Full text: St. Ingberter Anzeiger

Hofe besindliche Häuschen gerieth, da es nicht bewohnt wurde, 
Illmaälich in sehr defelten Zustand. — In dem über dieses ganze 
FZebaude sich erstreckenden Speicherraum btach plbtzlich am 22. 
Februar abhin, Äbends kurz nach 10 Uhr, Feuer aus, das sofort 
den ganzen Dachstuhl ergriffen hatte, obwohl man etwa eine Viertel⸗ 
stunde vorher noch nichts Auffälliges bemerlt hatte. Rasch geleistete 
Hilfe beschraͤnkte das verheerende Element auf seinen Herd und 
derhütete ein Uebergreifen auf die benachbarte Scheuer. Alle Um⸗ 
stände ließen auf eine absichtliche Brandlegung schließen, und ver⸗ 
schiedene Momente lenkten sogleich den Verdacht der Thäterschaft auf den 
heutigen Angeklaglen. Derselbe wurde am 23. Februar im Walde 
bon Cisenberg verhaftet, leugnete Anfangs wiederbolt, gestand aber 
sodann auf dem Transporte nach Kaiserslautern freiwillig dem ihn 
begleitenden Gendarmen die That ein. Danach sei tr an dem 
fraglichen Abende um 18 Uhr von Eisenberg weg über den 
Tlauserhof gegangen, habe dort von einem Strohhaufen Stroh 
mitgenommen, dieses quer über das Ackerfeld und durch den Wald 
auf den Ripperterhof getragen, sei damit mittelst einer Leiler, 
welche schon längere Zeit an der Giebelmauer des Gebaäudes ge⸗ 
legen war, in die dort befindliche Speicheröffnung eingestiegen, 
habe das Stroh zu dem dort lagernden, von ihm schon früher dahin 
berbrachten Gehölze gelegt, dann Stroh und Holz mit zwei 
Schoppen Steinöl, das er schon einige Tage zuvor dahin gebracht 
habe, übergossen und sodann das Ganze mit Streichhölzchen ange— 
zündet. Als Motiv zu dieser That gab der Anzeklagte an, seines 
Bruders Haus sei alt und baufällig gewesen; Niemand habe es 
zaufen wollen; er habe bei seinem Bruder in E senberg bleiben 
wollen und dabei gedacht, um die 1100 Mark, für die das Haue 
versichert gewesen, lönne sein Bruder das Haus seiner Schwieger⸗ 
eltern kaufen. GSr bestritt dabei jedoch auf das Bestimmteste, doß 
er von Jemand zu der That verleitet wurde, insbesondere sein 
Bruder und dessen Edefrau um die That auch nur gewußt hätten. 
— In seinen gerichtlichen Verhören blieb er bei diesen Angaben 
stehen und fügte nur bezüglich des Beweggrundes zur That bei, 
er habe gedacht, mit dem Brandentschädigungsgelde könne sein 
Druder das Haus, zu dessen Ausbesserung diesem die Mitiel ab⸗ 
gingen, wieder aufbauen und habe er selbst dabei gehofft, daß ihm 
dansn eine Stube zu seinem ausschließlich n Gebrauche überlassen 
werde. 
Mit diesen Angaben stimmle das Ergebniß der Vorunter⸗ 
suchung und die thatsächlichen Verhältnisse im Allgemeinen übderein. 
Vor dem obengenannten Ciauserhofe, und zwar von einem daselbst 
sitzenden Strohhaufen, fanden sich am Tage nach dem Ausbruch 
des Feuers Spuren von verzetleltem Stroh quer über die angren⸗ 
zende Wiese und das darauffolgende Ackerfeld und den Wald in 
zer Pchtung nach dem Ripperterhof; daneben fanden sich frisch 
ausgeprägte Fußspuren von eigenthümlicher Siellung, die bis an 
die Brandställe sich fortsetzen und auf einer schraͤg hinter derselben 
hinziehenden, erst Nachmittags vor dem Brande geegten Acker zu⸗ 
rüagingen, bis sie sich in dem angrenzenden Walde verloren. Die 
heschlagnahmten Shuhe des Angeklagten paßten genau in die be— 
zeichnelen Fußspuren. Auf dem Speicher des Hauses fand sich 
Asche von Holz und Streuwerk an drei von einander geschiedenen 
geschwärzten Stell n. Einige Tage nach dem Brande fand man 
schließlich im Stalle unter der Asche, da, wo ein Theil der Decke 
hom Speicher beim Brande heruntergebrochen war, einen offenbar 
hier herunter gefallenea Steinkrug, in welchem sich roch ein'ge 
Tropfen Petroleumn befanden. 
In der heuligen Sitzung modifizirte der Angeklagte theilweise 
sein früher abgegebenes Geständniß, indem er nämlich als Bewez⸗ 
grund zu der That angab, er habe damit seiner Schwägerin, mit 
der er nicht gut stehe, einen Possen spielen wollen. Auf wieder⸗ 
holtes Befragen des Herrn Präsidenten lehtte ex jedoch zu seiner 
früheren Aussage, nach welcher er durch den Brand seinem Bruder 
die Brandenischädigungssumme habe zuwenden wollen, zurück. An⸗ 
gesichts des unumwundenen Geständnisses deß Angeklagten wurde 
uͤber die Thäterschaft nicht wester debattirt, und der Vertheidiger, 
Rechtskandidat Engelhorn, beschränkte sich darauf, das Vorhanden 
sein mildernder Umstände nachzuweisen, während Dies der Vertreter 
der L Siaatsbehörde, der k. Staatsanwalt Schrer, entschieden 
vestritt. Da die Geschworenen die Schuldfrage dejahten und keine 
mildernden Umstände annahmen, so verurtheilte der Schwurgerichts⸗ 
hof den Angellagten auf Grund Desssu zu einet Zuchthausstrafe 
bon fünf Jahren, zum Verluste der bürgerlichen Ehrenrechte auf 
die gleiche Tauer, zu einer Geldstrafe von 150 M., eventuell um⸗ 
dewandeit in 10 Tage Zuchtbaus. uad in die Kosten des Ver⸗ 
fahrens. 
'Zweibrücken, 25. Juni. Verhandlung der Anklage 
gegen Adam Walch, 30 Jahre alt', Steinklopfer aus Lautz⸗ 
uͤrchen, wegen Verbrechens gegen die Sittlichleit, vertheidigt von 
dem k. Advokat⸗Anwalt Schmidt. 
Der Angellagie ist ein sittlich verlommener, im schlechtesten 
Rufe stehender Mensch. Wegen Diebstahls, Betrugs und Bedrohuug 
Ines Beviensteten ist er zuchtpolizeilich schon dfter bestraft worden 
Er ist derheirathet an eine gewifse Katharina Lampel, Tochter des 
in der Poiizeiansalt in Kaiserslantern verslorbenen Taguners Dominil 
Berhard Lampel und einer gewissen noch lebenden Katharina Feilen. 
Seit einigen Jahren wohnt er zu KirkelNeuhäusel, nachdem er 
uvor mit seiner Schwiegermutter und deren Familie in Lautzirchen 
jusammengewohnt hatte. Diese Schwiegermuttes und deren Töcter 
Anna und Marie stehen ebenfalls im übelsten Rufe. In Lautz- 
litchen gilt es für ausgemacht, daß der Angellagte nicht bloz mit 
seiner Schwiegermutter, sondern auch mit seinen Schwägerinnen 
im verbotenen Umgang stand. Von dieser sittenverderbien Umgebung 
hildet die jüngste Tochter der Ehefrau Lampel, die beinahe 19jahrige 
Elisabeth, eine Ausnahme. Dieselbe wurde von ihrem 8. Lebens⸗ 
jahre an in dem Armenkindethause erzogen und trat daselbst im 
Apru 1876 in ihrem 17. Lebensjahre auf Veranlassung ihrer 
Mutter aus. Der Vorstand dieser Anstalt gibt ihr das Zeugniß 
ines odentlichen und fleißigen Mädchens. Wie erwähnt, wohnte 
die Wittwe Lampel vor zwei Jahren mit dem Angeklagten und 
dessen Familie in Neuhäusel. Da sich die Tochter Elisabeth durch 
Zudringlichkeiten des Angeklagten belästigt sah, veranlaßte fie ihre 
Mutter auf Neujahr nach Lautzlirchen zu ziehen. Hier war die 
klisabeth Lampel wegen ihres braven und sittsamen Wesens all⸗ 
gemein geachtet und beliebt. Ihren Lebensunterhalt suchte sie 
hurch Ansertigen von weiblichen Handarbeiten und durch Unterrichten 
von Kindern zu erwetben. Sie ist von schwächlichem Körperbau 
und hatte ein krankes Bein, mas sie am Gehen hinderte. An 
diesem Mädchen verübte der Angeklagte am Abend des 18. Januar 
abhia einen rohen Gewaltalt. Die Einzelheiten der That können 
hier nicht nähet besprochen werden. Dieselben zeugen von einer 
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glieder, wie sie sonst nicht leicht vorzukommen pflegt. Die Schwieger⸗ 
mutter und ihre beiden Töchter suchten dem Angeklagten durch 
verschiedene Mittel Gelegenheit ? zur Verübung des Verbrechens zu 
zeben. Nach demselben bezeugten sie über dasselbe nicht etwa Miß 
zilligurg oder Entrüstung, sondern gabea durch verschiedene un⸗ 
ücht'ge Aeußerungen ihre Freude darüber kund. Der Hergang 
des verbrecherischen Vorfalls ist größtentheils nur aus den Erzählungen 
der Vergewaltigten bekannt. Der Angellagte bestreitet dagegen die 
Wahrheit dieser Erzählung, wobei er von seiner Schwiegermutter 
and seinen beiden Schwägerinneu unerstützt wird. Letztere sind 
destrebt, durch Lügen der handgreiflichsten Art ihm herauszuhelfen. 
Die Angaben der Elisabeth Lampel sind aber durch eine Reihe 
von Beweismomenten derart bestätigt, daß ihre Wahrhaftigleit nach 
Annahme der Anklage keinem Zweifel unkerliegt. Die Verhandlung 
'and bei beschränkter Oeffentlichkeit statt. Der Angteklagte, ein 
cobust gebauter Mensch, blies auf den in der Voruntersuchung ab⸗ 
Jegebenen Erklärungen stehen. Der k. Staatsanwalt Petri hob die 
‚elastenden Punlte der Aunllage in seiner Ansprache hervor und 
ↄlaidirte gegen Annahme mildernder Umstände. Der Vertheidiger, 
Anwalt Schmidl, suchte nachzuweis⸗n, daß die Verhandlung nicht 
den vollen Beweis der Thäterschaft des Angeklagten ergeben habe 
ind daher im Zweifel zu seinen Gunsten zu entscheiden sei. Die 
Beschwornen bejahten jedoch die Schuldfraze und verneinten die 
Frage nach dem Vorhandensein mildernder Umstände. Der Angeklagte 
rurde h'etauf zu einer Zuchthausstrafe von acht Jahren, zum 
Verluste der bücgerlichen Ehrenrechte auf die gleiche Dauer und 
zu den Kosten verurtheilt. 
Zweibrücken, 27. Juni. Die auf gestern ausge⸗ 
schriebene Versteigerung der hiesigen ehemaligen „Leinenzwirnerei“ 
blieb in Etmangelung eines convenablen Preis⸗Anzebots ohne Re⸗ 
fultat. 
f Die seit Kurzem eingetretene Hitze hat in unsrer Gegend 
reider schon ein Opfer gefordert: am 26. Juni versch'ed in Kä s⸗ 
hofen in Folge Tags vorher erhaltenen Sonnenstichs ein kräf— 
liges Mädchen im Alter von 22 Jahren. 
Das k. Handelsgericht Kaiserklautern hai jüngsthin 
eine interessante Ensscheidung gefällt. Ein Kaufmann schuldete 
dem Vorschußverein Rockenhausen, e. G., eine Gesammischuld von 
M. 6800, für deren einzelne Beiträge S., D. und G. als Solidar⸗ 
hürgen hafteten. Der Verein erhob gegen H. und gleichzeitig gegen 
die erwähnten Solidarbürgen Klage auf Rückzahlung des Darlehens. 
Die Haftbarkeit wurde von den Bürgen besteitten. Nach 8574 
der Satzungen genannten Vereins „lönnen einem Schuldner mehrere 
Vorschüsse oder Credite, welche gleichzeitg bei ihm ausstehen, gewädrt 
vBerden; insofeen jedoch bei dem früher Aufgenommenen Bürgen 
iateressirt sind, müssen dieselben vor Auszahlung der späteren Posten 
hvon den weiteren Creditirungen benachrichtigt werden.“ Auf Grund 
diefer Bestimmung erkannte das Handelsgericht gegen den VBürgen 
G. auf Zahlung, ließ dagegen bezüglich der beiden Mitbeklagten 
S. und D. den Kläger vorerst zum Beweise durch Zeugen und 
Urtundien darüber zu, daß diese Bürgen von den späteren Credi⸗ 
tirungen vor Auszahlung der betreffenden Posten denahrichtigt 
wurden, und daß sie zur fraglichen Zeit jedenfalls Kenntniß davon 
erhalten haben. In den Urtheilsgründen heißt es, daß nach den 
Siatuten deßs Nereins jeder Bürge ein verkragsmäßiges Recht auf