Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzeiger. 
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der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlichj mit dem Haupiblatte verbundene Unterhaltungsblatt, Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
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M 12. Zonntag, den 20. Januar 1878. 
Deutsches Reich. 
München, 17. Jan. Der Bericht des Finanzausschusses 
der Kammer der Abgeordneten über den Etat der Einnahmen und 
usgaben von Eisenbahngefällen pro 1878 und 1879 wurde heute 
aultographirt 145 Seiten stark — ausgegeben. Nach den Be 
chlüssen des Ausschusses ergibt sich für diesen Etat folgender Ab⸗ 
schiuß: Bruttoeinnahmen: M. 85 553,304, Verwaltungs⸗ und 
Geirlebtausgaben: M. 53,210,4075 daher reine Einnahme: M. 
32,342,897, gegen den Vorhnschlag der igl. Staatsregierung mit 
M. 30,3527,354, ein Mehr von 1.815,643. In der Einleitung 
des Berichts wird bemerlt, daß im Jahre 1876 die Brutto Ein⸗ 
nahme der Staats-Eisenbahnen um mehr als 7 Millionen Mark, 
die Ausgaben um 6 Millionen hinter dem Budgetansatz zurücd⸗ 
zeblieben, obwohl der Landtag beide schon um je ĩ Million nied⸗ 
riger, als die Regierung, angesetzt hatte, woraus der Verichterstatter 
abg. v. Schlör den Schluß zieht, daß man beider Ausstellung 
der Eisenbahnbudgeis mit großer Vorsicht zu Werke gehen müsse. 
Aussand. 
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London, 17. Jan. Tas Parlament wurde heute ersffnet. 
Die Thronrede weist zunächst darauf hin, daß die frühe Einbe⸗ 
cusung des Parlamenis den Zweck hobe, Mittheilung von den Be—⸗ 
nühungen um Beendigung des Krieges zu machen und den Rath 
und die Miwirkung des Parlamenis zu gebrauchen. Sodann 
vird auf die Schrinne der Pforte und Englands gegenüber Ruß⸗ 
land aufme:?ksam gemacht, von denen ernstlich zu — — sei, daß 
A bestens 
unterstützen werde. Bisher habe keiner der Kriegführenden die 
Bedingumen der brinschen Neutralität verletzt. Die Regierung 
glaube, daß die beiden kriegführenden Mächte bereit seien, so weit 
wie möglich diese Bedingungen zu respeltiren. So lange dieselben 
nicht verletzt seien, werde Englands Haltung dieselbe bleiben. 
cs lönne jedoch nicht verlannt werden, daß im Folle der Verlänge⸗ 
rung der Feindjeligkeilen ein unerwartetes Ereigniß Vorsichtsmaß⸗ 
cegein noihwendig miachen dürfte. Dies werde ohne Vorbereitung 
nicht möglich seig. Die Regierung vertraue, daß das Parlament 
in seiner Fleigebigkeit Mittel zu diesein Zwecke bewilligen werde. 
Bezügliche Schrifistücke wünden dem Parlament jsofott zugehen. 
Die Beziehungen zu allen fremden Mächten seien fortdauernd 
freundschaftlich. 
London, 17. Jan. ‚Times“ meldel aus Athen vom 
16. d.: Das Kabinet beschloß gestern, keine feindlichen Schritte 
vährend der gegenwärtigen Unierhandlungen zu thun, aber im 
Falle dieselben scheiterten, den Krieg zu erklären oder die Türlei 
zu zwingen, unverzüglich den Krieg zu erllären. 
Brüßsel, 17. Jan. Der „Nord“ findet, daß die englische 
Thronrede im Ganzen einen freiedliche Charalter trage; indeß 
vürden die Türken doch in derselben Stoff zu der Hoffnung auf 
englischen Beistand finden lönnen, wenn der Krieg von ihnen fort⸗ 
zesezt werde. Von diesem Gesichtspunkte ans sii die Thronrede 
nichi der Art, daß sie einen raschen und glüdlichen Ausgang der 
Verhandlung begünstige, die eben in Kassanlik eröffnet werden follten. 
Aus Konstantinopel, 14. d. wird der Ausbruch von 
Unordnungen in Burgas (am schwarzen Meer) und Umgebung ge⸗ 
mneldeil. Die Ortschaften Karnabat und Aidos wurden in Brand 
zesteckt, und Burgas selbst ist von dem gleichen Schichsale bedroht. 
Don Konstantinopel ist ein Llohd⸗Dampfer dahin abgegangen, um 
die Flüchtlinge aufzunehmen. 
Konstaniinopel, 16. Jan. Die füürkischen Journale 
aänd angewiesen, bezuͤglich Rußlands eine gemäßigte Sprache zu 
jühren. Das Journal „Wahrheit“ wurde wegen seiner Angriffe 
auf den Kaiser von Rußland unterdrückt. 
Konstantinopel, 16. Jan. Die tuürkischen Bevoll⸗ 
nächtigten zur Unterhandlung über den Waffenstillstand stnd beute 
n Adrianopel eingetroffen, werden von da auf der Bahn nach 
ꝛarabunar fahren und sodann zu Wagen nach Kesanlik weiter⸗ 
reisen, wo sie Samstag oder Sonntag eintreffen dürften. Der 
zritische Botschafter Layard halte mit Server und Namyl Pascha 
dor deren Abreise eine längere Besprechung. 
Petersburg, 17. Jan. Sroßfürst Nikolaus meldet aus 
5hipka vom 14. und 15. d.: Die Avantgarde beletzte Eskifa⸗ 
zhra, welches von den Bewohnern in Brand gestedt worden war. 
Tags vorher nahm Schuwaloff Tatar⸗Bazardschik. In den Gefech⸗ 
en am 9. d. wurden 81 Geschütze erbeutet, näͤmlich 2. von dem 
dorps Mirskis, 25 von dem Korps Skobeleff's und 54 bei Schip⸗ 
a, Bessel Pascha, fielen noch 8 andere Paschas, 280 Oifiziere 
ind 25,000 Mann in unsere Hände. Unser Verlust an Todten 
und Nerwundeten beträgt 5464 Mann. 
Vermischtes. 
FNeustadt, 17. Jan. Die heute im Gmeindehaussaal 
ierselbst abgehaltene Versteigerung des Gasthauses zum Pfälzer 
dof blieb ergebnißlos, da kein ausreichend annehmbares Gebot ge⸗ 
han wurde. (B. 3.) 
fSit. Johann, 18. Jan. Von 1382 Schulkindern der 
ziesigen Stadischuie liegen gegenwärtig krank am Scharlach und 
in der Diphtheritis 179, an anderen nicht ansteckenden Krankheiten 
170; gestorben sind seit 10 Tagen 6 Schullinder. — Am 4. 
Januar d. J. litten an Scharlach und Diphtheritis nur 115, an 
inderen Krankheiten 31, gestorben waren 8 Schulkinder. (S. 3.) 
f München, 18. Jan. Eine eigenthümliche Vergiftungs⸗ 
fffaire macht von sich reden! Vorgestern Abends wurde ein Arzt 
zu einer sin der Jahnstraße wohnhaften Technikersamilie gerufen 
ind fand drei im Alter von 14, 4 und 2 Jahren stehende Kinder, 
owit in geringem Grade auch deren Mutter von Krankheitserschei⸗ 
mungen defallen, welche auf leichte Vergiftung schließen ließen. Als 
Ursache der Erkrankung ergab sich, daß dieselben an und für sich 
zute Butter genossen hatten, welche jedoch ein'ge Tage in bedrucktes 
XX 
o viel in sich aufgenommen hatte, daß hiedurch Erbrechen ⁊c. her⸗ 
vorgerufen werden konnte. Die Mutter hatte zunächst die Kinder 
nit Butter natürlich von deren Oberfläche versorgt und erst dann 
avon gegessen, so daß sie von dem weniger mit der Schwärze 
zurchsättigten Theile genoß, und in Folge dessen auch weniger 
rankhaft ergriffen wurde. Unter geeigneter ärztlicher Behandlung 
erloren sich die Krankheitserscheinungen in Bälde und Tags darauf 
varen saͤmmtliche Erkrarkkte wieder völlig genesen. Der Vorfall 
cheint übrigens wohl geeignet, zu entsprechender Vorsicht zu mahnen. 
— Vor einigen Tagen wurde in der Residenzstraße eine Dame 
urch ein scheu gewordencsa Reitpferd zu Boden gerannt und am 
dopfe, jedoch nicht gefährlich verlegt. 
Metz. In Bezuz auf das zahlreiche Auftreten von 
Wölfen in ElsaßLothringen ist zu bemerken, daß hier nicht etwa 
»as Forsipersonal, sondern örtliche Verhältnisse die Schuld tragen, 
ramentlich große, zum Theil noch wenig durchforschte, fast unzu⸗ 
jängliche Waldungen, sowie der Umstand, daß sich mit dem fran⸗ 
ösijchen Forstpersonal in den Grenzbeirirken keine gemeinschastlichen 
Jagden veranstalten lassen. Es ergist sich dies daraus, daß unter 
der deutschen Verwaltung vom 1. Mai 1871 bis 30. April 1872 
nicht weniger als 43 Wölfe, 38 Wildkaßen und 404 Wildschweine 
exlegt wurden. Im Jahre 1873 wurden 76 Wölfe, 27 Wild⸗ 
latzen und 791 Wildschweine, 1874 45 Wölfe, 25 Witldkatzen und 
285 Wildschweine erlegt. Die beiden letzten Jahre weisen ähnliche 
Ziffern auf. W¶(M. Z3.) 
FKoͤln, 18. Jan. Vor dem hiesigen Friedensgerichte 
Nr. Uspielte ssich letzten Samstag in der Cwilsitzung eine Scene 
ab, die in einer Zeit, wo man über die Uebertretungen, Vergehen 
ind Verbrechen der Menschen so genau öffentliche Statistik führt, 
nuch für weitere Kreise geschildert zu werden verdient. Auf ge⸗ 
chehenen Aufruf traten zwei, augenscheinlich den besseren Ständen 
ingehbrige Herren als streitende Theile vor den Richter. Es han⸗ 
desie sich um eine Jagdangelegenheil. Kläger behauptete, die von