Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slt. Ingberle 
gberler Anzei 
x AAnzeiger. 
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AM 588. 
Samstag, den 12. April 
Brο, 
Deutsches Reich. 
München. Die dieswaligen Prüfangen der vor einem 
Jahre ols einjährig Freiw llige in die Armee eingetretenen Kandi⸗ 
daten für Reserve Orfiziers-Stellen, d. h. für Erlangung des 
Qualifications Atlestes zum Reserve Oifiz'er, haden ziemlich zufrie⸗ 
denstellende, jedenfalls bessere Resultate als bisher ergeben, indem 
durchschnittlich doch über 50 pCt. die Prüfung bestanden. 
Berlin, 9. April. Ueder die geschäftliche Behandlung der 
Zoll⸗ und Steuervorlagen wird, wie man nach den ueuesten Be⸗ 
jprechungen aunehmen muß, im Neichstage rascher eine Einigung 
erziell werden, als vielfach geglaubt wird. Das Centrum erklärt 
sich entschieden gegen eine sofortige Plenarberaihung, so daß damit 
allein schon die Berathung in ber Commission gesichert ist. Wie 
wir hoören, dürften unter diesem Zwange auch die Schutzzöllner 
keinen weitern Widerspruch dagegen erheben, daß drei Commissionen 
gebildet werden, und zwar eine für die besonders schwierige Tabak 
steuervorlagr, eine zweite für die Finanzzölle in Verbindung mit 
dem Brausteuergesetz, und die dritte endlich für alle diejenigen Po⸗ 
sitionen des Zolltarifs, welche nicht im Plenum zur Berathung 
zelangen sollen. Zu den Tarifpositionen, deren Erledigung im 
Plenum des Reichstags von schutzzöllnerischer Seite am dringendsten 
zewünscht wird, gehören vornehmlich Getreide, Eisen und Holz. 
Aber gerade um diese Artikel wird der Kampf voraussichtlich am 
zitzigsten entbrennen, da nach Ansicht der Freihändler diese so 
dußerst wichtigen Posit'onen in der Tarifcommission nur obeiflächlich 
behandelt sind und deßwegen erst recht einet gründlichen Vorprüfung 
bedürfen. 
Berlin, 9. April. Ein längerer Artikel der Provin⸗ 
ziol. Correspondenz über die Aussichten der Finanze und Zollreform 
schließt: „Von Tag zu Tag wächst die Hoffnung, daß außer den 
parlamentarischen Gruppen, welche von vornherein die Wirthichafts« 
und Zollreform auf ihre Fahne geschricben, auch ein beirächtlicher 
Theil der gemäßigten Liberalen an dem wahrhaft nalionalen und 
bolksfreundlichen Reformwerke sich betheiligen werde. 
Berlin, 8. April. Der Minister des Inneren erlicß eine 
Verfügung wegen strenger Ueberwachung und Einschreiten gegen die 
Tingel⸗Tangel. 
Berlhin. Ergötzlich und für die betheiligten Staaten recht 
erbaulich zu sehen ist, wie die letzten und ollerletzten Schlußrech⸗ 
nungen über die französischen Mliarden, soweit sie nach Verlin 
lamen und nicht für Werthobjecte in Elsaß ˖ Lolhringen (Eisenbabhnen 
a. derg.) vertechnet wurden, immer noch kleine Goldflüsse in de 
Staattkassen leiten. Hat der sogenaunte Milliardensegen sich wirthe 
schaftlich auch längst als das beglückende Bild mit einer berderb⸗ 
lichen Kehrseite erwiesen, so ist doch nicht zu verkennen, daß z. B. 
diele nützliche und schöͤne Bauten, Eisenbahnanlagen u. s. w. unter⸗ 
oͤlieben wären in den meisten Einzelstaaten, wenn nicht zur guten 
Stunde jene Baarbestände da gewesen wären. Der neueste Ausweis 
über die franzoͤsischen Kriegsgelder, der kürzlich dem Reichstag zuge⸗ 
zangen ist, stellt noch einige kleine Reste und Zinszahlungen in 
Aussicht: für Baiern etwa eine Million Mark, für Baden 5 
Million, für Hessen 175,000 Maik u. s. w. Brauchen können's 
Jeuer Alle doppell. 
Berlin. Eine hiesige Corresponden, rechnet bereits heraus, 
daß, ohne die eigentl'chen Schutzzölle so wie den Getreide- und 
Viehzoll, die Zolle und Sieuerboriagen des Kanzlers schon jetzt ein 
Plus von 102338,000 Mart für die Reichskasse ergeben. Das 
ist etwa 36 pCt. mehr, als jetzt an Steuern und Zöllen erhoben 
werden, und 837 Millionen Mark mehr, als die eigentlichen Matri— 
ularbeiträge betragen. Insge ammt wird der finanzielle Effect der 
Vorlagen inck. Schutzzölle, Getreidezölle und Viehzolle hanter den 
deteits bei den letzt n Wahlen angekündigten 200 Mill. Mart neuet 
Steuern nicht zurückbleben. 
on Seiten des Präsidiums des deuischen Handelstages ist an 
die Kaufmannschaften und Handelsklammern ein Circular in Betreff 
»er deuischen Zollpolit unter Uebersendung eines Exemplarß der 
dolltarifs vorlage gerichtet worden, worin dieselben veranlaßt wer⸗ 
den, „diest Vorlage schleunigst zu prüfen und dem Präsidium un⸗ 
verzüglich ihre motivirte Ansicht insbesondere in Betreff derjenigen 
Positionen des Tarifs mitzutheilen, durch welche der Handel und 
de Industrie des betreffender Bezirks direkt berührt werden.“ An⸗ 
gebängt ist eine Reihe spezieller Fragen, deren Beantwortung er—⸗ 
heten wird. 
Nach der „Prov.Corr.“ dürfte auch die Frage wegen der 
lünftigen Regierungseinrichtung für Elsaß-Lothringen den Reichstag 
in dem zweiten Theil seiner Session von Nevem beschäftigen. 
Ausland. 
Paris, 9. April. Ver „Patrie“ zufolge soll die Heirath 
des Königs von Spanien mit der Erzherzogin Marie von Dester— 
reich im Juli staufinden. 
Paris, 9. April. Henrl Rochefort wurde begnadigt und 
raf bereits hier ein. 
London 8. April. Kapstadinachrichten vom 25. Mãrʒ 
ufolge wurde am 12. März früh bei Tagesanbruch eine von 101 
Mann des 88. Regiments eslortirte engüche Proviantkolonne auf 
vem Marsch zwischen DTerby und Lüneburg von 4000 Zulus an⸗ 
jegriffen und überwältigt. Nur 40 schlugen sich nach Luneburg 
»urch; der Hauptmann und 40 Mann sind todt, 20 werden ver⸗— 
nißt; außerdem sind 20 Wagen Proviant und Munition von den 
Zulus erbeutet, ebenso ein Raketengeschütz, welches spüter wiederer⸗ 
angt wurde. 
In England hat man die Besetzung der Insel Matacong (an 
der Westküste Afrikas) durch die Franzosen sehr ernst aufgenom⸗ 
nen; der britische Botschafter hier hatie deshalb bereits mehrere 
Berathungen mit Grevy und Waddington; wie es heißt. verlangt 
kngland, daß die Franzosen die Insel sofott räumen. (c. 8 
Der Sultan läßt aus dem Üderflüssigen Golde und Silber⸗ 
Jeraͤthe des kaiserlichen Palastes Münzen schlagen, womit Papiergeld 
ingelost werden soll. Der Großvezier und andere hohe Würden— 
räger haben, dem Beispiel des Sultans folgend (oder folge. 
nüssend) mehr oder minder große Summen zum seiben Zweck geschenkt 
Nach der von der Pforte dem Sullan jzur Gutheißung vor⸗ 
geschlagen neuen Grenzlinie würde Arta, Larissa, Volo und, Agrafa 
in Griechenland abgetreten werden, indem sich die Grenze in Thes⸗— 
alien der vom Berliner Kongreß bezeichneten wesenllich annäherte, 
wogegen dieselde in Epirus von letzterer abweicht und somi Ja— 
nina und Prevesa von der Einverleibung in Griechenland ausschließt. 
Die bulgarische Notabelnversammlung scheint sich über die Wahl 
ines Fürsten nicht einigen zu können. Neuerdings hat dieselbe be—⸗ 
hlossen, von dem provisor schen Gouvernement des Fürstenthums 
Zulgarien eine neue Volksvertretung behufs Vornahme der Fürsten⸗ 
vahl zu irditten. Dagegen hat sie sich bereits über die Erblichkeit 
n der Familie der lünftigen Fürsten geinigt und sich selbst die 
Zefugniß zugesprochen, die Grenzen Bulgariens ahzuandern. Auch 
zie Farben der dulgarischen Nalionalfahne sind schon festgestellt: 
zrün, weiß, roih in horizontalen Streifen. Gegen den leßtzteren 
Beschluß wird die Pforte Nichts einzuwenden haben; gegen die 
eiden ersteren hat sie dereits durch ihren Kommissär bei dem Fürsten 
Dondukow-Korsakow Pro'sest erhoben. 
Vermischtes. 
. St. Ju gberi, 11. April. Sicherem Vernehmen 
rach ist durch Piinisterialerlaß die Einführung der neuesten, gänzlich 
umgearbeiteten Auflage der Haesters'schen Lesehücher für Muͤtel— 
uind Oberllaffen der Volfsschuie (. Deutsches Lesebuch von Haesiers 
ind Richter; für die Schulen des Konigreichs Bayern bearbeitet 
»on Röhm?) in den bayerischen Schulen untersagt. Eltern, deren 
diader beim Vorrücken in eine höhere Schulklasse ein neues Lese⸗ 
buch noͤch'g haden, seien auf Vorstehendes aufmertsam gemacht. 
Um vor Schaden bewohrt zu bleiben, thun sergut, vor Ankauf 
eines Lesebuches mit dem Lhrer der belreffenden Schulklasse Rück⸗ 
sprache zu nehmen. 
*St. Inabert, 12. April. Ganz unerwarket ist über 
Nacht der Winter wieder eingezogen uad hat Berg und Thal in 
sein weißes Schneelleid gehüllt. Hoffentlich ist diesmal seine Herr⸗ 
lichleit nicht von langer Dauer und erleidet die Vegelat'on, die sich