Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Inagberfer Anzeiger. 
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— 167. Dienstag, den 22. Oktober n 1878. 
— 
Deutsches Reich. 
Berlinun, 19. Okt. Der Reichs!ag nahm in seiner heutigßen 
Sitzung das ganze Sozialistengesetz bei namentlicher Absti nmung 
nit 221 gegen 149 Stimmen an. Dafür stimmten geschlossen und 
mnusnamslos die beiden conservativen Fractionen, die Nationalliberalen, 
zie Gruppe Löwe und einige nicht Fractionen angehörige Liberale. 
Fürst Bismard verliest darauf eine Botschaft des Fassers, wo— 
zurch er zum Reichstagsschluß ermächtigt wird. Fürst Bismarck 
xuckte seine Befriedigung über das Zustandekommen des Gesttzes 
uus und erklärte, die Bundebregierungen seien entschlossen, mit den 
»om Gesetz gewährten Miiteln einen aufrichtigen Versuch zu machen, 
)ie herrschende Krankheit zu heilen; schwerlich werde dies in dritt⸗ 
Jalb Jahren gelingen, doch hoffte ˖ die Regierung alsdann auf weiteres 
xẽntgegenko umen des Reichstags. Die Sizung schließr mit einem 
)xeimaligen Hoch auf Se. Majestät den Kaiser. 
Das „Berliner Tazbl.“ bringt die angeblich von vorzüglich 
anterrichteter militärischer Seite hexrührende Mittheilung, daß am 
. Nobembder rund 20,000 Mann mehr in das deutsche Heer ein⸗ 
zestellt werden, als dies sonst der Fall zu sein pflegt. Das genannte 
Zlatt will diese Mitlhellung nicht als eine Kriege in Sicht-Mel⸗ 
ung* aufgefaßt wissen, dennoch erscheint sie ihm angesichts der 
uropdischen Lage von haborragender Bedeutung. Der Artikel 
chließt mit folgenden Bemerkungen: „Noch ehe man öffentlich 
»on der Ernennung des Grafen Beust für Paris schrieb, waren 
obige militaͤrische Maßregeln schon getroffen. Sie bedeuten hoffenl⸗ 
—X 
)xassy sich als Gutsherr nach Terebes zurüdgezogen haben und 
ollie die westmächtliche Koalition: Frankreich-Italien-Oest rreich 
ine Thatjache geworden sein, dann wird auch die öflliche: Rußland⸗ 
Deutschlad in voler Rüstung Lhereit stehen. Seilbstverständiich 
vird daun Graf Schuwaloff an Stelle Gortschaloffs sitzen. Man 
nuag fich drehen und wenden, wie man wil, sehr ruhig siehl's in 
rutopa nicht aus. Darum bräaucht es noch keinen Krieg zu geben. 
Denn das beste Friedens⸗-Rec⸗ptbleibt immer das alte: „Willst 
ODu Frieden — dann rüste Dich!“ Die Verantworlung für die 
Richtgkeit dieser Mittheilug muß dem „Berl. Tabl.“ überlassen 
Neiben. 
Die Wiederaufnahme der Verhandlungen wegen Erneuerung 
»es deutsch⸗osterteichischen Handelsvertrages haben sich, wie man der 
Fitf. Zeitung aus Verlin schreibt, au's Neue Schwierigkeiten in 
»en Weg gistellt. Von Wien aus soll in Verlin das Ersuchen ge⸗ 
tellt worden sein, den Vertrag wiederum provisorisch auf 6 Monate, 
ilso bis zum 80. Jun 1879 zu verlängern. Obgleich diesem 
Zerlangen die Mittheilung beigefügt worden sein soll, daß andern⸗ 
alls am 1. Januar 1879 auch gegen Deuischland der neue allge⸗ 
neine Zolltaref in Kraft treten werde, scheint man doch in Berlin 
)em dsterrechischen Verlangen gegenüber eine sehr grohe Zurückhaltung 
ju beobachten und die endliche Herstellung eines definitiven Zustandes 
u wünschen. Es entspricht Dieß auch den allgemein laut gewordenen 
Dünschen aus unsern industriellen Kreisen, welche durch die Unge⸗ 
vißheit über die künftige Gestaltung unserer Verkehrsberhälmsse mit 
Desterreich schwer geschadigt werden. Man wird von Berlin aus 
vahrscheinlich dem Wiener Kabinet anlworten, daß man jetzt zweimal 
)en Wünschen Oesterreichs wegen einer kurzen Verlängerung des 
estehenden Vertrages mit Rücksicht auf die inneren Verhältnifse 
dflerreichs nachgegeben habe, daß aber jetzt nachdem der Ausgleich 
wischen Oesterreich und Ungarn abgeschlossen, kein Grund für die 
Berzögerung der definitiven Regelung der Verkehrsberhältnisse zwischen 
Deutschland und Oesierreich mehr vorhanden sei. Viell⸗icht wird 
nan auch nicht vergessen, darauf aufmerksam zu machen, daß mit 
dem Ablau'en des Handelsvertrages auch gleichzeitig das Zollkartel 
mßer Kraft tritt und daß Oesterreich daher rechtzeitig an eine 
Lerstärkung seiner Grenzzollbeamten denken möge. 
herein — gefallen, fechten eine Anzahl Häuser ab und fahren dann 
in einem Wirthshause da weiter, wo sie in dem nahen Mimbach 
dehen geblieben waren, nämlich deim Kurzen“, wie man sich hier 
u Lande ausdrückt. Nachdem sie ihre Sauflust befriedigt hatten, 
rachen sie ohne Umstände auf und wollten dem Wirthe für ihre 
Jeche einen dritten Saufbruder, der sich unterdessen eingefunden 
atte, einen Korbmacher aus der Umgegend, als Ersatz zurucklassen. 
Dder Wirth war damit natuͤrlich nicht zufrieden, sondern stellte sich 
yor die Thüre, den Handwerksburschen den Ausgang versperrenö 
ind denselben erklärend: „Das geht nicht! Sie müssen ihre Zeche 
ezahlen!“ Was thun jett die Handwerlsburschen ? Der äliere, 
in Gaäͤrtner, zieht einfach sein Messer und will sich Bahn machen. 
der Wirth, ein starker Mann, läßt es jedoch zum Siechen nicht 
ommen, sondern giebt dem Strolche einen Stoß auf die Brufi, 
aß er zu Boden taumelte. Unterdefsen verfetzte aber der andere 
dandwerksbursche mit seinem Todtschlager dem Wirthe von hinten 
inen solchen Schlat auf den Kopf, daß dieser gleichfalls betäubt 
rie dersiuczte. Nun wollten sich die beiden Strolche über den Wirth 
sermachen, als ein im Dorfe verheiratheter und ganz in der Nahe 
vohnender Sohn desselben, ein Schmied, den gan schnell herbel⸗ 
jerufen, die Thüre dffnete und seinem Vater zu Hülfe eilte. Aber 
mich jetzt quittirten die Strolche das Schlachtfeld noch nicht, ob⸗ 
vohl dieselben bereits zu unterliegen begannen. Erst als ein zwei⸗ 
er Sohn des Wirthes, ein im Dorfe verheitatheier Backer, zur 
dülfe herbeieilte und es jozusagen Prügel auf sie regnete, suchten 
⸗ie verwegenen Burschen, nachdem fie noch einen schweren Stein 
n den Hausgang geschleudert, das Weite. Der eine sprang durch 
ie Blies, wodurch er nach Blieskastel flüchtete. Im vorliegenden 
jalle nahm die Sanhe noch einen verhältnißmäßig günstigen Aus— 
ang. Allein man fragt sich unwillkirclich, was aus dem Wirthe 
eworden ware, wenn ihm nicht zufällig seine Söhne hätten zu 
hilfe eilen tbunen. — Heute höore ich, daß die nämlichen Strolche 
estern in Blieseast ˖l eine Ladenkasse plünderten und jtzt hinter 
Schloß und Riegel sitzen. Wenn dem so ist, dann wird ihnen 
icherlich die hiesige Affaire auch mit eingebrockt werden. 
Kaiserstlauterrn, 19. Oet. In der derflossenen Nacht 
zelang es zwei gefährlichen Verbrechern, dem Ehr. Muͤller (Kride⸗ 
nüller) aus Zweibrücen und Ad. Eitelmann aus Dürkheim, aus 
giesigem Zuch:hause auszubrechen. Dieselben wacen noch nicht 
ange eingebrecht und in zwei benachbarten Zellen verwahrt. Die 
Borbeteitungen zum Ausbruch wurden jedeusalls seit laäängerer Zeit 
zetroffen, da auch nicht das Geringste versäumt war, was zum 
Belingen desselben beitragen konnte. Zuerst brach Müller eine 
Deffnung aus seiner Zelle in d'ie des Nichbarn, wobei eine selbst⸗ 
efertigte Laterne zut Beleuchtung diente. Von der Zelle Eitel— 
nann's aus, in der noch zwei andere Gefangene schliefen, die man 
nit scharfen Schuhmacherkne'pen bedrohdte und einschüchterte (jsie 
rbeiteten im Gesängniß als Schuster), wurde eine weite Ocffnung 
a die Decke gebrochen, durch welche die Flüchtlinge auf den Spei— 
zer gelangten. Hier fertigten sie aus Stangen eine Leiter, die an 
en Enden mit Lumpen umwickelt und von dem Spricher auf das 
Ddach der Zuchthaus Capelle gelegt wurde. Die Flucht ging als⸗ 
ann Über das Tach weg nach dem kleinen Thürnichen. wo sie ein 
anges Seil, daß sorgfältig mit Knoten versehen wurde, an der 
sernen Querstange befestigten, mit dessen Hilfe sie auf die Stroße 
zelangten. Die beiden Schildwachen, links und rechts, hatten von 
»em Vorgange nichts bemerklt. Man hat übrigens noch gegen 4 
Uhr Schritte aus dem Speicher gehört, so daß die Füchtlinge bei 
Tagesanbruch unmözlich schon weit entfernt gewesen sein können. 
Ueber die Richtung, welche dieselben einschlugen, bestehen nur Ver⸗ 
muthungen. (Pf. P.) 
f Wie dem ‚„N. We aus Kaiserblautern mitgetheill 
wird, ist dort das Gerücht verbreitet, daß man daselbst französsiche 
Staatsobligationen in bedeutendem Betrag gesunden habe, die in 
den Jahren 1870,71 einem Franzosen geraubt worden sein follen. 
Ddie Untersuchung soll eingeleitet sein. Ein, Handesmann dvon 
Kaiserslautern soll, wie man vernimmt, flüchtig geworden sein. 
42* fNeustadt, 18. Oct, Vergangene Nacht wurden diem 
Germischtess. 
fe Aus Breitfurth, 17. Och., wird der „Pf. Post“ 
neschrieben: Kommen da am Montaäag Mittag zwei betrunkene 
dondwerksburschen, ein Oesterreichet und ein Preuße, in's Dorf