St. Ingberter Anzeiger.
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Der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wochentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Bei⸗
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M 90. Sonntag- den v. Juni 1378.
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Deutsches Reich.
München, 65. Juni. In den letzten Wochen des Land⸗
lages find bekanntlich mehrere Mitglieder der ultramonianen Kammer⸗
frallion aus derselben ausgetreten, eine Vereinigung derselben zu
iner neuen Fraction gelangte jedoch damals n'icht zur Ausführung.
Wie wir nun vernehmen, soll dies alsbald nach dem beborftebenden
Wiederzusammentritte geschehen, respeltiv die Bildung einer Lußersten
Rechte versucht werden, zu welchem Behufe auch bereits Vorbesprechungen
anter einigen der betr. Abgeordneten statigefunden haben — Die
Untersuchung, welche gegen den Redakteur des Vaterland“, Dr.
Sigl, eingeleitet wurde, betrifft nicht allein eine Majestatsbeleidigung,
ondern auch — nach Art. 110 des R.Str.G.B. — eine Auf-
orderung zum Ungehorsam.
Augsburg, 7. Juni. Nach der „Allg. Ztz.“ hat König
dudwig die Einderufung des bayerischen Landtags auf
1. Juli angeordnet.
Berlinz; 6. Juni. Die „Nordd. Allg. Zig.“ hört aus
diplomatischen Kreisen, daß die Anwesenheit der frempen Minister
in Berlin auf ungefähr acht dis zehn Tage bemessen ist. Sobalb—
iber die Grundbedingungen eine Einigung erzielt worden ist, dürfte
die Regelung der Debatte und die Fesistellung der Protokolle auf
eine europäische Commission übergehen.
Borlhin, 6. Juni. Der ‚Reichsanzeiger“ publicirt heute
Nachmittag die Ordre des Kaisers und Königs vom 4. Juni,
beglaubigt von den Kabinetschefs v. Wilnowsth und v. Albedyll,
zegengezeichnet vom Reichslanzler und vom Staatsministerium,
zerichtet an den Kronbrinzen, welche dem Kronprinzen für die
Dauer der Verhinderung des Kaiser⸗ — Nönigs die Veriretung
in der oberen Leitung der Regierungsgeschufte überträgt.
Berlhin, 6. Juni. Der Kronprinz einpfing im Laufe des
gestrigen Tages außer dem Chef des Civillabinels auch den Feld—
marschall Graf Moltke, höhere Offiziere und Nachmittags den Chef
der Admiralität v. Stosch. Abends 8 Uhe fand eine Berathung
des gesammten Staatsministeriums im kronprinzlichen Palais stati.
Heute Vormittag arbeitete der Kronprinz mit dem Kriegsminister
und dem Chef des Militärcabinets. — Prinz Wilhelm von Preußen
und der Erbgroßherzog von Baden werden morgen aus Bonn bier
eintreffen.
Berlin, 7. Juni. Bulletin 63 Uhr Morgens: Der
Laiser hal den größten Theil der Nacht ruhig geschlafen; im ver⸗
eßzten rechten Arme sind wider Schmerzen noch Hitze eingetreten.
Das Entlassungsgesuch des Cultusministers Dr.
Falt soll nachh der Nat. Z379g.“. endgiltig zurücgenommen sein,
nachdem die Schwierigleiten. welche dasselbe veranlahßt haben, gehoben
vorden.
Stuttgart, 6. Juni. Auf Pfingsten ist im ganzen
Lande Kirchengebet für die Genesung des Kaisers angeordnet. Die
Bulletins werden an den größeren Telegraphenstalioncn des Fandes
offentlich angeschlagen.
Die amiliche Provinzialkorrespondenz sagt am Schlusse eines
Aufsahzes Uber das Nobiling'sche ãttentat: Vergebens
ust die Ausrede, daß die Sozialdemokratie Altentale nicht begehen
werde, weil fie zwecklos seien, indem an der Gefallenen Stelle
ofort andere Persoͤnlichkeilen treien. Solche Ausride ist vergeblich.
Denn einmal handelt der auf's Aeußerste entflammt: Haß nicht
mehr nach Zwecken, sondern nach dem unbezuhmbar erregten Instinki;
zweilens liegt aber in dem scheinbar zwecklosen Attentat eine grauen⸗
polle Zweckmaßigleit, die, auch wo sie dem Frebler verborgen bleibt,
doch Denen bewußt ist, die die Gesinnung des Frebels bereiten unb
amhertragen: die Zweckmäßigkeit, daß die Gesellschaft in der un⸗
entbehrlichsten Grundlage ihres Bestehens, in dem Bertrauen Aller
auf die allgemeine Sicherheit, auf die innere Schranke des Gewissens
und auf die äußere des Gesetzes unheilbar erschüttert, rathlos bis
ur Wehrlosigkeit werden könnte. VDie Voraussetzung, die solchen
Berechnungen zu Grunde liegt, wird sich nicht bewahrheiten. Die
A das Gewissen
det Nation wenden. Sie wird von den berufenen Vertretern der⸗
selben den Schuß für die bedrohte Gesellschaft verlangen, den die
hestehenden Geseße nicht genügend gewähren. Sie vertraut, die
Entschlossenheit und Hingebung, auf welche fie rechnet, bei Allen
zu finden, die Staat und Gesellschaft erhaiten wollen.“
NAusland.
London, 6. Jum. Die ‚Times“ dementirt auf das
nachdrucklichste, England und Rußland hätten ein Privatabkommen
um Nachtheil der Interessen DOefierreichs getroffen. England habe
lein Grund zu einem solchen Verfahren. „Morning; Post“ meldet:
Die Russen concentriren 27,000 Mann und 1285 Kanonen in
Tschorlu. — „Dailhy News“ berichtet aus Petersburg: In Folge
des Bestrebens der Türken, Feirdseligkeiten zu provociren, sind
Rußland und England üũbereingelommen, ihre Streitlraste nicht
bor dem Congreß zurückzuziehen.
Pera, 4. Juni. Die Türkei weigert sich, Varna zu räumen,
weil sie nach den jungsthin mit den Bulgaͤren gemachten Erfahrungen
sich scheue, die große Anzahl der in der Festung wohnenden Moha⸗
medaner der Gnade der Bulgaren und Russen zu überlieern.
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Fermischtes.
fF St. Ingbert, 7. Juni. Bei dem heuligen israelitischen
Gottesdienste wucden Gebete für die Genefung und Erhaltuͤng
anseres Kaisers verrichtei. — Auch die staiserslauterer
Isrcaeliten halten heute (Fteiiag) aus Anlaß des Alttentats einen
Bottesdienst ab, in welchem Gebete für den Kaiser verrichtet
werden sollen.
7 St. Ingbert, 8. Juni. Nach uns gewordener Mit⸗
theilung ereignete sich gestern Abend auf dem Bahnhofe Blies⸗
lastelLautzzkirchen ein bedauerlicher Unglücksfall. Der
vortige Portier wurde von dem um 6 Ubr 24 PMinmen hier ein⸗
reffenden Zuge berfahren und war auf der Stelle lodi. Naͤberes
ehlt noch.
t Aus Trippstadit, 3. Juni, wird der „Pf. 3.“ ge⸗
chrieben: Heute Nachmittag wurden die drei Kaiserslauterer Bursche,
velche den Adjunkten Schmidt von hier auf eine so schändliche
Weise erstachen, in das Untersuchungsgefangniß eingeliefert, nachdem
ie Gerichtskommission heute früh am Orte der That die noͤthigen
lufnahmen gemacht hatte. Die Namen der jugendlichen Bursche
ind: Sachs, Kaufmann und Hasemann, von welchen Letzterer bei
»er Erstechung nicht unmittelbac detheiligt war. Piit Revolver,
Degen ⁊c. ꝛc. dersehen. waren die Buben zur Maikur in den Waiß
ezogen.
Erlangen, 2. Juni. Der Studirende der Rechte,
Zuido Brand, der kurzlich dom Schwurgericht zu Nürnberg frei—
jesprochen wurde, ist auf Grund der Universitatzsatzungen wegen
Zweikampfes bis Michaelis 1879 von hier weggewiesen und das
aufende Semester von seiner Studienzeit gestrichen worden.
fBerlin, 5. Juni. Die „Tribuͤne“ meldet; „Die Ver⸗
inlassung zu dem Duell, in welchem vorige Woche ein tüchtiger,
joffnungsboller, junger Offizier eines hie sigen Garderegiments seinen
Tod gefunden hat, soll eine ähnliche gewesen sein, wie die, welche
her vielbesprochenen Erlanger Dueliangelegenheit zu Grunde gelegen
Jat. Ein Einjährig-Freiwilliger, Student der hiesigen Universität,
var von dem Offizier im Dienst beleidigt worden, und hatte nach
ibgeleisteter Dienstpflicht Satisfaltion verlangt, welche ihm nach
ergangener ehrengerichtlicher Eatscheidung nicht verweigert werden
onnte. Das Duell sand außerhalb Berlins statt und' endelr müu
der Toͤdtung des Offiziers.
fF Die wahre SGütergemeinschaft besteht darin,
daß die Menschen und Völker immer mehr von einander lernen
ind durch Entwickelung ihrer Indididualität und Arbeitslraft zuerst
ich selbst und ihre Familie, sodann aber auch ihre Gemeende, ihren
Staat und die Menschheit Aberhaupt vorwärts bringen, daß sie
hre sittlichen, geistigen und technischen und wirthschaftlichen Fort⸗
dritte nnd Ecrungenschaften sich gegenseitia aneianen ik n