Full text: St. Ingberter Anzeiger

giel: J. Y. Carringlon (Wanchester), als Zweiter M. Ladinig 
Narnien), als Dritter H. Hildebrand (München). Die Rennbahn 
hatte eine Lange von über 49/3 Kilometer und wurde vom Ersten 
durchfahren in 10 Minuten 33 Sek. Nach diesem kamen 12 Mi⸗ 
auten 5 Seh., 12 Minuien 24 Sel. ꝛc. Der Sieger halte sonach 
den Kilometer in 2 Minuten 20 Sek. gefahren. 
F* Gießen. Der ‚Gießener Anzeiger“ illustrirt das Unter⸗ 
stützumgswohnsitzgesetz, indem er Folgendes erzählt: „Im Mai d. J. 
traf eine Fmilie, vestehend aus fünf Personen, mittellos von Meg, 
zesp. Frautfurt in Gießen ein. Der Mann gab an, vor drei 
Jahren aus Brasilien, wosIbst er begütert gewesen, ausgewandert 
zu sein, weil sein Familie das dortige Klima nicht habe ertragen 
koönnen ꝛc. Im Laufe dieser drei Jahre sei er mittillos geworden, 
Er beabsichtigte nunmehr nach Hamburg zu gehen, und von da 
verde ihm Gelegenheit, wieder nach Brasilien zu kommen. Er bat 
schneßlich in Gießen um Unterstützung zur Weiterreise, welche ibn 
mit 1. M. Zehrgeld und den betreffenden Eisenbahnbilleten bis 
Marburg qus der Kasse, welche die Polizeiverwaltung zur Verfüg—⸗ 
ang gestellt hat, auf der Polizei gewährt wurde. Selbsiverständlih 
wurde dem Manne auf seinem Paß vermerkt, daß er hier Unter— 
stützung mit dem betreffenden Betrage erhalten habe. Es ging nun 
diese Sache gut bis nach Hamburg. In jeder Stadt wurde weiter 
gesorgt, und in Hamburg begab sich die Familie in die sog. Schutz 
haft, d. h. wurde vom dortigen Armenverein untergebracht. Dieser 
Tage langle nun von der Behörde zu Hauburg ein Schreiben des 
Inhalts in Gießen ein, daß sie für die betreffende Familie nach 
Zräften gesorgt und es ihr gelungen sei, dieselbe billigst nach Bra— 
ilien zu beschaffen, und sie erlaube sich, der Stadt Gießen die 
Rechnung über Reisespesen von 680 Mark 47 Pfg. zur Begleichung 
porzulegen, weil die Stadt Gießen durch ihre Unterstützung, die sie 
der Familie gewährt, Unterstützungsort geworden sei. 
F Zum „Steuer⸗Aufschlag“ theilt die „Bonner Z.“ 
unter'm 21. d. Folgendes mit: In einen hiefigen Laden tritt gestern 
Jemand und verlangt ein Päctchen Tabakt. Das Päckchen wird 
gereicht und der Empfänger legt die gewohnten 20 Rpf. auf den 
Thekentisch. „Eutschuldigen Sie, der Tabak kostet jetzt 24 Rpf.“ — 
„Weshalb?“ — „Wegen des „Steuer-Aufschlages!“ — So, ist 
dies denn bereits versteuerter Tabat ?“ — „Jawohl, frische Sendung, 
gestern empfangen.“ — ‚Bedaure, dann ist mir der Tabak zu 
frisch.“ — Sprachs, ging von dannen und deckte seinen Rauch⸗ 
bedarf'in einem anderen Hause zum altem Preise. 
7 In Gothea wird am 17., 18. und 19. nächsten Monats 
ver ersie Kongreß deutschet Thierschuͤtzvereine abgehalten werden, 
Die Mußsikkommission des Sedansestes zu Leipziig, welche 
in vifiellem Auftrag aus dem „Zöllnerbund“ hervorgegangen ift, 
hat beschlofsen, in dem großen Vollskonzert am 2. Septembier das 
dti C. F. Kahnt in Leipzig ecschienene Werkt: „Sedania“. Fest⸗ 
laͤntate aller Deutschen, Dichtung von Müller von der Werra, kom⸗ 
ponirt für Männerchor mit Instrumentalbegleitung von V. E. 
Becker, zur Aufführung zu bringen. Ueber diese Rovität des be⸗ 
rühmten Wilrzdurger Männergesangskomponisten hat sich namentlich 
auch Richard Wagner sehr günstig ausgesprochen. 
F Die Adresse Berliner Studirender an den frü⸗— 
gertn Staatsminister Dr. Falk ist am 19. Juli, mit 1141 Unter⸗ 
schtifsen bedeckt, dem Gefeierten überreicht worden. Sie ruht in 
ziner Enveloppe von kornblumenblauem Safim, die mit einem 
ptächtigen ornamentalen Rahmen im Barodstil delorirt ist. 
Durch die unsinnige Mode der hohen Hacken (Absätze) ist 
am 15. Juli wieder ein schwerer Unfall herbeigeführt woiden. 
Die 29 Jahre alle Gattin eines Berliner Rentgers kehrte am 
Urm ihres Mannes von der Geburtstagsfeier ihres Bruders heim. 
Im Begriffe, sich nach den auf dem Flur' stehenden Verwandten 
noch einmal umzuͤsehen, stürzte die Dame, mit den Hacken an der 
obersten Stufe abgleitend, die Treppe hinab und riß den Gatten, 
der sie stütßen wolte, mit hinunter. Die Dame hat einen Bruch 
des Oberschenkels erlit:en, während der Galle sich die Kniescheide 
ausfiel, so daß im Geburtstagshause‘ zwei Krankeuͤhelten hergerich⸗ 
let werden mußten. 
dolgende Warnung, welche die weileste Verbreitung ver⸗ 
dient, bringt der „Niederschl. Bote.“ „In verschiedenen Zetungen 
inden wir eine Anzeige von der sog. „Wiener bereinigten Britan⸗ 
aiasilber-Fabrit“. Dieselbe kündigi 12 Stuͤck verschiedene, aus dem 
,einsten Britanniasilber verfertigte Sachen an, für den enorm billl⸗ 
jen Preis von 14 Mark und bemerkt dabei noch, daß dieselben 
Hegenstände ftüher 50 M. gekostet haben. Wie veriockend eine 
wlche Anzelge ist und wie oft ein „Reinfall“ gesch'eht, dies ift 
sur Genüze bekannt. Um nun hierein klar zu sehen, haben wir 
ans im Jnteresse unserer Leser an ein befreundetez Haus in Wien 
Rwandt und um Aufklärung gebeter. Wir erhielten nachstehende 
Antworh:,Entgegnend Ihrer Aunftage bezüglich des eingehend be⸗ 
hrlebenen Brilaunia⸗Silberwaaren⸗Fabrikgeschafts, welches zu bei⸗ 
diellos billigen und unglauhblichen Preisen offeritt, können wir nur 
barnend miltheilen, diß dies, wie Sie selbst erwähnen, purer 
Schwindel ist und die Reklame auch' auf solchein fußt.“ 
k Vorigen Freitag ist im Kanion Wallis das hochsie 
Telegraphenbureanu der Welt eröffnet worden. Dasselbe befindet 
sich im „Hotel Ryffel“ unterhals des Ryffelhorns, etwa 8300 Fuß 
über dem Meere. 
7 Zu der jetzt so vielfach ventilirten Frage einer Beschränkung 
des Borgsystems liegt ein sehr interessanter Vorgang in der Schweiz 
dor. Der Halbkanton Obwalden hatte am 22. Januar 1876 ein 
Wirthschaftsgeseß ersassen, dessen Artikel 21 vorschreibt: bezüglich 
aller Forderungen für Brantwein und andere gebranntie Wasser 
vird kein Rechisschuz gewährt.“ Ueber diese Bestimmung haben, 
uls der durch Art. 31 der Bundesverfaffung genährleisteten Han⸗ 
nelsfreiheit zuwiderlaufend, mehrere Spirituosenhaͤndler außer dem 
danton Beschwerde erhoben und Aufhebung derselben verlangt. 
Der Bundesrath hat, in Erwägung, daß auch Forderungen, welche 
us dem Großhandel mit Spirituosen, auf Lieferungen von drößeren 
Quantitäten in Fössern, an Wirthe, Spirituosenhandler, herrühren, 
inter die erwähnte Rechtsregel gestellt werden, daß aber eine so 
veit gehende Rechtsverweigerung den Handel, speziell das Kredit⸗ 
jeschäft mit Spirituosen wenn nicht verunmöglicht, doch in hohem 
Brade erschwert und beeinträchtigt und deshalb mit dem Princip 
)er Handelsfreiheit im Sinne von Art. 81 der Bundesverfassung 
m Widerspruche steht, beschlossen, den Art. 210 in seiner gegen⸗ 
värtigen Fassung aufzuheben, der obwaldnerischen Gesetz zebung aber 
orbehalten, für die Ausübung des Wirthschaftsgewerbes und für 
)en Kleinverkauf von Branntwein und anderen Spirituosen die 
ingemessenen Vorschriften aufzustellen. 
Westhofen, 22. Juli. Gestern Morgen ereignelte fich 
dahier ein recht bedauernswerther Unglücksfall, welcher uns wieder⸗ 
jolt daran erinnert, welche Vorsicht bei Maschinen nothwendig ist. 
der Sohn des Besitzers einer Dawpf ˖ Dreschmaschine aus Biebes⸗ 
jeim wurde heute Morgen, als dieselbe in der Hofraithe von Jacob 
Sponagel in Betrieb gesetzt wurde, von einem Riemen erfaßt und 
nit solcher Gewalt fortgerissen daß dessen rechter Arm mehrmols 
zebrochen und nahe an der Schuller total abgerissen wurde, so daß 
der Arm oben in der Riemenscheibe hing und der junge Mann am 
Boden lag, alles Fleisch von der Brust losgerissen. Der Unglück⸗ 
liche wurde heute Morgen von seinen gräßlichen Schmerzen er⸗ 
löst. (W. Zig.) 
In Sachen der Ot'schen Millionenerbschaft in Witen fin⸗ 
det sich im Inseratentheile der Karlsruher Ztg.“ folgende Be⸗ 
kanntmachung des Gerichtsnotars Bittmann in Tauberb schofsheim: 
„Zum Nachlasse des Martin Ott in Wien ist zunächst sein voll⸗ 
bürtiger Bruder Adam Ott, geboren in Zimmern, Amt Tauber⸗ 
bischofseim, am 19. Ottober 1795, erbberechtigt. Derselbe ist. 
seit dem Jahre 1830 vermißt. Die bisher gepflogenen Nach— 
sorschungen haben ergeben, daß er vom Juni 1815 bis Mai 1830 
in der ehemaligen großherzogl. badischen Artilleriebrigade (Garnison 
Bottesaue) als Kanonier gedient hat; weiter wurde mit ziemlicher 
Sicherheit ermittelt, daß er bei Premier⸗Lieutenant Großmann Be⸗ 
dienler war, aus der Garnison sich heimlich entfernt und im Rheine 
ertrünlt habe. Versuche, diese Thatsachen festzustellen und einen 
Todesschein zu erlangen, waren erfolglos. Es ergeht nun an 
ämmtliche Pfarrämter der Rheinorte von Rastatt abwärts, sowie 
an die Gerichte⸗ und Verwaltungsbehörden, deren Bezirle an den 
Rhein grenzen, und zwar sowohl des diesseitigen afs auch des 
enseitigen Ufers, das dringende Ersuchen, in den Kirchendüchern, 
zeziehungsweise in den Akten über Unglücksfälle und dergl. nach 
dem Tode des Vermißten zu forschen und den Erfund dem Unter⸗ 
zeichneten belannt zu geben. Zugleich werden die etwa noch le⸗ 
benden Kameraden des Vermißten, die über sein Schidsal Auskunft 
zu geben vermözen, aufgefordert, Nachricht darüber brieflich an den 
Anterzeichneten gelangen zu lassen.“ Diejenigen, welche solche An⸗ 
jaltspunlte liefern, daß der Tod des Adam Ott gerichtlich festge⸗ 
stellt werden kann, wird von den in zweiter Linie erbberechtigten 
Verwandten eine Belohnung von 200 Mark zugesichert.“ 
F Eine merlwurdige Episode aus dem Scauspiel der Bei⸗ 
etzung der Leiche des Prinzen Louis Nopoleon in Chiclehurst: 
Durch einen seltsamen Zufall, wie die Geschichte deren hin und 
wieder aufweist, waren der Chirurg und der Arzt, welche die Iden⸗ 
lität des Leichnams sesistellten, Lorrey und Corvisart, die beiden 
Söhne des Chirurgen und des Leibarztes des ersten Napoleon. 
Und nicht genug daran: Der Bischof, welcher den Kardinal Man—⸗ 
ning nach dem Trauerhof begleitete, hieß Las Casas. der Sohn 
des Veifassers der Memoiren von St. Helena, der Sohn des 
reuesten Freundes des Stifters der bonapartistischen Dynastie, der 
nun herbei kam, um über dem Sarge des letzten Thronerben des 
Hauses der Napoleoniden den Segen der Kirche auszusprechen. 
fF Wie aus New⸗NYork gemeldet wird, hat Herr Edison 
dus Hindernid, welches sich seinem eleklrischen Lichte durch den hohen 
Preis des Platina entgegensiellte, theilweise Uberwunden. Seine 
dampen, deren Koslenpceis anfänglich sich auf mehrere Dollars 
reslvn sollte, können nun aus einer Mischung von Platina mit 
ixdinären Metallen zum Preise von nur 56 Cents pro Stud 
zergestellt werden. Herr Edison erklärtte, er könne nun den