Full text: St. Ingberter Anzeiger

SBl. Ungberler Anzeiger. 
der St. Jugberter Auzeiger und das (Zemal wõ hentlih) mit dem Hauptölatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei— 
lage) erscheint woöͤchentlih viermal: Dieustag, Donnerstan, Sunstag und Sonntaz. Der Abonuementspreis beträgt vierteljährlich 
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M 196. Tonuerstag/ den 12. Dezeue 1878. 
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Deutsches Reich. 
Speyer, 9. Dez. (Landrath der Pfalz.) Or. Buhl brachie 
Jeute einen Antrag ein, beir. 1. das Verbot der Weinfabrikation, 
3. Erhöhung des LSeinzolls und Aufhebung der Zollbefreiung für 
Trauben, 3. ein Gesetz zum Schutz gegen die Ausbreitung der 
Reblauskrankheit. — Für das Jahr 1879 bewilligte der Landrath 
jür Unterhaliung von Diste'ftsstroßen 720,000 M. (wie für 1878) 
und für Straßen-Neubauten 14,000 M. 75 
Berlin. Die Eisen⸗Enquete⸗Kommesqsaom läßt 
zegentocrtig· das Ergebniß ihrer Arbriten in einem Bericht an den 
zundesssralth zusammenfassen; Diese Berichterstattung ist an drei 
Mitglieber der Kommission- bertheilt worden.“ Den einleitenden 
Bericht wird der Geh. Regieruüngsraih' Wedding erstatien; die Zu 
ammeystellung dämmtlichet auf die Selbstkosten?rage bezünlichen Au⸗ 
saben der vernommenen Sachverstäudigen werd auf der nämlichen 
hasis der Geh. Oscer-Bergrath Serlo liefern, während Staatsrath 
d. Schlör ein vollständiges Resumé der vor der Kommission abge⸗ 
gebenen Aussagen dem Berichte beifügen wird. Von einem be⸗ 
ftimmten Resultat der Kommission, in der belanntlich Beschlüsse 
nicht gefaßt worden find, kannm im gegenwärtigen Moment selbst⸗ 
verständlich noch keine Rede s innnn. 
Mannheim.“ Dem' Buchdrucker Frz. Muiterer dahier 
wurde auf Brund des Socialistengesetzes die Befugniß zur öffent⸗ 
lichen Berbreitung von Druchschraften eatzogen. *7 
Dresden, 10. Dez. Das einflaßreichste Organ der So⸗ 
taldemokratie Sachsens, die „Dresdener Volkszertung“, ist von der 
jiesigen Kreishauptmannschaft auf' Grund des Sozialistengesttzes 
oerbofen worden. en ine 
Aus saud 
Paris, 6. Dez. Wie es zu erwarten war, haben nach 
dem Schlusse der Weltausstellung: Handel und Wandel in Paris 
merklich nachgelassen. Die Direktaren der großen Magazine finden, 
daß die Anlaͤuse sür die Wintersaison ihren Heffnungen nicht ent⸗ 
prechen, aber mehr noch ols diefe klagen die kleinen Detailhändler. 
Die bevorstehenden Weihnachts- und Neujahrsfeste werden, ohne 
Zweifel die Lage bessern, aber es zeigt sich doch keine sehr glänzende 
Aussicht dafür. Jede Pariser Haushaltung hat ihr Budget über⸗ 
chritien, sei es, um Freunde oder Verwandte aus der Provinz zu 
ewicthen,, sei es durch die Vertheuerung aller nothwendigen Be— 
dürfnisse während der sechs Monate der Ausstellung. Die Gast⸗ 
jöfe sind gegenwärtig beinahe leer, die großen Restaurants sind 
chwat besucht und die Thealer verzeichnen magerere Einnahmen. 
Fine große Anzahl kleiner Augestellten, die während der Dauer der 
Ausstellung beschäftigt weren, sind jetzt ohne Beschäftigung; dann 
jat auch die Ausstellung eine Menge von Leuten nach Paris ge⸗ 
ogen, welche zum Theil für Rechnunz Fremder Geschäfte trieben 
'der sonstigen Verdienst fanden; das hat denn freilich mit der 
Ausstellung ein Ende gesunden. Auch haben z'emlich viele Leute, 
welche vorübergehend als Diener gemielhet waren, jetzt ihre vorüber⸗ 
jehenden Herren verloren, und so gibt es viele Menschen auf dem 
flaster von Paris, die hiald in's Elend gerathen werden. Der 
Zustand bezeichnet sich schuürfer durch die hänfigen nächtlichen Anfälle, 
die nicht nur in den abgelegenen Straßen, welche nach den äußern 
Boulevards führen vorlommen, sondern auch im Mittelpunkte der 
Stadt beim Schlusse der Theater und Cafehäuser. Die Kühnheit 
der nächtlchen Uebelthäter ist so groß, daß sie sich sogar der Re— 
jolver bedienen, deren Knall doch die Nahbarn und Polizeibeamten 
anziehen könnte. So ist neulich eine Familie in der Rue de 
Queßt angegriffen und der Vater dersfelben durch einen Revolver⸗ 
chuß verwundet worden. Gestern Abend ist ein Mann durch einen 
kevolverschuß getödtet worden. Mordanfälle bei Gelegenheit von 
Diebstählen werden üdechaupt immer häufiger und die Polizei 
vird fortwährend wit Klagen überlaufen. 
Brüfsssel, 10. Dez. Durch Ministerialerlaß wird die 
kin⸗ und Durchfuhr von aus Deutschland kommendem Vieh verboten. 
Neapel Dem Attentäter Passavante ist jetzt, wie die 
Jialie“ meldet, die Anklageschrift“ zugestellt worden. Der Ver⸗ 
„cecher lag auf seinem Bette ausgestreckt. Als ihm der HZuissier 
J 
das Document übergab, richtete er sich auf und nachdem er einen 
zleichgiltigen Blick auf die ersse Seite desselben geworsen, rief er: 
,‚Ich habe verstanden!“ Darauf bog er das Blait zusammen und 
legte es unter sein Kopfpolster, streckte sih wieder der Länge nach 
auf das Belt und gab dem Waͤchter ein Zeichen, ihn allein zu 
lassen. 
inn Bermischtes. 3. 
F Zweibrücdeny-He Oezbr. (Pfälz. Schwurgericht, 4. 
Quarial. 1878.) .(Fall Meder. Schluß.) Bei dem offenen Ge— 
tändniß des Angeklagten- und⸗ der ganz klaren Sachlage konnte sich 
X Vertheidigung nut darauf beschränken, die Geschworenen zu der 
leberzeugung zu bringen, daß in d'esem Falle mildernde Umstände 
nzunehmen seien; sie wies in dieser Hinsicht auf den guten Ruf 
)es Angeklagten, auf dessen schlechte Etzehung, auf die fürchterliche 
lufregung bei der That, auf seine armen Kinder, die durch in— 
renge Verurtheilung ganz vernachlaäßigt? bürden und endlich auf 
ait Verzeihung, welche die Gestorbene auf⸗ dem Todtenbette ihren 
Manne zu Theil hatte werden lassen. Die Geschworenen verneimen 
iber die Frage nach mildernden Umsländen, während sie die Schuld⸗ 
tase bejahten. Urtheilz 6Jahre Zuchthaus und Aberkennung 
der bürgerlichen Ehrenrechte in gleicher Dauer. 
— Zweibrücken, 9. Dez. (Rachmitlagssißung.) Ver— 
handlung gegen die 19 Jahre alte Karoline Rothhaar, Dienstmagd 
auf der Aliwoogsmütle, Gemeinde Vogelbach, ledige Tochter des 
Dienstknechtes Jatob Rothhaar von Bechtofen, wegen Kindsmoeds 
Vertreter der kgl. Staatsbehörde: Staatsanwali Petri; Vertheidiger: 
Rechtskandidat Meyer. 
Seit Johanni vorigen Jahres diente die Angellagte auf der 
Allwoogsmühle bei dem-Müller Christian Wünzinger, mit dem sie 
u urerlaubtem Verkehr gestanden sein soll. Seil Februar dieses 
Fahres war sie in guter Hoffnung und am 21. September abbin 
ühlte sie Geburtsschmerzen und klagte über heftiges Leibweh, Sie 
yfl gte mit der ältesten Tochter ihres Dieustherrn im selben Bette 
u schlafen und begab sich am kritischen Tage früher als 
Jewöhtlich dahin zur Ruhe. Bald ijedoch frand fie auf, 
zing jammernd in dem an das Schlafgemach stoßenden Wohn- 
immer auf und ab und wickte endlich den Knecht, damm 
ieser ihre Mutter von Bechhofen hole. Wahrend der Knecht sich 
ertig machle, gebat sie stehend in der Wohnslube und schickte dann den 
knecht wieder schlafen, da ihre Schmerzen nachgelassen hätten. Den 
rachfolgenden Vorgang bat sie bei ihrem gerichtlichen Verhör ein⸗ 
estanden und ausführlich erzählt: Sie nahm das Kind mit einer 
Ddand am Hälschen und wolite es in die Küche tragen, da kam ihr 
der Gedanle, es zu tödten, was sie auch durch einfaches Drücken 
des Halses ausführte. Draußen in der Ktüche legte fie das Kind 
n dinen Eimer und deckte diesen mit einem Dide! zu. Hier auf 
vusch sie die Blutflecken vom Boden und legte sich wieder zu Bett, 
vo sie ihrer Schlafgenossin auf deren Befragen zugab, geboren zu 
jaben, sie wisse aber nicht ob das Kind lebe. Im Laufe des 
ächsten Vormittazs ließ sie ihre Mutter zufen und diese nahm die 
zeiche mit nach Bechhofen und wollte sie dort begraben lassen. 
Der Todtenbeschauer aber schöpfte Verdacht und machte Anzeige. 
Der Staatzanwalt hielt d'e Anklage in allen Puntten aufrecht 
ind hielt auch mildernde Umstände in diesem Falle nicht für ge⸗ 
jeben. Die Vertheidigung plaidirte in erster Linie ouf Freisprech⸗ 
ung, da das schwache Leben, wenn überhaupt nach dem Sturz des 
Reugeborenen nicht schon geschwunden, jedensolls durch den ersten 
Hriff an den Hals schon vernichtet worden sei, damals ader habe 
die Ungeklazte nicht die Absicht gehadt zu tödten, diese sei ihr erst 
päter gelommen und da sei eben das Kind schon lodt gewesen; 
nildernde Umstände seien aber zweisellos gegehen. Die Geschwo⸗ 
enen nahmen die Schuld unter Annahme mildernder Umslände für 
erwiesen an. Urtheil 3 Jahre Gefangniß. 
fDeidesheim, 10. December. Heute Nacht stard da⸗ 
jier der gl. Nolar J. Baumann. (Brgztg.) 
7. Speyer. Der Ausbruch der Rinderpest in Osslpreußen 
und Oderbruh hat die kgl. Kreisregierung veranlaßt, den Bezirks⸗