Full text: St. Ingberter Anzeiger

Mabdchen auf seine Kosten sorgfaltig erziehen. Die dadurch eröff 
neten Aussichten für sein weiteres Leben zerstörte indeß das Mäd— 
hen selbst, indem es — aller Abmahnungen ungeachtet — einer 
zugereisten Schneidergesellen aus PreußischSchlesten ehelichte und 
demselben nicht nur in seine Heimath, sondern — in der Eigen⸗ 
chaft einer Marketenderin — 1818 auch ins Feld folgte. Als 
ihn bei Leipzig eine Kägel verwundete, trug ihn das muthige Weit 
nach deui Verbandplotze, wo er indeß kurz daranf sein Leben aus 
‚auchte. Nun ging die Wittwe in den Heimatheort des Verstor⸗ 
beuen zurück, wo sie sich noh viermal — jum lehztenmale im Alter 
bon 72 Jahren — verheirathete, ihre Gatten jedoch steis in lurzet 
Zeit durch den Tod verlor. In maͤßigem Wohlssande lebend, be⸗ 
wahrte sich die Gressin bis kurz vor dem Tode eine seltene koöͤrper⸗ 
liche und Geistesfrische. 
Das ‚Berl. Tagebl.“ schreitt: Die Sozialdemokraten 
scheinen sich sogar selbst ...... im Polizei ⸗BPräsidium festgesetzt 
ju haben. Es geht uns nämlich die überraschende Miltheilung zů, 
daß bei der genannten Behörde eine Untersuchung wegen eines 
schweren Amtsverbtechens eingeleitet ist,welche? zunächfi auf die 
Ermitllung des oder der betreffenden Beamten sich richtet. Es 
jandelt sich um einen ans den Uniersuchungsakten eines Majeffäts— 
beleidigungs⸗Prozesses verschwundenen Brief, welcher an Sociaide⸗ 
mokraten ausgehändiet worden ist. Dadurch, daß in sozialdemo⸗ 
krattschen Kreisen dieses Schriftstück prahlerisch vorgezeigt worden 
st, soll daz Verbrechen an den Tag gekommen sein und die Ein⸗ 
ieitung der Untersuchung zur Folge gehabt haben. — 
Verrechnet. DerBürgermeister von H., einem Orte des Oden⸗ 
waldes, saß vor einiger Zeit in dem Wirthshause zu Sch. und 
sprach rüchtig dem Neuen zu. Dabei schloß er mit einem anwe⸗ 
senden Schreiner folgen den Vertrag ob. Der Schreiner sollte ihm 
einea Kleiderschrank anfertigen, und zwar sollte derselbe 20 Tage 
dazu brauchen müssen. Früher durfte der Schreiner nicht jertig 
perden: Auch mußte er jeden Tag um 12 Uhr in dem eine halbe 
Stunde entfernten H. sein, um seinen Lohn in 20 The'lzahtungen 
zu erhalten. Am ersten sollte dieselbe 5 Pf., am zweiten 10 3f. 
and an jedem folgenden Tage doppelt so diel, als am vorherge⸗ 
henden betragen. Wirllich stellte sich am nächsten Tage der Schrei⸗ 
ner pünklich ein und erhielt unter großem Gelächter der Anwesen⸗ 
den seine 5 Pf. Auch in den nächsten Tagen ging es ihm nicht 
besser; immer wenig Lohn und viel Spoit. Doch am neunten 
Tage änderte sich die Sache. Ter Schreiner beanspruchte 12 M. 
so Pf. und deutete zugleich an, daß er am foigenden Tage 25 M. 
68 Pf. zu exhalten habe. Nun gab es Wortwechsel und endlich 
bdon Seiten des Bestellers viele Bitten. Der Schreiner erh ell 
jchließlich vom Bürgermeister zu dem schon Erhaltenen noch 20 M 
und lieferte dafür nach Abzug seiner Ganggebühren die bestellt 
Arbeit. Ein Kleiderschrank für 52,428 M. 75 Pf. wäre wohl 
jelbst für den Bürgermeister von H. zu theuer gewesen. 
fRinderpest. Von der rujsfisch-preußischen Grenze 
wird gemeldet, daß die Rinderpest im Warschauer Goubernement so 
stark sei, daß die preußischen Behörden die schärfsten Maßregeln 
ergriffen hätten. Im astrachaner und benachdarten Bezirken foll die 
Menschenpist fottschreiten, die Gefabr für die weiteren westlichen 
Bezirken wächst. 
tVLondon, 14. Jan. In letzter Nacht fand in einer 
dohlengrude bei Dinas im District Cardiff eine Erplosion statt, 
durch welche, wie man befürchtet, 60 Personen getödiet wurden 
Die Engländer haben sich mit ihrem —XX 
täter Madden kurz gefaßt. Der Telegraph meldet kurz und trocken: 
Edward Byron Madden, welcher in an Lord Lyons und den Unter⸗ 
daatsselretär Liddel gerichteten Drohungen gegen das Leden der 
Zonigin ausgestoßen hatte, ist in einem Irrenhause untergebracht 
worden. 
Die Engländer haben mit der Beschzung Kandahars einen 
wichtigen Erfolg im Kriege gegen Afzhanistan zu verzeichnen. Kan⸗ 
dahar ist nächst Kabul die volkreichfie und bedeutendste Stadt des 
afghanischen Reiches, es ist widerstandlos von ihnen besetzt worden. 
Damit sind dem ursprünglichen Programme zufolge die großen 
Operationen für d'esen Winter abgeschlossen. 
.Neuere Berichte aus Astrachan erzaählen, doch wobl 
äͤbertreibend, daß die Pest sich über ein Gebiet von 300 Kilometer 
im Umbkreis der Stadt verbreitet habe. Andere Berichte hingegen 
zehatren dabei, daß es der Typhus sei und daß ihn die aus dem 
russisch türkischen Krieg zurückkehrenden Kosalentegimenter einge⸗ 
schleppt hätten. 
eAdmiral“ Tom Pouce, der seinerzeit in allen großeren 
Staͤdten gesehene Zwerg, der seine große Reputation der Hürze 
seiner Peron, seinen hohen Rang seiner Unbrauchbarkeit für das 
gesellige Leben verdankt, ist vergangene Woche in seinem Heimaths; 
rxie Bergum, in der holländischen Prodinz Wesifriesland, gestorden. 
krelitt an Wassersucht, Mit seinem wirklichen Namen hieß der 
„Admiral“ Hannemann, 2* — 
tNew⸗Pork, 14. Jan. Eine Feuersbrunft in den am 
Broodway gelegenen großen Kleidernmagazinen verurfachte einen 
Schaden von 2 Mill. Delats.. — 25 
7 Die Illinois Staatszeitung bringt folgende Notiz: Ein 
unger Deutscher, Einwanderer und Geschäftsmann, ein Junge von 
15 Jahren aus Neustadt in der Rheinßfalz, kam dieser Tage ganz 
allein von drüben in St. Louis an. Er reist in's Innere Mis⸗ 
souri's. wo er Verwandte hat, und beabsichtigt dort ein großes 
Wein · Imporigeschaft zu errichten. Er belundet in seinem Auftreten 
eine für einen „Deutschen Jüngling! von 15 Sommern bemerkens 
werthe Selbständigkeitt. 
Bhhiladelphia. Seit geraumer Zeit haben fich er⸗ 
finderische und. speculative Köpfe in din Vereinigten Staaten uilf 
dem Plan getragen, so wie Wasser und Licht jetzt den Bewohnern 
groͤßerer oder kkeinerer Slädte von einem oder mehreren Centraf 
punkten aus zugeführt wird, denselben auch Wärme. auf dieselbe 
Weise zuzuführen. Die Loösang dieser Aufgabe, wilche eine boll⸗ 
tändige Umwälzung in der jetzt gebcau hlichen Heizwethode herbei 
uu bringen berufen ist, dürfte jetztals gelöst betrachtet werden, 
enn wie die „Detrott (Staat Nichigan) Abendzeitung“ berichieß, 
st die Dampfheizung für diese Stadt bereits eine vollend te That⸗ 
ache und was noch meht, allem Anschein nach ein vollstandig er 
frfolg. Am 12. December wurde dieselbe zum ersten Malin 
Chaͤtigkeit gesetzt und hat sich als vollstündig zuftiedenstellend erwiesen. 
Das Resultat hat sogar noch die sanguinischen Hoffnungen der 
Anternehimer übertroffen, denn der Dampfdruckt, der im Kesselhaus 
30 Pfund auf den Quadratzoll betrug, war an dem vorlüufigen 
Endpuntt auch noch nicht um eine Unze geringer, obgleich die Ent 
ernung eine halbe englische Meile beträgt. Licht, Wasser und 
Warme wird jetzt den Bewohnern der Stadt Detroit von Centrol- 
zuunkten aus zugeführt, sie haben nur nöthig, einen Hahnen aufzu⸗ 
drehen, um das Gewünschte herbe strömen zu lassen. (S. M.) 
GinnetrerSchwiegervater.) Im Staate In⸗ 
diania soll ein Mann seinen Schwiegersohn kurz nach dessen Hoͤch⸗ 
zeit verllagt und eine Rechnung für Thee, Butterbrode und Vchter 
die Jener, während er der Tochter die Cour machte, verbraucht 
Jaben soll, eingereicht haben. Der Prozeß ist noch aicht entschieden. 
Der junge Mann will zahlen, wenn der Alie seine Tochter wiedet 
zurücknimm. —— 
Es nutzt nicht z). „Geht heim und sammelt Eurem 
Maun glühende, Kohlen auf's Haupi“ sagte ein nordamerikanischer 
Friedensrichter zu einer Frau, welche üder sehr schlechte Aufführung 
hres Mamnes geklagt hatte. „Ja, wenn der Richier meint, will 
ich's derfuchen,“ antwortete sie, „aber ich glaube nicht, daß es hilft, 
da drei Schöpflöffel voll lochendes Wassers, die ich ihm über den 
stopf gegossen, auch nichts gefruchtet haben.“ 
Gemeinnützigess. 
Als ein Mittel gegen die Diphteritis wird in der D. 
Jandeszeitung allen Gutsbesitzern und Landbewohnern das chlorsaure 
Kali empfohlen, ein weißes Salz, das sich in kaltem Wasser schwer, 
in warmem leicht 1801.— Es ist zwecmäßig, das gepulderte chlorsaure 
Zoli in abgewogenen Mengen à 4 Gramm' vorraͤnhig zu halten. 
Lin solches Pulver wird in einem Winglas oder halben Wasser⸗ 
Aas voll Wasser geldit, von dieser Losung gibt man dem Patienetn 
je nach dem Alter einen halben bis ganzen Eßlöffel voll auf ein⸗ 
mal, je nach der Schwere des Falles alle halde die alle zwei 
Stunden; zwis hendurch kann es auch zum Gurgeln benutzt werden. 
Dieses Mittel galt als das beste Specifieum gegen Diphteritis, bis 
das viel intensiver wirkend Brom an seine Sielle trat. Vor eswa 
6 Jahren fing der Medicnalrath Dr. Clemens „Leibarzt des Fur 
sten zu Schwarzburg-Rudolstadtt, zuerst on das Brom in frisch 
entbundenem Zustande bei Diphteritis⸗Fällene in Anwendung zu 
bringen. Da es sich in fast allen Fällen, auch in anscheinend boff⸗ 
nungslosen, drillant bewährte, indem die Pilze schon 626 Stunden 
nach der Anwendung abftarben, was sich durch Weißfarbigwerden 
der Wucherung zeigt, so publicirte der genannte Arzt seine Ent⸗ 
deckung vor eiwa 2 Jahren in den „Medicinischen Neuigkeiten“. 
deider scheint dies vorzügliche Mittel nicht die Publicität gefunden 
u haben, die ihm gebührt. Das Brom wird ledesmal vor seiner 
Anwendung durch Mischung einer Brom⸗Kalium Lösung mil Chlo r⸗ 
wasser frisch hergestellt, indem sich das Chlor mit dem Kalium der⸗ 
»indet und bromfrei wird. Dieses frisch enibundene Brom in was⸗ 
eriger Loͤsung scheint mit großer Lelchtigkeir die Gewebe zu durch⸗ 
dringen und selbst ins Blut überzugehen, und nur durch diese 
Eigenschaft wird es möglich, daß die bereits in den Bluistrom ein— 
zedrungenen Pilze und Bacterien gesödtet werden“; dem menschlichen 
Drganismus ist es dabel absolut unschädlich. Nachstehend wird die 
Verordnung des Herrn Medicinaltach Clemens, wie er sie jetzt 
gewoͤhnlich anwendet, mitgetheilt! 4 
del Rp. Kali bromat 1-6 Orm, je nach der Schwere des 
allesz8s8. e 
Syrup, opl. 80.0 Grm. 77 
Aq. destillat. 80.0 Grm