Full text: St. Ingberter Anzeiger

ders schwerwiegenden Einfluß auf die Preise ausgeübt und sodonn 
ist für die Preisnormirung mehr wie je die Qualität maßgebend 
und wir haben die Preisbestimmung durch Herstellung guter Qua 
litäten zum Theil mit in der Hand. 
Was die Getreidepreise anbetrifft, so erinnern wir uns daran 
in den Jahren 1854 und 18685, also lange bevor die ruffischen 
und ametikanischen Zufuhren ihren heutigen Umfang angenommen 
hatten, doch in einer nicht allzuweiten hinter uns liegenden 
Zeit 28 bis 32 Sgr. für Roggen und 42 bis 50 Sgr. für Wei⸗ 
zen erhalten zu haben, während heute gesunder, 125 pfünd. Roggen 
——— 
Die Preise für Rindvieh und Schafe sind gegen damals um 50 
bis 100 pPCi. gestiegen, was gewiß nicht zu viel geiagl ist, wenn 
man im Betracht zieht, daß für durchschnittlich lebend eiwa 80 Pfund 
schwere Weidehammel dieser Tage 20 Mark bezahlt sind. Die 
Preise für Butter sind gegenwärtig etwas heruntergegangen, den⸗ 
noch immer höher als vor 10 Jahren, und gerade bei diesem Ar— 
nͤtei hat der Producent die Preisbestimmung mit in der Hand. da 
für die letztere in erster Linie die Qualität in Betracht tkommt. 
Hariiren doch d'e Preise zu gleicher Zeit zwischen 40 Mark, nie 
driaste Notiz für amerikanische Butter in Hamburg, und zwischen 
157 Mark, höchste Notiz sür süße Sahnebutter in Kopenhagen. 
Wir können hiernach die Lage der Landwirthschaft durchaut 
nicht für eine so traurige halten, wie es vielfach behaupitet wird. 
Wir verkennen es dabei nicht, daß die gegenwärtige Zeit für viele 
Landwirthe eine ernste und schwere ist, jedoch nicht in Folse der 
amerikanischen oder russischen Getreidezufuhren zum Weltmarkte, 
auch nicht in Folge der Aufhebung der Eisenzölle und der bis⸗ 
—XV mittel⸗ 
maßige und schlechte Betreide⸗ und Futterernten gemacht haben, weil uns 
durch den ungefunden Aufschwung der Industrie in der Gruͤnder⸗ 
geit die Arbeiiskräfte entzogen und die Wirthschastskosten vertheuerl 
worden sind, weil die Umwandlung unsecer Wirthschaften vom 
vorhertschenden Getreidebau zur rentablen Viehzucht uns vorüber⸗ 
gehend indirekte Einbußen auferlegt und große Anforderungen an 
die Vermehrung des Betrlebslapitals stellt, welchen wir nur schwer 
gerecht werden lönnen. — Das sind alles Dinge, welche uns un⸗ 
bequem sind, welche wir übel empfinden, die uns jedoch niemals 
bom rechten Wege ablenken dürsen, „Selbst wenn Getreidezölle. 
woran nicht zu denken ist, eingeführt werden sollten, würde durch 
dieselben der Getreidet au auf künstüche Weise begünstigt, der Bezug 
von Futtermitteln dagegen erschwert und die letzteren deßhalb ver⸗ 
theuert werden, also eine empfindliche Stoͤrung in der sich gegen⸗ 
wärtig vollziehenden und anzustrebenden Umwandlung unserer 
Wirthschaftssysteme vom vorherrschenden Getreidebau zur rentablen 
Biehzucht und Viehhaltung eintreten, — und damit eine baldige 
VBeendigung der Krisis, unter welcher wir gegenwärtig zu leiden 
haben, in eine ungewisse Ferne verschoben werden.“ (H. A.) 
Bermischtes. 
Neustadt, 20. Aug. Die heute in Koͤnigsbach abge⸗ 
haltene Wein-Versieigerung der Jos. Motzenbäcker'schen Erben brachte 
jolgende Preise: 1870er 600 M.; 1873er Diedesfelder 360; 
1874er Königsbacher 830; 1878er Königsbacher 400, 460, 540, 
580, 600, 670, 770 und 780; 1876er dio. 860, Riesling 
680, Diedesselder 4200 M. Von den 1877er Weinen sind nur 
3 Nummern zu 325 und 3850 M. zugeschlagen worden, da für die 
Abrigen eine Kauflust nicht mehr vorhanden war. 
FVom Rzein. Das Sedansfest, das von j dem wahren, 
seinem Valerland mit Herz und Hand ergebenen Deutschen unit 
Pietiät und Freude begangen wird, naht wieder heran. Auch 
unsere Jugend wird gewiß schon letzt von reichstreuen Lehrern auf 
diesen wichtigen Tag vorbereitet durch die erneuerte Vorführung der 
glorreichen Thaten unserer Krieger in dem letzten deutsch⸗ franzoͤsischen 
Kriege, durch Einübung patriotischer Lieder!, durch Verabreichung 
von geeigneten Schriften, welche die großen Thaten unserer ruhm 
reichen ürmee in Kürze und mit der nothwendigen Klarheit dar⸗ 
flellen. Ein solches Schriftchen, welches geeignet ist, in den Herzen 
der Jugend Begeisterung und Liebe zum Vaterland zu wecken und 
zu nähren, ist auch das von Lehrer G. —A 
berfaßie Krieger⸗Denlkmal für Alt und Jung.“ Dasselbe enthält 
bei geschmackvoller Ausstattung die Geschichte des letzten Krieges in 
gedraängter Kürze nebst mehreren finnigen, recht anziehenden, Liebe 
Zum Valerland erweckenden Gedichten. Zu lbeziehen ist dasselbe 
don Lehrer Tirols in Rheingoönnheim um den Preis von 20 Pf. 
in Parihien von 80 Exemplaren und darüber zu 15 Pf., das 
Stuck. Der Reinerlds fließt in das pfälz. Lehrerwaisenstift. Das 
Schristchen sei hiermit zu dem bevorslehenden Sedansfest bestens 
empfohlen. 
Saarbrücken. Dem Vernehmen nach ist der Vor⸗ 
tzende der hiesigen königl. Bergwerlsdirektion, Hetr Geh. Bergrath 
chenbach zum Berghauptmann uad Vorsitzenden des Königl. Ober⸗ 
hdergamts zu Clausihal (Prov. Hanover) ernanut worden. 
—Muünchen, 20. Aug. Das Militärbezirlsgericht Munchen 
urtheilte gestern in Sachen des Portepée⸗ Fähnrichs des 1. Pionier⸗ 
Balaillons Prieflinger von Biedersberg bei Bamberg, wegen Wech 
selfalschung. Noch als Kriegsschüler hatte et im Herbst vorigen 
Jahres bei einem hiesigen „Banthause“ 25 M. als Darlehen ent 
nmen, wofür er für i Monat 76 M. () verschreiben uußte. 
Zur Zahluug ader Beibringung eines Bürgen gedrängt, ließ er sich 
derleiten, dea Namen eines Kameraden als Bürgen auf den Wechse 
zu sehen, der nun auf 100 Mälautete, nachdem ein Associe jene 
Banthauses noch 10 M. darauf gegeben hatte. Am Verfalltage 
kam die Zahlungsforderung an den vermeintlichen Bürgen, und 
dieser machte ger chtliche Anzeige. Die Geschworenen sprachen den 
Faharich jrei, jedenfalls dem Gedankengange der Vertheidigung 
jolgend, Prieflinger habe in eine Art von Bewußtlosigkeit gehandelt, 
da man ihm zur Beschaffang des Geldes oder eines Bürgen bloẽ 
eine halbe Stunde Zeit gelassen datte. 
Mancqcheenn, 20. August. Der Generalquartiermeister 
Benerallieulenanm v. Bothmer hat am 12. d. feine 50jahrige Dienst 
seit zutudgelegt. Der anspruchelose, wissenschaftlich gründlich gebildes 
Dffiier ist geboren am 9. Februar 1816 und wurde am 13. Aug. 
1832 im 1. Art.⸗Neg. als Junker angestellt. Unter dem 20. 
Juni 1837 wurde demselben gestattet, die polytechnische Schule zu 
Dünchen für die Dauer eines Lehrkurses zu vesuchen. Am 28. 
Februar 1840 wurde er zum Professor der Mathematil im Kadetten⸗ 
Zorps errnannt, am 81. Oltober 1845 zum Oberlieutenant im 
Art.-Reg. Primz Luitpold defoͤrdert. Mehrere Anerlennungen über 
ausgearbeitete Denkschriften in Bezug auf d'ie k. Gewehrfabril 
Salpeter⸗Raffinerie zc. wurden ihm zu Theil. Am 5. April 1848 
wurde fein Tesuch um Entsendung nach Schleswig-Holstein zur 
kriegsdienstlichen Verwendung bewilligt. Als Oberst wurde er am 
25. Mai 1866 dem Generalstab der mobilen Armee zugetheilt, am 
14. April 1867 zum Generalqnariiermeistet und Generalmajen 
befoͤrdert, am 29. RNovember 1867 zum lebenslänglichen Reichsrath 
rhannt und seit dem 8. Januar 1860 betleidet er die Chargt 
eines Generallieutenants. 
pAus Unterfranken. Auf dem Land wird vielfach 
lber die Schaaren wandernder und fechtender, oft sehr zudring⸗ 
icher Hendwecksburschen gellagt, denen man sich bei der mangel⸗ 
Jaften Polizei taum erwehren kann. Run weiß Jeder, dauß ein 
dandwerksbursche zeitweise außr Arbeit und zuzleich in die Lag: 
ommen kann, die Hilfe seiner Gewerbsgenossfen und auch Anderer 
in Anspruch nehmen zu müssen, und einen zolchen wird gewiß Jeder gerne 
geben. Allein es werd dieser Unstand von Fechtbrüdern ausge— 
denlet, welche jeder Arbeit sorgfam aus dem Wege gehen und sich 
auf diese leichlere Weise durchbringen. Früher konnte man aus 
den Einträgen im Arbeitsbuch ersehen, wer eine Gabe verdient; 
jetzt ist dies weggefallen und es diem sohin die Freiheit auf die— 
sem Gebiete nur den Faulen und schädigt den Braven. — In der 
Republit Nordamerika, welche den Mißbrauch der Freiheit besset zu 
berhüten weiß wie wir, und zwar im Staute Rewhampfhire, wurdt 
am 24. Juli ein Gesetz angenommen, welches eine Strafe von 18 
Monaten bis zu 5 Jahren für das ziellose Umherwandern festsetzt 
auf das erstere Strafmaß kann schon dann erkannt werden, wenn 
nichts ais die einfache Thatsache des zwecklosen Wanderns erwie 
sen ist. 
Schwarzort. Am 12. de., so schreibt man von hien 
der „T.«Ztg.“ machten einige Fischer gicht weit vom Strande einen 
seltenen Fang, der hier wohl noch nicht vorgekommen ist; es wurd⸗ 
nämlich ein großer Schwerifisch, halb leblos, mit Stricken umwunden 
ohne große Schwierigkeit ans. Laad geschasst. Die Schwarzorten 
Badegaͤste hörten bald die Kunde und wanderken nach der Hütt 
des Fischers, der das Thier zur Schau ausgestellt hatte. Dasseld⸗ 
maß in det Länge fast 9 Fuß, das Schwert 83 Fuß, die Auger 
hatien die Groͤße eines Zweithalerstucks, das Gewicht durfte 2 Ctr 
uͤbersteigen. Es wurde an den Vorstand des Zoologischen Museum 
in Konigsberg telegraphirt und angefragt, os der Schwerifisch dot 
Aufnahme finden könne und da bald datauf eine bejahende Antwor 
erfolgte, wurde der Fisch in eine hölzerne aifte geschafft und wohl 
berpalt dem Dampfboot zum Weitertransport übergeben. 
F Essen, 18. Aug. Nach einer Mitiheilung des Rheinisch⸗ 
Westpfalischen⸗Volksfreundes“ ereignete sfich vorgestern Nachmitta 
2 Uhr auf der Grupp'schen Gußsiahlfabdrik ein schreckliches Unglüc 
Neun Mann waren damit beschäftigt, einen großen Schmelztiegel 
in welchem viele tausend Pfuud geschmolzenes Eisen enthalten waren. 
zu heben, als plötzlich an der Hebevorrichtung ein Stüd zerbrad 
nd der Tiegel mit seinem giühenden Inhalt unschlug. 2 
—VVVV ließ sich in Gestalt eir 
furchibaren Feurtregens auf die Arbeiter nieder. Augenblg 
aren die Kleider derfelben von der feuerigen Masse versengie 
jahlreicke Brandwundeu bedechten den entblößten Rdrper ge 
neisten der Verletzten mußten', nachdem sie vorher in mitrden 
räutte Wolle gewickelt waren, zum Krankenhause gebra⸗ 
An dem Auffommen Einzelner wird gezweifelt.