Sl. Ingberler Anzeiger.
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AM 122. Sonntag, den 4A. August
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Deutsches Zeich.
Mänchen, 1. August. Der General von der Tann, wel⸗
cher heute fsein 50jähriges Dienstjubiläum feierte, wurde vom Deut⸗
chen Kaiser zum Chef des preußischen Infanterie-Regiments Nr. 47
ernannt.
Der zur Zeit in Kissingen weilende päpstliche Nuntius Mon⸗
signore Masella begiebt sich von dort zunächst nach Bamberg zum
Besuche des dortigen Erzbischofs v. Schreiber, der an den ünter—
handlungen zwischen der preußischen Regierung und der Curie her⸗
oorragend Antheil nimmt, und wird wahrscheinlich über Regens⸗
burg erst kommenden Montag wieder hier eintreffen.
Berlin, 31. Juli. Wenn, wie es wahrscheinlich ist, der
Abg. Hänel auch in Holstein gewählt wird, hätie Berlin außer
einer Stichwahl noch zwei Nachwahlen vorzunehmen. JZunächst
verden die äußersten Anstrengungen gemacht werden, um im vier⸗
en Wahlbezirke dem liberelen Stadtsyndicus Zelle gegen den So⸗
ialdemokraten Fritzsche zum Siege zu verhelfen, obwohl man mit
iemlicher Sicherheit doch nur auf die Stimmen für Falk, 2993
mm Zahl, zu Gunsten des liberalen Candidaten rechnen kann. Die
293 Stimmen der Ulttamontanen und die 317 der Christlch⸗
Sozialen sind für Zelle wohl verloren. Die letzteren wollen zu⸗
neist für den verwandten Sozialdemokraten stimmen. Herr Zelle
st eine sehr tüchtige Arbeit⸗kraft und ein lohaler und gemäßigter
Mann; sollte er unterliegen, so will man ihn im zweiten Waͤhl—
ireise aufstellen, wo ihm die Herren von Treischke und Genossen
nichts schaden können und alle fuͤr Klotz abgegebenen Stimmen ihm
ufallen. Die Stichwahlen finden am 17. August statt.
Berlin, 31. Juti. Die Tabaksenquôte-Commission be⸗
chloß, daß behufs Aus führung der örtlichen Erhebungen 24 Be⸗
irlscommissionen gebildet werden, bestehend aus einem Landesbe⸗
amten und drei Sachverständigen. Die Landesregierungen werden
ꝛxrfucht, wegen Bildung dieser Commissionen, nach Anhörung der
andwirthichaftlichen und commerciellen Verbände, Vorschläge zu
nachen.
Aus Berlin, J. August, meldet man dem „Fr. J.“;
Die Eröffnung des Reichstags findet am 9. September staut. —
Der Bericht des Staatsministeriums üder Oödel's Urtheil ist erst
eßzt nach Homburg abgegangen. Die neuliche Mittheilung der
„M. D. R.“, daß der Kronprinz das Todesuttheil schon bestätigt
jabe, war also falsch.
Berlin, J. August. Der „Reichsanzeiger“ meldet die Ab⸗
erufung des bisherigen deuischen Gesandten in Madrid, Grafen
hatzfeld, von seinem disherigen Posten zu anderwe!tiger dienstlicher
Bistimmung.
Zum ersten Mal seit Beendigung des Krieges gegen Frankreich
vird im September eine Anzahl preußischer Officiere, an deren
Siphe der Generalmajor Erhr. v. Les, Kommandeur der 83. Garde—
davallerie-Brigarde, steht, den Manbbern der franzöͤsischen Armee auf
Finladung der französischen Regierung beiwohnen. Anden diesseitigen
Nansvern haben französische Offiziere bekanntlich schon seit einigen
hahren Theil genommen.
Auf der Conferenz deuischer Finanzminister, welche in der
ersten Haͤlfte des August in Heidelberg ftattfinden soll, dürfte es
ich, wie man hört, nicht sowohl um du Frage der Tarakbesteutrung
handeln, als um eine vorläufige Verftändigüng über Erhöhung be—⸗
lehender oder Einführung neuer indirecker Steuern, bezw. Abgaben
yon Bier, Branntwein, Kaffee, Petroleum, da sich mehr und mehr
rausstellt, daß die Einführung des Tabakmonopols, selbst wenn
die Zustimmung des Reichstags zu demselben erz'elt werden loͤnnte,
neiner Reihe von Jahren den Einwohnern des Reiches nur in
ehr geringem Maße zu Gute lommen würde.
Berlin. Htaqh den Angaben der sozialdemokratischen „Ver—
ner Freien Presse⸗ ist die Sozialdemokratie in Berlin, aueweis⸗
ich ihrer Betheiligung bei den Reichs agswahlen, in folgender Weife
sewachsen: 18677 65 Stimmen; 1871: 1961; 1874: 11971,
8777 31,522; 1873: 56,336.
NAussland.
Wien, 1. August. Die „Piesse“ meldet: In Mostar und
Travnik halten die Begs fortwährend Zusammenkünfte, angeblich
um Widerstand gegen die Oesterreicher zu leisten; jedoch dürften
die österreichischen Truppen, welche heute von Dalmatien aus die
Brenze der Herzegowina überschreiten, Mostar erreichen, ehe die
Organisation des Widerstandes begonnen hat.
Wien, 1. August. Der Kaiser empsing heute um 1 Uhr
den neuernannten deusschen Botschafter Prinzen Reuß in Audienz und
nahm dessen Beglaubigungsschreiben entgegen. J
Rom, 3. August. In latholischen Kreisen versichert man,
daß zwischen den Fürsten Bismarck und dem Runtius Masella ein
Cinvernehmen bezüglich eines modus vivenäi zwischen Deutschland
und dem Vatikan erzielt worden sei.
Vermischtes.
. In einem Schweinestall in Pirmasens wurden dieser
Tage sieben junge Steinmarder gefangen: der Alte ist entkommen.
fFKaiserslautern, i. Aug. Eine von Herrn Kunst⸗
jaͤrtner Eichling in dessen Garten gezogene Roggenpflanze erteichte
ine Höhe von 1,90 Meter und lieferte 2450 sehr schöne Körner
nit einem Gewichte von 71 Gramm. Die Aehren hatten eine
Länge von 15 bis 20 Eim. . 3.)
F In Freimergheim weigerte sich der Leichenbeschauer,
den Todesschein für eine 83jährige Frau auszustellen, da er ver⸗
nuthete, daß dieselbe keines nalürlichen Todes gestorben sei. Die
irztliche Untersuchung ergab denn auch so gravirende Momente,
daß der verehelichte Sohn der Verstorbenen wegen des Verdachtes
des Mordes verhaftet wurde.
Wachenheim, 31. Juli. Frau Wittwe Wolf konnle
am vergangenen Sonntag, den 28. Jull, Gästen, die bei ihr auf
Besuch waren, einen Teller voll reifer Trauben vorsetzen! (D. A.)
FLorch, 28. Juli. (Gefährlicher Scherz.) Wie jugend⸗
lichet Uebermuth leicht schlimme Folgen haben kann, beweist folgen⸗
der Fuall, den wir zur Warnung hiet mittheilen: Vorgestern Abend
zjingen einige junge Mädchen hinter ein Gebäude, um dort an
iner alten Mauer Epheu für einen Trauerkranz zu holen. Drei
unge Leute bekamen hiervon Kenntniß und wohßten sich den Spaß
nachen, die Mädchen zu erschrecken. Die Sache hatte aber leider
den traurigen Verlauf, daß das eine dieser Mädchen durch die
— Burschen angelegt halten, so sehr
Winet daß sie in Folge dessen schon am solgenden Tag gestor⸗
en ist.
fFSaarbrücken, 2. Aug. Auch dieses Jahr wieder
vird der für unsere Städie und deren Umgegend so denkwürdige
3. Auzust gefeiert werden. In St. Johann wird der Krieger⸗
)erein die Gedenkfeier am Sonntag Morgen, den 4. d., gemein⸗
chaftlich mit der Feuerwehr und dem Tucnberein begehen, die
driegergräber schmücken und die dort ruhenden tapfern Gefallenen
durch Wort und Lied ehren. Eine sinnige Feier des 6. August
mit Gotteadienst und Gesang findet am Dienstag Abend hier in
der Ludwigskirche statt, bei welcher der evang. Kirchenchvor mit⸗
wirken wird. Der hiesige Kriegerverein wird den Bedenktag —
wie wir hören — am Sonntag, den 11. August, in seinem Ver⸗
inslolal im engeren Kreise mit patriotischen Reden und Gesänçen,
jowie mit Concert begehen. (S. Ztig.)
FKönn, 2. August. Gestern sind hier sechs Personen an
Trichinen erkrankt. Vor dem Genuß von rohem —AR
velcher Form es auch sei, sei gewarnt.
FWahl-Curiosum. Das nennen wir noch eine Wahl⸗
agitation, wie sie in Dresden getrieben worden ist. Da finden
vir auf der „Eselswiese“ des gelesensten Dresdner Blattes nicht
veniger als drei Seiten Wahlannoncen „ unter denen die folgende
vohl die amüsanteste ist: ‚Frauen Dresdens! Warnt FEure Manner,
3. Friesen zu wählen. Er wird unseren Kaffee verheuern und
berschlechtern, — er wird unser Wirthschaftageld vermindern, denn
alle Bedürfnisse zahlen mehr Steuern —Sodviel ist das bunte
Tuch doch nicht werth! Viele sparfame Hausfrauen.“ Unsern
Koffee vertheuern: Ei Herrcheses, Bliemchen⸗Kaffet in der Wabhl.
agitation!