8* l. Ingberler Anzeiger.
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AM 146. Sonntag, den 7r September 1878.
Deutsches Reich.
Würzburg. Nach dem „Frk. Volksbl.“ soll die Ernennung
des geistlichen Raths Georg Heller, zur Zeit Superior der Töchter
des geistlichen Erlösers in Wien, zum Bischofe von Würzburg un⸗
nittelbar bevorstehen. Heller ist am 13. Nobember 1831 in Neu⸗
jof (Mittelfranken) geboren.
Berlin, 12. Sept. Der Gesammtvorstand des Reicht-
ages ventilirt heute die Frage in Betreff einer Adresse an den
Zaiser zut Beglückwünschung wegen der wieder hergestellten Gesund⸗
heit. Die erste Lesung des Sohialistengesetzes findel wahrscheinlich
Montag statt. Die Regierungskreise rechnen auj die Annahme des
Besetzes in anuehmbarer Form mit einer kleinen Majoritat.
Berlim, 12. Sept. Im Ministerium des Innern findet
gegenwärtig eine Rebision des Entwurfs des Gesetzes über die Ge⸗
neinde⸗Abgaben statt, da dieser Entwurf, wenn auͤch in veränderter
Bestalt, nochmals dem Abgeordnetenhause vorgelegt werden soll.
Die Bezirls-⸗Regierungen sind auch jetzt wieder aufgefordert worden,
aäch zu äußern. In einer Hinsichi wird der neue Entwurf ohne
Zweifel vollständiger sein, als der vorjährige. Er soll nämlich Be⸗
timmungen über solche Gemeindeabgaben enthalten, welche für
jesondere Leistungen der Gemeinde (z. B. Kangalisation, Wasserver⸗
orgung erhoben werden und einen anderen Charakter haben, als
die gewöhrlichen Gemeindesteuern. Ueber die vorhandenen Gemeinde—
ibgaben der bezeichnelen Art wiid jetzt eine eingehende Statiftik
aufgestellt.
Eine Zusammenstellung der Reichstagzmitglieder
nach ihrem Beruf ergibt foigendes Resultat: Dem Heere gehsren
mn: J General⸗-Feldmarschall, 1 General⸗Lieusenant z. D. und 1
Oberst z. D.; der Diplomatie: 1 Botschafter; den höchsten Staats-
tellen: 7 Minister⸗Oberprüsidenten und Regierungs präsidenten finden
ich 11, Regierungsräthe 7 und 21 Richter, sowie 24 Rechtsanwälte
und 5 Staatsanwälte; ferner 3 Landesditekloren „15 Landräthe,
13 Professoren, 8 Bürgermeister, J Gymnosialdirektoren, 5 pratt.
Aerzte und 84 Beamte verschiedener Kategorien; geistliche Herren
ind 24 gewählt und als Renmer 26 bezeichnet; das größte Kon⸗
tingent flellen die Gutsbesitzer, 106 an der Zahl, unter ihnen
zefinden sich viele der neuen Konservat: ben; die Presse ist durch
18 Schrifisteller vertreten; Fabrikbesitzet uad Kaufleute sind 34
»orhanden sowie ein Buchhändler; endlich noch 3 Handwerler,
l Drechsler, 1 Bierbrauer und 1 Photographengehilse (Fritzsche,
velcher als Cigarrenarbeiter unter die letzteten zu rechnen wäͤre,
st in der Lisie als Redakteur aufgeführh. Da Graf Wilhelm
Bismarck als gewählt zu betrachten ist, so bleibt nur ein Mandat
— für Stettin — noch zu vergeben. Unter den Gewählten be⸗
inden sich 1 Herzog, 7 Fürsten, 1 Prinz, 27 Grafen und außer⸗
dem 126 Adoqeordnete vom Adel.
Aussland.
Wien, 10. Sept. Dein „Tageblatt“ wird aus Belgrad
derichtet, es verlautete derläßlich, alle Albanesen von Wranje seien
jach Sienita abmarschitt. Letzterez werde ftärker befestigt. Zwischen
Povibazar und Wischegrad stehen 18.000 Insurgenten. In Cettinje
ist der Wiederausbruch der Feindseligkeiten geniß, da die Plforie
veder die Macht noch den Willen hat, die im Vertrage von Berlin
jugesprochenen Orischaften abzutreten. Am Freitag marschirten
nhßzere Truppenmassen an die Grenze ab; 18 Geschütze sind gegen
Bodgoritza und Sputz dirigitt worden.
Belgrad, 11. Sept. Rußland soll Serbien den Rath
eribeilt haben, seine Armee nicht zu entwaffnen, in welchem Falle
s ihm die festgesetzten Unterstützungsgelder weiter zahlen wolle.
Paris, 12. Sept. Wegen Beleidigung des Präsidenten
der Republik wurde der Herausgeber des bonapartistischen Blattes
Pays“ zu 2000 Fres. Strafe und Rogat, der Redacteur desselben,
u 8 Monate Gefängniß und ebenfalls 2000 Francs verurtheilt.
Madrid, 11. Sept. Das „D ario“ meldet, daß eine
berschworung zu Gunsten einer Föderal⸗Republik in Sebilia ent⸗
vedt worden sei. Es seien Verhaftungen vorgenommen und wich⸗
ige Papiere aufgefunden worden.
Petersburg, 10. Sept. Am Sonnabend während der
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drdnungsfeier in der Isaakkirche fand man plötzlich unter den Füßen
jes Publikums Hunderie von Drusschriflen. Oben war auf den⸗
elben ein schwarzer Todtenkopf, darunter romh gedruckt: „Betet
nicht für das Leben des Tyraunen, denn er ist so gut wie todt:
diesem Schicksale entgeht er nicht, dafür bürgen wir mit Allem,
vas hoch und heilig ist. Das Rebolutions Comné.“ Der Vorfall
rregte gewaltigen Eindruck unter dem Publikum, welches meist aus
Beneralen, Offizieren und Beamten bestand.
Konstantinopel, 12. Sepi. In Folge der Ermordung
Dehemed Aliss soll Osmann oder Derwisch Paschaals Beruhigungs⸗
ommissär nach Albanien entsendet werden und das Commando
zines in Rossowo zu concentrirenden Armeekorps von 832 Batail-
onen übernehmen. In Folge der Metzeleien in Albanien werden
— V nach Jakoba, wo Mehemed Ali ermordel wurde,
entsendet.
Rermischtes.
T. St. Ingbert, 14. Sepi. Heute wurde uns von Berg⸗
nann Roth die Mittheilung gemacht, daß er von einem einzigen
Burkenkern 84 vollständig ausgewachfene Gurlen zog. Gewiß eine
Seltenheit.
FKaiserslautern, 12. Sepi. In der gestrigen
Sitzung des hiesigen Polizeigerichts warden 8 junge Burschen aus
Fischdach, welche kürzlich in einem Eisenbahnwagen groben Unfug
»erübt, indem sie trotz der Abmahnung anderet Fahrgäste in be—
ästigender Weise gebrüllt, getrampelt und geblasen, zu Haftstrafen
von 14, 10 und 8 Tagen verurtheilt. (s. 3.
tEppstein, II. Sept. Heute Nachmittag siel in der
Lähe der Brücke ein 2jähriger Knabe in den bon dem letzten Ge⸗
oitterregen hoch angeschwollenen Ifenachbach, ohne daß Jemand deu
Unfall bemerkte. Glücklicher Weise wurde daß mu vem Wasser
ampfende und untersinkende Kind von dem über die Brüde fahrenden
herrn Dr. K. von Oggersheim wahrgenommen, der schneil ent⸗
chlossen ins Wasser sprang und das geretlete Kind seiner nicht
benig erschrockenen Mutter in Haus brachte.
fLandau, 11. Sept. Vor dem kagl. Polizeigerichte dahier
vurden heute etwa 20 Sonntagseschüler aus Bornheim, meistens
Nädchen, wegen Besuchs der Tanzmusik zu je 2 Tagen Haft verur—
heilt. Möchten doch die Eltern ihre schulpflichtigen Kinder vom
zZesuch der Tanzmusit ernstlich abhalten, damit sie nicht in die
dage kommen, in ihrer zarten Jugend schon mit dem Gefängnisse
Bekanntschaft zu machen.
fNürnberg, 8. Sept. Ueber die soeialdemokratische
Tlique dahier schreibt die „Südd. Arbeiterzeitung“: Die schon sehr
ceichhaltige lolale Galerie socialdemokratischer Ehrenmänner ist wie⸗
)er um ein stattliches Exemplar vermehrt worden. Herr Christian
MNeher, Vorstand von Grillenberger's Gnaden des Mannlichen
S„teinbühler Krankenvereinz“, wolule nach Amerila auswandern,
ergaß aber zuvor ein Deficit von ca. 86,000 M. in de Vereins⸗
asse in Ordnung zu bringen. Schon hatte der Biedere das Schiff
estiegen, das ihn den Klammern europaischer Kapitalsty:annei
atrücken sollte, als ihn die Schergen unserer brutalen Bourgeois⸗
ustiz faßten und ihn nach dem Pegnitz-Strand zurücklieferten. Er
vird nun wohl bald in einem Haufe untergebracht werden, wo die
Arbeit staatlich organisirt, das Ideal Grillenberger's somit durch⸗
jeführt ist. Das Haus steht an der Fuͤrther Landstraße.
fHOof, 10. Sept. Ein ungeheueres Krachen und Drsöh⸗
ien beim Neubau der neuen Baumwollspinnerei verklindele heute
Aa Uhr Morgens, daß ein schweres Unglück sich ereignet habe.
Die ganze Eisencoastruclion im Innern dee Neubaues, soweit sie
nufgestellt war, ist vollständig zusammengestürzt; dabei wurden 2
Mann getödtet, 2 Mann schwer verletzt.
f Mainz, 12. Sept. Ein schrecklicher Unfall trug sich
jestern Nachmittag auf der Biebricher Chausse zu. Ein Treiber
ührte mehrere Ochsen don Bischofssheim nach Wiesbaden. Auf
er Biebricher Chausse wurde derselbe plötzlich von einem der
Ichsen angegriffen, zu Boden geworfen und so mit den Hoͤrnern
gestoßen. daß an ein Aufkommen nicht mehr zu denlen ist. (Maʒ. 3.)