Full text: St. Ingberter Anzeiger

SAl. Ingberier Anzeiger. 
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M 16. Sonntag, den 27. Januar — — 1878. 
Deutsches Reich. 
München, 21. Jan. Die Abgeordneten-Kammer nahm 
zeute den Eisenbahnetat pro 1878,79 ohne Debatte an. Der 
Unirag Landmann, den Materialbedarf auf dem Wege der Sub⸗ 
nission zu vergeben, wurde nach ledhafter Debatte abzelehnt. 
Berlhin, 28. Jan. Wie der Kultusminister Dr. Falk in 
einem jüngst erlassenen Cirkular an sämmiliche Regierungen aus⸗ 
ührt, ist ihm von sehr beachtenswerther Seite als wünschenswerth 
Hezeichnet worden, daß den junzen Aeizten in möglichst ausgedehn⸗ 
em Maße die Gelegenheit geboten werde, nach üderstandener 
Staatsprüfung während eines längeren, etwa haldjährigen Zeit— 
aums in größeren Krankenhäusern als Hülss⸗Aeczte thätig zu fein, 
und auf diese Weise untet der Aufficht und der Leitung der er⸗ 
ahrenen Oberärzte die auf— der Unwersität erworbeagen Keuntnisse 
praͤktisch zu üben, ehbe sie in die felbstständige Peaxis einträten. 
Man glaubt auch, daß, wenn derartige Stellen für freiwilige Hülfs⸗ 
arbeiter eröffnet würden, berets in der Praxis stehende Aerzte 
gern von der dadurch geboteven Gelegenheit Gebrauch machen 
würden, durch zeitweiligen Eintritt in den Hospilaldienst ihre Kennt⸗ 
nisse zu erweitern. Der Minister glaubt dem au ihn herangetre⸗ 
tenen Wunsche“nach Verfolgung diefer Anregung insowelt stattgeben 
zu sollen, daß er die sämmtlichen Regierungen und Landdrostaien 
deranlaäßt,, in ihrem Bezirke auf die Angelegenheit“ Aufmerksam zu 
machen. 
—Nach dem Reichshaushaltsetat für 1878179 sollen, der A. Z. 
zufolge, 33 Millionen für außerordentliche Ausgaben der Marine, 
22 N ll onen füt Darchsührung der Münzcefoem, 9 Millionen für 
außerordentliche Ausgaben decr Poft⸗ und Telegrapheuͤverwaltung 
ind 83 Millionen süt Kasernirung des Reichsheetes durch eine 
neue Anleihe gedeckt werden. 
Ausland. 
London, 25. Jan. Im Unterhause kündigte Minister 
Northcote an, er werde nächsten Montag einen Supplement⸗Kredit 
für iarikime und, militärische Zwece beantragen. 
London, 25. Jan, Die „Times“ eriährt, der beim Par— 
ament beantragle Extrakcedit werde sich auf 5 Millionen belaufen. 
„Daily News“ meiden auf Grund autheutscher Jaformationen: 
Da die Russen auf Gallipoli vorrückten, so wurde der Admiral 
er englischen Mitielmeexflotte, die gegrnwärtig in Saroz weile, 
instruiri, eine Streumacht, bestehend in Marinesoldalen und Mat⸗ 
sosen, in der Nahe von Bulair zur interimistischen Vertheidigung 
Ballipoli's zu landen, zu diesem Zwecke sechs der gertumigsten 
Schiff? bertit zu halten, und das Gros der Garnison von Malta 
aach Gallipoli überzuführer. 
Einem Privatbeief aus Konstantinopel, vom 10. 
Jan., entnehmen wie folgeunde Shuverung: Im Allzemeinen ist 
e Roth' unddas Elend hier sehr großz; nur meckt man in Pera 
zi,ses nicht so, aber ia Stambul hertschen für hterliche Zussande. 
Jeden Tag kommen Züge mit Hunderten von flüchtigen Familien 
nus dem Innern hier an und zwar mit erbärmlichem Aussehen. 
Die Leute besizen gar nidis als einige Fetzen uaf dem Leibe. 
Es sind dies meistens türlische Weiber und Kinder, deren Hab und 
But verbrannt, und deren Manner und Vaäler von den Russen 
entweder gefangen oder geiödtet worden siad. Die Kosaken lagen 
)en Türken einen fücchterlichen Schrecken ein, wie seiner Zeit die 
eutschen Ulanen den Franzosen. Auf allen Seiten werden die 
Türken geschlagen und es fehli an allem Noihigen; sie haben keine 
Aerzte, denn die europäischen wollen bei den Türken nicht meyt 
ienen, nicht genügende Nahrung, und dann sind die asiatischen 
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Richts als Lumpen und Fetzen! Es ist gräßlich, wenn man die 
Verwundeten⸗ und Krankenzüge hier ankommen sieht; de armen 
Menschen sehen zum Ecbarmen aus und viele sterben waͤhrend der 
Fahtt, die Leichname werden dann von den noch Lebenden zum 
Waggonfenster hinausgeworfen. Die Eisenbahninspektoren Meyer 
und Heigel, welche heute bei mir waren, erzählten mir, daß die 
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sämmtlichen Krankenzüge schon lange keine Aerzte mehr haben; 
nicht einmal für Wasser und Brod für die Verwundeten ist gesorgt. 
kin Regiment von der Armee Suleiman Pisha's, welches kurzlich 
nit der Essendahn nach Adrianopel befördert wurde, hatte kein 
stiemenzeug mehr, da schnittea die Soldaten von den Waggon⸗ 
enst ern sämmtliche Zugriemen ab und von den Sitzen in den 
Waggons 2. Klasse zogen sie das Tuch ab, um ihre Füße damit 
u umwickeln, da sie lein Schuhwerk mehe hatten. Da die Türken 
nun endlich ihre Ohnmacht den Russen gegenüber einsehen, so 
chreien fie „Aman“ (Erbarmen), d. h. die Regierung hat seit 
jestern den Entichluß gefaßt, Delegirte zu Waffenstillstandsverhand⸗ 
ungen ins russische Hauptquartier abzusenden. Das kürkische Voll 
ingt jetzt übrigens an, laut Uber seine Regierung und sämmiliche 
Zzascha's zu schimpfen und zu diohen z es sagt: nicht die Russen 
ind unsere Feinde, sondern unsere Paschas uud die Regierung. 
»ätte man früher das Versprehen Europa gegenüber gehalten und 
deformen eingeführt, so hätie uns Europa nicht im Stiche gelassen? 
50 raisonniren die Türken, und sie haben Recht; es ist jetzt aber 
zu spat und sie müssen schwer büßen. æ 
Für Osman Pascha, den Vertheidiger von Plewna, ist 
Tharkow als Julernirungsort bestimmt worden. Die ihm 
Jleich den übrigen Gefangenen angebotene normalmäßige Gebühr 
jat er abgelihnt, indem er erklärte, daß er Geldmittel genug bei 
ich habe und im Bedarfsfalle die erforderlichen Gelder ans Kon⸗ 
tantinobel zu erhalten hofffee. 
Vermischtes. 
Neuhäusel, 217. Jan.“ Bei den beiden letzlen hier 
abgehaltenen Holzversteigerungen ist aus Mangel an Steigliebhabern 
das Holz durchschnittlich 20 pCt. unter der Taxe abgegeben worden. 
F In Lauzkirchen hat am vorigen Samstag Abend ein 
gergmann von da beim Heimgang von der Arbeit, aus Unvorsich⸗ 
igkeit wie es he ßt, einen Kameraden mit einer Pistole in die 
Zeite geschossen. Der Verwundete ist noch“ am Leben. Der 
Thäter ist verhaftet. 
——Homburg. 21. Jan. In Zweibrücken wurde am 21. 
ds. der 71 jährige O⸗lmüller Ludw. Böhmer, welcher 31 Menschen 
aus dem Wasser rett ete, beerdigt. (GBt. V.) 
Wie die „K. Z? mitrtheilt, hat das Eisenwert Qaiser s⸗ 
aut ern bei der auf Veranlassung des preußiichen Handelsmini⸗ 
teriums veranstalteten Aufstellung von Heizungs⸗ und Ventilations⸗ 
Einrichtungen'die goldene Medaille erhalien. 
FHainfeld, 22. Jan. (Pfi. Ztg) Unser Dorf genießt 
eit einigen Jahren die zweiselhafte Ehre, eines der vordersten bei 
ver Weinfabrikation zu sein. Das J. Rentamt Edenkoben zog aber 
»ie Herru zur Gewerbeste uer bei, und in Folge Dessen nahm die 
Schmiererei ab.“' Kaͤrzich hat auch der letzte Wenfabrikant wegen 
)er hohen Steuer sein Gejchäft eingestellt. Diese Weinfabrikation 
var, wenn auch der Fa brikant die Flüfsigkleit als Kunstwein ver⸗ 
aufte, dennoch im höchsten Grade unreell, weil der Trinker das 
kelh ifte Gebräu doch zulezt als Rakturwein bezahlen mußte, denn 
dunstwein will Nemand trinken. Möze man bald mit allen 
Nitteln den Schmierern das Handwerck legene,' damit der ehrliche 
Winzer bald wieder bessere Zeiten siettt. 
FSt. Johann, 25. Jan. Seit 4 Tagen wird die 
11 jährige Tochter einer hiesigen Familie vermißt, und man be—⸗ 
ürchtet, daß dem Mädchen ein Unglück zugestoßen ist. Griund 
u einer freiwilligen Entfernung des Mädchens soll nicht vorgelegen 
ind d'e bekümmerten Eltern bis jehzt Alles aufgebolen haben, den 
Lufenthaltsort ihres Kindes ausfindig zu machen. Nee 
pBerlhin. Die' Aehnlichkeit der Fänfzigrfennig ⸗Stücke 
nit den Nickelstücken zu 10 Pfennig hat belannilich schon so manchen 
Schaden durch die letzte Vrrwechstung gebracht.“ Man glaubte 
neuerdings ein Schußzmirtel agegen dadurch gefunden zu haben, 
venn man bei Kurzsichtigkei? oder mangelhafter Beleuchtung durch 
das Gefühl unkerschied, daß der gerippte Rand des Geldstüds ein 
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