Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzeiger. 
A —— Bei⸗ 
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Novem ber 1878. 
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Deutsches Reich. 
Mänchen, 9. Nov. Der Gisetzgebungs-Ausschuß der 
dammer der Abgeordneten hat heute mit der Berathung des Ent; 
vurfs eines Gesetzes zur Ausführung der Reichs-Civilprozeßordnung 
und Konkursordnung begonnen. Die Staatsminister der Justiz, 
»es Innern und der Finanzen wohnten mit einigen Regierungs— 
tommissären der Sitzung bei. In derselben gelangten die Art kel 
bis 27 ohne wesentliche Aenderungen zur Annahme. Der vom 
AUbg. Dr. Moyer zu Art. 3 beantragte Zusatz bezüglich der Be— 
mitzung der Archivalien wurde von den Siaatsministern bekämpft 
md dann von dem Antragsteller wieder zurückgezogen. — Da es 
zur Erlangung eines qualitatid und quantitatih entsprechenden Per— 
onals für die Zahlmeisterstellen in der Armee wünschenswerth 
exscheint, auf die möglichst ausgedehnte Heranziehung der Einjährig⸗ 
Freiwilligen zur Zahl neister Cacriöre Bedacht zu nehmen, so sind 
u diesem Behufe vom Kriegsministerium enssprechende neue Anord⸗ 
aungen erlassen worden. 
Die Nordd. Allg. Ztg. stellt gelegentlch der Mitllheilung 
iniger Fälle aus den Reichslauden, wo auf Grund des eode pénal 
nehrere Wuch er et bestrast worden sind, ‚„allgemeine Betrachtungen“ 
uin, denen aber ene ganz spezielle Tendenz innezuwohnen scheint. 
Diese Betrachtungen lauten folgendermaßen: „Es ist eine unleug— 
hare That'ache, daß die Aufhebung der Wucheigesetze seiner Zeit 
on einem großen Theile des Volles nicht ohne Bedenken, vielmehr 
nit aufricht ger Besorgniß für die fittliche und volkswirthschaftliche 
deitsamkeit dieser Moßnahme begleitet wurde. Seitdem aber sind 
ie Stimmen niemals ganz verllungen, welche für die Befeitigung 
xer Wucherfreiheit plaidirten, und wohl als notor sche Thalsache ist 
ukzusehen, daß bie Strömung im Volke in diefer Richtung gerade 
jegenwärtig an Ausdehnung und Nachdrucdk sehr gewachfen ist. 
Solche Erfcheinungen berdienen allewege die Beachtung ebenso der 
gesetzgebenden Fal oren, wie des Publizisten.“ 
—A 
ernste Verhandluagen zwischen der deutschen Regierung und dem 
Vat can im Zuze sind und ein erster Schritt zur Verständigung 
Jereits gethan ist. — Der „Golos“ schreibt: „Rußland hat bei 
Berfolgung seiner Aufgaben auf der Balkanhalbinsel das volle 
Reqht, für die Sicherung des Rückens sener auf dem rechten 
Donau⸗ Ufer stehenden Armee So ge zu tragen. Rußland kann 
nicht umhin, judem es aus diesen Rücksichten den ganzen Unterlauf 
der Donau in seiner Macht behält. gleichzeitiz auch besondere Auf⸗ 
nertsamkeit auf die Sicherung seiner Gränzen nach Oesterteich ˖ Ungarn 
u richten. Dazu ist es nothwendig, in unseren südwestlichen Gou⸗ 
ernements eine vollkommen schlagfertige Urmet von mindestens 
300,000 Mann zu haben.“ — Der N. Fr. Pr.“ wird aus 
Brody, 7. November, telegrophirt: „Wegen neuerlicher bedeutender 
wssischen Truppensendungen nach Rumänien ist det Waarenverkehr 
ruf den südrussischen Linien streclenweis gänzlich eingestellt worden. 
Man klagt in Wien, daß die österreichischen Handelsschiffe auf der 
unteren Donau durch die russische Flagge mehr und mehr verdrängt 
verden, wahrend der Strom gleichzeitig von russischen Kriegsschiffen 
vimmle. 
habe und das U. Semester 1878 mindestens eben so viel nefern 
recht gut thun könnte, ohne daß man unter 7 s0 Dividende kerunter 
zugehen brauche. Aus der Versammlung wurdeé der Wunsch laut, 
man möge um den Reserdefond zu erhöhen, das Eintritisgeld, das 
zis jtzt 7 M. benägt, auf wenigstens 10 M. erhöhen, und soll 
der nächsten Generalversammlung ein diesbezüglichet Autrag zur 
Beschlußfassung unterbreitet werden. 
Bei der Posit on Sparkassen-Conto ist eine Zunahme 
yon nahezu 8000 Mark zu constatiten, was, wenn man es 
zamit vergleicht, daß im gleichen Semester pto 1877 eine Min— 
)erung von 20,000 Mart stattfand, ein erfreuliches Zeichen und 
pie Herr Cassier Beer bemerkie, der beste Gradmesser für unsere 
ziesige Geschäftslage ist, die durchaus nicht so „sch hbecht“ zu 
nennen sei, wie man sie so oft scheldern hört. 
Auf dem Tratten-⸗Conto würde ein viel größerer Umschlag 
dattfinden, wenn wir hier, wie in Kusel, Grünstadt ꝛc., eine Noten⸗ 
»ankstelle hätten. Auf Vorschlag eines Mitgliedes wurde von der 
Versammlung eine Commission, bestehend aus den Herren J. Beer, 
F. Conrad und J. J. Grewenig gewählt, die die nothigen 
SZchrilte zur Erreichung obigen Zieles zu thun haben. 
Der zweite Punkt der Togesordnung: Annahme einer In⸗ 
ttruktion für den Aufsichtsrath, fand dadurch seine Erledizung, daß 
zie von der letzten Generalversammlung zur Ausarbeitung dieser 
Instrutt'on gewählte Commission den Vorschlaz machte, von der 
Aufstellung einer solchen abzusehen, da das in die Instruktion Auf⸗ 
zunehmende schon längst bei hiesigem Vorschuß-Vereine in Praxis sei. 
rF Mit dem 1. Januar 1879 klommt laut Belannimachung 
des Reichskan lers von 30. April ds. Is. ein neues Frachtbrief⸗ 
Formulac auf sämmtlichen Eisenbahnen Deutschlands zur Anwendung. 
Blei hzeitig ist angeordnet, daß von diesemn Termin an das alle 
Formular nicht mehr verwendet werden darf. Die Einführung 
des neuen Formulass ist deßhalb bis dahin hinausgeschoben worden, 
um den Verdrauch der alten Vorräthe zu ermöglichen. 
Der zwischen Frankenthal und Dirmstein fahrende Omnibus 
chlug am Donnerstag Abend um, wodurch zwei Personen schwer 
zerletzt wurden. 
F Saarbrücken, 11. Nov. Gestern wurde hier ein 
Musiker verhaftet, der, früher bei der jetzt aufgelösten Stad kapelle 
ingagirt, später in ein Saarlouis'er Reg'ment eingetreten und von 
yort desertirt war. Der Deserteur wurde dem hiesigen Regiments- 
ommando übergeben, welches heute Vormittag seinen Rüdtransport 
nach Saarlouis veranlaßte. (Sbr. Zig.) 
F Essen. Zur Herbeiführung einer Einigung zwischen den 
durch den Bergbau an ihren Häufern geschädigten Eigenthümern und 
den Vertretern der Bergwerke ist vor einiger Zeit eine sogenannte 
Ktegulirungs Kommission eingesetzt worden, die über die Entichadigungen 
c. zu befinden hat. Dieselbe hat nun über 191 Häuser sachliche 
Entscheidung getroffen. Bei 110 Hänsern wurde der Bergbau als 
alleinige, bei 69 akts mitwirkende Beschädigungsutsache und bei 12 
däusern der ursachliche Zusammenhang zwischen Bergbau und Be⸗ 
chädigung als zweifelhaft erachtet. Aus diesen Zahlen ergiebt sich 
zur Genüge, welche ungeheuren Kolen den Bergwerken aus den 
Bodensenlungen erwachsen; und obendrein wird die Zahl der be⸗ 
chädigten Häuser noch jeden Tag größecr. 
F Wie das Sozialistengesez in Stuftgart gehandhabt 
v'rd. Der Pariser „Rappel“ setzt seinen gesinrungstücht gen 
Lesern folgende hearsr aubende Geschichte vor: „Seit dem Sozia⸗ 
istengesetz ist in Deutschland Alles verdächtig geworden, selbst die 
jarmlosesten Dinge, selbst das Kegelspiel. Zum Beweis diene, 
vas uns ein Freund erzählt, der eben von Stuttgart konmmt. 
kine Gesellschaft vertrieb sich die Zeit mit Kezelschieben in dem 
Harten einer Restauration, da geschah es, daß einer der Pattner 
indem er seine Kugel schwenlte, lebhait ausrief: „Was gili's, ich 
verfe den König um ?“ Am anderen Tag wird dieser unvorsichtige 
degler, ein bekannter sehr geachteter Kaufmann, verhastet und 
vegen hochverrätherischen Anschlags vor Gericht gestellt. Vergebens 
erief sich der Angellagte auf die herlömmllche Ausdrucsweise beim 
Spiel, vergebens bezeugten zahlreiche Zeugen seine Ehrephaftigkeit 
Vermisttes. 
s St. Ingberi, 11. Nov. (unlieb verspätel.) Ver⸗ 
lossenen Donnerstag Abend, 7. Nov. fand in der Bierbrauerei 
deufser die Generalversammlung des hiesigen Vorschußvereines statt. 
belder war dieselbe sehr schwach besucht, indem von den 351 Mit⸗ 
Jliedern drs Vereins nur 28 erschienen waren. Herr Cassier Beer 
erstattele den Geschaftsbericht pro J. Semester 1878 und veislocht 
dam't den Bericht über den pfälz. Genossenschaststag zu Kirchheim⸗ 
olanden. Aut dem erstatteten Geschäftsbericht werden folgende 
Bunkte hervorgehoben: 
Der Reservefond, der jetzt nahezu 12000 M. hat, sei staluken⸗ 
gemäß noch zu klein und nüdte im Verhältniß zu den eingezahlten 
Stammantheilen auf 24000 M. gebracht werden. Es müßte in 
Zukunft dieses Conto besser bedacht werden, was man auch, da das 
Waelaufene Semester einen Reinerlrag von 6674 M. abgeworfen