Full text: St. Ingberter Anzeiger

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trauriger Dienst übrig ließ, widmele sie der Irren, die ihre Multer 
var. So ging sie beständig von einem Martyrium zum andern 
und fühlte sich doch glückich, weil sie ihre Kindespflicht erfüllen 
onnte. Dieses Leben führte sie 27 Jahre hindurch. Vor einem 
Jahre starb die arme Irrsinnige in den Armen ihrer Tochter, die 
sie kaum erkannte und deren Fürsorge sie mit Entfetzen zurücwies, 
obald sie ihre Wahnsinnsansälle hanle. Heute sind es 28 Jahre, 
eit Fräulein Nicolle in der Salpotridre ihren Wärterinendienst 
versieht. Sie hat sich diesem Beruf mit der Zeit vollständig hin⸗ 
gegeben; sie sieht ihre Aufgabe darin, durch liebevolle Geduld jene 
Unglüchlichen zu retten, und in der That haben mehr als füuf⸗ 
dundert geisteskranle Frauen, die von ihr gepflegt worden waren, 
vieder in ihre Familien und in das bürgerliche Leben zurückkehren 
oͤnnen. 
tDer tiefste arlesische Brunnen der Welt wird in Pest ge⸗ 
dohrt; vor einigen Monaten war er schon 951 Meter tief, während 
der arlesische Brunnen zu Passh nur 547 Meter tief ist. Der 
Pester Brunnen liefert ein sehr klares, stark kalkhaltiges Wasser — 
jur Zeit etwa 7000 Hektoliter täglich —, das jetzt eine Tempera⸗ 
ur von 387 Grad C. hat. Man will die Bohraͤbeit so lange fort⸗ 
setzen, bis das Wasser die Temperatur von etwa 65 Grad C. erreicht 
und so reichlich zustrmt, daß damit die Bäder und die städtischen 
Unstalten Pesis versorgt werden können. 
Ein sauberes Empfehlungsschreiben. Der Pariser „Figaro“ 
erzählt folgende Anekdote: Eine Dame, welche ein Bad besuchen 
wollte, ließ sich von ihrem Hausarzte einen Empfehlungsbrief an 
den dortigen Badearzt geben. Die weibliche Neugierde ließ ihr keine 
Ruhe, sie öffnete den Drief und las Folgendes: „Lieber Freund! 
Ich schicke Ihnen hier eine Gans. Ich hade ihr schon sehr viele 
Federn ausgerupft, aber es sind ihr noch einige übrig geblieben, 
die ich Ihnen überlasse. Ganz der Ihrige, R. X.“ 
F CDie traurige Lage der Geschäfte in England) wird 
in „Kemp's Mercantile Gazette“ durch Aufzählung der wöchentlich 
ausgebrochenen Konkurse im ersten Semester d. Is. im Vergleiche 
uu denen des vorigen Jahres nachgewiesen. Die Anzahl der Kon— 
kurse ist danach in den ersten sechs Monaten d. Is. gegen die des 
dorigen Jahres um 1518 gewachsen. Bei der Rolle, welche Eng⸗ 
land auf dem Weltmarkte beansprucht, ist es natüclich, daß die 
heute noch über die ganze Erde verbreitete industrielle Krisis dort 
ihte verheerendste Wirkung äußert und daß England nur durch 
ausgedehnten Fceihandel gewinnen, durch das Schutzzollsystem an⸗ 
derer Völker nur verlieren und sich felbst durch Schutzzölle nicht 
wieder heben kann. 
— Der Elping Dulchmann, der fliegende Holländer, ist der 
Name eines englischen Personenzugs, der sich durch außerordentliche 
Schnelligkeit auszeichnet, der aber auch, wie sein bekannter Namens⸗ 
oetter, maritimen Angedenkens, einen etwas bosen Ruf dezüglich 
seiner Sicherheit genießt. Neuerdings ist aber die Fahrgeschwindig⸗ 
eit des Zuges noch mehr erhöht worden; derselbe laäuft jetzt 60 
englische Meilen per Stunde, die größte Schnelligkeit, die bis jetzt 
zon irgend einem regulären Zuge erreicht worden ist. 
T Eine Rihhilistin mittelst Ballon durchgegangen. Aus 
Moskau wird gemeldet: Die hiesige Polizei sahndete dieser 
Tage nach einem in Moskau sich aufhaltenden Mädchen, Namens 
Diga Gobieslawsta, die dringend verdäqtig erschien, einer nihi⸗ 
listischen Verbindung anzugehören. Nach langem Recherchiren ge⸗ 
lang es endlich der Polizei, die Wohnung des Mädchens zu ent⸗ 
decden und sie sollte in der Nacht des 25. Juli verhaflet werden. 
An demselben Tage stieg von einem der hiesigen Gärten ein Ballon 
in die Lüfle. In demselben besanden sich zwei Maͤnner und ein 
Madchen. Das Mädqchen war niemand Anderes als Gobieslawska, 
wie es spater fesigestellt wurde. Der Ballon ficl eine halbe Meile 
»on Mozkau auf ein Feld. Die Spur des Mädchens ging ver— 
loren. 
7 Wieliczka, 12. Aug. In Folge einer erneuerten 
Wasser⸗Eruption in den Salinen isi heute um * Uhr Morgens die 
ẽcdoberfläche an mehreren Punklen, wie auch eine Reihe von 
dausern geborsten. Es herrscht große Panique, man befürchtet die 
—RV— gefährdeten Stadt⸗ 
iheils, darunter das Postamt, find geräumt. 
Ein Tunnel zwischen Spanien und Afrika unler der Meer⸗ 
nge von Gibraltar ist das neueste Project dieser Art. Dieser 
Tunnel würde auf der Spanischen Seite unweit Algesiras, auf der 
Afrikanischen Seite zwischen Tanger und Ceuta münden. Seine 
dange wuürde eiwa 14 Kilometer bei einem Gefaͤlle don 15100 
betragen. Da die groͤßte Tiefe des Meeres in der Straße vou 
Bibraltar 900 Meter beträgt und da man beabsichtigt, zwischen 
dem Grunde des Meeres und der Tunnelwölbung einen Zwischen— 
rtaum von 90 Meter zu lassen, so würde die tiesste Stelle 990 bis 
1000 Meter unter dem Meeresnideau liegen. 
Am Mitwoch vorige Woche landete der Dampfer „Algeria“ 
nNew-Yocrt 22 Familien, aus 102 Personen bestehend, 
ümmtlich Messerschmiede aus Shefield, welche unter günstigen Ver⸗ 
zältnissen in einer Messerfabrik zu Bridgport untergebracht sind. 
Man erwartet dort noch weitere 300 Messerschmiede aus Sheffleld, 
owie aus Deutschland. 
Gmerikanisch.) Ein Yankee wurde durch ein un⸗ 
hellbares Leiden in die fatale Lage versetzt, zu wahlen, entweder 
dom Leben oder von seinen beiden Beinen Abschied nehmen zu 
mnffen. Scheiden thut weh, in diesem Falle gewiß sehr weh! 
Aber was half's? Die ihm von den Aerzien gestellte Alternatide 
var so bestimmt gegeben, daß er eine Wahi treffen mußte, und da 
der Tod betannilich ein bineres Kraut ist, so entschied er sich end⸗ 
lich für die Trennung von seinen lieben Beinen. Ein Chirurg 
vollzog die Amputation nach allen Regeln der Kunst, und der 
tranke wurde ein gesunder Nann. Die Operation muß ihm wohl 
ein Interesse sür Anatomie eingefloßt haben, denn eines Tages fallt 
hm ein, in seinem Rollwägelchen das anatomische Museum seiner 
Stadt zu besuchen. Er bewundert eine fürfbeinige Kuh, vertieft 
sich in das Studium anderer Monstrositäten und gelangt auch an 
ein mächtiges Spiritusglas, welches zwei menschliche Gliedmaßen 
nthaält. Seine Augen heften sich start auf dasselbe; mit jeder 
Minute wächst sein Interesse daran. „Die Beine kenn' ich doch“ 
7T, ruft er plötlich aus — Das sind doch meine Veine Der 
Chirurg haite die Beine, da sie eine interessante Abnormität bil⸗ 
deten, dem Museum zum Geschenk gemacht. Baid dorauf ging dem 
Chirurgen von seinem Patienten eine⸗ Forderung von 15,000 Dollars 
u wegen felbstständiger Verfügung über fremdes Eigenthum. — 
Der Chirurg beansprucht indessen die Beine als sein Eigenthum 
und weigert sich, zu zahlen, — und die Rechtsgelehrlen suchen nun 
n allen Rechtsbüchern nach dem Paragraphen, der die schwierige 
Streitfrage entscheide. 
F Das großte und schnellste cigacrenförmige Schiff wird jetzt 
ür Rechnung des Herrn Winans zu Baltimor— auf den Werften 
der Clyde — für ewwa 1 Million Dollats gebaut werden. Das 
Schiff soll einen Gehalt von 4—- 3000 Tomen haben; sein Eigen⸗ 
humer hofft, daß es die Fahrt über den Allanuschen Ocean in5 
Tagen zurücklegen wird. 
F Das Körpergewichtals Motor. Gegenwäriig liegt 
dem amerikanischen Patentamie eine Nähmaschine zur Prüfung vor, 
bei welcher das Körbergewicht der arbeitenden Person ais Molot 
henutzt wird. Mit dem Gangwerk der Maschine ist nämlich durch 
eine eigenthümliche Federconstruction der Sitzplatz der arbeitenden 
Berson in Verbindung gebracht. Sobald sich die betreffende Person 
auf dem einem Drehschemel gleichenden Sitzplat niederlaßt, setzt sich 
durch den auf die Feder geübten Druck der mechanische Apparat 
der Nähmaschine von selbst in Bewegung. Um die Maschine in 
Bewegung zu bringen, genügt eine Belastung von 50 xg. Durch 
inen Hebel kann übrigens der Mechanissmus auch während des 
Druckes durch die Körperkraft ganz oder theilweise außer Function 
gesetzt werden. 
Dienstesnachrichten. 
Die lathol. Pfarrei Annweiler wurde dem Repelenten im 
dischöfl. Klerikalseninar zu Speher, Konrad Dusch, die kathol. 
Biarrei Offenbach dem Pfarrer Fried. Bischof in Ommersheim, die 
athol. Pfarrei Imsweiler dem Pfarrer Ludw. Philipp in Woeilec— 
vach übertragen. 
Gemeinnütziges. 
Lupinensamen, ein sehr empfehlens⸗—⸗ 
werthes Kaffeesurrogat. Im Laufe meiner Kaffee⸗ 
untersuchungen, schreibt Ur. Hager, habe ich gefunden, daß der 
Zamen der gelben Lupine ein excellentes Kaffeesurrogat ist, daß die 
n geschlossener Trommel gebrannten Lupinensamen dem Kaffeege⸗ 
qhniack und Geruch am nächsten kommen. Vielleicht nur der bittere 
Beschmack ließe sich beanstanden, würde aber durch Beisatz von ge⸗ 
östetem Roggen sich abschwächen lassen. In einem solchen Kaffee⸗ 
urrogat, aus Lupinen⸗ und Roggensamen hestehend, bleten sich dem 
Tonsumenten noch bessere Nährsioffe als im Kaffee, und was die be⸗ 
ebende Wirkung des Kaffees betrifft, so is sie nicht minder in dem 
dupinensamen vertreten. Dieses Surrogat wäre übrigens geeignet, 
den erbärmlichen Cichorienkaffee, der kaum Spuren von Nährsub⸗ 
anz bietet, noch weniger belebende Kraͤfle besitzt, zu verdrängen. 
NRach meinem Dafürhalten wäre ein geröstetes Gemisch von 1 Theil 
dupinensamen und 2 Theilen Roggenfrucht eine passennde XX 
zon welcher 2 Theile den Nähr⸗ und Belebungswerth von 1 Theil 
bessem Kaffee sicher haben. Zwar würde der Staat bei Einführung 
hieses Surrogats eine beträchiliche Einbuße an Zoll erleiden, wir 
ersparen uns aber mehrere Millionen Mark. 
Doppelfenster-Ersat. Nach Dr. Didtmann in 
Linnich kann wan sich die Vortheile der Doppelfenster billig dadurch 
verschaffen, daß man im Innensatze des Fensterrahmen, in dessen 
Außensatz die erste Scheibe eingesetzt ist, eine zweite einkitten läßt. 
hierdurch enisteht zwischen beiden Parellel⸗Scheiben eine dvon der 
Zimmere wie von der Straßenluft abgeschlossene Luftschicht, ein 
chlechter Wärmeleilet. Beim Cinkiiten der Scheiben ist die Vorsicht 
zu beobachten, daß nicht allein diese Flächen sorgfältig von Staub