Sl. Ingberler Anzeiger.
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A 119. Dienstag, den 830. Juli. — 1878.
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Deutsches Reich. IJ
Aus dem Wahlkreis Bergzabern-⸗Germersheim,
28. Juli. Die conservative Pattei hat in unserem Wahlkreise
schon vor der Wahl eine ebenso starke als wohlverdiente Schlappe
erlitten. Bekanntlich hat dieselbe für Bergzabern ˖ Germetsheim den
General⸗Feldmarschall Graf Moltke als ihren Candidalen auf⸗
gestellt und zwar ohne verher zu fragen, ob derselde zur Ueber—
nahme einer so äußerst pretären Candidatur geneigt sei. Wie nun
das „T. f. d. S.“ mittelst Extrablattes mitiheilt) hat der große
Stratege, dem es nach einer Niederlage — wahrscheinlich der ersten
seines Lebens — nicht gelüstet, in einem nach Bergzabern gerichteten
Privatbriefe die Uebernahme einer Candidatur beftimmt abgeiehnt.
Die Conservaliven aber, die mit dem großen Nanen Molite auf
den Bauernfang ausgehen wollten, haben sich sonach recht gründlich
blamirt!
Münmchen, 27. Juli. Heute Vormitlag fand unter dem
Borsitze des Ministerpräsidenten d. Pfretzschner (Prinz Luitpold iff
noch unwohl) eine Staatsrathssitzung statt, in welcher die Seitens
des Landtages unlängst erzielten Gesammtbeschlüsse, als: Errichtung
eines Verwaltungsgerichtshofes, Militaretat 17781879, Eisenbahn⸗
erweiterungsbauten, Verwendung der fraerzös. Okkupations-⸗ Ver⸗
pflegungsgelder u. s. w., verlesen und S. M. dem Konige zur
Sanktion empfohlen wurden.
Lechfeldlager, 27. Juli. Der Inspekteur der 2. preu⸗
ßischen Futz⸗ Attillerie-Inspeltion (Mainz), Generallieutenant v. Kameke,
wird am 28. August zur Besichtigung des vom 8. bis 31. Au gust
im hiesigen Lager versammelt'n 1bayerischen FußartillerieRegiments
hiet eintreffen und einige Tage verbleiben.
Augsburg, 273 Juli. Der „Allgem. Zig.“ zufolge er⸗
folgte die Reise Pfretzschnet's nach Kissingen uim Auftrage des
bayerischen Königs, um Bismarck die Gtückwürische des Königs
ju dem großen Erfolge zu überbringen, welchen der Fürst durch das
Gelingen des Kongresses und des Friedenswerkes errungen.
Berltin, 27. Juli. Laut amtlicher Nachweisung nahm
die Reichskasse vom 1. April bis Ende Juni 1878 an Zollen Neito
23, 860,033 M. ein (2,416;808 mehr als in der entsprechenden
Zeit des vorigen Jahres). Die Gesammteinnahme betrug aus
Zöllen und Steuern 79,992. 108 M. (1,051,285. mehr). Daqu
rachten Wechselstempel 1527,828 (184,294 weniger), Post und
Telegraphie 30,150 970 (005, 261. mehr), Reichseisenbahn
3.889,640 M. (6672 weniger).
Ausland.
Helgoland, 28. Juli. Der Präsident Hofmann krifft
Monta,g in Berlin ein und wird sofort daran gehen, die auf die
Bekämpfung der Sozialdemotratie bezüglichen Vorlagen mit den
Motiven im Druck fertig stellen zu lassen und dieselben den Bundes⸗
ralhsmitgliedern trotz der Ferien behufs schleunigster Instruirung
uu übersenden. Der Bundesrath tritt Mitlse August zusammen.
Wien, 27. Juli. Die „Polit. Korr. veröffentlicht die
Proklamat'on, welche bei dem bevorstehenden Einrücken in Bosnsen
und die Herzegowina in den Landessprachen unter der Bevölkerung
derlheilt werden wird und die über viele Absichten der Regierung
hei der Besetzung die besten Aufschlüsse bietet. Die Proklamation
besagt: „Die Truppen des Kaisers von Oesterreich und Königs
von Ungarn, im Begriffe, die Grenzen zu überschreiten, kommen als
Freunde, um den Uebein ein Ende zu machen, welche lange Jahre
nicht nur Bossnien und die Herzegowina, sondern ˖auch die angren⸗
erden Lander Oesterreiche Ungarns beunruhigen.“ Die Proklamation
betont, daß der Kaiser mit Schmerz die Leiden des Landes ver—
nommen, sowie, daß der Kaiser, nachdem die Landesregierung sich
unfähig erwiesen, die Ruhe dauernd herzustellen, nicht länger zusehen
bnnte, wie Gewalt und Uafrieden in der Nähe seiner Provinzen
jerrschten, wie Noth und Elend an die Grenen seiner Staaien
nochten. Der Kaiser lenkte das Auge Europas auf Eure Lage
und im Völkerrathe wurde einstimmig beschlossen, daß Oeslerreich
Ungarn Euch die lange entdehrte Ruͤhe und Wohlfahrt wiedergebe.
der Sullan vertraut Euch dem Schutze seines mächtigen Freundes
zes Kaisers und Königs, an. Die Trupbpen bringen nicht Krieg.
sondern Frieden; sie werden Jeden schützen, Keinen unterdrücken.
Alle Landessöhne genießen auf Befehl des Kaisers das gleiche Recht
nach dem Gesetz und Schutz für Leben, Glauben und Eigenthum,
Die Gesetze, Sitten und Einrichtungen werden geschont, die Ein—
künfte nut füc die Bedürfnisse des Landes verwendet, die rückstän⸗
digen Steuern der. letzten Jahre werden nicht eingehoben. Die
Truppen follen ihre Bedürfnisse bezahlen.“ Die“ Proclamatson
jordert schließlich die Bewohner! auf˖, sich vertrauensvoll unter den
Schutz der glorreichen Fahnen Desterreich- Ungarns zu stellen, die
Sold aten als Freunde zu empfangen, der Obrigkeit zu gehorchen,
ihre gewohnte Beschäftigung aufzunehmen und sie sollen geschützt
sein in den Früchten ihrer Arbeit:
n Pien,, 28. Jali. Dem- hiesigen „Telegr. Korresp.⸗B.*
liegt bis jetzt kein Telegramm über den eiwn erfolgten Einmarsch
der Oesterreicher in Boßnien vor. 777
Wien, 28. Juli. Die „Wiener Zeitung“ vernimmt, daß
der Kaiser die Rauifikallon des Berliner Vertrags⸗Instrumentes
vollzogen habe.
Wien, 28. Juli. Die Sperrung des Slagnokanals und
des Hafens von Kledd, sowie die Aborbnung der Panzerfregatte
⸗Salamander“ nach jener Gegend als Hafenwachtschiff haͤngen mit
dem Einmarsch nach Bosnien zusammen, um den Oktupationstruppen
im Rücken, nach der See hin, nicht gegen die Tütkei, wohl aber
gegen etwaige italienische Ruhestörungsbersuche Dedung zu gewaͤhren.
Man spricht von der im Geheimen betriebenen; Bildung einer ita⸗
lienischen Freiwilligenlegikon, die in Albanien landen möchte. —
Philippovich erließ außer der Prollamation an die Bosnier einen
ühnlichen, nur etwas energischer: gehaltenen Armeebefehl an die
isterreichischen Truppen.
Wien, 29. Juli, Nachm. Die Ueberschreilung der Reichs⸗
grenze durch die österreichischen Truppen fand heute in bester Ordnung
aind ahne Störung stalt. Erzherzoz Johann Salbalot ist an der
Sp tze einer Brigarde in Berbir (gegenüßer van Ali⸗ Sraditta, ein⸗
erückt.
Paris, 28. Juli. Man ninmmt hier an, daß mit den
umlaufenden Gerüchten über eine neue Dreikaiserzusammenkunft in
Teplitz Oesterreich seiner Hoffnung auf das Nichlaushdren des Drei⸗
kaisetbundes Ausdruck gibt.
Der am 10. August in Paris auf Anregung der Vereini zten
Staaten zusammentretenden int ernati onalen Münzkonferenz werden,
wie jetzt feststeht, alle europaischen Staaten, mit Ausnahme Deutsch⸗
lands, beiwohnen. Auch England, das sich hartnäckig sträubte, an
der Konferenz tbeilzunehmen, hat jetzt die Einladung angenommen.
RVermischtes.
St. Ingbert, 30.. Juli. Die Wilbelmsspende
hat in biesiger Stadt bei 1012 Gebern M. 160, 553 Pf., in der
Gemeinde Hassel bei 92 Gebern M. 11, 47 ppf. ertragen.
rDer Schafer zu Hettenhausen besitzt ein Schweinchen,
das von einer Hündin großgezogen wird. Leßtere säugt noch das
kleine Thier. Bewundern muß man die Anhangllchkeit und Sorg⸗
falt der Hüundin, die, ohne zu kaurren den lleinen Pflegling
erquickt. (P. A.).
fVandau, 29. Juli. Am Samstag Nachmittag ereignete
sich hier ein schwerer Unfalß. Die Magd des Herrn Scharff war
mit Kaffeebrennen beschäftigt und goß zur Belebung des Feuers aus
iner Flasche etwas Spitilus hinein. Das Feuer theilte sich dem
Inhalt der Flasche mit, diese explodirte und übergoß die Unglücliche
derart mit der brennenden Flüssigkeit, daß sofort die Kleider der⸗
elben in hellen Flammen standen. Obgleich Hülfe sogleich dei der
Haand war, erlitt die Magd, Wikwe Margaretha Schellang, geborne
Fidenbach, Mutter zweier Kinder, so schwere Verletzungen, daß an
ihrem Aufkommen gezweifelt wird. Die Gewalt der Erplosion war
so groß, daß dadurch ein großer Theil des Kuchengeraͤhes zerstört
wurde. (Eilb.)
tEin Cantinier in Diedenhofen laßt fich aus Metz
ein Fäßchen Häringe schicken; diese werden auf der Bahn gestohlen;
er xellamirt auf Grund der Rechnung auf Schadenersatz und ahan