Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler 
7 erler Nnzeige 
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M 160. I 9 Donnerstag, den 10. Oktober igg 
Deutsches Reich. 
Mäünchen, 7. Oltober. Heute Vormittag tagte dahier die 
von etwa 90 Mitgliedern besuchte Centralversammlung des land⸗ 
wirthschaftlichen Vereins in Bayhern, welche um 9 Uhr von dem 
Vorsihenden, Reichsssrath v. Niethammer eröffnet wurde. Erster 
Gegenstand der Tagesorbnung war ein Vortrag des Directors Dr. 
Wentz von Weihenstaphan über Vieh-Versicherung. Redner führte 
aus, daß es sich dei diesen Versicherungen um kolossale Werihe, 
namentlich in Vahern, handele, welches Land nach einer im Jahre 
1873 vorgenommenen Zahlung 3,000,000 Stuck Rindvieh und 
350,000 Pferde besitze; auf jede Quadratmeile treffen in Bayern 
2225 Stück Rinddieh, dagezen im Deuischen Reich durchschnitilich 
nur 1500. Bezüglich der Qualitat des Rindviehrs nimmt Bahern 
in Deutschland weitaus den ersten Platz ein. Der bayer. Rindvieh 
stand repräsentirt ein Capital von 800 bis 1000 Millionen Mark 
Ein Procent hievon verloren, macht schon 10 Mill. Mark. Dr. 
Wentz sprach eingehend über die verschiedenen Arien der Viehver. 
cherung und empfahl die Errichtung von Orts-Viehversicherungs 
Veremen, durqch welche man den kleinen Leuten in die Hand ardeite; 
zugleich seien diese Vereine ein Mittel, um den Socialdemokraten 
entgegen zu arbeiten, bezüglich deren man auf dem Lande auch nicht 
die Hände in den Schooß legen dürfe. Redner beantragt folgende 
Resolution: „Orts Viehversicherungs-Vereine sind möglichsi allgemein 
im Koͤnigreiche Bahern zu verbreiten. Zugleich ist Bereinigung 
derselden in groͤßeren Verbaͤnden, wo moͤglich in einem Landesder⸗ 
bande anzustreben. Vieh Versicherungs Vereine, welche als Geschäits⸗ 
unternehmungen zur Erzielung eigenen Gewinnes arbeiten, erscheinen 
nebenher zulassig unter der Voraussezung guter Statuten, guter 
Verwaltung und namentlich ausreichender Reservefonds. Es ist 
wunschenswerth, daß das Gentralcomite die ihm angemessen erschei⸗ 
nenden Schritte thue zu schnellerer Verbreiiung wohleingerichteter 
Oris Viehversicherungsvereine, sowie zur Errichtung einer diefe er⸗ 
gunzenden Landes-Viehversicherungs ⸗Anstalt, sei es mit, sei es ohne 
Gliederung nach stre sen.“ — Nachdem Dr. May über die Vich—⸗ 
versicherungsgesellschaft in Oberfranlen, Fr. Walz aus Speyer über 
den pfaͤlzischen Verein und N. Kraus über den Verein in Weiden 
gesprochen, wurde die Resolution Wentz einslinmig angenommen. 
Ausland. 
Paris. Der Beneralcommifsar der Weltausstellung, Sena⸗ 
jor Krantz, hat im Einvernehmen mit dem Handelsminister beschlossen, 
zum Besten der Opfer des Gelben Fiebers in Louisiana auf dem 
Tuocadero ein großes Fest zu veranstalten. 
7000 Arbeiter der Webereien von August Florin und Scamps 
n Roubaix haben die Ardeit eingestellt. 
Nach in Newyoik eingegangenen Nahrichten aus St. Croix 
dauert der Aufstand in ungesgwächter Weise fort. Die aufständischen 
Neger fahren fort, die Zuckerplantagen in Brand zu stecken; von 
54 Besitzungen sind 40 dereits verbdrannt. Eine französische Fregate 
soll Truppen auf der Insel gelandet baben. Spateren Nacrichten 
zusfolge soll es gelungen sein des Aufstandes, der in Folge von 
Streitigkeiten zwischen den Negern und Pflanzern wegen der Arbeits⸗ 
contrakte autbrach, Herr zu werden. 
Rermischtes. 
Die pfäzischen Genossenschaften (Volkebanken, 
Consumbereine) haben auf telegraphischem Weg folgende Pelition 
an den deutschen Reichttag gerichtet: „Die unterzeichneien Ge⸗ 
aossenschaften bitten dringend, im Falle der Annahme des Socialisten⸗ 
Gesetzes den 8 1 desselben, bete. genossenschaftliche Kassen, derart 
ju forwmuliren, daß hierdurch niemals die so wohlthätig wirkenden 
vchultze'jchen Genossenschaften betrofsen werden können.“ 
F Beim Oktoberfest in München erhielt für lando'rth⸗ 
schafiliche Leistungen der Gutsbesiger Jalob de Malespine im Kirch⸗ 
heimerhof die kleine silberne Vereinsdenlmünze; die Gemeinde 
Moorlautern ein Ehrendiplom; sodann ehrende Erwähnung Muller 
Keidiger in St. Ingbert, Pfarret G. Walle in Bebelsheim, Güter⸗ 
erwalter A. Lehmann in Zweibrücen, Handelsgärtner Meth und 
Dekonom Betz in Kirchheimbolanden, Müller Andr. Schleppi in 
Altstadt, Lehrer Reiland in Kindsbach, Lehrer K. Rödel in Dier- 
ach, die Gemeinden Neuhofen (Bez.A. Speyer), Ulmet, Offenbach 
Bez.A. Landau) und Herrheim dei Landou. 
f Zweibrücken, 1. Olt. Schwurgericht.) Elijabetha Ech inger, 46 
Jahre alt, Ehefrau des Metzgers Andreas Reich von Kleinniedes heim, angeklagt 
wegen Brandstiftung und Betrugsversuch; Vertheidiger Anwalt Schmidt. 
Die Angebklagte ist beschuldigt, am Vormittag des 27. Maind. J. das 
Wohnhaus des Aderers Joseph Kiefer in Kleinniedesheim, in welchem fie mu 
hrem Ehemann in Miethe wohnte, in Brand gestect und bei Regulirurg 
»es Brandschadens gemeinschafilich mit ihrem Ehemann den Schaden an 
Robilien in betrügerischer Absicht höher angegeben zu haben. Sie halle sogar 
chon seit drei Wochen vor dem Braude einen großen Theil ihres Weißzeuges 
ꝛei ihrer in Großniedesheim wohnenden Mutter in Sicherheit gebracht. Der 
estrige Tag wurde durch die Vernehmung der von der Anklage vorgeführten 
5 Belastungszeugen in Anspruch genommen, während die Debaiten bis heute 
kachmittag nach 4 Uhr andauerten. Die Geschworenen erklärien die Ange⸗ 
lagte, welche waͤhrend der ganzen Verhandlung beharrlich geleugnet hatie, im Sinne 
er Anklage fur schuldig. (Bei Inbrandsetzung eines von Menschen bewohnten 
Bebaudes laßt das Gesetz mildernde Umftande nicht zu.) 
Strafe: 4 Jahre 3 Monate Gesammtzuchthaus. 
Damit gingen die diesmaligen Schwurgerichtsverhandlungen zu Ende. 
Die Schwurgerichtasession des letzten Vierteljahres 1878 
vird am 9. Dezember nächsthin unter dem Vorsitze des Appellations⸗ 
jerichtsrathes Schmidt in Zweibrüden beginnen. 
F Aus dem Westrich, 7. Oct. Gegen die seiner Zeit 
nitgetheilie Verfügung des Bezirktamtes Homburg, wonach die 
Sonntagsschule nur währende der Ernteferien. dem Oster⸗ und 
NJingstsonmage, dem Werhnachts-, Frohnleichnams⸗ und oͤrllichen 
ditchweihfeste ausgesetzt, dagegen an jedem anderen Sonn⸗ und 
Feiertage (auc, während der für die Werktageschule angeordneten 
)erbstferien) pünktlich abgehalten werden soll, wurde von einer 
Irtsschulcommifsion Berusjung an die lal. Regierung ergriffen. 
etztere hat nun unlerm 3. ds. Mis. die Verfügung des kgl. Be— 
irksamtes bestätigt und dahin entschieden', daß jür die Ferien au 
den Sonntagsschulen lediglich Zuff. 5 der Regierungs⸗ Entschließung 
om 21. April 1853 maßgebend ist. (Pf. P.) 
fKaiserslautern, 6. Oct. Vor dem hiefigen Poli⸗ 
eicerichte wurden gestern die drei Beleidigungsklagen, welch⸗ Freihert 
darl v. Giexanth, gewesener Reichstagscandidat der deuisch conser⸗ 
ativen Parsei, gegen 1) Hugo Weise, Redacteur der Kaisersl. 
Zeitung, 2) Geschäftsmann Christian Zinn hier und 3) Dr. David, 
xaktischen Arzt in Ludwigshafen, angestrengt hatte, verhandell. 
Der Hiäger Fihr. v. Gienanth war persönlich erschienen und nicht 
erbeistandet. Durch die Verhandlungen wurde u. A. dargethan, 
daß der vielbesprochene Brief des Frhen. v. Gienanth an Herrn 
bolsen denn doch ein purer Wahiagitionbbrief war, was die 
„Pfalzische Post“ seinerzeit so harinäckig bestrin, indem sie das 
Schreiben als einen ganz harmlosen „vertraulichen Privatbrief“ 
inge sehen wissen wollte. In dieser Beziehung bemerite der lol. 
Polizeianwalt, daß man einem „vertraulichen Privatdrief“ nicht 
Dutzende von eonservaliven Flugblättern beilege. Zu der Verhandlung 
jegen Zinn war nebst anderen Zeugen auch Proffessor Stichter von 
Zweibrüchen geladen, der sich demühte, eine zuireffende Definition 
des Woites „Mucker“ zu geben. Der k. Polszeianwalt beantragte 
in Bezug auf H. Weise und Dr. David auf Grund des von den⸗ 
elben angerufenen Art. 193 des eer (Wahrung be⸗ 
dechtigtet Interessen) Freisprechung und gegen Chr. Zinn Bestrafung 
vegen Beleidigung, jedoch unter Berücssichtigung der durch die 
Wazlbewegung hervorgerufenen Aufregung. die Verlündigung der 
Artheile in den drei Sachen findet am 16. d. M. statt. 
fKaisertlautera, 8. Oltober. Bei der heute voe⸗ 
genommenen Abgeordnetenwahl flelen auf Frhrn. Franz v. Stauffen⸗ 
herg 155, auf Forstmeister Heißg 13 Stimmen. 
fHaardt, 8. Oct. Das Resultat der hier und in der 
Amgegend abgehaltenen Traubenversteigerungen ilk ein über alles 
krwarten günstiges, so daß alle jene Weinbauer, denen überhaupt 
iwas zu lesen geblieben ist, in Wahrheit von einem Glücks herbst 
u sprehen Ursache haber werden. Kein Wunder, daß unsern 
Binzern etwas der Kamm steigt und ste don jezzt zu ethebenden 
Forderungen für ihr Erträgniß sprechen, woran sie noch vor 8 bis