Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slt. Ingberler Anzeiger. 
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M 180. Donnerstag, den 14. November 
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Deutsches Reich. 
Berttiin, 11. Nos. Ddas Gesehß gegen Verfälschung de 
Lehenzmittel, welches dem vorigen Reichstage bexeits zugegangen, 
aber wegen des Sessionsschlusses unerledigt geblieben war, wird 
sicherem Vernehmen nach in der nächsten Reichs agssession wieder 
eingebracht werden. Es soll eine Umarbeitung des früheren Ent— 
vutfes vorgenommen und dabei auf die Kommifsionsbeschlüsse Rüch 
sicht genommen werden. 
Berlin, 12. Nvo. Die Frage der Resrganisation det 
dehrunterrichts duf den höhern Unserrichtsanstalten steht belanntlich 
seii banger Zeit auf der Tagesordnung. Jetzt verlautet, dasb die 
Unterrichtsverwaltung folgende Dritttheilung der höheren Auterrichts 
anstalten ins Leben treten lassen will: 1) Humanistische Gymnasien 
Neichgestellt den heutigen Gymnafien, mit etwas gröberer Berück⸗ 
ichtigung der Mathematik und Naturwissenschaften und mit der 
Berechtigung zu jedem Studium auf allen Hochschulen; 2) Real— 
Bymnofien, gleich den jetz'gen Realschulen erster Ordnung mil 
Berftärkung des lateinischen Unterrichts in den oberen Klafsen und 
mit det Berechtigung zum Studium der neueren Sprachen und Zu— 
lassung des Studiums in allen technischen und landwirthschaftlichen 
hochschulen; 8) Hdhere Gewerdeschulen oder Realschulen erster 
Hednung ohne laleinischen Unterricht, mit der Studienberechtigung 
der Realschulen, ausgenommen das Studium neuerer Sprachen. 
Berlhin, 12. Nov. Gestern ist der neue Telegraphen 
dertragmitEngland unterzeichnet worden, der am 1. Jan 
nächsten Jahres in Kraft treten soll. Derselbe normirt, wie wi 
der „Köln. Zig.“ entnehmen, den Tarif pro Wort auf 80 Ppf. 
und zwar ohne Berechnung einer Grundtare, wie der deutsche Tarif 
sie angenommen, und ohne Auterschied des Abgangs- und Bestim⸗ 
mungsortes, sowie ohne Rücksicht auf den Besö derungsweg. 
Mehrere Handelskammern haben Anträge zur Tarifresorm 
formulirt und der ständigen Tariskommision der dentschen Eisen⸗ 
bahnen unterbreitet, welche sich in ihrer Sitzung am 13. d. Mis. 
darüber schlüssig machen wird. Es handelt sich vornehnilich um die 
pielsenig in Anregnng gebrachle Einführung einer zweiten ermäßigten 
Stückguttlasse, die von Eisengießereien und Fabrilanten mannigfacher 
kleinen Eisenwraren in Westfalen als durchaus nöhig für die 
Fortentwickelung ihrer Indnstrie bezeichnet wird. Die Annahme 
riner zweiten Stückguiklasse hat indessen die Erwägung jzur noth— 
wendigen Folge, ob die sogenannie allgemeine Wagenladungsklasse 
der wichtigste Bistandtheil des Tarifcesormsystems, aufrecht erhalten 
werden kann. Aus diesem Grunde sind die Verhandlungen der 
Tariftommision diesmal von allgemeiner, größerer Tragweite. 
Zum Tabakakmonopol. Die nmeueste Nummer der 
„Skatistischen Correspondenz“ giebt einen, wenn auch undbedeutenden 
Beitrag zu der auf der Tagesordnung stehenden Frage der Tabaks⸗ 
besteuerung, indem sie üder das Tabaksmonopol in Oesterreich⸗ Ungarn 
tatistische Angaben mittheilt. Das Tabaksmonopol ist gegenwärtig 
in 8 eutöpaischen Staaten (Frankreich, Oesterreich Ungarn, Jialien, 
Spanien, Portugal, Rumänien, Liechtenstein und St. Marino) ein⸗ 
zeführt, welche zusammen 126 331 960 Einwohner (ungefähr 40 
pCt. der Gesammtbevoöllerung Europas) zählen. Unter diesen nimml 
Desterreich Ungarn der Größe der Bevölkerung nach mit 38,904,435 
Eimnwohner die zweite Stelle ein. In den öfterreichischen Erblanden 
ist das Tabaksmonopol sqon seit 1783 eingefühtt, in Ungarn seit 
1850. In Oesierteich existirten 28 Fabrilen, in denen 1874: 
26850 Arbeiter bezw. Arbeiterinnen und Kinder beschäftigt waren 
und in Ungarn 16 Fabriken mit 9104 Arbeitern. Das NAufsichts⸗ 
dersonal und Veamlen belief sich in Oesterreich auf 542, und in 
Ungarn auf 164 Personen. Die Netto Ginnahnen aus dem Tabakt⸗ 
monopol haben fich seit Beginn unseres Jahrhunderte bis 1870 
tnotm gesteigert; denn fie sind von 1801 mit 11945 760 Mark 
bis 1870 mit 76005 840 M. gestiegen. 
Wiesbaden, 12. Nov. Gestern Abend fand zu Ehren 
Sr. Majestät des Kaisers glänzende Illumination des Markplatzes, 
Fackelzug und Serenade sämmtlicher Gesaugvereine statt. 
Stuttgart, 18. Nod. Der König ilt heute früh 6 Uhr 
nah Wieszbaden Zereuft, um den Kaiser daselbft zu desuchen. 
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Aussand. 
Berun, 12. Nov. Die Schweiz hat fuür den 1. Januar 
1879 den lateinischen Münzvertrag gekündigt. 
Paris, 10. Novd. Der große Erfolg der National⸗Lotlerie 
hatte die Mittel bedeutend vermrhrt, mit welchen fsür Pariser und 
auswärtige Arbeiter der Gratisbesnch der Ausstellung destritten wurde. 
Aver mil dem Wachsen dieser Geldmitiel hat auch der Mißbrauch 
damit zugenormen. Das Comite der Lotterie hatie 500,000 En- 
frittekarten (tiekots) den 20 Masrien von Paris zur Verfügung 
gestelrt, um sie an Arbeiter zu vertheilen. Was ist nun geschehen? 
Eine ganze Anzahl von Arbeitern hat sich Tickels erbeten, nicht 
etwa, um die Ausstellung zu besnchen, sondern um sie zu verkaufen. 
In den letzten Tagen konnte man Tickels für Urbeiter in den Za— 
zangen zur Ausstellung füür 50 oder 750 kaufen. Dieser Schleich⸗ 
handel ist aber weniger wichtig, als was in der Provinz geschehen 
ist. Sehr viele Arbeiter haben sich die ihnen zuerkannten Gelder 
für die Reise zur Ausstellung zahten lafsen und sind Morgens nach 
Paris abgefahren, um Abends oder am nächsten Morgen zurückzu⸗ 
lehren. Sie haben auf diese Weise das Geld wieder heimgebracht, 
welches ihnen gewährt worden war zum belehrenden Aufenthalt in 
Paris. Auch ist es vielfach vorgekommen, daß man die für Ar—⸗ 
beiter bestimmten Karten an Personen, deren Eifer für die republi⸗ 
lanische Propaganda man belohnen wollte, vrerabreichte. 
Madrid, 13. Nov. Der Köonigsmörder Moncast wurde 
zum Tode verurtheilt. 
deom, 12. Nov. Bon Seiten der Behörden in Mailand 
sind Maßregeln ergriffen worden, um ju verhindern, daß die aus 
Deutschland auswandernden Mitglieder der Internationalen die 
Stadt zum Contrum ihrer Propaganda machen, wie dies beabsichtigt 
zu sein scheint. Zwei denische, ein franzöfischer und zwei öster⸗ 
reichüche Soz al sten sind ausgewiesen worden. 
Vermischtes. 
Sit. Inabert, 14. Nov. Gestern Morgen reisten von 
hier die Herren Bürgermeister Cußtet, Atjuntt Woll und 
Stadtrathsmitglied Kahen als Deputation nach München ab, 
um hier dahm zu wirken, daß unsere Stadt bei der neuen Gerichts 
tintheilung Sitz eines Gerichtes bleide. In einer auf Saumstag⸗ 
Vormitiag auberaumten Audienz bei St. Criellenz dem Heern 
Justizminister werden sie ihre Wunsche in diefem Betreffe vortragen. 
fFalsche goldene Fünfmarkstücke mit badischem 
Bpräge und mit der Jahreszahl 1878 sind, wie vom Rhein ge⸗ 
neldet wird, neuerdiugs in Umlauf gesezt worden. Die Falfifilate 
sind so weich, daß Nägeleindrücke ganz leicht demerklich erscheinen. 
Bruchmuhlbach. (Pf. K.) Es wurde diises Jahr 
im Frühjahr von Herrn Kraemer in St. Ingbert ein Bock 
zeschossen, der drei Stangen aufhalte. Es ist wohl nicht uninterissant, 
dieser Abnormität ein noch selteneres Gegeuftück zur Seite stellen zu 
dürfen. Es hat nämlich s. J. Herr Forstwart Wilh. Hofmann 
in Herschberg, Revier Thale schweiler, stationirt, einen Sechser-Bock 
erlegt, der vier normalt Stangen aufhatte. Die beiden hinteren 
oder nachstehenden Stangen waren etwas mehr zusammengerüdkt 
und kaum merklich schwächer als die beiden vorstehenden; die vier 
Staugen mit ihren Enden bildeten ein wahres Buschwerk.. 
f In einer am Sonntag in Kaiser ßlautern abge⸗ 
haltenen sehr zahlreich besuchten Versammlung wurde ein Vexrein 
gegründet, der iich die Erbauung einer zweiten katholischen Kirche 
zur Auf, abe gemacht hat. 
7 Alltenkessel, 11. Rov. Ein entsetzliches Unglüd er⸗ 
eignete fsich gestern im hiesigen Schlaihause. Die Familie des 
kürzlich von Dudweiler herher verfetzten Schlafhausme sters M..... 
wurde nach dem Genusse der Mittagssuppe pldtzlich krauk vud alle 
Shzntome eisger Vergistung ließen sih wahrnehmen. Wee sich 
pater herausste Ute, hat die Fran d'e Suppe statt mit Pfaffer mil 
Ratteagift gewützt, welches hoöchst leichsi auiget Weise im Küchen⸗ 
schrant aufdewahtt urde. Trotz aller angewandten Gegenmitiel ist 
herr M....., ein Lrastiger Mann, dem gzenossenen Gefte bdereit—