Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler AAnzeiger. 
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Der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
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M 21. Dienstag, den 8. Februar 1878. 
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Deutsches Reich. 
Aus Ber l'in wird der „Koln. Zig.“ berichtet, daß der 
Bundesrath die Gesetzentwürfe über die Reichsstempelsteuer und über 
die Erhoöhung der Tabalsteuer (preußisches Projecth angenommen 
hat. Baden und Bayern sollen beantragt haben, die Steutr auf 
nländischen Tabak nur mit 18 statt 24 Mart vom Centner zu 
bemessen, drangen aber damit nicht durch, weil dann eine um 2 
Peillibdnen Mark geringere Einnahme für die Reichskasse zu erwarten 
vpäte. Der Rest der französischen Kriegskostenentschädigung mit 10 
DMillionen Mart soll nach einem ferneren Beschlusse zur Vertheidi⸗ 
gung an die norddeutschen Staaten gelangen. 
Das preußische Abgeordnetenhaus hat bei der Berathung des 
Ausführungsgesezes zum Gerichtsverfassungsgesetze beschlossen, daß 
an die Slelle des Tüels „Landgerichtscath' (wie der Regierungs⸗ 
entwurf bestimmte) der Titel „Landrichter“ treten soll. 
Fürst Bismark ist von Herrn v. Diest-⸗Daber wegen 
„verleumderischer Beleidigung“ gerichtlich belangt worden. Wie 
nan hört, ist die Klage vom Stadtgericht angenommen und der 
Termin auf den 23. Februar anberaumt worden. Veranlassang 
zur Klage ist das anonhme Schrifistück, welches von dem Vertreter 
Zes Oberstaatsanwalts bei dem gegen den Herrn v. Diest am 
Zammergericht verhandelten Processe vorgelesen worden war. 
Aachen, 31. Jan. Der Kaiser hat für den Bau des 
Thurmes unserer Müssterkirche ein Geschenk von 90,000 Mart 
xwilligt. 
Der Gouverneur von Straßbutg, General der Infanlerie v. 
Schachtmeyer, ist zum kommandirenden Genecal des würtembergischen 
Armeekorps ernunnt worden. 
Ausland. 
Pesth, 2. Febr. Ungarische Regierungsblätler melden: Ein 
ʒsterreichisches Armeecorps, das in Verschetz Concentrirt ist, wurde 
nobil sirt. 
Paris, 2. Febt. Der „Agence Havas“ wird aus Kon⸗ 
stantinopel vom gestrigen Tage über Kairo gemeldet: Das Pro⸗ 
jokoll über die Friedensbasen und den Waffenstillstand ist in Adri— 
anopel unterzeichnet worden. 
Pari's, 3. Febr. Seit gestern sind sehr zufriedenstellende 
Nachrichten über die Theilnahyme Ruß!ands an der Weltausstellung 
eingelroffen. Man reynete wegen des Krieges höchstens auf 300 
Aussteller, jetzt sidd 700 sicher. Der für Rußland reservirte 
Raum erwies sich als unzureichend. Nach dem „Gaulois“ ist ein 
rufsischet Diplomat in außerordentlicher Sendung hiet angekymmen 
und hatte im Beisein des Fürsten Orloff eine lange Unterredung 
mit dem Minister des Aeußecn, Waddington. Letzterer begab sich 
darauf zum Marschall. — Heute fand zum Beften der russischen 
Berwun'eten eine große drametische Matinee in der italienischen 
Dper statt. — Heute begannen die Vordereitnngen zu dem großen 
Wettrennen in Auteuil. 
Die „Republique francaise“ sagt: Nur eine Frage kann direlt 
zwischen ⸗eer Tückeiund Rußland geregelt werden, das 
ist diejenige der pecuniären Entschäd gung. Alle anderen Fragen 
zehen ganz Europa an. Au eine Conferenz der Vertragsmächte 
don 1856 muß sich Rußland mit der Forderung einer Adänderung 
dieses Vertrages wenden. 
Rom, 3. Febr. Durch kzl. Decret wird eine Erhöhung des 
Tabaltarifs veriügt, was als einleitende Maßregel sür die auf 
Derabfetzung der die ärmeren Classen belastenden Steuern hinzielende 
Steuetreform gilt. 
London, 3. Febr. In hiesigen politischen Kreisen be · 
rrachtet man die Situalion als äußerst demüthigend für England. 
Trotz Derdy's Depesche an Layard weiß das uglische Kabinet doch 
absolut nicht, was zwischen der Türkei und Rußland abgemacht ist. 
Der Observer bielet seinen Lesern das Sensauons-TTelegramm, 
eine tempocäre Besetzung Konstantinopels sei eine militärische Be— 
timmung des Waffenstillstandes, und der Czar wolle abteisen, um 
deim Einmarsche der Russen in Konstantinopel zugegen zu sein. 
Wenn Rußland auf d'esem Punkte bestehe, so würden die Flotten 
iller alliirten Mächte ofort nach Konstantinopel segeln. Rußland 
nacht die größten Anstrengungen um Oesterreich von England zu 
rennen. 
Konstantinopel, 2. Febr. Die telegraphische Antwott 
des Kaisers von Rußland an den Sultan auf dessen Gesuch wegen 
Hewährung des Waffenstillstandes besagt: Der Kaiser wünsche ebenso 
ehr den Frieden, dieser musse aber ein dauerhafter und sohider sein. 
riine Depesche des „Golos“ aus Kars vom 3 Februar meldet: 
Die Türlen in Erzerum sind schrecklichen Leiden unterwotfen; 
)er Typhus allein rafft täglich gegen 200 Opfer hin; weder 
BZrennhotz, noch sonstige Vorräthe sind vorhanden. Ismail Halki 
Zascha liegt im Sterben. Die Türken haben zwar wiederholt die 
lebergabt angeboten, bestehen jedoch darauf, daß die Truppen be⸗ 
daffnet abziehen dürsen. (Das war vor Abschluß des Waffen⸗ 
tillstands.) 
Peiersburg, 3. Febr. Offizielles Telegramm aus Ad⸗ 
ianopel vom 31. Jan., Abends 6 Uhr: Die Friedensbasen sind 
on der Pforie angenommen und soeben von dem Großfürsten Ni⸗ 
olaus und den Bevollmächtigten des Sultans unt erzeichnet worden, 
denso der Waffenstillftand. Der Befehl zur Einstellung der mili— 
irischen Operationen wird sogleich an alle Detachements der bul⸗ 
arischen wie taukasischen Armee entsendet werden. Sämmtliche 
Ddonaufestungen, sowie Etzerum werden von den Türken geräumt. 
Nach vortiegenden Nachrichten bis zum 11. Jaauar betrugen 
zie russsusschen Verlusten auf beiden Kriegstheatern seit Beginn 
des Krieges 88,272 Mann. 
Vermisq;tes. 
Die Kinderkrankheit, Scharlach und Halsbräune, kann jetzt 
n Höheinöd als erloschen betrachtet werden. Reiche Ern'e hat 
iese heimmückische Krankheit unter der zarten Jugend gehalten, denn 
icht weniger als 23 Kinder sind ihr erlegen. Manche Familie 
eweint zwei ihrer Lieben, ja am 28. November wurden die zwei 
inzigen Kinder einer Familie in ein Grab gefenkt. 
FNaturseltenheit. (Dückh. Anz.) Ein Buts- 
esitzer aus Fosrsst kaufte im Jabhr 1872 auf dem Mannheimer 
Maimarkt ein trächtiges Rind und hat dasselbe bis jetzt, also in 
5844 Jahren, 11 Kälber geboten. Erlöst wurden für dieselben 
320 M. 87 Pfg. 
1 Speyer. Wie die „Pf. Z.“ mittheilt, ist von hier aus 
in die Bürgermeisterämter aller Tabak bauenden Gemeinden der 
Pfalz eine Bitischrift gegen die projectirte Erhöhung der Tabalsteuer 
um Unterschreiben versendet worden, die dann durch einen Reichs⸗ 
agsabgeordneten dem Reichstag soll vorgelegt werden. 
fSaarbrücken, 3. Febr. (S. 3.) Die Vorarbeiten 
ur Auszführung der von St. Johann nach St. Ingbert zu dauenden 
Fisenbahn nehmen rüstigen Fortgang. Am 1. ds. Mis. fand in 
Scheidt seitens preußischer und bayerischer Eisenbahnb⸗amten, untet 
Zuziehung der Kreisbehörden und der benachbarten Burgermeister 
uind Gemeindevertreter, eine Ortsbesindtigung betreffs des hei ge⸗ 
ianntem Orte zu errichtenden Bahnhofes statt. Wie wir hören, 
oll nicht nur von technischer und fiuanzieller, sondern auch von 
nilitärischer Seite der Anlage des Bahnhofes bei Scheidt, statt, 
vie früher projectirt, bei Schaafbrücke, der Vorzug gegeben werden. 
ẽs läßt sich somit nicht bezweifein, daß die preußische Regietung 
diesem Projecte, das auqh die hiesige Königl. Eisenbahndirektion 
befürwortet haben soll, ihre Zustimmung geden wird. 
TStraßburg. Eine 21jährige geachtete hiesige Bütgers⸗ 
ochtet hat sich im Rhein ertränkt aus Scham darübet, daß sie die 
Zrüfung als Lehrerin nicht bestanden hat. 
FVom Rhein, 26. Jan. Ein Schiffer von Emmerich 
uht in der Nacht des letzten Donnerstag an der holländischen Küste 
iad warf bei Wilmsdorf Anker. Bald darauf erhod sich ein Sturm, 
er das starl von Eisen gebaute Schiff so rasch umlegle, daß es 
innen wenigen Secunden versank und an Rettung don Menschen