St. Ingberler Anzeiger.
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1879.
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Deutsches Reich.
Berlin, 25. Mai. Die Tarifscommission des Reichstages
berieth heute den Gesetzentwurf über die provisorische Einführung
oon Zollen (Sperrgeseze) v. Bennigsen beantragte, daß die Reichs⸗
regierung Sperrmaßregeln gegen ausländischen Wein, Tabak und
Roheisen schon vor der zweiten Lesung dieser Positionen des Zoll⸗
tarifs anordnen dürfe. Die Commission nahm Bennigsen's Antrag
hinsichtlich des Weins und Tabaks an, lehnte denselben aber mil
Stimmengleichheit bezüglich des Roheisens ab. Reichskanzleramts⸗
präsident Hoffmann hatte alle Gegenstäude, für welche die Regie⸗
rung die Zrovisorische Einführung von Zöllen wünschet bezeichnet:
Roheisen, Specereien, Consumtib lien, Mühlenfabrilate, Tabat, Thee,
Zucker, Kaffee und Petroleum.
Die „Koͤln. Zig.“ schreibt: „Bezeichnender konnte die De⸗
balte über die Haupt- und Entscheidungs-Position des Zolltarifs,
die Getreidezölle, welche den Reichstag nunmehr zwei Sitzungen
hindurch beschaftigte, nicht eingele tet werden, als durch den Ruͤck
tritt des ersten Präfidenten Max v. Forckenbeck von seinem hohen
Vertrauensposten geschah. Damit ist auch äußerlich in unsere
augenblichliche parlamentarische wie politische Lage volle Klarheit
gebracht. Was jetzt im Deutschen Reichstage geschieht, für das
und dessen Folgen wird nicht die liberale Partei, sondern wird die
Verein'gung der Uttramontanen und Conservativen die Verant—
wortung vor dem Vollke und der Geschichte zu tragen haben. Diese
Vereiniguug beherischt thaisächlich den Reichstag, so war es denn
schiklich, daß sie ihm auch den Vorsitz und die entsprechende oberste
Spite gebe.“
Bei der am 24. dfs. im Reichskag vorgenommenen Wahl
eines ersten Vizepräsidenten (an Stelle des jzurückgetretenen Frhrn.
o. Stauffenberg) wurden 301 Stimmzettel abgegeben. Frhr. zu
Franckenstein (Zentrum) wurde mit 162 Stimmen (bei 301
abgegebenen Stimmzettel) gewählt; derselbe nahm die Wahl dan⸗
tkend an.
Das Reichskags-Präsidium ist nun folgendermaßen zusammen⸗
gesetzu: v. Seydewitz (deutschkonservativ) Präsident, Frhyr. zu
Franckenstein (Zentrum), 1. Vizepräsident, Dr. Lucius (ireitonser⸗
dativ, deutsche Reichspartei) 2. Vizepräsident. Die nationalliberale
Partei, aus deren Reihen bisher die beiden ersten Präsidentenstellen
besetzt waren, ist jetzt im Präsidium nicht mehr vertreten.
Die FreitagsSitzung des Reichstags hat die wenn auch nur
borläufige Entscheidung in der Frage der Geirtidezölle gebracht.
Mit 226 gegen 109 Stimmen wurde der Getredezoll in der Höhe
der Regierungsvorlage aagenommen, ein Anttag auf Erhöhung des
Roggenzosles von 25 auf 80 Pf. dagegen mit einer Majoritat von
nur 12 Stimmen abgelehnt. Es ist demnach die Möglichkeit keines
wegs ausgeschlossen, daß in dritter Lesung sich diese Majotität in
rine Minorität verwandein wird.
Bei der Abstimmung in Socher des Gelreidezolls stimmten 5
ä l 3. Reichstagsabgeordneten nämlich die HH. Dr. Buhl, Dr.
GBroß. Jordan, Kail Schmidt und Dr. Zian (det 6. pfälz. Reichs
ags⸗Abgeordnete Herr Bolza fehlte) für die Torifvorlage (also
jür 25 und resp. 50 Pf. per Zentmer) jedoch gegen den Antrag
Mirbach, welcher die in der Vorlage enthaltenen Zolljätze noh be⸗
deutend erhoͤht wssen wollte.
Wie es scheint. würde der Reichskanzler sich bereit finden
assen, auf die vorläufize Einführung der höneren Tabalzolle einzu⸗
Fehen, aber nur unter der Vorausfetzung, daß der Reichstag auch
der vorläufigen Einführurg der Eisenzdlle seine Zustimmung er—
cheilen wũrde, was bis jetzt nicht wahrscheinlich.
Berlin, 23. Mai. Im ‚Reichsanzeiger“ wird heute das
Vesez über d'e Berfäl shungvon Nahrungsmittel
c. verlündigt. Die streugen Strafen, mit denen es Verfälschungen
and Feilhalten gefälschter Gegenstände didroht, werden hoffentlich
dem in dieser Beziehung eingerissenen Unfug kräftig steuern.
—Berlin, 24. Mai. Ver Kaifer empßng heute Nach⸗
mitiag um 42 Uhr den Präsidenten des Reichstages, v. —A
oeitz, und den Vizepräsidenten v. Franckenstein.
Berlin, 24. Mai. Der „Nordd. Allg. Zig.“ zufolge
trifft der Kaiser von Rußland am 9. Juni zu einem Aufenthalt
bon 4 bis 5 Tagen hier ein. Derselbe wird von den drei jüng—
sten Großfürsten begleitet sein und mit dem Herzog und der Her⸗
jogin v. Edinburg hier zusammen eintreffen. Saͤmmtliche russische
Bäste werden im russischen Boischaftshotel absteigen.
Berlin, 25. Mai. Fürst Alexander von Bulgarien ist
gestern hier eingetroffen und wird heute von Sr. Maj. dem Kaiser
empfangen. Nachmittags findet zu Ehren des Fürsten Hoftafel slatt.
NHussand.
Wien, 25. Mai. In Betreff der griechisch-türkischen Grenz⸗
frage ist ein vorläufiges Einvernehmen der Großmächte auf fol⸗
gender Basis hergestellt worden. Frankreich läßt den Vorschlag
der Abhaltung einer formellen Boischafter-Conferenz fallen, weit
derselbe große Schwierigkeiten bietet, nachdem eine Einstimmigkeit
kaum erreichbar und die Mächte die Majorilätsbeschlüsse perhorrtes⸗
ziren. Dagegen werden fämmtliche Botschafter in Konstantinopel
zu gleicher Zeit vermitteln, gemäß den prinzipiellen Vorschlägen
dezüglich der zu ziehenden Grenzlinie.
Paris, 24. Mai. Der Präsident der Republik hat durch
Dekret von heute wicderum 400 Commune-Verurtheilte begnadigt.
Kiew, 15. Mai. Ueber den am 12. Mai hier verhandelten
politischen Prozeß theilt das Journal Kyewski Gubernsly Wedo⸗
mosti“ folgende Details mit: Vor dem Kriegsgericht erschienen 14
Personen, darunter der preußische Unterthan Ludwig Brandtner,
inige Edelleute sowie Mädchen und Frauen aus den zöheren
Ständen. Die Anklage lantet auf Theilnahme an einer verbotenen
Besellschaft zum Zwecke des Umsturzes der Staatsordnung. Brandi—
ner und zwei Andere waren auperdem des bewaffneten Widerstandes
legen Polizeibeamte angellagt Zwei Angeklagte wurden freige⸗
prochen, Brandtner und ein Unbekanuter, welcher sich —AL
annt, zum Tode durch Erschießen verurtheilt, d'ie übrigen zum
Hetlusie der Ehrenrechte und Zwangsarbeit von 4 bis 14 Jahren
10 Monalen.
32eruuuutes.
Schnappbach, 25. Mai. Das von dem Pianisten
derrn, Frauz Litlerscheid aus Köln unter Mitwirkung mehrerer
Husitlräfte gestern Abend in dem Eisel'schen Saale dahier ge⸗
jebene Concert fand in allen seinen Theilen den ungetheiltesten Bei⸗
all. Es wäre zu wunschen, doß Herr Litierscheid den Musil—
reunden hier und den Nachbarorten dald wieder einen ähunlichen
zenußreichen Abend verschaffen würde.
rPirmasens, 24. Mai. Auch in Hengsberg ist itßzt
in einem Stall der Milzbrand ausgebrochen. (P. v)
x Die prolestantische Gemeinde Otterberg feiert am 3.
Juni l. J. den 300. Jahrestag ihres Bestehens.
fNeustadt, 23. Mai. Von Hrn. Kreuder wurde
gestern Morgen auf der Wolfsburg eine große Rin gelnatter
hyon der Lauge von 107 Centimeter gefangen und getödtet, ein
kxemplar einer Giftschlange, wie es von dieser Größe hier durch⸗
aus zu den Seltendeiten gehört.
f Landau, 24. Mai. Als Stifter des am 11. Mai im
Frankweiler Walde stattgehabten Brandet, wobei 8 Tagwerke ge⸗
wischt kastanien und kiefern Wald, 14 ähriger Bistand, abgebrannt
sind, wurde durch die Gendarmerie ein 15jähriger Bursche Adam
Wodei aus Franlkwe ler ermitlelt und der k. Staatsanwalijchaft pur
Anzeige gebracht. (L. A.)
fLandau, 24. Mai. Die Hoffnung unserer Winzer,
daß das kalte Frühjahr zur Vernichtung der Feinde des Wein—
stockes beigetragen habe, scheint sich nicht zu erfüllen. Wie die
„Ggl.“ berichtet ireten in der Gemarkung von Edenkoben die Reb—
sticher besonders start auf. Rasches und oft wiederholtes Ablesen
dieser kleinen Feinde unserer Rebenlulturen hat sich bis jatzt als
einziges Mittel bewährt. Selbstberständlich kann dasselde nur
helfjen, wenn es allgemein gehandhabt wird. (Eilb.)
Speyer, 28. Mai. Der hiesige Geflügelzuchtverein
vird am 29. d. M. in der städtischen Fruchthalle einen Geflugel⸗
marlt eröffeen. Derselbe beginnt Morgens 9 Uhr und werden
alle Arten Geflügel, als;: Hühner, Tauben, Perl⸗ und Truthühner.