Full text: St. Ingberter Anzeiger

jonal einige Andenken geben, Herr Pieltri bei sich zu behalten, den 
Jugendfreunden Conneau und Espinasse gewisse Waffen und Bücher 
als“Souvenir aushändigen, endlich seinem allen Kammerdiener, 
sinem Kürassier von Reichshofen, eine Leibrente zahlen jolle. 
Madrid, 24. Juni. Die „Epoca?“ meldet von einer 
Bande Ausständischer, die sich in Katalonien erhoben und in meh⸗ 
reren Ortschaften Zwangslieferungen von den Bewohnern einge⸗ 
krieben haite. Von der zur Herstellung der Ruhe aufgebotenen 
Gendarmerie waren sechs Aufständische getödtet und mehrere andere 
perwundet worden. 
— 
reAꝛrgericht der Pfalz. 
Zweibrücken, 21. Juni. Verhandlung gegen Thomas Morio, 
42 Jahre alt, Winzer und Adjunkt in Rauschbach (Cantons Landau) wegen 
vorsaͤßlicher Brandstiftung. Veitreter der k. Staaisbehörde: Staatsanwalt 
Scherrer, Bertheidiger Anwalt Gebhart. 
Mit seiner Frau und 8 Kindern bewohnte der Angelklagte sein in der 
Haupistraße zu Rauschbach gelegenes einstöckiges Wohnhaus. Unter demselben 
Dache mil demselben und nur durch eine Riegelwand von ihm getrennt, be⸗ 
fand sich das Kelterhaus und unter Wohn⸗ und Kelterhaus lag ein sogen.⸗ 
Balkenkeller, in welchem der Angeklagte seinen Wein aufbewahrte. Funf 
Meter hinter diesem Hauptgebäude steht in dem Hofraume das erst vor eini⸗ 
gen Jahren erbaute Nebengebsude, bestehend in Scheuer und Stall. In der 
Nacht vom 8. auf den 4. März abhin zwischen 1 und 2 Uhr hraunte das 
Wohnhaus mit Kellerraum zusammen und deuteten eine Reihe von Umständen 
sofort daraufhin, daß man es hier wieder einmal mit einer Brandlegung, 
wie fie in letzter Zeit in schreckenerregender Weise überhand nehmen, zu thun 
habe, Die Leute, welche zuerst an der Brandstätte sich befanden, sahen zu 
zleicher Zeit im Keller und im Speicher Flammen und bei der gerichtlichen 
H rtsbesichtigung fand man 4 bis 5 räumlich getrennte Feuerherde und Ueber⸗ 
reste von leicht brennbarem Material unter solchen Gegenständen, die für 
Flammen nicht so leicht empfänglich find, z. B. unter der Kelter und unter 
den einzelnen Weinfässern im Kellec.“ Der Angeklagte sieht auch die Wich— 
tigkeit dieser Indicien für eine objectiv vorhandene Brandlegung ein und 
sucht nur in subiectiver Hinsicht dieselbe einigen ihm seindselig gefinnten 
Burschen, die ihm schon früher einmal gedroht hätten, in die Schuhe zu 
schieben. Von einer derartigen Drohnng wissen aber die von dem Ange⸗ 
klagten hiefür producirten Zeugen gar nichts und durch die geführte Vor⸗ 
uniersuchung wurden denn auch mancherlei Indicien dafür vornefunden, daß 
der eigentliche Thäter doch wohl in der Familie des Angeklagten zu juchen 
sein duürfte. Der Angeklagte befand sich zur Zeit des Brandes in den be⸗ 
draͤngtesten Vermögensverhaltnissen, er und sein ganzes Anwesen war mit 
Schulden überbürdet und die einzelnen Gläubiger hatten die Geduld verloren. 
Ende Feoruar und Anufangs Maͤrz waren verschiedene Vorsichtsverfügungen 
erwirkt und Arreste angelegt worden und die gänzliche pekuniäre Vernichtung 
des Angeklagten stand in nächster Nähe. Er besaß zwar noch etwas mehr 
als 8000 Luer Wein, aber der war „gemacht“ und zwar so schlecht gemacht, 
daß er nach Aussage der Sachverständigen nur mehr zu Essig haͤtte verwendet 
erden können umd das will doch heutzutage viel sagen! 95 M. — sage 
funfundneunzig Mark war der wahre und wirkliche Werth von 1000 Liter 
dieser fabricirien Flüssigkeit — „Wein“ genannt. An einen einigermaßen 
qunstigen Verkauf desselben konnte der Angeklagte unter diesen Umständen 
natürlich nicht denken, aber wenn es brannte, wenn die Fässer ausliefen, wer 
wollte den wahren Werth der ausgelaufenen Flüssigkeit festsezen ? dann konnte 
er hoffen, ein annehmbares Summcchen für sein Fabrikat zu erhalten. Das 
Feuer hatte ihm aber diese Gefälligkeit, trotzdem mit Siroh und leichtver⸗ 
oͤrennlichem Holz unter den Fässern vorgesorgt war, nicht vollständig gethan 
der „Wein“ war wohl auch ihm zu schlecht — denn so groß die Flam⸗ 
men im Keller auch waren, 1100 Liter Wein ließen sie zur Beglückung der 
Menschheit doch noch übrig, und das war dem Angeklagten doch nicht ange⸗ 
nehm. Wenige Tage nach dem Brande hatte er dem Gendarmen Roth in 
Landau gegenüber geäußert: „Er stecke nicht mehr so tief in Schulden, wenn 
er jetzt seine Versicherungssumme erhielt, könne er sie Alle bezahlen und dann 
werde er fich einschränken.“ In der Voruntersuchung wurde auch constatirt, 
daß kurz vor dem Brande ungewöhnlich große Quannuitäten Petroleum gekauft 
vorden, die nach dem Brande nicht mehr vorhanden waren. Die k. Staats⸗ 
behörde glaubte, nach beendigtem Zeugenberhöre koͤnne bei den Geschworenen 
tin Zweisel an der Schuld des Angeklagten nicht mehr aufkommen. Die 
bielen Brandspuren in dem fest verschlossenen Keller könnten doch unmöglich 
von der Hand eines Dritten gelegt sein. Die Vertheidigung führte aus, es 
jei nicht ganz ausgesthlossen, daß die Kellerthüre vor dem Brande nicht doch 
geöffnet gewesen sei und dann könne ja das Feuer auch von der Frau oder 
den Kindern des Angeklagten gelegt worden sein. Die Schuld des Ange— 
klagten sei durchaus nicht über allen Zweifel erhaben und es mufsse deshalb 
Freisprechung erfolgen. Die Geschworenen bejahten jedoch die Schuldfrage 
und der Schwurgerichtshof veruriheilte den Ängeklagten in eine Zuchthaus⸗ 
strafe in der Dauer von 8 Jahren und zu gleichdauerndem Verluste der 
bürgerlichen Ehrenrechte. 
SBermijhtes. 
p Geldvermittlung mittelsi Postanweisung und durch den Tele⸗ 
grophen. Im Interesse des cortespondirenden Publikunis sei daran 
rinnert, daß auf eine Postanweisung bis einschließlich 400 Mark 
eingezahli werden können und daß sich diese Art der Uebermittelung 
bon Geldbeträgen nicht allein der Billigkeit (0 Pf. jür 400 M.) 
und Einfachheit wegen, sondern auch in Rüchssicht auf die größtmög⸗ 
liche Schnelligkeit in der Ueberkunft empfi hlt, da Postanweisungen 
als Briespostgegenstände auch mit den Schnellzügen Besörderung er⸗ 
halten, was bei Geldbriefen 2c. nicht der Fall. Die Möglichkeit 
des Geldaustausches durch den Telegraphen scheint noch immer nicht 
genügend erkannt zu sein. Wie auf einer Postanweisung koönnen jetzt 
mittels eines Telegramms Beträge bis zu 400 M. versendet werden. 
Der Absender hat das Postanweisungs⸗ Formular — oder mehrere 
bei größeren Summen — vorher auszufüllen und mit dem Vermert 
emittelst Telegtaph“ oder „ielezraphisch“ zu versehen. Etwa wün⸗ 
schenswerthe, mitzutelegraph rende Bemerkungen können auf den Ab⸗ 
schuitt der Anweisung niedergeschtieben werden. Dabei und bei 
Fertigung der Adresse ist die wöglichste Kürze räthlich, weil jedes 
Wort der Ueberweisungsdepesche bezahlt werden muß. Die Audgfer⸗ 
igung des Telegramms geschieht durch den annehmenden Beamten. 
Ia Gebühren sind zu entrichten: das Franco für jede Postanwei⸗ 
ung, Telegrammgebühr (etwa je ein M. bei einfacheren Adressen 
ind ohne Bemerkungen und 50 Pfg. Eilbeslellgeld für die Austra⸗ 
jung jedes Telegramms und des darauf überwiesenen Betrages am 
Bestimmungorte. 
Hornbach, 24. Juni. Vergangenen Freitag den 18. 
yuni haite der dahier in Diensten stehende Schreinerlehrling Paul 
Schreiber, ein fleißiger junger Bursche von 160 Jahren, das 
Unglück, sich mit einem Beile in den Daumen zu hauen. Derselbe 
derklebte die stark blutende Wunde sofort nach Schreiners⸗Gebrauch 
mit Leim, der in einer eisernen Pfanne aufbewahrt wurde, welche 
vahrscheinlich Rost gezogen hatte; ohne die ihm nicht gefährlich 
cheinende Wunde zu beachten, arbeitete derselbe weiter, bis später 
Blutvergiftung eintrat, worauf Starrkrampf erfolgte, welchem er 
Jestern unter heftigen Schmerzen erlag. 
4 Das Landgericht in Wald moher scheint zur Aufhebung 
zestimmt zu sein. Dieser Tage begab sich eine Deputation nach 
München, um den Justizminister fuür Erhaltung desselben zu be⸗ 
timmen. Privatnachrichten zufolge dürfte dasselbe vorläufig bestehen 
leiben, aber bei einer nach vier Jahren erfolgenden definitiven 
Zutschließung bezüglich der Amtsgerichte als Opfer fallen. 
Kaiserslautern, 26. Juni. Wie uns mitgetheilt 
vird, hat ein kürzlich im hiesigen Zuchthause verstorbener Strafling, 
er wegen verschiedener Diebstähle eine längere Strafe zu verbühen 
satte, vor seinem Tode gebeichtet, daß er auch noch einen anderen 
Diebstahl, den einert silbernen Cylinderuhr, verübt habe, wegen dessen 
in anderer Mann unschuldig zu 4 Wochen Gefängniß verurtheilt 
vorden sei. Er habe die betr. Uhr damals im hiesigen Polizei⸗ 
vachtlocale verstectt. Auf erfolgtes Nachsuchen fand man denn auch 
die Uhr im Wachtlocale auf dem von dem Sträflinge angegebenen 
Blatze versteckt, und zwar stark verrostet. (t. 3.— 
F Vor zwei Jahren wurde in Dürkheim ein liberaler 
Wahlverein gegründet, der, wie aus einem Bericht im D. Anz. 
servorgeht, ohne vrel Spectakel zu machen, eine so gute Wirkung 
Jeübt hat, daß bei der letzlen Reichstagswahl sämmtliche Stimmen 
n Düctkheim auf den liberalen Candidaten vereinigt wurden. Der 
Zzericht schreibt diese günstige Wirkung der Verbreitung von Schriften 
u, die deu Wahlern den nöthigen Aufschluß geben über die schwebenden 
xragen. Der Verein zu Dürkheim zählt laut Liste zur Zeit 320 
Nitglieder, darunter sind alle Stände, am zahlreichsten Gutsbesitzer, 
Hewerbetreibende und Oekonomen vertreten. Constituirt sind ferner 
dolalvereine zu Deidesheim, Wachenheim, Freinsheim, Erpolzheim, 
Bdöanheim u. a. O. im Canton Dürkheim. 
FBurbach, 25. Juni. Heuie Nacht starb hier nach 
ängerer Krankheit Herr Commerzienrath Nilolaus Flaum. Das 
Ausblühen und die jetzige große Bedeutung der Burbacher Hütte 
ind lediglich das Resultat seiner Leitung. Er war richt nur als 
hutenmann, sondern in jeder Bez'ehung eine ausgezeichnete Per⸗ 
onlichteit, so daß sein Verlust in allen betheiligten Kreisen tief 
mpfunden werden wird. (S. 3.) 
Saargemünd, 24. Juni. Ueber Personalver⸗ 
inderungen am hiesigen Landgericht läßt sich die „Straßb. Zig.“ 
chreiben: der Kammerptraäsident Shhneider geht in gleicher GEigen⸗ 
schat nach Kolmar, der Oberprokucator Mühlinghaus als ältester 
Zammerpräsident nach Straßburg, der Staatsprokurator Becker als 
erster Staaisanwalt nach Met Zum Kammerpräsidenten hier soll 
der ällesie Landgerichtsrath, Herr Krieger, befördert werden 
ind als erster Slaatsanwalt der Staatsprolurator Böcking aus 
Straßburg hierher lommen. 
Würziburg. Das Militärbezirlsgericht hat in seiner 
Sitzung vom 7. d. Mis. den Unterofficier Nic. Lang des 4. 
Infanterie⸗Regiments in Metz, der angeschuldigt war, in mehreren 
Fällen Untergebene gröblich mißhandelt und beleidigt zu haben, zu 
JJahr 4 Monaten Gefängniß und Degradation verurtheilt. 
FMarau, 24. Juni. Am Samftag Abend fiel hier ein 
—V 
var bereits im Versinken begriffen, als eine in der Nahe (beim 
Damenschwimmbad) im Freien badende hiesige Dame die drohende 
Hefahr bemerlkte, auf das sinlende Kind zuschwamm und es glüdlich 
rettete. (S. W.) 
4 Der Lieutenant Frhr. von Egloffstein, welcher sich jürgst 
in Dillingen erschossen, war der letzte übtig gedliebene Sohn 
einer nun tiesgebeugten Mutter. Derselbe war von Natur ausge⸗ 
tattet mit Allem, was zu einem glücklichen Leden hier berechtigt. 
Besund, kräftig, wohlerzogen, kiudlich an seiner treuen Putter han— 
gend, ein tüchtiger Officiec und braver Kamerad. Als er Ojficier 
burde, bezog er eine Jahresrente von 9000 Mark, wovon er nur 
eine Mutier zu apanagiren und die Kosten seiner Gutsverwaltung 
uu wagen hatie. Es blieben ihm baar 6000 Mark jähtlich. Da 
eranlaß e ihn sein Rittmeister, mit ihm einen Weqhsel von über 
.5,000 Mart zu unterschreiben, auf welchen Vetrag der Rittmeister 
ür einen anderen Nittmeister gutgestanden war. Egloffstein wurde