Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberter Anzeiger. 
— — — 
—EVEüößßWeeA 
Der St. Jugberter Anzeiger und das (3 mal wo chentlich) mit dem Haupiblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonniags mit illustrirter Bei— 
jage) erscheint wöchentlich vViermal: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementspreis betragt vierteljahrlich 
lMark 40 R.⸗Pfg. Anzeigen werden mit 10 Pfg., von Auswärts mit 15 Vfs. fur die viergespaltene Zeile Blattschrift oder deren Raum. Neclamen 
mit 30 Pfgpro Zeile berechnet. 
—N»ö— 
M 80. Donnerstag, den 23. Mai I 
1878. 
Deutsches Reich. 
Mänchen, 20. Mai. Als eine in mehrfacher Besiehung 
erfreuliche Thatsache ist zu registriren, daß unsere neugegründeten 
Realschulen auch bereiis bei der Landbevöllerung Anklang finden. 
So hat sich, da vielfache Anfragen namentlich auch von Landwirthen 
über d'e Bedingungen der Aufnahme in die Realschulen e'nliesen, 
ꝛas F. Rektorat in Traunstein veranlaßt gesehen, in einer desfall 
gen Bekanntmachung die gewünschten Aufschlüsse und sonstigen 
Erlaäuterungen zu geben. Wie wir weiter vernehmen, werden“in 
derschiedenen kleineren Städten des Landes Einleitungen zur 
Bründung von Realschulen, wenn auch vorerst nur folchen mit 
dier Klassen getroffen und werden mehrere derselben mit Beginn 
des tommenden Schnljahres in's Leben treten können. 
München, 21. Mai. Der deuische Kaiser hat nach 
hierher gelangter Mittheilung folgende Zeiteintheilung zur Inspi⸗ 
eirung des XV. Armeecorps im Eliaß, dei welder auch die ba he⸗ 
tische Brigade in Metz (Infanterie ⸗Regiment Nr. 4 und 8), sowie 
das 5. Jäger⸗Bataillon und 5. Chebauxslegers⸗Regiment betheiligt 
sein werden festgesetzt: Am 14. September Reise dach Strahbun, 
15. Sept. Ruhe, 16. große Parade des Armeecorps, 17. Corps⸗ 
nanöver, 18. Ruhe, 19., 20. und 21. Feldmandbber der Vidi— 
sionen gegeneinander, 22. September Abreise des Kaisers. Tas 
Dauptquartier bleibt auf die ganze Dauer der Inspicirung in 
S l p —A—— 
TForpsmandver in dessen Nähe abgehalten. Die Feldmandver der 
Divisionen gegeneinander finden in der Gegend der mittleren Zorn 
(auf beiden Seiten dieses Flüßchens) siatt. 
Würzburg, 18. Mai. Wie der „Nürnb. Anz.“ berichtet, 
zeabsichtigt⸗ die demokratische Partei sich in ganz Deutichland neu zu 
organisiren und hat der Frankfurter demokratische Verein beschlofsen, 
zu dem Zwede eine Versammlung von Vertrauensmännern auf 
Bfinasten nach Würzburg zu berufen. 
Berlin, 20. Mai. Die „Kreuz⸗Ztg.“ bemerkt heute: 
„Ueber das Entlassungsgesfuch des Ministers Dr. Fall ist noch 
leine bestimmte Entscheidung getreffen. Man nimmt an, daß die⸗ 
elbe im Einverständniß zwischen Sr. Majeftät dem Aaiser, Fürst 
Bismarck und Dr. Falk so lange stillschweigend vertagt sei, bis 
Fürst Bismarck darüber mündlich verhandeln kunn. Mau glaubt 
nicht, daß Dr. Falk jetzt zurücktreten werde.“ 
Berlin, 21. Mai. Es bestätigt sich, daß Falt ble'bt. 
Allgemein wird es auffällig befunden, daß der Reichskanzler unter 
den gegenwärtigen Verhältnissen trotz wieder hergestellter Gesund⸗ 
heit noch in Friedricheruhe weilt. (Fränk. Kurier.) 
Berlin, 21. Mai. Der Gesetzentwurf gegen die Aus⸗ 
chreitungen der Sozialdemokratie ist dem Reichstage gestern Abend 
zugegangen. Außer dem Wegfall des 8 6 sind auch einzelne 
andere, mehr redaltionelle Aenderungen vorgenommen worden. In 
der Begründurg ist hervorgehoben, es liege die Absicht ferne, das 
Bereins⸗ und Versammlungsrecht sowie das Recht freier Meinungs⸗ 
lußerung allgemeinen, dauernden Beschränkungen zu unterwerfen, 
ss erscheine aber im oͤffentlichen Interesse geboten, dem fortgeseßten 
Mißbrauche der Sozial-Demolraten mit diesen Freiheiten Schranken 
zju sehen und auf diese Weise Bestrebungen Raum zu gewähren, 
die darauf gerichtet seien, durch Aufllärung, Belehrung und Stär⸗ 
lung des Sinnes für Recht, Sitte und wirthschaftliche Verbesserungen 
die Wurzeln des Usbels zu beseitigen. Solche Schranken köhne 
nur die Gesetzgebung aufrichten. 
In der Montagssitzung des Reichttags wurde in dritter 
desung das Geseß deir. den Spiellartenstempel angenommen. 81 
des Gesetzes lautet: „Spielkarten unterliegen einer nach Vorschrift 
diesez Gefetes ww erhebenden, zur Reichscasse fließenden Stempelab⸗ 
gabe, welche beträgt: O,80 M. für jedes Kartenspiel von 36 
oder weniger Blanern, O,50 M. jfür jedes andere Spiel. Spiel⸗ 
larten, welche unter amtlicher Controle in das Ausland ausgeführt 
werden, unterliegen det Abgabe nicht“. Die in Bavbern übliche 
1 
höhere, Destenerung der franzöfischen Karlen fallt demnach weg. 
Das Gesetz tritt mit dem 1. Jan. 1879 in Kraft. 
Ausland. 
Paris, 19. Mai. Der Minister der öͤffentlichen Arbeiten, 
derr v. Freycnet, wird in der heutigen Sitzung des Abgeordneten⸗ 
jauses einen Gesetzentwurf einbringen, durch welchen der Wieder⸗ 
rufbau des Tuilerienschlosses angeordnet werden soll. Nach diesem 
Blane soll der mittlere Theil des Palasies, getrennt von den äd- 
Javillons wieder hergestellt und für ein Museum der modernen 
dunst bestimmt werden. Den Hof des Schlosses und einen Theil 
des Carrousselplotzes würde man in einen großen Garten umwandeln. 
Die Gesammtkoflen sind auf 6 Millionen Francs veranschlagi. 
Für das laufende Jahr erbitlet sich der Mininer nur einen Credit 
bon 900,000 Francs. 
London, 21. Mai. Die „Times“ meldet aus Phila-⸗ 
ꝛelphia: Die Russen kauften den Dampfer Columbus von der 
Linie New Yorl. Havannah für 800,000 vell. 
London, 22. Mai. Der „Standard⸗ rerfaͤhrt, es sei jetzt 
naehr als wahischeinlich, daß der Kongreß in der ersien Junihälfie 
usammentreten werde. Zufolge des ungeregelten Standes der An— 
‚elegenheiten in Konstantinopei wird das englische Eskadre wahr⸗ 
deinlich wieder nach den Prinzeninseln Ubersiedeln. — Die „Times“ 
estreitet, daß die englische Regierung geneigt sei, ihrem bisherigen 
vekodosiiger dit Nuihicke Wunsnh y gnnokab·iuusse MNe vil 
villigung Rußlands dem Kongreß unter Bedingungen beitreten, wie 
ie die gemeinsamen Interefsen sämmtlicher europäischer Mächte zur 
Löfung der Orientfroge erfordern, erfolgen. 
—— BZZBZBZEäAF » 
Vermischtes. 
7 Das „N. W.“ berichtet aus Frantenthal: Johann 
Veorg Boyer, 89 Jahre alt, Cigarrenmacher von Speyer, erging 
ich am 20. Januar l. J. in der Wirthschaft von Lubwig Neu— 
heller in Asselheim in Gegenwart mehrerer Gaäste, als die Sprache 
uuf die schlechten Zeiten kam, in beleidigenden Aeußerungen gegen 
nen deutschen Kaiser und den Reichskanzler Fürsten Bismard. 
Späler ließ er noch die bezelchnend Aeußerung fallen: „Wir 
iehen noch wit der rothen Fahne voran!“ Er war bither qut 
eleumundet und wurde heute zu 3 Monaten Gefängniß verurt heilt. 
Die Kreisversommlung pfälzischer Lehter soll am 18. Sep⸗ 
ember d. J. in Frantenthal gehalten werden. Als Berathungs- 
gegenstände nennt das „F. W.“: 1) Idee und Ausbau der Volis⸗ 
und Fortbildungsshulen; 2) Bildung und Stellung des Volts⸗ 
chullehrers; 8) Die Lebrordnung für die deutschen Schulen 
er Pfalz. 
i * ünchen, 19. Mai. Die Postamisgehilsenprüfung vom 
1. Aprite1. Is. haben 75 Adspiranten bestanden; 7 wurden als 
inbefähigt zurückgewiesen. Von ersteren gehören 8 dem Oberpost⸗ 
imt Munchen, 9 dem Oberpostamt Augsburg, 6 dem Oberposiamt 
Lürnberg, 12 dem Oberpostamt Bamberg, 18 dem Oberpoftamt 
segensburg, 5 dem Oberpostamt Würzburg und 17 dem Oberposi— 
imt Speier an. 
fIn Tu bingen herrscht unter den Studenten große 
lufreguna. Durch Senatsukas ist namlich die Entfernung aller 
großen Studentenhunde angeordnet. Ob das Reciorat durch Auf⸗ 
tellung eines Normalhundes von zulässig größter Größe den 
—A 
zesagt. Die Studenten wissen sich aber zu helfen. Sie führen 
eßt stalt riesiger Hunde zierliche mit Maullotb versehene Zidiein 
zurch die Straßen der Stadi. 
ftVom Rzein. In den saämmilichen —A 
Westfalens und am Niederrhein ist unter den Arbeitern in Folge 
er unablässigen Bemühungen gewissenloser Agenten das Aus⸗ 
vanderungsfieber im Steigen. Die Agenten durchziehen die Gegend, 
serführen die Bergleuie zur Auswanderung nach Frankreich und 
uchen außerdem noch möalichst viele Arbeiter unter Vorspiegelund