Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Neveinor. 
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AMA VIIG. 
Donnerstag den 24. Juli 1879. 
X8— 
Deutsches Reich. 
Mänchen, 21. Juli. An die Stelle des für die Nunliatur 
in Lissabon designitten hiesigen Nuntius Masella soll nach klerikalen 
Blattern der derzeilige Nuntius in Brüssel, Migt. Vannutelli, tre 
en. Herr Vannutelli wird nach denfelben Quellen als äußerst 
entschiedener Maan, ein unbeugsamer Anhänger des Syllabus und 
als ein Diplomat, der sich auch vom Fürsten Bismarck nicht dila— 
orisch behandeln lassen dürfte, geschildert. Abwarten! Aus der 
Bersetzung des Msgr. Masellan scheint nur so viel hervorzugehen, 
»aß der Schwerpunkt der Verhardlung über Beilegung des deuts 
chen Kirchenkonfliktes nach Rom selbst berlegt wird, wo der deutsche 
Botschafter bei der italienischen Regierung, Herr v. Keudell, die 
VBermittlung übernehmen dürfte. Iedenfalls werden die Verhand⸗ 
ungen, wie auch bisher, über die Köpfe des Zentrums hinweg ge⸗ 
führt, was die Parteileiter einigermaßen empfindlich be rühren 
osl. (Südd. Pr.) 
Das Gesetzblatt publizirt eine kaiserliche Verordnung, welche 
zie elsaß-lothringischen Kreistage zu einer 
ußerordentlichen am 4. August beginnenden und am nämlichen 
Tage wieder zu schließenden Sitzung einberuft. 
Nach Braunschweiger Nachrichten soll der regierende Herzog 
»on Braunscchweig nicht unbedenklich erkrantt sein. Bea 
)em hohen Alter des Herzogs kann man sich eben auf alle Eden⸗ 
walitäten gefaßt machen. Unzweifelhaft wird für den Fall der 
Erledigung des braunschweigischen Thrones die preußische Krone 
hre Ansprüche auf denselben geltend machen, da nach ihrer Ansicht 
nie hannoverische Dynastie, nachdem sie des hannoverischen Thrones 
erlustig gegangen, keine Rechte auf Braunschweig mehr habe. Die 
zraunschweigische Bevölkerung selbst will am wenigsten vom Herzog 
»on Cumberland Etwas wissen. Letzterer dürfte um so weniger 
von der preußischen Krone zugelassen werden, als er sich immer 
noch auf das Enischiedenste weigert, für sich und seine Nachkommen 
ruf den hannoverischen Thron zu verzichten. Die Folge davon 
vird die sein, daß die preußische Regierung den beschlagnahmten 
Welfenfonds bis auf das Kapital, dessen Zinsen die Königin 
Marie von Hannover und die hannoverischen Prinzessinnen erhul— 
en, in das preußische Staalsvermögen übergehen wird. 
Nusland. 
Die Nachrichten Uber die Zerwürfnisse zwischen Frankreich und 
ẽngland in Veranlassung der neulichen bonapartist schen Trauer⸗ 
eierlichkeit erhalten sich hartnäckig. Der französische Geschäftsträger 
hderr v. Montebello begab sich in Stellvertreiung des Botschafters 
Admirals Pothuan am Donnerstag den 10. Juli zu dem Marquis 
f Salisbury mit der Bilte um Unterlassung der Salutlanonenschüsse 
vor der Leiche des Prinzen Louis Napolton, da derselbe kein regie⸗ 
render Herr gewesen sei. Der Minisierrath stimmte bei; Freitag, 
en 11. Juli, schwiegen in Woolwich die Kanonen. Aber au deu— 
elben Abend ließ die Konigin Vickoria den Grafen Beaconsfield 
ommen, drückte demselben ihre Mißbilligung aus und befahlfür 
S„amstag, den 12. d., als dein Begräbnißtage des Prinzen Artillerie⸗ 
alven. Der jener Audienz Beaconsfield's bei der stönigin anwoh⸗ 
jende Prinz von Wales erklärte gleichzeitig, et habe der Leichenfeier 
n Cibil beiwohnen wollen; jetzt werde er dies in Unisorm thun. 
Im Samstag Abend sprach dann die Koͤnigin Viktoria ihren Ver⸗ 
xuß über jene zudringliche Tactlosigkeit des französischen Kabinets 
n sehr heftigen Worten aus. So wird dem Spezialorgan des 
drinzen Jerome. der Variser .Estaf⸗tio* qus London gemeldet. 
und die wider⸗rechtliche Aneignung des Erlöses als Unterschlagung 
zu bestrafen, gleichviel ob er ausdrücklich beauftragt worden, auf 
»en Namen seines Auftraggebers zu verkaufen oder nicht. 
. Der Wunsch des Amerikaners J. B. Rhoads, Boyertown 
Berkls County, Pennsylvania, welcher wie wir seiner Zeit berich⸗ 
eten, erforschen wollie, aus welchem Theile Deutschlands sein Ur— 
zroßvater Matthias Roth im Jahre 1752 nach Amerika aus⸗ 
vanderte und zu diesem Behufe einen Brief an den Vorstand des 
Postamtes in Mannheim schrieb, ist erfüllt worden. Man schreibt 
ꝛämlich dem „L. A.“ aus Bergzabern: Der Taufschein des frag⸗ 
ichen Amerikaners Mathias Roih, der 1752 aus der Pfalz aus⸗ 
jewandert war, wurde in dem Pfarrbuch der Gemeinde Klingen⸗ 
nünster (Pfalz) vorgefunden. Er lautet; Mathias Roth, Sohn 
jon Andreas Rotb, Steinmacher, und Maria Angelika, wurde ge⸗ 
auft am 18. Juli 1732. Taufzeugen waren: Mathias Leibrecht 
und Magdalena Brauin. Die Anzeige hievon ist dem Vorstand 
)es Mannheimer Postamts nebst besagtem Taufschein zugestellt wor⸗ 
den, und befindet sich die richtig nachgeweesene Famili— Roth in 
dlingenmünster, Annweiler und Bergzabern.“ 
x Von den nach Siegedin gelockien Arbeitern aus der Pfalz 
st nah dem „Pf. Vol.“ ein guter Theil betrogen krank, verelendet, 
»hne Geld, zu Fuß in höchster Noth zurückgekommen. 
fAus dem Bliesgau', 19. Juli. Borgestern den 
17. d. Mts. überfiel ein schweres, von Su Ost kommendes Ge⸗ 
pitter derart unsere Fluren, daß in Erfweiler und namentlich in 
khlingen mehrere Menschenleben in die Gefahr des Eririnkens ge⸗ 
riethen, so furchtbat war der Wolkenbruch, und de— Blitz schlug 
nehrere Male, unter anderen auch in den Erfweiler Kirchthurm 
»in. Geslern erfolgte abermals in derselben Gegend ein Wolken⸗ 
zruch, verbunden mit einem schweren Gewitter. Der Donner rollte 
ürchterlich, und der Blitz schlug mehrere Male in der Gemarkung 
»on Ommmersheim nad Heckendalheim ein. Die Thäler, in denen 
ziel Heu fortgeschwemmt wurde, waren in Seen verwandelt, und 
uuch hier sollen mehrere Menschen, die nicht schnell genug die 
Thäler verließen, in großer Gefaht gestanden haben. Wenn es 
nit der Witterung noch eine Weile so fortgeht, sind alle Hoff⸗ 
nungen des Landmanns dahin. (3. 3.) 
FPirmasens. Ein Fau, der ein recht schlimmes Licht 
auf eine gewisse Schichte der hiesigen Bevölkerung warf, kam in 
der letzten Woche zur Verhandlung. Es mußte nämlich eine Frau 
hestraft werden, weil sie es unterlassen hatte, ihr schulpflichtiges 
dind von Ungeziefer zu reinigen. Der Lehrer des Kindes hatte 
dasselbe wiederholt aus der —A seine Mutter 
zuffordern lassen, dasselbe zu reinigen, was aber fruchtlos blieb, 
bis die gerichtliche Vorladung kam. Leider sollen derartige Faͤlle 
ster vorlommen. Vorwürfig wurde die Beschuldigte wegen Ver— 
vahrlosung ihres Kindes in eine Haftstrafe von acht Tagen ver⸗ 
artheilt. Es ist wirklich zu bedauera, daß es Eltern gibt, welche 
zurch die strafende Gerechtigkeit ermahnt werden müssen, ihren Kin⸗ 
dern die allernöthigste Pflege angedeihen zu lassen. (Pirm. A.) 
PKaiserslautern, 19. Juli. Nach hieher gelangter 
Nachricht an seine polilischen Freunde beabsichtigte unser Reichstags⸗ 
abgeordneter Herr Vr. Zinn, gleich nach Schluß der Reichstags⸗ 
session hierher zu kommen und in einer großen Wählerversammlung 
ju sprechen. Leider wurde er an der Ausführung seines Vorhabens 
amtlich verhindert, indem der stellbertretende Arzt in der Irrenan— 
talt Eberswalde einen längeren Urlaub antrai. Sobaid diefer 
v'eder seine Thätigleit in der Austalt aufnimmt, wird Herr Dr. 
Zinn sofort hierher konmen und dor seinen Wählern seine Ausichten 
ind Abstimmungen besonders in den Zoll⸗ und Steuergesetzen ent 
vickeln, resp. begründen. (st. 3.) 
F, Edenkoben. Wie die „Gegenwart“ vernimmt, muß 
das Erscheinen des projsctirten humorist'schen Sonnlagsblättchens 
„Reblaus“ bis auf Weileres verschoben werden, da de— dazu be⸗ 
timmte Redacteur das 21. Lebeusiahr noch nicht erreicht hat. 
Schade! — 
⸗ , Speher, 21. Juli. Gestern früh machten einige Fischer 
yberbalb des Pontonier⸗Uebungsplatzes einen seltenen Fana. Rein 
RVermischtes. 
Der Malzaufschlag in der Pfalz, der bis voriges Jahr 
ut die Staatskasse als Pauschale die Summe dvon 171, 000 Marl 
etragen hat, wird, nachdem bekanntlich von 1879/80 ab das 
Ralzauffchlagsgesetz in der Pfalz zur Anwendung kommt, nunmehr 
ür das erste Jahr ca. über 2 Millionen Mark ergeben. 
Obertribunals⸗Entscheidung. Uebergibt Jemand einem 
Underen ein Waare, damit er diese verkaufe und ihm den Erlös 
ninge, so ist nach einem Erkenniniß des Ober⸗-Tribunals vom 14. 
Jun 1879 der Erlss fur den Beaufttracten gine fremde Sache