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St. Ingberter Anzeiger.
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A 106.
Sonntag den 6. Juli
1379.
Deutsches Reich.
Berlin, 3. Juali. Die Zolltarifcommission des Reichstags
lellt den Antrag, daß die Zoͤlle anf Eisen, Hopfen, Instrumente,
Materialwaaren, Lichter, Oel, Petroleum, Thiere und Vieh sosort
n Kraft treten sollen. Von den Materialwaaren bleiben vorläufig
draftmehl und Mühlenfadrikate ausgeschlossn. Vom 1. Januar
1880 an sollen die Zoͤlle auf chemische Zündhölzer, Malz, Kraft⸗
mehl, Mühlenfabrikate, einfaches Leinengarn und weißes und farbiges
Slas in Kraft treten, vom 1. Sciober 1879 an die Zolle auf
ille übrigen im Tarif aufgeführten Arüikel, also auch Getreide,
dolz, ꝛc.
Berlin, 83. Juli. Außer der Einigung über den Tabakzoll
und die Tabaksteuer von 85 resp. 45 M. ohne Nachsteuer und
Licenzsteuer sollen sich Centrum und Conservateve über den Kaffee⸗
oll zu 40 Mark und den Petroleumzoll zu 6 M. verständigt haben.
Als Finanzminister gilt aus designirt der Unlerftaats-
ekretär im Ministerinm des Innern, Biter, als Kultusminister der
Oberpräsident v. Schlesien, v. Puttlamer; für das Minist.rium der
andwirthschaft scheint die Entscheidung zwischen v. Seydewitz und
ducius (dem bekannten persönlichen Freund des Fürsten Bismarch)
noch auszustehen. Die Verhandlungen nähern sich ihrem Abschlusse.
Die Ernennungen werden uͤnmmelbat erwartet.
Die „Deutsche Allgem. Zig.“ in Leipzig schreibt: „In un⸗
eren Reichbangel egenheiten hat in der vergangenen
Woche die Trübung und Verwirrung aller Verhältnisse einen so
sohen Grad erreicht. daß es in der That auch dem ruhigsten und
miner moͤzlichst das Beste hoffenden Politiker nachgerade sehr
chwer wird, sich von Anwandlungen des Pessimismus freizuhalten.
Statt einer Verstaändigung des Reichskanzlers mit dem rechten Flü⸗
jel der National Liberalen unter Bennigsen, welcher vor acht Ta⸗
jen in Aussicht zu stehen schien, ist eim solche mit dem Centrum
ingetreten und hat ihren Ausdruck in einem Beschlusse — aller⸗
ungs zunächst nur der Tarifkommission — gefunden, der, wenn
o gemeint, wie er seinem Wortlaut⸗ nach veistanden werden muß
ind von den Ultramontanen offenbar auc verstanden wird, in der
khat einen bedenklichen Sieg des Partikularismus und einen ent—
diedenen Rüchschritt in der Reichspolitik, selbst über die Reichs⸗
erfassung hinaus rückwärts, anzeigen würde, dagegen in der Aus—
gung, welche man konferdativer⸗ und offizoserseits ihm gibt, eine
zweideutigkeit, ja, anscheinend eine versuchte Ueberlistung des Cen⸗
rums enthält, von der wir uns eben so wenig Gutes versprechen
dnnen. Dazu kommen nun die —AL Minister.
„o geräth Alles ins Wanken und Schwanken. Eine konserbativ
iltramontane Mehrheit im Reichstage, mit der Bismard regieren
u wollen scheint, eine Neubildung des preußischen Staatsministe⸗
iums unter Ausstoßung gerade der Elemente, an deren Verbleiben
e letzten Hoffnungen der Liberalen sich tnüpften, eine ans heinend
eabfichtigte „Umkehr“ der ganzen in den letzien 12-15 Jahren
ingehaltenen Politik sowohl im Reiche als in Preußen, Das ist
n d'esem Augendlicke die Signatur unserer deutschen Zustände.“
xẽ s ist nur gut, daß die Klarung dieser Verhäitnisse unmöglich
ange auf sich warten lassen kann. So ganz und gar das Ver—
rauen auf den Fürsten Bismarck jetzt schon fahten zu lassen, scheint
ins trotz Alledem noch nicht XXVXV
ehbede ließ die Anklage gegen den Schwiegersohn Gehm fallen, da sie haupt⸗
achlich auf den Angaben des jungen Franz Kennel basirte, der jedoch schon
vegen seiner geistigen Beschaffenheit nicht den geringften Glauben verdiene.
lus demselben Grunde muͤsse dann auch die Anklage gegen den Franz Ken—
el selbst fallen. Der alte Kennel jedoch müsse, nachdem er noch zu allem
leberflusse in der öffentlichen Verhandlung ein Geständniß abgelegt, an dessen
Bahrhaftigkeit man nicht zweifeln könne, allein der Brandstifter gewesen sein,
ei aber dazu allerdings von seiner Ehefrau verleitet worden. Die k. Staats⸗
ehörde beantragte deßhalb, den allen Kennel der Brandstiftung und dessen
ẽhefrau der Anftiftung zu diesem Verbrechen schuldig zu sprechen. Die Ver—
heidigung des alten Kennel führte aus, daß trotz des Geständnisses die Schuld
es Ehemannes Kennel nicht unumstoßlich feststehe; es läge eine Unmasse
Indicien gegen den Schwiegersohn Gehm vor und dieser könne mindestens
bensogut der Thäter sein wie der alte Kennel. Die Anficht des k. Unter⸗
uchungrichters, der trotz des Geständnisses des Kennel den Gehm als den
igentlichen Thäier bezeichne, falle doch sehr schwer ins Gewicht; dieser Beamte
abe sich während der 874 Jahr dauernden Untersuchung ganz in die Sache
ineingelebt, und wenn er nun seine fruhere Ansicht, der alte Kennel sei der
randstifter, aufgebe und trotz des jungsien Geständnifses des Kennel aufgebe,
o müßten doch sicherlich gewichtige Gruͤnde für ihn vorhanden sein. Zur
berurtheilung des alten Kennel sei nothwendig, daß die Geschworenen sich
uf ihren Eid hin sagen könnten: Wuͤ wissen, daß der alte Kennel es waͤr,
»er den Brandstoff,/ ans Haus gebracht hat.“ Das könne aber Niemanß
agen, da die ernstlichsten Zweifet vorhanden sein müßten. Der Vertheidiger
Aer Ehefrau Kennel stellte auf, es läge auch nicht der geringste Beweis fur
die Schuld der Ehefrau vor; wer könne denn bezeugen, daß sie ihren Mann,
venn dieser der Thäter sei, zu der That aufgehetzt habe? Die beiden andern
bertheidiger hatten, nachdem die Anktlage von der“l Staatsbehörde fallen
elassen worden war, leichtes Spiel und beantragten Freisprechung ihrer
dlienten. Die Geschworenen sprachen ganz nach Antrag der k. Staatsbehörde
»en alten Kennel der Brandftiftung und die Ehefrau Kennel der Anstiftung
u diesem Verbrechen schuldig, den Gehm und den jungen Kennel dagegen
rei. Letztere wurden dierauf sofort in Freiheit gesetzt, die Eheleute Kennel
edoch zu einer 5!/jahrigen Zuchthausstrafe und der Ehemann Kennel zum
Ferlust der bürgerlichen Ehrenrechie in der Dauer von 8 Jahren verurtheilt.
In dieser Strafe ist zugleich die einjährige Gefängnißstrafe zu welcher die
eiden Eheleute wegen Betrugsverfuchs in der vorigen Session veurtheklt
vorden waren und die in Zuchthausstrafe umgewandelt wurde, mit einbegriffen.
Mit diejem Falle schloß diese Sefsion. und die Geschworenen wurden in
hre Heimatheentlasien.
Vermischtes.
Der Vermögensstand der prot. Pfarrtöchterkasse
der Pfalz bezifferte Ende 1878 89,891 M. 16 Pf. und zeigt
egen jenen von Ende 1877 eine Mehrung von 6280 M. 87 Pf.
Die Ausgaben pro 1878 sind: Unterstüßzung an auf die frühere
Pfarrreliktenkasse angewiesene Pfarrerbtöchter 53010 M., Unier⸗
tützung an Pfarrerstöchter nach Maßgabe der Satzungen von 1872
070 M. 50 Pf., Verwaltungs tosien 130 M. 14 Pf., Kapital⸗
anlagen 7920 M., zusammen 14, 150 M. 64 Pf.
FPirmasens, 83. Juli. Ein Maurer, Namens Reiland
aus Otterberg, am Neubau des Waljz'schen Fabrikgebäudes beschaf⸗
iot, veruuglückte gestern Abend auf schrecklich⸗ Weise. Ein Brett
nuf dem Gerüste des Baues, auf welches der Unglückliche treten
vollte, löste sich los, und er fiel aus dem 2. Stocdwerk in den
dellet. Außer mehreren Rippen brüchen, die sich der Unglücliche
uzog, zerschmetterte er sich den Kopf dirart, daß er wohl nur noch
penige Stunden zu leben haben wird. Reiland ist verheirathet
und Vater dreier unversorgten Kinder.
r Der Pfälzische Turnerbund veranstaltet Sonn⸗
'ag den 20. Juli in Landau ein Vreitlurnen füt Turnwatie
und Vorturner.
fTrier, 8. Juli. Gestern Nachmitlag zwischen 5 und 6
Uhr zog ein Gewitter mit Hagelschlag üder un sere Sladt, wie wir
»s so andauernd und so hestig wohl seit mehr als einem Jahrzehnt
nicht mehr erlebt haben. Volle 48 Minuten lang sirdmte der
Regen hernieder, so daß die Straßenrinnen zu reißenden Baächen
inschwollen und Straßen, sowie theilweise das Trottoire unbassi rbar
nachten. Mit vier ganz kurzen Pausen fielen während derselben
Zeit Hagelstücke bis zur Größe von Taubeneiern so dicht herab,
aß man fich mitten in den Winter versetzt glaubte. Stellenwe se
agen die Hagelkoͤrner fußhoch, so daß sie bequem in Kuübeln gefaßt
ind als Eis foctgetragen werden konnien. Der Schaden, welchen
der gestrige Hagelschlag angerichtet hat, wird uns als ein sehr be⸗
eutender bezeichnet. Abgesehen von den hunderten zertrümmerter
Fäensterscheiben sind namentlich die Gärten. insbesondere die Baum—
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Schwurgericht der Pfalz.
Zweibrücken, 2. Juli. WVerhandlung gegen Keun el, Gehim wegen
drandstiftung.) Das Verhör der 41 Zeugen nahm den ganzen ersten und
en halben zweiten Verhandlungstag in Anspruch. Aus demselben wollen wir
ur noch die Aussage des Herrnek Untersuchungsrichters von Kaiserslautern
arz hervorheben, welcher in der vorigen Session es als seine Ueberzeugung
insteilte, daß der alle Ehemann Kennel der eizentliche Brandftifter sei Jetzi
at fich in Folge der gepflogenen Untersuchung die Ansicht des Herrn Unten
hungsrichters dahin geandert, daß zwar die alten Eheleute Kennel bei der
drandlegung geholfen haben koͤnnten; daß aber troß des Geständniffez des
lten Kennel in der Sitzung der eigentliche Thater niemand Anderes als der
Hwiegersohn Gehm gewesen sei. Der alte Kennel beharrte auch in der
estrigen Verhandlung bei seinem Geständnisse, wonach er allein der Thäter
ewesen sei und sonst Niemand in der Familie um die Brandlegung auch nur
wußt habe. Gestern Nachmittag begannen die Debatten, die gefiern Äbend
iz9 Uͤr und dann hein⸗ früh von 8 bis 11 Ubr bauerien S