Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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M G60. 
Donnuerstag, den 17. April 
1879. 
Deutsches Reich. 
Mänchen. Nach der von der Irsspeknion der Artillerie 
und des Trains aufgestellten und vom Kriegsminister um gench⸗ 
migten Zeiteintheilung haben die diesjährigen Landwehr⸗Uebungen 
der Fußattillerie in der Zeit vom 5. bis 7. Mai auf dem Lech⸗ 
jelde stattzufinden; jedes Fußartillerie Regiment hat hiezu aus den 
tinzuberusenden 3 Leutenants, 10 Uateroffizieren und 90 Kano⸗ 
nieten der Landwehr eine Kompagnie zu formiren. 
München. Nach einer Bekannimachung des Kriegsmi⸗ 
aisteriums muß, um die den Unteroffizicren beim Ausscheiden aller⸗ 
höchst bewilligte einmalige Beehilfe von 165 Mk. erhalten zu kön⸗ 
nen, der betreffende Unterofficier volle 12 Jahre activ gedient 
haben. Die Kriegsjahre lommen auf diese 12 Jahre nicht doppelt 
in Anrechnung. 
Fur die Einberufung der Gesetzgebungsausschüsse der Kam⸗ 
mern zur Berathung der ihnen vorjulegenden Entwürfe der Ge⸗ 
bührenordnung und eines Erbschaftssteuergesetzes ist, wie man ver⸗ 
nimmt, einer der ersten Tage des kommenden Monats in Aussicht 
denommen. 
Berlin. Der „Post“ zufolge wuͤrde bezüglich der Bethei- 
ijgung Deutschlands an den Ausstellungen zu Sydney und Mel⸗ 
bourne, für welche sich lebhafte Theilrahme in allen Theilen 
Deuischlands kundgebe, dem Bundesrath eine Vorlage zugehen. 
Rus Berluͤn wird der „Fitf. Zig.“ als sicher gemeldet, 
der verwitiwelen Königir Marie von Hannover werde die preußische 
Regierung eine Dotation von 180,000 M. iährlich bewilligen. 
Windthorst's neuliche Unterredung mit AXA 
darauf.) 
Auf ursern Kaiser hat das Altental in St. Petersburg einen 
tlefergreijenden Eindruck gemacht, der sich, abgesehen von dem frau⸗ 
rigen Ereignisse an sich, durch die wahrhaft innige Freundschaft 
wischen den beiden Kaisern erklärt. Am hiesizen Hoflager herrscht 
rine wahrhaft gedrückte Stimmung. — Sofott nach Eingang der 
unheilvollen Nachricht entwickelte sich ein lebhafter Depeschen⸗Verkehr 
des kaiserlichen Palais mit Petersburg, welcher noch sortwährt. 
Unser Kaiser läßt sich fortwährend üder die genauesten Enzelnheiten 
des Vorganges und seiner Folgen Bericht erstatten. 
ANusland. 
Paris, 15. April. Die ‚„Republique Françgaise“, Gam⸗ 
zetta's Blatt, hat Grund zu glauben, daß das Project der ge⸗ 
mischten Besezung Ostrumeliens von den Machten definitiv aufge⸗ 
geben sei. Die Verlaängerung der Vollmachten der internationalen 
Fommission auf ein Jahr sei vorläufig genehmigt und es feien 
gegenwärtig neue Unterhandlungen im Gange. Vie Wiederbesezung 
der Baicanpasse durch die Turten (wogegen man sich in Bulgarien 
stemmt) werde bis zu einem noch unbestimmten Termin vertagt 
erden', da die Grenzstimmungecommission die neue Grenzt noch 
nicht festgestellt habe. 
Paris. Auf die Nachricht von dem Altentate auf den 
Aaiser von Rußland sch'dte der Präsident Grevy sofort ein Tele⸗ 
gramm zur Beglückwünschung wegen glückicher Rettung an den 
Zaren ab. 
In Frankreich machen es jetzt die Großguindbesitzer wie 
in Deutschiand: sie verlangen Schutz due und zwar hohe Schutz 
zolle auf Getreide, Dieh und Wolle, und spielen sich dabei als die 
wahren und berufenen Vertreter aller Landwirthe auf, wahrend 
der wahre Vortheil der kleinen Grundbesitzer mi dem ihrtgen doch 
durchaus nicht harmonirt. 
Peterburg, 15. April. Die Stadt war gestern 
Adend außs glanendfie illuminirt; vor dem Winterpalais fanden 
enthusiastische Ovpationen statt. Aus allen Theilen des Reiches und 
sämmilichen Regierungen Europas sind Glücwünfchtelegramme ein⸗ 
getroffen. An der Mauer des Generalstabsgebäudes zeigen sich 8 
Zugelspuren. Ueber die Personalien des Verbrechers, der vorgiebt, 
Iwan Sololoff zu heißßen und Finanzbeamter in der Provinz zu 
sein, dauern die amtlihen Erhebungen fort; derselbe hat weitere 
Auskunft berweigert. Unter seinen Achselhözlen wurden zwei mit 
Wacht befestigte Viftlapseln gefunden; od er bereits Gift genommen. 
war nicht sofort zu ermitteln. Bei seiner Verhaftung hatie der 
Berbrecher die Zähne fest aufeinander gebissen und Schaum vor 
dem Munde; auch trat Erbrechen ein. Trotz seines Widerstrekens 
gelang es, ihm Arzeneien beizubringen, die ge virkl zu haben jschei⸗ 
nen.“ Darauf wurde er unter starker Bewachung aus der Polizei⸗ 
praͤfectur nach der Peter-Paul-Festung übergeführt. (Am 14. April 
var es das dritte Mal, daß das Leben des russischen Kaisers von 
Moörderhand bedroht wurde. Am 16. April 1866 versuchte eben⸗ 
salls in Petersburg Dimitri Karakasov einen Meuchelmord und am 
6. Juni 1867 schoß der Pole Berezowsli im Boulogner Wäldchen 
bei Paris auf den Kaiser.) 
Konstantinopel, 15. April. Der Sultan hat den 
Kaiser von Rußland telegraphisch zu seiner glücklichen Errettung 
beglückwüuscht. 
In Californien gelangt am 15. Mai die neue Ver⸗ 
fassung des Staates zur Abstimmung, welche folgende Bestimmungen 
detteffs der Chinesen enthält: Kein Chinese soll das Stimmrecht in 
Talijornien ausüben dürfen; ihre Anwssenheit im Staate wird 
qusdrücklich für ein Uebel erklärt, und die Legislatur wird ange⸗ 
viesen, der Chinesen⸗Einwanderung mit allen ihr zu Gebote stehen⸗ 
den Mitteln entgegen zu treten; die Beschäftigung von Chinesen an 
oͤffentlichen Arbeiten wird verboten, und auch Gesellschaften, welche 
einen Freibrief vom Staate haben, dürfen ihnen keine Arbeit geben 
(die einheimischen Arbeiter sind nämlich erbost darüber, daß die 
seht genügsamen Chinesen so woblfeil arbeiten); die Legislatur 
soil allen Gemeinden Vollmacht ertheilen, sie aus ihrem Gebiete 
auszuschließen. 
Vermischtes. 
m In Pirmasens waurde in der Nacht vom 12. April der 
Schuhmacher Valentin Schmitt von 2 seiner Kameraden mit Messer⸗ 
ichen derart traktirt, daß an seinem Auflommen gezweifelt wird. 
Die Thäter, zwei junge Burschen, sind verhaftet. 
Neustadt, 18. April, Die von doer pfälz. Handels⸗ 
ind Gewerbekammer angeregte Versammlung von Kaufleuten und 
Industriellen der Pfalz zur Besprechung der schwebenden Zollfragen 
cesp. zut Kundgebung ihrer Wunsche bezüglich des Zolltarifs fand 
heute hier im Saalbau statt. Sie dauerte von Vormittags 10 
Uhr bis Abends 6 Uhr mit einer etwa einstündigen Pause für das 
Mutagessen. Von unferen Reichstagsabgeordneien wohnten Dr. 
Buhl, Dr. Groß und Jordan der Versammlung an. 
Landau. In der Nacht von Sonntag auf Montag ist 
die Rödel'iche Mühle in Steinweiler abgebrannt. 
* Die diesjährige Wanderversammlung der Pollichia findet 
am 19. April zu Edenkoben im Schaaf'schen Saale ftatt. 
Auf derselben wird Hr. Rektor Dt. Recnagel einen Vortrag halten 
aͤber „Rachtfröste und das Vorhersagen derselben“, Hr. Professor 
Dr. Mehlis über „die rheinische Thierwelt in vorgeschichtlicher 
Jelt“, Hr. Pfarrer Bähring über „der Einfluß der Naturwissen⸗ 
schaft auf die Kirche.“ 
De Preiszuchviehmätkte des Stammzucht Bezirks für das 
Blan Donnersberger Bieh am Donnersberg finden dieses Jahr zu 
Marnheim am 3. Juli und zu Langmeil am 11. Sepiember statt. 
1Frankenthal. In Folge der Nichtgenehmigung des 
Stadtrathsbeschlusses, die Niede legung der Thore betreffend, haben 
Jestern der Bürgermeistet, die beiden Adjunkten sowie 10 Stadt⸗ 
aihe ihre Stellen niedergelegt und stehen noch weitere Austritts⸗ 
ertlärungen zu erwarlen. (Pf. Presse.) 
F Die diesjährige General⸗Versammkung des Relscher⸗Vereins 
ändet am 19. ds. im großen Sitadthaussaale in Speier stalt. 
In der hiezu ergangenen Esnladung wird darauf aufmerlsam ge⸗ 
pwacht, daß dieser Tag der 350jährige Tag der Erinnerung an 
ene muthvolle Protestalion von sechs Fürsten und vierzehn Freien 
Slädlen des Deutschen Reiches ist, in welcher die evangelische 
hristenheit eine der größten weltgeschichtlichen Thaten begrüßte, 
Feten Andenken darum auch niemals in den Herzen erlöschen darj. 
4Der Derector der deutschen Seewarte, Professor Dr. Neu⸗ 
mayer (ein geborener Frankenthaler) hat sich als Vertreter des