St. Ingberler Anzeiger.
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Samstag, den 6. Juii. 1878.
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Deutsches Reich.
München, 2. Juli. Aus dem dem VLandtag vorgelegten
Haupt· Eiat der bayerischen Militärverwaltung füt das Jahr 1878779
geht hervor, daß in diesem Johr mit der Bildung von 2 Infanterie⸗
regimentern aus 6 der disherigen Jägerbataillone vorgegangen
verden soll, so daß wir künftig nur noch 4 Jägerbataillone haben
werden. In Folge dieser Formirung muß der Mannschaftsstand
um 2 Unteroffiziere, 2 Stabshoboisten, 18 Hoboisten, 6 Bataillons⸗
tamboure, 4 Gefreite und 72 Gemeine vermehrt wmerden, dagegen
gehen ab 4 Unteroffiziere, 6 Stabshornisten und 72 Horn'sten.
München, 2. Juli. Der Gesetzentwurf betr. die pfäl—
nischen Eisenbahnen, den die Regierung der Kammer heute in ver—
inderter Fassung vorgelegt hat, hat nunmehr folgenden Wortlaut:
„Einziger Artikel. Die Staatsregierung ist ermächtigt, für den
Falle der Herstellung a) einer Eisenbahn von Kaiserslautern nach
dauterecken für ein Bau- und Einrichtungskapstal im Maximaibe⸗
rage von 4,400,000 M., b) einer Verdindungsbahn zwischen den
Fisenbahnlinien Busch-Saargemünd, sowie Zweibrücken Saargemünd
⸗einerseiis und Saargemünd-Saaralben andrerseits für ein Bau⸗
und Einrichtungsk pital im Maximalbetrage von 265,000 M.
einen jährlichen Zinsertrag in der Maximalhöhe von 44 Proz.
dis zum 31. Dezemsber 1904 zu gewährleisten und statt dieses
Zinsertrages einen Ueberschuß der Betriebsrente in einer dem
51/ prozentigen Zins aus diesem Kapital entjptechenden Größe
sicher zu stellen.“ In dem früheren Entwurse war in Art. 2 der
Regierung die Ermächtigung ertheilt, für die erhöhte Subvention
der pfälzer Bahnen zur Gotthardbahn für 41,200 M. die Zins—
garantie zu übernehmen. Nachdem die pfälzer Bahnen gleich
anderen die Nachtragssubvention micht leisten, fällt deser Ar—ikel
weg. Dagegen ist dem früheren Artikel 1 der Punkt 6 beigefügt
worden, nachdem in dieser Richtung zwischen dem Reihhskanzler
und der bayerischen Regierung ein Vertrag abgeschlossen worden
ist. — Der Finanzausschuß hat sich sofort nach der heutigen
Kammersitzung versammelt und Herrn Frankenburçer zum Refe—
renten üker den Rilitär-Etat ernannt. Gleichzeitig wurde be—
ichlessen, vor näbhstem Samstag keine Sitzung zu halten und die
Sitzu gen schon früh 7 Uhr zu beg'nnen.
Berlinn, 3. Juli. Die „Prov.“Corr.“ enthält einen
längeren Artikel, betitelt: „Die Regierung und die wirthschaftlichen
Intetessen des Volles“, welcher folgendermaßen schleßt: „Die
Sieuerreform setzt voraus, daß Regierung und Vollsbertretung auf—
richtig und wahr mit einander versahren, daß man mit voller
Offenheit im Einzelnen sich darüber verständigt, welche Erleichte⸗
rungen für die Bundesstaaten durch Mehreinnahmen im Reiche er⸗
zielt werden sollen. Es kann durch die Steuergesetze selbst dafür
gesorgt werden, daß die höheren Erträge der Reichssteumn den
Einzelstaaten nach einem gewissen den Verhältnissen und den dring—
lichen Reformen entsprechendem Theile zu Gute kommen. Ju
allen diesen Dingen ist eine Verständigung leicht, wenn man den
ernsten Willen hat, sich mit der Regierung zu verständigen. Die
Staatsregietung will weder auf dem politischen, noch auf dem
Steuer⸗ und Wirthschafts Gebiete die Reaction, will vielmehr auf
allen diesen Geb'eten, eine vernünftige Entwickelung. Gegen Zucht⸗
iosigkeit und Erschütterung der monarchichen, conftuutionellen, ge⸗
ellschaftlichen und Eigenthums-Ordnung will sie energisches, die
Cultur, die Gesittung und den Forischritt der industriellen Arbeit
chützendes Eingreifen. Bezüglich der Steuerverhältnisse will sie
zine verstündige, Reich und Einzelstaaten fördernde, dem Bollke die
Aufbringung der Steuern eileichternde Rfotm. Den handelspe⸗
itischen Fragen gegenüber will sie Wahrung der nationalen Ge⸗
ammtinteressen im Sinne der Entwickelung seit 1818 und seit
Bründung des Zollvereins, ohne Voreingenommenheit durch Lehr⸗
ätze vollswirthschaftlicher Parteien, die Uber der vermeintli hen
Folgerichtigkeit ihrer Meinungen die prattischen Interessen der Nation
übersehen. Auf diesem Wege darf die Regierung hoffen, daß die
Naticn ihr folgt und Männer wädlt, die des Ernstes der Lage
bewußt und von der Nohhwendigkeit eines festen, praktisch frucht.
otingenden Zusammengebens der Regierung und Vollsvertrefung
unter den so schweren Verhältnissen des Vaterlandes durchdrungen
sind. Alle Wähler, denen das Gedeihen und der Aufschwung des
Volkes und Vaterlandes über das blose Parteiinteresse geht, mögen
daher mit aller Entschlossenheit und Zuͤdersicht an ihrem Theil
dazu helfen, eine Reichstagsmehrheit zu sichern, welche nicht blos
in der zunächst dringlichen Abwehr der Gefahren für Staat und
Gesellschaft, sondern ebenso sehr auf dem Gebiete der Wirthschafta⸗
reform der kaiserlichen Regierung volles Vertrauen und festen
Willen zu freudigem Zusammenwirken entgegenbringt.“
Berlin, 3. Juli. Die officiöse „Provin.Corresp.“ sagt
über die Arbeiten des Congresses: Während die politische Unab—
hängigkeit Rumäniens, Serbiens und Monfenegros jetzt endgültig
anerkaunt ist, hat der Congreß behufs der dauernden Ordnung
und Sicherung der Verhältnisse in Bosnien und der Herzegowina
»as Einschreiten Oesterreichs in denselben als dringend und den
»sterreich schen und europäischen Interessen enisprechend anerkannt.
Der vorläufije Einspruch der Türkei gegen die Entscheidung wird
die Ausführung nicht hindern können. Auch über die Frage der
Wiedervereinigung Bessarabiens mit Rußland (vorbehalilich des Land⸗
ttriches an der Mündung der Donau) gegen die Abtretung der Do⸗
zrudscha an Ramänien ist bereits ein volles Einverständniß erfolgt.
Es bleibt sonach von den großen entscheidenden Fragen nur noch
die armenische übrig, und auch über diese ist eine Verständigung
im wsentlichen bereits vorbereitet. Nach aller Voraussi ht geht
der Congreß einem nahen, glücklichen Abschlusse entgegen.“
Berlin, 4. Juli. Bulleti'n. Bei St. Maj. des
Kaisers und Königs siad nunmehr fämmiliche Wunden geheiil. In
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Der „seichsanzeiger“ publizirt den an 1. Juni in Paris
interzeichnete Weltpostvertrag nebst einer erläͤuternden
Denkschrift. Der Verirag ist geschlossen zwischen Deutschland, der
Urgentinischen Republik, Oesterreich -Ungarn, Belzien, Brasilien,
Dänemart, Aegypten, Spanien, den Vereinigten Staaten von
Rordamerika, Frankreich, Großbritannien mit Britisch-Indien und
Sanada, Gricchenland, Ital en, Japan, Luxemburg, Mexiko, Mon⸗
enegro, Norwegen, Ninderland, Peru, Persien, Porlugal, Rumänien,
Rußland, Serbien, San Salvador, Schweden, der Schweiz und
der Türkei. — Det „Reichsanzeiger“ publijirt ferner eine Betannt.
machung, bete. Normen für die Konsiruktion und Ausrüstung der
Tisenbahnen des deutichen Reiches.
Der Voistand des Deutschen Kriegerbundes in
Berlin erläßt einen Aufruf an alle Kameraden in Deulsch⸗
and, in welchem es heißt: „Der Feind im Jnnern hat sein Zer⸗
idrungswerk in einer Weise begonnen, die jedem ehrlich denkenden
Menschen auf dem ganzen Erdball das Blut in die Wangen treibt.
Picht unsere tapfere Armee kann diesen Feind so erfolgreich be⸗
ämpfen, wie er aus dem Volk heraus bekämpft und besiegt werden
ann; und hier ist der Platz für Deulschlands ehemalige Krieger,
an der äußersten Sp zze. Uasere gemeinsame Arbeit sei der Kampf
zegen die Vaterlandsseinde ohne Unterschied, und das erste Zeichen,
zaß wir diesen Kanpf aufgenommen haben, mözen die bevorstehenden
Wahlen sein. Kaneraden, hier ireiben wir keint Politik, hier
ꝛxfüllen wir nur unfere Pflicht, indem wir uns das Heiligste zu
erhalten suchen, was uns von ihnen entrissen werden soll. Seien
wir deßhalb alle Mann — nicht Einer fehle — am Wahltaze
aut auf unserem Platze! Eure Sorge, Eure Pflicht ist es, Kame-
raden, die Ihr mit dem Vorsitze betraut seid, an der Wahlurne
mit allen Euren braven Mitgliedern zu erschenen. Unsere Loosung
aber fei an diesen Tage: Kein Vateriandsfeind darj
gewählt werden! Unsere Stimme erhält nur ein Mann,
dessen Liebe zu Thron und Vaterland unzweifelhaft feststeht!“
Ausland.
Wien, 4. Juli. Meldung der „Politischen Corresp.“ aus
Tonstantinopel, 2. d.: Die Pforte soll ihre Congreßdelegirten an—
gewiesen haben, der Otkupation Bosniens bedingungsweise zuzu⸗
timmen; da die Pforte Dauer, Truppenzahl und Gebiet der
Olkupation vertragsmäßig abgegrenzt wuͤnscht, dürften ihre Be—
dinqungen schwerlich berücksichügt werden.