Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberter Anzeiger. 
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A 30. Samstag, den as. Februrrree 
1578 
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Deutsches Reich. 
München, 19. Febr. (Pf. K.) Gestern Abend seßie der 
Finanzausschuß der Abgeordnetenkammer die Beraihung des Gesetz— 
entmurfs über die Kosten der Gerichtsorganisation fott; der Jusiiz— 
minister theilte eine Uebersicht des Personalstatus der neuen Land— 
gerichte mit Darauss ergiebt sich, daß von den 402 gegenwärtig 
bei den Bezirksgerichten verwendeten Richter höochstens 382 bei den 
künftigen Landgerichten Verwendung finden, sohm mindestens 48 
Richter zu anderweitigen Verwendung übrig bleiben. Außerdem 
lehen noch Personal-Ersparungen dei den künftigen Oberlandesge⸗ 
richten (dermalige Appellat onsgerichte) in Ausficht. 
In der Sitzung des Finanzausschusses der Abg.Kammer vom 
vom 17. d. gab der Justaminister in Sachen der neuen Gerichts⸗ 
organisation Erklärung⸗mn ab; wir entnehmen denselben Folgendes: 
Oberland eagerichte werden errichtet: in München, Augsburg, Nürn⸗ 
berg. Bamberg und Zweibrücken (Das Appellgericht Passan wird 
aufgehoben.) Landgerichte eihält die Pkalz 4, wie seither, nämlich; 
Frankenthal, Kaiserslautern, Zweibrücken, Landau. Der Minister 
erllärte, es losse sich insbesondere wegen des Grundbuchwesens in 
der Pfalz Nichts ändern. — Der Utinifter des Innern gab auch 
die Organisationen in seinem Ressort lund. Nach diesen Mitthei⸗ 
lungen werden 9 Bezirksämter eingezogen werden. 
Reich stag. Berathung des Antrags auf Ver haftung 
von Frißiche und Hasselmann wegen Verstoßes gegen 8 28 des 
Socialisengesezes und des Antrages von Rickerr auf Versagung 
der Genehmigung der Verhaftung sowie auf authentische Interpre⸗ 
hation des 8 28 des Socialistengesetzes. Die Genehmigung zur 
Verhastung Frißsche's und Hasseimann's wird fast einstimmig ver— 
sagt und der zweite Theil des Antrages Rickert rauf authentische 
Interpretation des 8 28 des Sccialistengesetzes mit großer Mehr⸗ 
heit angenommen; gegen die Interpretation stimmen besde Frac⸗ 
tlionen der Rechten. 
Nach dem dem Reichstag zugegangenen Weltpostverirag, be⸗ 
treffend den Austausch von Briefen mit Werthangabe und don Post⸗ 
anwe sungen, ist in Betreff der Postanweisungen der Meistbetrag 
einer einzelnen Anweisung auf 500 Fres. — 400 Mart festgesetzt 
worden. Hieraus ergibt sich nach der Ansicht des Generalpost⸗ 
meisters füür den Verkehe im Innern Deutlschlands die Folge, den 
Meistbetrag der Postanweisung von 300 ausf 400“ Maurt zu 
erhöhen. 
Berlin, 18. Febr. Die Zolltarif⸗Commission hat der 
„Nat.Zta.“ zufolge einen Eingang 33001h von 10 WM. für den Cir. 
Dopfen beschloss en, dagegen Zollfreiheit für die Einfube von Wolle 
und Baumwolle. 
Berlim, 18. Febt. In Abgeordnetenkreisen ist man der 
bestimmien Ansicht, daß Fuͤrst Bismard den Willen hat, den Reisch e⸗ 
tag aufzulösen. Nur darin gehen die Meinungen augsei⸗ 
nander, ob die Auflösung dor oder nach Feststellung des Budgets 
erfolgen würde. Bie jeht neigt man mehr der ersteren Annahme 
zu. Die Einzellandtage haben ja die Mairikularbeiträge im Vor⸗ 
dinein dewilligt, und die Steuern und Zoölle gehen ruhig weiter ein. 
Berlun, 19. Febr. Furst Hohenlohe⸗VLangenburg, im 
Augenblick nicht hier, lehnte ielegraphisch die Wahl zum Iweiten 
Viceprasidenten des Reichstages ab dem Vernehmen nach ist nun⸗ 
mehr v. Seydewitz (deutschcons.) für dielen Vosien in Aussicht ge⸗ 
nommen. 
Aus Berlin, 19. Februar, wird der „Ftlf. Ziꝰ gemeldet: 
„Die im preußischen Finanzministerium ausgearbeitete —X 
oorlage zerfällt in drei vollständige Gesetze. 1) Ueber Vesteuerung 
des Tabals nach dem Gewicht. Hier ist für importirten Tabat 
und Cigarren die Normaltoxe auf 70 M. pro Centner, für in⸗ 
landischen auf 40 M. fesigeseßt. 2) Nachversteuerungsgesetz und 
3) Licenzsleuergesetz. 
Das „B. Tagebl.“ schreibt: Der Plan der Eisen-Produzenten 
und ihrer Freunde, noch bor Vorlegung des allgemeinen Zolltarifs 
im Reichstage einen Gesetzentwurf wegen Wiedereinführung des 
—AX scheint auf gewichtigen Widerstand ge⸗ 
stoßen ju sein. Die Ubsicht ist votläufig aufgegeben. Um so er⸗ 
freulichere Fortschritte machen die Arbeiten der Tarifkommission 
Die für Kupfer und andere unedlen Metalle beantragten Zollsaͤtze 
Jaaben die Zustimmung der Majorität gefunden. 
Eine Illustration zur Frage der ndirekten Steuern! 
In dem bielerwähnten Schreiben des Reichskanzlers vom 15. Dezem⸗ 
her wird bekanntlich auch behauptet, daß die Verwaltungskosten der 
ndirekten Steuern. insbesondere der Zoͤlle: sich nicht erbeblich er⸗ 
ohen würden, wenn man die Tarifsaͤße erhoͤht. Ein kleines Bei⸗ 
piel wird darthun, welchen Einfluß es auf die zur Abwehr des 
Schmuggels erforderlichen Maßregein hat, ob hohe Zöolle zum 
Schmuggel anlocken oder ob mäßige Zölle den Anreiz zum Sqmuggel 
⸗ermindern. Die Schweiz, deren Zollsätze gering find, hat laͤngs 
der Grenze des Kantons Tessin 52 Zollbeamte, das schuß zöllnerische 
Italien halt längs derselben Grenzt nicht weniger als 1444 MNanw 
Frantfkurt, 18. Febr. Nach einem Wiener Telegramm 
der „Ir. Z.“ stimmten alle Mächte zu, daß der Botschafterkonferenz 
n Konstantinopel die Enischeidung in der Arab⸗Tabiafrage (Conflikt 
wischen Rußland und Rumänien) zufalle. Der Urtheüsspruch in 
unmittelbar bevorstehend. I 
Ausland. 
Paris. 17. Febr. Der Grund, weßhalb der Minister⸗ 
rath den Beschluß des Pariser Gemeinderaihs. I60, 000 Fres. au 
die heimlehren den Communards zu vertheilen, beanstandete, ist, daß 
etzterer gejetzlich nicht aus eigener Mactvolllommenheit eine solche 
Summe zu einem den Gemeindezwecken fern liegenden Zweck ver⸗ 
wen den könne und daß eist Vorsorge getroffen werden müsse, daß 
die Summe von einer öffentlichen Behörde entisprechend vertheill 
werde. — Der Gemeinderath von Paris, in welchein viele Radi— 
zale sigen, hätte nicht übel Lust, so eine Art von Nebenregierung 
neben der Staatsregierung zu spielen. So hatte er jüngst in 
einer Resolution das Vorhaben ausgesprochen, die Pariser Polizei⸗ 
zraͤfectur seiner ständigen Controle zu unierftellen. Der Minister⸗ 
ath hat nunmehr diesen Beschluß ais nichtig erklärt. 
Paris, 19. Febr. Das Gerücht, der Gemeinderath von 
Paris habe seine Entlassung gegeben, wird als falsch erklärt. 
ur Lösung der orientalischen Frage: In Ostrumelien laͤßt 
nan bereits vielseitig die Maske jallen und nimmt eine zum Los 
lagen volllommen bereite Stellung ein. Von einzelnen Gegenden 
nus werden lühne von Freundschaftoͤgesühlen gegen die Russen und 
daß gegen die Wiederkehr der Türkenherrschaft strotzende Prolla⸗ 
mationen verbreitet. W'e man allenthalben hören kann „ ist das 
Revolutionsheer“ in Korps, Divisionen, Brigaden, Regimenter und 
Bataillone eingetheilt, die Waffen dorbereitet, mehrere Batterien 
nit Laffeten und Bespannung fertiggestellt, Genetalstab und die 
einzelnen Stäbe organisirt. Der künftige Oberfeldhert aber soll 
bdereits auch in Bulgarien angekommen sein. Von General Tscher⸗ 
nojew heißt es, doß er schon seit länger in sämmtlichen sudslavischen 
dandern umherreise, um den gemeinfamen Aufstand vorzubereiten. 
Bielleicht beeilen sich die Russen nur deshalb so sehr mit ihrem Ab⸗ 
narsche, weil sie die zum Losschlagen reife Bewegung nicht langer 
aufhalten wollen. 
Petersburg, 17. Febr. Ein gestern im „Regierungß- 
Anzeiger“ erschienenes kaiserliches Manifest über den defintiven 
Friedensschluß mit der Türkei ldündigt zunächst die Abberufung der 
Truppen aus den Balkanländern an, mit Ausnahme eines Beseßz⸗ 
ungscotps in Bulgarien und Ostrumelien, „welches daselbst nach 
dem Beschluß des Berliner Vertrages verbleibt, um die einzuführen⸗ 
den Resormen zu garantiren.“ (Der Passus ist nicht recht ver⸗ 
taͤndlich. Jedenfalls kann fich diese Garantie nur auf die Zeit bis 
zjum Mai, wo die Raumung unter allen Umständen ausgeführt 
werden muß, erstrecken.) 
sonstantinodel, 19. Febt. Ein Theil der tütk schen 
Truphen ist bereins im Vorrücken begriffen, um die don den 
stuffen gerüumten Stellungen zwischen Thchorlu und Adrianopel zu besehen. 
—A Zwischen 
»er Pforte und der Insel Samos droht ein Konflikt auszu⸗ 
zrechen. Die konslitutionelle Veriretung von Samot beschloß die 
Absetzung des Fürsten Pholiades Bey und erfuchte die Psotie um