Sl. Ingberter Anzeiger.
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M 10.
Sonntag den 209. Juni
1879.
Deutsches Reich.
Berlin, 26. Juni. Der Reichslag hat heute in erster
und zweiter Lesung den Gesetzentwurf über den Bau einer Eisen⸗
bahn von Teterchen nach Diedenhofen genehmigt.
Berlin, 26. Juni. Heute Abend stimmt die Commission
über die Tabaksteuersäte ab. Es liegen Anträge vor vom Cenitum
b0 Mark für ausländischen, 25 Man für inländischen Tabak; von
Buhl 85 resp. 45 Mark; von Blum 80 resp. 40 Mark; von den
Tonserbatiben 100 resp. 60 Mark. Aussicht aus Annahme hal der
Antrag Buhl, der ebentuell Nachsteuer von 82 resp. 20 Mark
vorschlägt.
geklagte hat nun Schaden durch den Brand und scheint fich durch diese That
nur an seiner Frnu habe rächen zu wollen.
Bermẽecchtes.
783weibrücken, 27. Juni. (3. 3.) Gestern Nach⸗
mittag um 4 Uhr beehrte Se. Exiellenz Hr. v. Pfeufer, Staais⸗
ninister des Innern, nachdem er vorher in Begleitung des Hrn.
Regierungspraͤsidenten v. Braun und mehrerer hohen Bahnbeamten
die Bliesbahn befahren hatte, unsere Siadt mit einem lurzen Be⸗
suche. Bei seiner Rundfahrt durch die Stadt befanden sich in sei⸗
ner Begleilung Hr. Regierungs taih und Bezirlsamimann Danm,
Hr. Assessor Schäfer, Hr. Gestütsdirekltor v. Rad, Hr. Bürger⸗
meister Marder und die HH. Adjunkten Zorn und Brünisholz.
Der Hr. Minister besichtigie die katholische Kirche und die Syna⸗
zoge und fuhr kurz nach 8 Uhr in der Richtung nach Landau
vieder weg. Gestern Vormittag war er in Kaiserslauern, wo er
sich speziell den neuen Bahnhof, das Gewerbemuseum und das
neue Gymnasium ansah und im Schwanen zu Mitiag speiste.
Speyer, 20. Juni. Auf Anregung des hiesigen Bür⸗
jermeisseramis gab die Stadt Speher dem zur Zeit zum Zwecke
ner Inspeltion in der Pfalz anwesenden Mimister des Innern, Hrn.
). Pfeuffer in dem Saale des „Wittelsbacher Hofer“ gestern Abend
in Bantett. Dasselbe war so zahlreich von Vertrelern aller Slaude
zesucht, daß der geräumige Saal die Guste nicht fafsen konnte; viele
nußten in den Nebenzimmern Stellung suchen. Der Minister wurde
m Namen der Stadt durch den Adjunkien Sünß mil einem Toast
egrüßt, in welchen der Redner an bie schoöͤne und die schlimme Zeit
xinnerte, die Se. Exjellenz als Regierungspräsident der Pfalz in
unseren Mauern verbracht, an die Zeit, in der in gemeinsamer
Sorge um das Wohl des engeren Balerlandes er der Surgerschaft
nahe getreten sei mit Rath und That. Wie die Stad⸗ ihm, so
nöge er der Stadt ein freundliches Andenken bewahren. Das Hoch
galt dem Staatsminister, der der Stadt die Ehre seines Besuches
geschenkt. Dem Speyerer Ehrenbutger Pfeuffer brachte Dr. Weltz
pas zweite Hoch. Auf beide Toaste erwiderie Se. Erzellenz sofort
in dem Sinn, den wir hier zusammenfassen: Schlimme Tage habe
x allerdings in der Pfalz erlebt, aber auch schoͤne. Ein erhebendetß
Befühl in schlimmer Zeit sel es gewesen, daß die Pfalz, obgleich
Brenzland gegen Frankreich, Angefichis des Oer Krieges muthvoli
uund opferwillig, gehobenen Hauptes in patriotischer Hingebung an
as deutsche Vaterland Nichts von Neutralität wissen wollie, daß
Siegen oder Sterben ihre Parole gewesen, während im baherischen
dandtage ein Theil geg en den Krieg war, ein Theil aus Gegen⸗
den geschickt, die selbst im schlimmsten Falle niemald mit den sieg⸗
eichen Franzosen in Berührung komwmen konnten. Dant der treff⸗
lichen Armee und ihrer ausgejeichneten Führung sei die Opfer⸗
vpilligleit der Pfalz belohnt worden; fie sei heule noch, was sie vor
70 war, treu dem Konig, treu bem Valetlande. So lange er
ebe, bleibe ihm jene Zeil in freudiger Erinnerung. Ueber Erwarten
jabe ihn Speyer geehrt durch die Ernennung zum Ehtenbürger,
hn Üüberrascht durch solchen Beweis der Anhänglichkeit, und daß
»ie damals für ihn gehegie Gesinnung nicht erlaliel, lese er in dem
Zesichte der Gesellschaft, in der alle Siände vertreten seien in schoͤnster
darmonie. Sein Hoch galt der anwesenden Gesellschaft und der
Stadt Spehetr. Der letzie Toast wurde von Lehrer Hoͤrner ge⸗
prochen. Im Anschluß an ein Wort von Jean Paul: Es gibt
zewisse Zeiten, in denen die Seele sichtbar wird, in denen sie ihre
Vestalt entschleiert und ihre Larde ablegt: unter diese Feiten gehört sicher
»er Augenblid des Dankens“ — sprach Lehrer Hörner über vie
vohlthuende Gesinnung, die sich darin ausspreche, daß ein Btamter
nuf der höchsten Stelle des Beamtenthums sich in dürgerlichen
dreisen so wohl fühle und damit die wohlwollenden Gesinnungen
St. Maj. des Qonige gegen sein Volk zu so wahrheitsgetreuem
Ausdrud bringe; Hiermit lentte er zu einem Hoch auf Se. Maj.
den König über, dem die Absingung der Nationalhymne folgte.
Um Mitternacht verabschiedete sich der Hert Minister mit dem Herrn
Regierungspräfidenten dv. Braun. (Sp. Ztg.)
fIn Bornheim bei Frankfurt hat ein Wirih mit seinem
dinde und der Amme desselben, welche sein Herz gefesselt, das
Ausland.
Paris, 25. Juni. Das Journal ‚Le Voltaire“ behaup⸗
tet, zu folgender Erklärung ermüchtigt zu sein: Das Manifest, wel⸗
hes Prinz Jerome Napoleon an das Land XL
Versicherung enthalten, daß er, der Prinz, nicht als Pralendent
aufzutreten beabsichtige, und daß er in seiner Familie keinen Praä⸗
endenten dulden werde. Die Republit jei die bon ihm alzeptirte
Staatsform, und der gedenke er ireu zu bleiben.
Paris, 26. Juni. Heute Mittag wurde in der Kirche
St. Augustin der Trauergottesdienst für den Prinzen Louis Na—
poleon gehalten, welchem Prinz Jerome, der das große Band der
Ehrenlegion trug, begleitet von seinen Söhnen, ferner Prinzessin
Mathilde, die Königin Isabella, der Erzbischof von Paris, bas
diplomatische Korps, sämmtliche bonapartistische Notabilitaäten und
ein äußerst zahlreiches Publikum beiwohnien.
Konstantinopel, 26. Juni. Der Sultan unterzeichnete
den Erlaß, welcher den Khedive abseßzt, und seinen Sohn Tewfil
zum Naͤcfolger ernennt.
Kairo, 26. Juni. Tewfik Pascha wird heute Abend 5
Uhr in der Citadelle zum Vicelonig von Aeghpten unter dem Namen
Tewfik J. gusgerufen. Ismail Pascha hat sich dem Abseßzungs⸗
decret oes Sultans ohne Wiederrede gefüht.
punrgsrrich der Pfalz.
Zweibrüuden, 28. Juni. Verhandlung gegen Christian Thomann,
38 Jahre alt, Aderer in Asselheim, wegen Brandftistung vorsätzlicher Kör⸗
perverlezung und Bedrohung. Bertreler der i. Staats behörde: Staatsan-
walt Scherrer. Vertheidiger Anwan Frenkel.
Der Angeklagte lebte mit seiner zweiten Frau Elisabetha Köhler, seinem
78jährigen Onkel Tarl Thomann und drei erftehelichen Kindern zu Asselheim.
Er bewohnte daselbfi ein ihm und seinem Ontel gehöriges Haus. Seiner
Ehefrau hatte er im Ehevertrage einen Kindesantheil seines Vermögens ver⸗
Racht. Die Anfangs glückiche Ehe wurde jedoch bald sehr gestört, als die
Ehefrau an Weihnachten in eine hartnäclige Krankheit verfiel, die große
Kosten verursachte ja sogar eine eigene Pflegerin fur die Frau nöthig machie.
Daruber gerielh der Mann in Unmuth, krieb sich in den Wirthshäusern
herum, behandelie feine Frau auf die roheste Weise, warf ihr vor, sie bringe
die erstehelichen Kinder um ihr Vermögen, ja er drohle ihr, als sie im Fe⸗
bruar wegen der Kalle sich Feuer machen wollte, das Beti unter dem Leibe
zu verbrennen. Unter solchen Umstanden faßte die Frau den Entschluß das
Haus ihres Mannes zu verlaffen. Als nun am 8. Februar eine Chaise sie
abholen wollte, wurde der Mann ganz rasend, bedrohte fie mit Prügel und
Messer und versuchte sie, als sie in die Chaise gebracht war, herauszureißen,
vas ihm jedoch nicht gelang. Nun versuchte er wieder eine Versohnung her⸗
eizufuͤhren, unter anderem auch durch Drohungen, wie: wenn keine Ver⸗
bhnung zu Stande kommt, paffirt in ven nächsten Tagen ein Ungluck. Am
12. Februar ging der Angellagte nach Franlkenthal zu einem Änwalt, um
hn zu befragen, ob er den Ehevertrag rückgängig machen könne. Hier laß
er im Frankenthaler Tagblatt einen Artilel“ uüber den Scandal, den er am
3. Februar aufgefuͤhrt hatte und kehrie, nachdem er fich betrunken, in großer
EIntrüstung nach Hause zurlik. Daselbst ging er zu der Warlerin seiner
Frau, die wahrend seiner Abwesenheit einige der Frau gehorige Sachen geholt hatle
um sie daruber zu Rede zu stellen, und machte dieser gegenüber die Aeußerung
er wolle noch das Grunfiadler Blau lesen, stünde dort noch eiwas darin, dann
wurde fie bald sehen, was er mache, dann habe er nichis und seine Frau
richts. Als der Angeklagie nach Haufe kam, trieb er sich in Stall 'und
Scheuer herum, sagie zu seiner Magd, sie solle den Kindern zu essen geben,
er wolle sich schlafen legen. Er ging nun in den zweiten Siock des Hauset
und kurz darauf stand das ganze Gebäude in Flammen. Roch bei Beginn
des Brandes außerte er seiner Magd gegenüber: „Laß es nur brennen, vwaß
ann man da machen.“ Anfangs behauptete der Angeklagte, er könne sich gar
richt denken, wie der Brand entflanden sei, später aber sagle er, sein 78juͤhriget
Onkel musse das Haus angesteckt haben, was aber dadurch widetlegt wird,
aß leßterer vor dem Brande hinter dem Ofen der Wohnstube seiner Ge⸗
vohnheit gemaß eingeduseli und von da nicht fortgekommen war. Der An—
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