Full text: St. Ingberter Anzeiger

Jügelten Sänger, an's Herz gelegt werden muß. Während im 
schneereichen Winter wir immer wieder an die Anlegung der Fut⸗ 
jerplätze erinnerten, ist es jezt der Schuß der Nester, deren Bau 
biele Boͤgel schon begonnen haben, weicher gepredigt werden muß. 
lund da muß nicht nur vor der bößtzwilligen Zerstörung der Nester, 
der Heraus nahme der Eier und Jungen gewarnt werden, sondern 
auch vor der Neugierde und Unvorsichtigkeit in Beziehung auf ent⸗ 
dectie Nester, die bekarntlich von den Vögeln verlassen werden, so⸗ 
bald sie sich beobachtet und beunruhigt sehen. 
St. Ingbert. (Eingesandt.) Die letzie Abend⸗ 
unterhaitung des Ardbeuerbildungsbereins hat ihren Besuchern wieder 
recht gezeigt, daß der Arbeiterbildungsberein seinen Namen „Bil⸗ 
— Thate! Wenn ein bildender 
Werih denjenigen wissenschaftlichen Vorträgen zuerkannt werden muß, 
welche so gehallen sind, daß der Zuhsbrer dem Sioffe mit Behagen 
nahe tritt, neue Seiten defselben erkennt und mit seinen bisherigen 
Vorstellungen in Vergleich zieht und so zu dem Bewußisein gelangt, 
daß seine Kennmiß der Wahrheit und Wirklichkeit zugenommen 
hat; wenn es ferner wahr ist, daß ein warmes Wort für das 
Wahre und Schöne die gleichtlingende Sae in der Brust des 
Hörers anschlägt, sein Gemüth veredelt, jeinen Willen kräftigt und 
jur guten That anspornt; wenn es endlich wahr ist, daß der durch 
zeistige Vergnügungen und harmlose Scherze wachgerufene Frohfinn 
line veredelnde Wirkung auf die Sitten ausübt: Dann darf vor⸗ 
zugsweife die letzte Unierhaltung eine „bildende“ genannt werden. 
Der Inhau derselben war der längst usuelle: Vierstimmige 
Maͤnnerchoöre, Chorgesange, Vorträge und freie Gespräche in engeren 
uind weliteren Kreisen wechselten in bunter Reihe, Alles in 
hester Stimmung gegeben und aufgenommen. Vor allem muß hier 
unseren Sängern ein Wort der Ermuthigung zugerufen werden. 
Dieselben haben bei ihrer geringen Zahl Treffliches geleistet und 
ea ist vorauszusehen, daß der Mannerchor, der bisher allzusehr an 
Weghsel der Mitoliever zu leiden hatte, bei dem jetzigen Eifer in 
furzer Zeit ein sehr guter sein wird. Die Chorlieder haͤtten etwas 
bolitdniger sein durfen; man börte heraus, daß verschiedene Lieder⸗ 
hucher sehlten. Diesem Mangel wurde indeß durch Aufmerksamkeit 
und Gedachmiß in Etwas abzuhelfen gefucht. Den übrigen Theil 
der Unterhaltung bildeten einige wohlgelungene Deklamationen, 
jowie zwer belehrende Vortraͤge. .Zur Orientirung“ lautete das 
Thema des ersten Vortrages, in welchem Herr S, uns nach Be⸗ 
eahrung des betreffenden Theiles der mathematischen Geographie 
die Geschichte der Orientirungsarten vorführte, und mit den Nord⸗ 
polsternbildern, namentlich dem Polarstern, den allgemeinsten und 
ptatnischften Anhaltspunkt an die Hand gab. 
Den Haupigenuß aber bereitete uns der zweite Vortrag. In 
wohlgebildeier Rede zeichnete Hert D. das Geschichtsbild Kaiser 
Friedrichs des Rothbarts: dessen Stamumhaus, der „hohe Staufen“ 
ju der tauhen Alp, dessen kräftige Regierung, namentlich dem Aus⸗ 
ande, dem tüdischen Welschlande gegenüber, dessen enge freund⸗ 
schaftliche Verbindung mit Ouo von Wittelsbach, dem Stammherrn 
unseres erlauchten boyerischen Fürstenhauses, dessen nähere Be⸗ 
siehungen zu unserer nächsten Rachbatschaft, in welcher das alte 
Zanmern durch des Kaisers Wohnsitz zu seinem Namen und zu sei⸗ 
ger Würde „Kaiserslautern? emporstieg, endlich dessen Kreuzzug 
und Tod. Alles Dies fand sichtlich in hohem Grade die Therl⸗ 
nahme der Zuhdrer. Und als dann der Redner in der bedeutungs⸗ 
vollen Sage vom Kyfftäufer auf die Sehnsucht des deutschen Vol⸗ 
cs nach Einheit und Größe hinwies, und an die Erlösung des 
alten Rothbartes durch einen Sprossen aus jener andern schwäbischen 
Burg, dem Hohenzoller, durch jenen andern Heldengreis, Wilhelm 
den Weißbati, erinnerte, der das deutsche Vaterland wieder zur 
alten Größe und Macht empothob, da jchlug die Vaterlandsliebe 
mächtig in Aller Herzen, und selten werden einem Vorttag so leb⸗ 
hafte Dankesworte gefolgt sein, wie Diesem. Er sollte aber auch 
doch einen schönen Nachhall finden. Dieser wurde ihm durch einen 
wackern Handwerksmeister in etwa diesen Worten: Meine Herren! 
Dem schönen Vortrage des Herrn D. habe ich zuzufügen, daß heute 
dor einem Jahr, am 11. Mai 1878, Nachmutags, auf diesen 
ansern Kasser Wilhelm von einer deutschen Hand ein Mordbersuch 
gemacht wurde. Ich dente, es ist darum heute am Platze, ihm 
zin kräftiges Hoch auszubringen?. Und daß das Hoch“ ein drei⸗ 
jaches kräftiges wurde, das darf uns die Nachbarschaft belunden, 
—V vollem 
Hetzen kam, das wissen wir, die wir es gesungen haden. — — — 
Wir schließen mit dem Wunsche: Möchten doch in allen 
deutschen Gauen derartige Vereine in's Leben trelen, möchte in 
illen solchen Vereinen derselbe gute Ton, dieselbe Frische, die 
namliche selbstlose, freie Hingabe ihren Einzug halten, möchten aber 
auch alle Deejenigen, füt welche die Worte „Volt und Valerland“ 
ein eitler, leerer Schall ünd, solchen Vereinen beitteten und sich, 
sei es als Geder oder als Nehmer, eiftig am Vereinsleben bethä⸗ 
igen und so durch. rüdchalsloses Einstehen für die gute Sache 
diese allmälig zum Gemeingut, zu einer nur dem deuischen Naturoll 
nöalichen allgemeinen, alldeutschen Einrichtung heranziehen helfen. 
Ob sich diese Wünsche ersüllen, das hängt von der Initiatide 
er Einzelnen, haupisächlich der tonangebenden Personen ab. An 
ias aber ist es, offenkundig werden zu lassen, weß Geistes Kind 
nser Verein ist. Wir sind unsg bewußt, daß unser Vereinsleben 
icht nur das Licht nicht scheuen muß, sondern daß die Orffente 
chkeit desselben nut von anregender, gemeinnütziger Wirlung fein 
ann, und deßhalb, verehrier Leser, haben wir es als unsere Pflicht 
rachtet, in Vorliegendem einmal etwas ausführlicher zu sprechen 
sber den Arbeuerbildungsberein in St. Ingbert.“ (Den großen 
Theil der Mitglieder des A.⸗“B.⸗Vereins bilden Handwerker und 
irbeiter; doch sind auch das Beamtenthum und die Geschäftswelt 
ahlreich in dea selben vertreten. Der Verein darf somit als ein 
eeigneser Sammelpunkt aller Stände belrachtet werden. An⸗ 
nerkung d. Red.) 
»Die Phaälzischen GEisenbahnen trugen im April d. Is. 
16700 M. 88 Pf. mehr ein als in dem gleichen Zeitraum von 
878. In den abgelaufenen 4 Monaten d. Is. beträgt die Mehr⸗ 
weezue gegenüber den 4 ersteu Monaten des v. Is. 9821 M. 
Pf. 
* Der Stadtrath von Zweibrücken hat in seiner Sitzung 
om Minwoch eine an ihn von Seiten des Vorstandes des land⸗ 
virthschaftlichen Vereins, Hrn. Freudenberg gerichtete Aufrage, olb 
e Slade damit einverstanden sei, daß die im Juni 1880 statt 
judende Versammlung beyerischer Landwirthe in Zweibrüden tage. 
ejahend beantwortet und beigefügt, daß die Stadt es fich zur Ehre 
Hatze, von den bayer sbben Landwirthen als Festort ausersehen zu 
ein, und daß dieselbe es hinsichtlich der Pflichten der Gastwirth 
haft an Nichts werde fehlen lassen. 
x Der Vogelschuß und Geflügelzuchtderein in Z we ibrücker 
zeabsichtigt, am 18. und 19. d. Mis. eine Geflugelausstellung ab 
uhaiten. Die Anmeldungen sind sqhon recht zahlreich eingelaufen 
v daß mit aller Bestimmiheit anzunehmen ist, recht schoͤne und 
üchtige Exemplare auf der Ausstellung sehen zu koͤnnen. Die 
AussteIung befchrankt sich auf Thiere der Bereinemitglieder. 
*Am letzien Freitog erlegte Herr Landrichter Spannagel von 
Baldmohr mit einem Schusse eine Wildjau in Gewichte vor 
170 Pfund. 
* Im Festzuge gelegentlich des Sa Utenfestes zu Franken 
b al wird auch eine von Kurfücfst Karl Thtodot im Jahre 1773 
jestiftete Fahne getragen werden. 
Su. Johann, 13. Mai. Wie hier allgemein erzähl 
vird, hat der verstorbene Rentner Herr Langwied, belannt durch 
eine Wallfarrten nach dem geloblen Laud, mittelst Testamentt 
vertvolle Liegenschaften, sowie ein —XV 
tichtung eines Versorgungshauses für lathol:sche Gemeindeangehoͤrige 
Si. Jshanns dermacht. (Saarbr. Zig.) 
F In Darmsst adt wurde ein Barbier verhaftet, der seir 
zjahriges Kind auf brutalste Weise mißhandelt und schließlich direc 
in die Wand geschleudert hatie, daß der Tod kast augenblicklic 
rfolzie. Der Unmensch hatte sich nach der That kaltblüng an jein 
Vefchaft begeben, von wo idn die Schutzmanuschaft abholte. 
In Isenbura schoß ein Sohn auf seinen Vater, der 
hm Vorhali gemacht hatte, traf ihn jedoch nicht, lief sodann zu 
iner Braut, die ihm den Trauring zurücgeschichh hatte, schoß aus 
ze, fehlte jedoch ebenfalls. Ein Gendarm, der ihn festnehmer 
pollie, wurde gleichfalls zum Ziele einer Nugel gemacht, die glüch 
icherweise auch fehiging; ein junger Mensch, der den Wüthendin 
halten wollte, erhielt eine Kugel in den Overschentel. Unter fort⸗ 
vährendem Schießen auf seine Verfolger stürzte er fort und gal 
chließlich auf fich selbst drei Schüsse ab, die ihn todt hinstreckten. 
In Lohr sind die Miiglieder des verkrachten Creditver⸗ 
ins, die bereits ihre saͤmmtlichen Einlagen verloren haben, nur 
zurch den Gerichsvollzieher aufgefordert worden, außer dem nod 
ur Deckung der Forderung einer Frankfurter Bank eine Nachzah 
ung von 285 Miak zu machen. Sehr angenehm! Uebrigeni 
jeißt es: Thu' die Augen auf oder den Beutel. 
Ansbach. Mit welcher Leichtfect gleit“ heutzutagt 
Fredit gewährt wird, das zeigt nachstehendes Beispiel. Einem 
siesigen Kaufmaun, welcher erst vor mehreren Jahren mit seiner 
hläubigern accordirt hat, gelang es wiederum, Waaren bis zun 
helrag von 250,000 M. zu erhalten, wofür er nun den Lieit 
zanten ein Arran ement von 80p6t. bietet. 
p München. Vor dem oberdahyerischen Schwurgerich 
vurde ein Monstrehroceß gegen eine zehulöpfige Räuber⸗ und Mon 
erbande verhandelt, welche sich wegen einer langen Kette von 
hweren Verbrechen, die fast alle unter einander im Zusamme ghang 
tehen, zu verantworten hatien. Das Haupireat is der Raubmord. 
velcher im Narz 1878 während der Kirchzeit zu Weßling Etarn⸗ 
zerg) an. dem 74jahrigen Austrägler Caspar Holij chalt verübh 
burbe. Ein weitetes Reat ist ein schon im Jahre 1864 vorge 
ommener Giftmord, wobei eine Schwägerin aus Gewinnsucht ihren 
-chwaget umgebracht hat. Das Urtthell ertannte, nahdem die Se⸗ 
hworenen die Angeklagten in allen Fällen für schuldig befunden 
zuten, gegen 1 Angetlagte auf Todesstrase, gegen 3 Angeklaglen