesen, in welches 
ich nach diesem Vorfoll gesehen und ich bin in der That tief und 
warm von der würdigen und erhebenden Art berührt worden, in 
welcher die Bevd kerung Beilins Mir ibr Mitgefühl gezeigt hat. 
Ich wünsche, daß Jedet, der mir seine Theilnahme beithätigte, auch 
wissen dudge, daß er dam t Meinem Herjen wohlgeihan het, und 
beauftrage Ich Sie, zu diesem Zwecke das Vorsteheude dekonnt zu 
machen. Birlin, den 14. Ma 1878. Wil h'eUm. (An den 
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Die „Koͤln. Ziq.“ schreibt: „Daß die sogenannteschrist li ch⸗ 
soziale Parftei aur für die Sazialdemokratie ordeitet, das 
dewe'st auf's Neue ein in Ne. 19 des „Staatssojalist“ enihaltenen 
Urtikel: Die praktische Loösung der Wohnungsfraze“. Dir Ver— 
jasset dessiven fordert den Erumß eines Reichs. oder —XXXV 
—X Wohnungẽ⸗Genosseuschafisgesetzes zunächst für die 
Städte „„nach welchem sämmtliche Hasisbesitzer eines Ortes auf 
den Antrag des zehnten Theiles der Wohnungsinhaber einer jeden 
Eiadt gendthigt sein ollen, ihre Häuser an eine zu bildende Wohnungs⸗ 
genossenschaft abzutreten, welde die gesammten, innerhalb des 
Vemeindeberzirks belegenen Wohn- und joust gen Gebäude im Wege 
der freien Ueb reinkuuft oder der Caleigenun eigenihünlich zu er⸗ 
werbden und für die Beftiedigung des Wehnungsdedürfniss:s der 
ftadrischen Einwohner zu sorgen hat.““ Die für die Erwerbung 
der gentff nschastlichen Grundstücke erfordeilichen Geldminel mussen 
vomn Siaate b'ischafft werden vermittelst 4prozentiger Reutendriefe 
auf Hoͤhe des Kost⸗ und Werthpreises der Grundstücke. Derartige 
Theorien werden im Nomen des Cyristentduns vorgetragen! Wie 
die Sonaldemokratie, so huldigt auch die christlich jozale Parte 
dem Grundsat, dak Eigenthum Diebsaßt sei; auch 
sie nährt den Klassenthhaß, indem sie die Unzufriedenheit 
fördert, und wie die Sozialdemokratie, so flührt auch sie — zur 
Revolution.“ 
Ausland. 
Wien, 16. Mai. Der „Polit. Corresp.“ wird aus Konstan⸗ 
tinopel gemeidet? Die Russen haben ein Zeltlager eiwa 1 Mieile 
Uber San Stefano hinaus in der Richtung nach Koastantinopel 
aufgeschlagen. 
London, 16. Mai. Einer Meldung der „Times“ aut 
Philodelphiag zufolae haben die Russen von der Vrovidene Arme 
Company“ 200,000 Gewehre, welche uisprünglich fur die Tarkei 
fabr:cirt wurden, gekauf: und ene weitere halbe Mill on Gewehre bestellt. 
London, 17. Mai. Die ‚Times“ meldet aus St. Peter s⸗ 
burg 16. Mai: Es ist Grund zu dem Glauben vorhaudek, daj 
d'e von England vorgeschlagene Losung als eine soiche befunden 
worden sei, welche die Mönlichkeit einer freundlichen Uebereinkunft 
leineswegs ausschließe. Momentan wehe der Wind enischieden zu 
Bunsten des Friedens. Der „Standard“ ersährt: Die Piorte 
vosle keine weitere Verslärkung der enalischen Floite im Marinara⸗ 
neer dusden, aber einen Wechjel der Scheffe in Jamidgolf gestarten. 
— Nagqh einer Reutermeldung aus Konstantinopel rücken die rus⸗ 
ischer Linien am Mitwoch bis Kowosköi vor. Naq einer Times⸗ 
neldung aus Philadelphia kauften die Russen die Danpfer „Siate 
Talifornia? und „Cny Sidney“ an und unterhanoeln wegen de 
Anlaufes zweier weiterer Schffe. 
Aus Malta, 9. Man schreibt man der „Pol. Corr.“, doß 
an diesem Tag das erhfle Schiff mit ind: schen Truppen doct angelangt 
ist: alle Soidaten sind Hindus; sie tragen weiße Unifarm und 
orthe Turbans. In Suez und Port Said sind sechs Dampfer mit 
ind schen Truppen angelommen. — Au: Malta ist eine furchtbure 
Denge von Sch'ießmaterial jeder Art sowie von Proviant auf⸗ 
gespeichent. 
Bermismtes. 
Frankenthal, 16. Mai. Von einem gräßlich⸗ n Un⸗ 
zlüche wurde gestern Abend der Amtsverweser des tgi. Gerichts⸗ 
zollziehers Koch, Herr Friedrich Koch bdetroffen. Derjelbe wurde, 
m Bear'ffe mi dem lehten Zuze von Oggeraheim hierherzufahren, 
deim Ueberschte ten des Schienengeleises von der Maschipe deß 
dan Franktnihol kommenden gerade einfahrenden Zuces erfaßt, zu 
Boden geworfen uad ihm die linke Hand derart sermalmt, daß die⸗ 
jelbe sofont oberhalb des Gelenkes amputirt werden mußte. 
FMunchen, 15. Mai. Die dvon hier aus zegangene Noch⸗ 
richt, daß das J. Armerkorps seine großen Heibstinandoer zwischen 
Ingolstadt, das II. Armerlorps zwischen Gemunden und Lehr dor 
nehmen werde, ist unrichng, indem sicheren Vernehmen nach das 
l. Armeelorps in Schwaben zwischen Lech, Iller und Donßu in 
dem Terrain innerhaid Memmingen — Mindelheim und Gunzburg, 
das U. Armeekorps nördlich des Mains auf der Linie Schweinfuri 
Vtunneistadt mandoriren wird. 
fKulmbach, 13. Mai. Gestern fand Here Direktor 
Taff er in jeinem Garten einen Spargel, welcher eine Länge von 
*7 Centim. und eine Breite von 7 Cemim. hatte. Gewiß ein 
Zeichen der großen Fruchsbarkeit des heurigen Jahres. 
tMainz, 13. Mai. In der Nähe von Neudorf fiel 
zestern Nachmutag ein Wollenbruch, der in den Gemarkungen von 
Neudorf, Kedricch, Rauenthal, El:ville, Niederwalluf ꝛc. coloss den 
Schaden verursachte. In Kiedrech wurde ein Hous und eine Viühle 
weoger ssen, ein großzer Treil der Weinberge ist überall rumirt; 
niat nur Weinst)cke und Weinbergéspfähle, sondern sogar die Erd⸗ 
wurde theilwe se wegzerssen. 
F Ueber zwei verstece Sunder“, die zum Tode verurtheilten 
Müller und Götielmann, schreidt das „Mijr. Tagol.“: 
„Wie uns mitgetheilt wird? sollen die deiden sich in dem Ärrest⸗ 
haus in einer Art und Weise betrogen, die annehmen läßt, doß 
jedes menschliche Gefudl ia der Brust der beiden Morder ersid