St. Ingberler Anzeiger.
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M 87. Dienstag, den A. Juni 1878.
Deutsches Reich.
Berlin, 83. Juni. Ein zweites Attentat auf der
Raiser ist zestern: Nachmittag?2 Uhr 10 Minuten ausgeübt
vorden, als derselbe seine Spazierfahrt nach dem Thiergarten
internahm. Die That geschah Unter den Linden. Aus dem Hause
Nr. 18 dortselbst (Kestaurant Busch) feuerte mit einer Flinte vom
weiten Stock heraus vom Fenster über den Balkon ein junger
legant gekleideter Mann zwei Schüsse ab, dieselbe haben den Kaiser
in die linke Wange und die linke Schulter verletzt. Der Kaiser
wurde leichenblaß und lehnte sich zurück; der Diener sprang hinzu,
stützte den Kaiser und hielt demselben das Taschentuch an die
dart blutende Wange. Die kaiserliche Equipage kehrte sofort in's
Palais zurück.
Der Thäter machte nach dem Abfeuern der Schüsse einen
Selbstmordversuch und soll auch auf den Restaurateur Busch einen
Schuß abgefeuert haben. Dirser war am Hals⸗ und Rockkragen
don Blut überströmt, als er von einem Polizeilieutkenant im Hause
Nr. 18 vernommen wurde.
Der Thäter ist ein Dr Carl E. Nobiling vom landwirth⸗
schaftlichen Institute in Halle (ist nach eigener Angabe Schriftsteller)
der kürzlich eine Anstellung im landwirthschaftlichen Ministerium
hier nachgesucht hat, aber abschlägig beschieden wurde.
Die glücklicher Weise nicht gefährliche Verwundung des Kaisers
ist nach gutem Vernehmen folgende: 7 bis 8Schrotkörner, Kaliber
str. 3 und 4, haben den Kaiser getroffen und einfache Fleischwunden
hervorgerufen. Sie haben die Schläfe gestreift, die Wange durch⸗
bohrt ohre schwere Beschädigung und leicht in den Hals gedrungen.
Zwei Schrotkörner scheinen im Handgelenk zu stecken, einer im Arm.
Die Wunde im Arm blutet sehr stark. Der Kaiser blieb bei voller
Brsinnung. Geh. Rath Langenbeck bezeichnet die Verwundungen
als durchaus ungefährlich.
Dagegen hat nach Mittheilung des Kammerheren v. Senden
der Kaiser an dreißig Schrotkörner in Huupt und Schulter sitzen.
Bis jetzt sind dem Kaiser fünf Schrotkoͤrner aus dem Gesicht und
drei Schrotkörner aus der linken Schulter gezogen worden.
Eine unbeschreibliche Aufregung und Wuth bemäcdhtigte sich
des Volkes, als der schwerverwund:te Mörder um 2 Uhr 20 Minuten
im Polizeiwagen aus dem Hotel Busch nach der Charité gebracht
vurde. Die Polizei mußte vorsichtzshalber den Wagen in den Flur
des Hauses Unter den Linden 18 einfahren lassen. Bei der Ab⸗
jahrt wolte nan den Wagen umstürzen und den Attentäter steinigen.
Fast wäre dieser Akt der Vollsjustiz gelungen, wenn nicht die
Schutzmannschaft zu Pferde mit eigener Lebensgefahr die Andrängenden
zurückgeworfen und den Wagen eskortirt hätte.
Eine andere erschütternde Katastrophe ereignete sich am
31. Mai Vormittags 94 Uhr, als die 3 Panzerschiffe des deut—
schen Uebungsgeschwaders bei klarem Weliter, ruhiger See und mä⸗
zigem Winde Dover passfirt halten und in die Nähe von Folkes
tone gekommen waren. Zwei Derselben, der „große Kurfurst“
und „König Wilhelm“ stießen entweder in Ausführung eines
Manbvers oder um einem nahe fahrenden Segelschiffe auszuweichen
derartig zusammen, daß der König Wilhelm den Kurfürsten an—⸗
rannte und ihm die Seite einstieß, so daß dieser in 15 Minuten
dersank. Eine Anzahl Folkestoner Fischerboote war in unmittel⸗
zarer Nähe und leistete gute Dienste im Auffischen der Mannschaft,
benso die Dampfer „Albert“ und „Eduard'. Von der Mann—
scaft sollen bis jetzt 255 gerettet sein und 215 Personen ihren
Tod in den Wellen gefunden haben.
Berlin, 1. Juni. Der „Reichsanzeiger“ verkündigt die
Ernennung des Botschafiers Grafen zu Stolberg Wernigerode zum
Staatsminister und Vicepräsidenten des Staateministeriums.
Fürst Bizmarck und Graf Stolberg werden Pfingqsten
n Berlin eintreffen und soll Letzterer alsdann die Vicepräsidentschaft
)es Staatsministeriums und die Stellvertretung des Reichskanzlers
Abernehmen.
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NAusland.
Wien, 2. Juni. In der heungen Sitzung der ungarischen
Delegation erllärte Graf Andrassy auf Befragen, er sei in der an—
jenehmen Lage zu antworten, daß er heute die bestimmte Mitthei—
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vorden ist. Die Einladungen sind auf den Vorschlag O sterreichs
yon Deutschland versendet worden. Darüber, auf welcher Grund—
age der Congreß einberufen wurde, könne er keine Mittheilungen
nachen, da dies erst nach Annahme Seitens der Großmächte ge—
chehen könne. Doch sei es jedenfalls ein güastiges Zeichen, daß
kẽngland und Rußland die Grundlage angenommen hätten. Gra
Andrassy sagte wmeiter: er könne bestimmt erklären, daß die von
zem „Globe“ mitgetheilten Pankle nicht als authentisch betrachte
verden können.
Vermischtes.
f* Zweibrücken, 1. Juni. Die hiesige alltkatholische Ge—
neinde wird auf der auu 12. d. M. in Bonn stattfindenden Sy⸗
rode durch Kaufnann Fr. Kapser in Mittelberbach vertreten
sein. (Z3w. 3.)
Der Sohn des Taglöhners Philipp Hauenstein in Morsch⸗
deim (ei Kirchheimbolanden) hat in der Giesinger Lotterie einen
Treffetr von 10,000 M. gemacht. Da hat Fortuna jedenfalls dik
richtige Adresse gefunden.
. Dem „Dürkh. Anz.“ wurden am Freitag von Erpolzheim
die ersten neuen Kartoffel vorgezeigt. — Bei einer Ver—⸗
steigeruna in Dürkheim wurden 12 Dezimalen Acker um den hohen
Preis von 2328 M. zugeschlagen.
FWachenheim, J. Juni. Seit vorgestern finden sich in
dem Garten der Frau Ludwig Heinrich Wolf Traubenblüthen. (D. A.)
F Roßwein (Sachsen). Dec hiesige Vorschußverein ist in
Bant erllart. Deficit 2,1835,000 M. Ueber 700 Personen, die
Jahre lang durch falsche Bilanzen getäuscht wurden, sind dadurch
in schweren Schaden gebracht.
Fur die Neda
2*
nινν
st die in-der heutigen Nummer unserer Zeitung sich befindende Glücks-
Inzeige von Samuel Heckscher senr. in Hamburg. Dieses Haus hat sieh
lureh seine prompte und verschwiegeno Auszahlung der hier und in der
Imgegend gewonnenen Betrüge einen dermassen guten Ruf erworbem,
lass wir Jeden auf dessen heutiges Inserat schon an dieser Stelle zuf,
merksam machen. —
Wir machen hierdurch auf die im heutigen Blatte siehende Annonce der
herren Kaufmann u. Simon in Hamburg besonders aufmerksam.
Es handelt sich hier um Original⸗Loose zu einer so reichlich mit Haupt⸗Ge
winnen ausgestatteten Verloosung, daß sich auch in unserer Gegend eine sehr
lebhafte Betheiligung voraussetzen läßt. Diesez Unternehmen verdient das
polle Vertrauen, indem die besten Staatsgarantien geboten sind und auch
vorbenanntes Haus durch ein stets streng reelles Handeln und Auszahlung
ahlreicher Gewinne allseits bekannt ist.
„Die in unserem heutigen Blatte besindliche Gewinn⸗Mittheilung des
derrn Laz. Sams. Cohn in Hamburg ist ganz besonders zu beachten.
dieses weltbekannte Geschäft besteht weit über 50 Jahre und hat
einen Kunden schon die größten Hauptgewinne von Mart 360,000,
70,000, 246 900, 225,000, 188, 000 180,000, 156,000, ostmals 152000,
0.00, 90, 000, sehr häufig 78,000, 60,000, 48,000) 40,000, 36, 000
Mark rꝛc. ꝛc., besonders aber im Königreich Bayern abermals aus der Ge—
vinnziehung vom 24. Mai 1878 den größten Haupttrefser, vor
durzem schon wieder den glücklichen Gewinnern im Köoönig⸗
ceich Bayern die große Prämie von 252,400 Mark und kurz vorher
benfalls die große Prämie von 246,000 Mark, überhaupt in der letzien
zeit die Summe von weit über 210 Millionen ausbezahlt, wodurch viele
Leute zu reichen Capitalisten geworden sind. Jetzt sind nun wieder für einen
jeringen Einsatz große Capitalien zu gewinnen bis zu ed. 875,000 Mark,
vorauf, wir besonders aufmerksam machen. Auch bezahlt dieses Haus
zurch seine weitverbreiteten Geschäftsverbindungen die Gewinne in jedem
Orte aus. Da durch die getroffene großartige Einrichtung in Ver—
nehrung und Vergrößerung der Gewinne eine große Betheiligung zu erwarten
ist, weg man dem Glücke die Hand bieten und sich vertrauensvoll an die
Firma Laz. Sams. Cohn in Hamburg wenden, bei der man gewissen⸗
saft und prompt bedient wird.“