Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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M 62. 
AXEE 
1879. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 17. April. Die hier tagenden Vertreter von den 
dcutschen Seehandelsplätzen be'chlossen eine Petition an den Reichs 
jag, worin dieselben sich gegen Relorsionszölle, gegen Zölle auf Ge⸗— 
reide, Eisen und Holz aussprechen und ferner erklären, sie hätten 
jegen Finanzölle principiell nichts einzuwenden, die für Thee, Kaffee, 
Tabak, Malz, Speck und Pettoleum vorgeschlagenen Zollpofitconen 
eien aber viel zu boch. 
Berlin, 17. April. Se. Maj. der Kasser hatte gestern 
Nachmittag eine einstündge Konferenz mit Fürst Bismaͤrd. 
Die „Probinz. Korresp.“ schreibt: Das Attentat gegen Ka.ser 
Alexander bilde ungeachtet der eigenhümlichen seit Jahren in Ruß⸗ 
iand entwickelten Verhältnisse ein Glied in der Reihe der Frevel⸗ 
haten der durch ganz Europa gehenden revolutionären Bestrebungen. 
Das deutsche Volk, welches dem mit seinem Kaiser befreundeten und 
seit langen Jahren eng verbündeten Furften die innigsten Gefühle 
vidme, habe auch anläßlich der jetzigen schweren Prüfung seiner 
erusten Theilnahme für Kaiser Alexander und dessen erhabene Auf⸗ 
gaben den wärmsten Ausdruck gegeben. 
Berlin, 18. Apru. General v. Werder, der aus dem 
dentschefranzösischen Kriege bekannte Sieger über Bourbaki, demissio⸗ 
nirte und wurde in den Grafenstand erhoben. Generalb. Obernitz 
erhielt das Kommando des 14. Armeekorps. 
Berlin. Nach der „Nordd. Allg. Ztg.“ sind die Vorar— 
beiten zum Entwurf eines Reichs Versicherungsgesetzes in Angriff ge⸗ 
nommen; desgl. ist ein Reichs-Viehseuchengesegin Ausarbe fung 
begriffen und wird dasselbe dem Reichstag noch in der jetzigen 
Session vorgelegt werden köͤnnen. — Auch die Vorarbeiten für einen 
Wesetzentwurf über Regelung der Eifenhahn⸗Gütertarife haben be—⸗ 
zJonnen; die von den verschiedenen Regierungen zu entsendenden 
Mitglieder der Commission, welche den Entwurf fertig zu stellen 
hat, werden in nächster Zeit ernannt werden. 
Aussand. 
Petersburg, 17. Ipril. „Nowoje Wremla“ erfährt, es 
ei unter dem Vorsitz des Staatssecrelärs Waluieff eine besondere 
Commission gebindet worden zur Berathung Uber außerordentliche 
Maßregeln aus Anlaß der vielen Aitenlate 
Der geheimnißvolle Bund der Nihilisten soll an die 19,000 
wirkliche Mitglieder zählen, der zahllosen vereidigten, aber im Ueb⸗ 
rigen uneingeweihten Agenten uicht zu gedenken. Man behaupiet, 
daß sich unter den Müͤgliedern mehrere Generäle und auch der 
Abt eines Klosters befinden. Das Vermögen des Revolutionsko⸗ 
mite's wird auf 2 Millionen Rudbel veranschlagt. 
Die Kaufmemnnschaft von Petersburg hat beschlossen, 
der Stelle, wo das Altentat berübt wurde, eine Cavbelle zu er⸗ 
auen. 
Recension in der „Zw. Zig.“ beweisen, welche sich auf ein jüngst 
in Homburg stattgehabtes Conzert beziehi: Emmnente Technik, kraft⸗ 
voller Anschlag und feinez Verständniß zeichneten die Klaviervorträge 
zus und gaben nicht nur Zeugniß von hoher musikalischer Begab⸗ 
ang, sondern auch von seltenem Fleiße. Die schwierigen Conzert⸗ 
Jücke von Liszt z. B. spielte sie mit größter Bravour und Ge⸗ 
läufigkeit. Rauschender Beifall wuͤrde der jugendlichen Künstlerin denn 
auch nach jedem Vortrage zu Theil. Wir zweifeln nicht, daß fie 
nach wenigen Jahren einen weitklingenden Ramen als Klavierkünst⸗ 
erin sich errungen haben wird. Aligemein hörte man den Wunsch 
aussprechen, daß Hr. Lehmann im Laufe des Sommers uns durch 
ein zweites Conzert erfreuen moͤge. Der Besuch würde alsdann 
zewiß ein noch zahlreicherer sein. Wo Hr. Lehmann, der, nebenbei 
bemerkt, einen prachtvollen lyrischen Tenor besitzt und sich auch als 
sehr tüchtigen Klavierfpieler erwies, mit seiner Tochter einmal con⸗ 
ertirt hat, wird ihm für das nächste Mal sicher ein volles Haus.“ — 
Wünschen wir ihm auch hier „ein volles Haus!“ * 
fBolanden, 16. April. Heute euntleibte sich der 
Naurer Peter Menges von hier durch einen Schuß in den Mund. 
Da das Terzerol, dessen er sich bediente, keinen Hahn hatte, so 
entlud er dasselbe mit Anwendung eines Hammers. (Pf. Pr.) 
„FSpeyer, 17. April. Zur Desdung der für 1878 er⸗ 
vachsenen Brandschäden an Gebäuden ist ein Beitrag von 15 Pf. 
pon 100 M. Versicherungskapital erforderlich. Hierauf ist im ver⸗ 
jangenen Jahr ein Vorschuß von 45 Pf. erhoben worden, weshalb 
eizt noch det Rest mit 10 Pf. zur Grhebung kommit. Gleichzeitig 
purde die Erhebung eines Vorschusses für 1879 mit 10 Pf. von 
00 M. Verficherungskapital angeordnet, um hiermit die Brand⸗ 
chäden des laufenden Jahres deden zu können. 
FSaarbrücken. Die runmehr beschlossene Auflösung 
der hiesigen E senbahndirection und deren Verschmelzung mit der 
Direction zu Franffurt a. M. vom 1. April 1880 ab wird von 
zielen Hausbesitzern hier und insbesondere unserer Nachbarstadt 
St. Johann bereits schmerzlich empfunden. Versch edene auf die 
derstellung von Miethhäusern berechnete Bauprojecte sind bereits 
2d acta gelegt. Der bevorsiehende Auszug von mindestens 80 bis 
30 Beamlenfamilien wird im Gegentheil die gegenwärtig noch sehr 
johen Micthpreise herabdrücken. 
F Die Trichinosis ist in Mainz unter der Garnison aus⸗ 
jebrochen. Es sind in der Bassenheimer Kaserne gegen 40 Mann 
vom Fußartillerie Regiment Ne. 3 erkrankt, von welden ein MNann 
dereits gestorben ist. 
FAsqchaffenburg. Für die Nothleidenden im Spessart 
var bis zum 15. d. M. beĩ dem hiesigen Haupthilfskomite an Geld 
die Summe von 185,000 M. 97 Pf. eingegangen. 
F Die Reichsregierung hat das Wiener Witzblatt ,Kikerili“ 
auf zwei Jahre für das Reichsgebiet verboten. 
Mons, 17. April. Die Rettungsarbeiten in der Grube 
Agroppe werden mit aller Energie fortgesetzt; bisher ist es nicht ge⸗ 
lungen, auch nur Einen von den in der Grube beschäftigt gewesenen 
240 Arbeitern zu retten. 
FBern, 18. April. Auf dem St. Gotthard und dem 
St. Bernhardin fallen kolossale Schneemassen; jeglicher Verkehr ist 
unterbrochen. 
f.Von einer fachmännischen Autorilät aeht der , Gonn. Ziq.“ 
'olgende, in hohem Grade deachtenswerthe Mittheilung zu: „Daß 
»er Goldregen, Cytisus Laburnum, der wegen seiner schönen gelben 
Zlüshen in unseren Gärten so beliebte Strauch oder Baum, ein 
ungemein gefuͤhrliches Gewächs ist, scheint dem größeren Publicum 
nicht bekannt zu sein. Er ist aber eine Giftpflanze ersten Ranges, 
)enn alle jeine Theile, Blüthen, Blätter, Schoten, selbst die Riͤnde 
und die Wurzeln enthallen das von Husemann und Marme 1864 
ntdectte Cytisin, das schon in einer Dosis von 0,os Gr. unter die 
daut gespritzt, Hunde und Katzen sofort tödtete. Seit der ersten 
Beobachtung einer Vergiftung eines Menschen durch Cgristifon 
1843 (ein Knecht hatte aus Scherz einer Köchin ein Stücchen Gold⸗ 
negenrinde in die Suppe gelegi) sind in der medicinischen Literatur 
meht ais 100 Vergiftungen duͤrch Cyusin niedergelegt und von 
diesen endete eine arokä Zahl oib Ga va pemn 
——— 
Vermischtes. 
*St. Ingberf Sicherem Vernehmen nach haben wir 
in der nächsten Zett einen seltenen Genuß zu erwarten. Es beab⸗ 
sichtigt namlich Herr Lehrer Lehem amnnaug Katserslautern mit 
einer als glabiervirtuosin bekannten 14j4ͤ hrigen 
Tochter Malchen Sonntag, den 27. dieses Mis. dah'er zu 
ronzertiren. Der jugendlichen Klavierspielerin geht ein ausgezeich⸗ 
neter Ruf voraus. Schon in mehreren größeren Städten der Psal; 
und des Auslandes hat dieselbe conzertirt und üderall glänzende 
Et folge errungen. Stimmen in der Presse sprechen sich uͤbet ihre 
deistungen überaus gunstig aus und rühmen ohne Ausnahme die 
Vollendung ihres Spieles. Mit dem 1. Miai ds. Is. wird Frl. 
Lehmann zu ihrer weieren Ausbildung in das Munchener Conser⸗ 
ↄatorium eintreten. Darum konnite sie auch einen den hohen Brad 
hrer jetzigen musilalischen Leistuncen sehr bejeichnenden Antrag des 
—A Hamma aus Stuuigari gecht annehmen, der sie für 
ine Kunstreise in die Stadte Meß, Straßburg, Zurich, Augsburg, 
—X engagiren wollte. 
Wie man uͤber Ftl. Lehmann da denkt und urheilt, wo sie 
don einmal eonzerlixt hat. maq nachstehendet Aus uag aus ein,