Slt. Ingberler AAnzeiger.
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M 144. — * Donnmnerstag, den 18. September 3* J 1878.
Deutsches Reicßc. 7
München, 9. Sept., Nachm. Wie der „Bayerische Kurier“
uus guter Quelle vernimmt, soll der Vater Ambrosius Käs neuer⸗
dings den König dringend gebeten haben, seine Verzichtleistung auf
den Würzburger Bischofstuhl anzunehmen, worauf der König unter
dem Ausdrucke des Bedauerns den Pater Käs von der Ernenaung
zum Bischof enthob.
Boerlin, 9. Sepi. Der Reichstag ist mit folgender Thron—
rede durch den Grafen Stolberg eröffnet worden:
Geehrte Herren! Im allerhöchsten Auftrage haben Seine
staiserliche und sönigliche Hoheit der Ktrorprinz des deutscheu Reichs
und von Preußen mich zu ermächtigen geruht, im Namen der ver⸗
bündeten Regierungen die Sitzungen des Reichstages zu eröffnen.
Als die letzie Session geschlossen wurde, befand sich das deutsche
Volk noch unter dem Eindrucke der tiefen Erregung, welche ein
gegen die Person Sr. Maj stat des Kaisers gerichteter Mordversuch
dervorgerufen hatte. Schon wenige Tage darauf hatte sich abermals,
und mit unheilvollerem Erfolge, die Hand eines Verbrechers gegen
das Oberhaupt des Reiches erhoben. Gottes Gnade bewahrte zwar
auch diesmal das Leben des Kaisers; aber die erlittenen schweren
Verwundungen haben Se. Majestät genöthigt, bis zur völligen Ge⸗
aesunz sich der Regierungsgeschäfte zu eathalten und die Wahr⸗
aehmung derfelben Sr. kaiserlichen Hoheit dem Kronprinzen zu
aübertragen. Schon nach dem ersten Mordanfall waren die ver⸗
bündeten Reg'erungen überzeugt, daß die Frevelthat unter dem Ein—
lusse der Gesinnungen e⸗tstanden sei, welche durch ene auf Unter⸗
zrabung der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete
Agitation in weiten Kreisen erzeugt und gerährt worden. Sie
haben desbanb dem Reichstage den Entwurf eines Gesehes narg legt.
wvelches diesen gemeingefährlichen Bestrebungen ein Ziel zu setzen
hestimet war. Die Vorlage wurde abgelehnt. Jetzt, wo der
Nat'on ein erneutes Verbrechen die dem Reich und der ganzen
zürgerlichen Gesellschaft doheude Gefahr mehr und mehr zum all⸗
zemeinen Vewußisein gebracht hat, werden Sie, gethrte Herren,
zurch Neuwahlen zur Mitwirkung an der Gesetzzebung berufen, auf's
seue zu p.üfen haben, ob das bestehende Recht genügende Hand⸗
haben zur Unschädlichkeit jener Ve rebungen bietet. Die verbündeten
Kegierungen haben ihte Ueberzeugung nicht geändert. Sie sind
nach wie vor der Ansicht, daß es außerordentlicher Maßregeln be⸗
darf, um der weiteren Ausbreitung des eingerissenen Uebels Einhalt
zu thun und den Boden für eine allmählige Heilunz zu bereiten.
Sie halten ebenso an der Auffassung fest, daß die zu wählenden
Mittel die staatsbürgerliche Freiheit im Allgemeinen zu schonen und
aur dem Mißbrauch entzegenzuwirlen haben, mit dem eine ver⸗
derbliche Agitation die Grundlagen unseres staatligen und Culliur-
ebens bedroht. Ein von diesen Gesichtẽpunkten aus aufgestellter
Besetz ntwurf wird Ihnen unv rzüglich vorgetegt werden. Die ver⸗
bündeten Regierungen hegen die Zuversicht, daß die neugewählten
Bertreter der Nation ihnen die Mettel nicht versagen werden, welche
nothwend'g siad, ym die friedliche Eutwickelung des Reiches gegen
innere Angriffe ebenso sicherzustellen, wie gegen äußere. Sie geben
sich der Hoffnung hin, doß, wenn esst der öffenilichen Ausbreitung
der unheüvollen Bewegung ein Ziel gesetzt ist, die Zurückführung
det Irregeleiteten auf den richtigen Weg gelingen wird. Auf aller⸗
hoͤchsten Befehl erkiäre ich im Nauen der verbündeten Regierungen
den Reichstag für eröffnet.
Die ersie Sitzung des Reich?elsags wurde um 3 Uht durch
den Alterspräsidensen v. Bonin e öffnet; decselbe berief die Abge⸗
axdneten Graf Kleist, Weigel, Eyseldt und v. Soden zu Schrift⸗
ührern, gedachte darauf der Erreitung St. Majestät des Kaisers
aus Mörderhand und brachte ein dreifaches Hoch auf den Kaiser
nus, in welches die Versammlung begeistert einstimmie. Der Na⸗
nensaufruf ergab 271 Anwesende, demnach Beschlußfähigkeit des
Hauses. Der Gesetzentwurf bezüglich der Bestrebungen der Sccial⸗
demokratie ist eingegangen. Mit der Verloosung der Mitglieder in
die Abtheilungen wurde das Bureau beauftragt. — Nächste Sitzung
Mittmoch 12 Uhr. Tagesordnung: Präsidentenwahl.
Berlin, 10. Sept. Alle Fractionen des Reichstages haben
sich mit der Frage“ der Präsidentenwahl beschäftigt. Die National⸗
literalen und Conservat ven stimmten für d. Forckenbick als ersten
Präsidenten. Von den Conservativen sind von Seydewitz als
erster urd Fürst Hohenlohe Langenburg als zweiter Vicepräsident
aufaestellt worden. Die nat'onalliberale Fraction überläßt jedem
einzelnen Mugliede bei der Wahl der V'cepräsidenten Freiheit der
Abstimmung. Tie Fortschrittspartei schtießt sin den National⸗
ibetalen an. Die Polen wollen, wie es deiht, weiße don abgeben.
Das Centrum flimmt in allen Wahlgängen für Freiherrn von
Frant enstiie. J
—Berhlin, 11. Sept. Forckenbeck ist mit 240 Stimmen
sum Prꝛäsidenten des Reichstages gewählt; Frhr. v. Frankenstein
ultram.) echielt 114; Forckenbeck nahm die Wahl an.
Mäühhausen, 10. Sept. Bei der gestrigen Stichwahl
um Reichstag wurden 3531 Sltimmen abgegeben, von denen Graf
Wilhelm Bismarck 35616 und Reuleaur 15 Stimmen erhielt. Die
Liberalen enthielten sich der Abstimmung. Die Wahl Bismarck
st unzweifelhaft.
Aussand.
London, 10. Sept. Nach einem Telegramm der „Times“
aus Konftantinopel vom 9. ds., waren am Abend vorher zahlreiche
VBerhaftungen angeblich in Folge einer neuen Verschwörung der
Unhänger Murads vorgenommen worden. Die Volkestimmung ser
ehr erregt; die Palastwache habe Verstärkung erhalten.
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Vermischtes.
F Von dem Polizeigerichte Kirchheimbolanden wurde
or Kurzem, auf den vom kgl. Polijeianwalt ex officio gestell.en
znafantrag. der Reisende eines Frankfurter Hauses wegen Beleidig⸗
ing des Bahneinnehmers Schwarz, damals in Kirchheim⸗
olanden, jetzt in Kusel, zu drei Tagen Haft verurtheilt, Der
zerk agte legte gegen dieses Urtheil Berufung ein und das Zucht⸗
‚olizeigericht Kaijerslautern erließ in seiner Sitzung ⸗pom 7. Sep⸗
ember ein freisprechendes Erkenntniß, von dem Gesichtspunkte aus—
jehend, daß der Beleidigte nicht aUs Beamter im Senne
rs Gesetzes angesehen werden köane, da er Angestellter
ner Privargesellschaft sei, daß mithin die Klage gegen
den Beleidiger nichts von Amtswegen erhoben werden konnle, viel⸗
nehr dem Bele'd'gten zu überlassen war, sein Recht auf dem Cipil⸗
wege zu suchen M. W.)
Wie der „Pf. Zig.“ geschrieben wird, besteht im Wahlbe⸗
irk Kaiserslautern die Absicht, das erledigte Abgeordneten⸗
nandat für jenen Wahlbezirk dem Frhri. v. Stauffenberg anzu⸗
ragen. Herr v. Stauffenberg hat belanntlich im vorigen Jahre
ein Landiagsmandat für München J aus Gesundheilsrüdsichien
aiedergelegt.
FKaiserslautern, 9. Sept. Bei der gesirigen Ver⸗
teigerung der zur Gantmasse Gebt. Tascher gehörigen Brauerei
purde das Letzigebot von dem Schwager der Falliden, Herrn Bäcker
Bauer, abgegeben. Derselbe ersteigerte die Brauerei nebst Kellern ꝛc.
um den Preis von 80,629 M. 80 pig.
FKaiserslautern, 10. Sept. Gestern wurde die Leiche
des 1. Adjiuncten Phil. Schmidt zur Erde bestattet. Der Trauer⸗
jug war großartig; nicht nut daß der ganze Stadtrath eilnahm,
serner eine Menge Bürger, dann vele hiesige Vereine, auch von
wuswärts waren Freunde und Belanute des Verstorbenen herbeige—
ommen, ihm die letzte Ehre zu erweisen. Die Grabrede hielt
Pfarrter Heß. Abends veranstaliete der Verein „Fröhlich Pfalz',
dessen Vorstand Schmidt gewesen war, noc, eine besondere Feier⸗
ichkeit, einen Fackelzug nach dem Kirchhof, wo ein Vorsiandsmitglied,
Weil jun. dem Dahingeschiedenen einen Nachruf widmele.
fBei Frankenstein ging am 9. Sepitember Nachmit!äz
ein Wolkenbruch nieder, welcher beträchtlichen Schaden amrichtete.
Die Hauptmasse des Wassers floß durch, das Isenachthal ab,
vährend man in Neustadt mit der Angst vor dem Ausltreten Des
Speyerbaches davon kam. In der Nahe von Dürlheim wurde
der Eisenbahndamm durch die tobende Wafserfluch erheblich be—