Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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A 133. Samstag den 28. August 
1879 
— 
Deutsches Reich. 
Mänchen, 20. Aug. Fürst Bismard tkraf heute früh 8 
Ahr von Kissingen ein und reiste halb 10 Uhr nach Gastein weiter. 
— Der neuernannte Nuntius, Migr. Roncetti ist aus Rom hier 
ingetroffen. 
In dem „Gesetz- und Verordnungsblatt“ wird eine in Rück 
icht auf das Reichsgesetz vom 23. Juli d. J., betr. die Abänder⸗ 
ung einiger Bestimmungen der Gewerbe-Ordnung, erlassene kgl. 
Berordnung veröffentlicht, welche folgendes bestimmt: „S 1. An 
Stelle des 5 10 Unserer Verordnung vom 4. Dezember 1872, den 
Vollzug der Gewerbe⸗Ordnung betreffend, treten folgende Bestimm⸗ 
ungen: Die Erlaubniß zum Betriebe einer Gastwirthschaft, Schank⸗ 
wirthschaft und dis Kleinhandels mit Branntwein oder Spiritus 
Z 33 der Gewerbe⸗Ordnung) wird von den Distriktsverwaltungs⸗ 
dehörden, in München von dem Magistrat, ertheilt. Hierbei be⸗ 
timmen Wir, daß a. die Erlaubniß zum Ausschenken von Brannt⸗ 
vein oder Lqueur, sowie zum Kleinhandel mit diesen Getränken all⸗ 
zemein, b. die Erlaubniß zum Betriebe der Gastwirthschaft und 
sum Ausschänken von Wein, Bier oder anderen nicht unter a fal⸗ 
enden geistigen Getiänken in Ortschaften mit weniger als 15,000 
Finwohnern, sowie in Ortschaften mit einer größeren Einwohnerzahl, 
sür welche dies durch Ortestatut (ß 142 der Gewerbeordnung) fest⸗ 
gesetzt wird, nur dann ertheilt werden darf, wenn ein Bedürfniß 
zjiefür vorhanden und nachgewiefen ist. Als Kleinhandel in diesem 
Sinn ist der Verkauf in Quantitäten unter zwei Liter anzusehen, 
ofern derselbe nicht in versiegelten Flaschen von mindeslens einem 
alben Liter erfolgt. F 2. Die Erlaubniß zum Betriebe des Geschäfts 
mes Pfandleihers ( 5 34 neu der Gewerbe-Ordnung) wird von den 
Distrikteberwaltungsbebörden, in München von der Polizeidirektion 
ertheilt. Dieselben Behörden entscheiden auch Uuber die Zurücknahme 
ner Erlaubniß gemäß 8 54 der Gewerbeordnung. In Ortschaften, 
ür welche dies durch Ortsstatut (4 142 der Gewerbeordnung) fest⸗ 
zesetzt wird, darf die Erlaubniß zu diesem Geschästsdetriebe nur 
vann ertheilt werden, wenn ein Bedürfniß hiefür vorhanden und 
jachgewiesen ist. 8 383 der Gewerbeordnung war auf die Pfalz 
»ermöge nachstehender Bestimmung des Einführungsgesetzes vom 
12. Juni 1872 bisher nicht anwendbar: „Insoweit bisher in 
Bayern der Betrieb der Gast⸗ und Schankwirthschaft oder des 
dleinhandels mit geistigen Getränken, dann der Ausschank der 
igenen Erzeugnisse an Getränken ohne polizeiliche Erlaubniß statt⸗ 
zaft war, bedarf es einer solchen auch in der Folge nicht.“ Die 
»dige Verordnung hat jedoch auch Anwendbarkeit auf die Pfalz. 
Berlin, 19. Aug. Dem Reichstagspräsidenten v. Seyde⸗ 
pitz wurde gestern das Patent seiner Ernennung zum Ober präsi⸗ 
zenten von Schlesien zugestellt. 
Berlhin, 20. Aug. Die „Provinzial-Correspond.“ hält in 
inem „Die Parteistellung bei den Wahlen“ überschriebenen Artilkel 
jegentider mehrseitigem Widerspruch fest daran, daß die Losung bei 
den Wahlen keine andere sein könne, als nationale Arbeit und 
Selbstftändigkeit oder Abbängigkeit des nationalen Wohlstandes von 
)»en Leistungen der fremden Industrien. Die Cortrespondenz ertlärt 
id gegen de Behauptung, daß die Mittelstellung des Zolltarifs, 
uso der Schut der nationalen Arbeit, nicht zu den Aufgaben des 
dandtags gehöre. Die Regierung müsse die Männer, don denen 
ie Unterstützang im Landtage erwarten dürse, vor Allem daran 
nit Sicherheit erlennen, wie dieselden sich zu der wichtigen Ent⸗ 
cheidung der Reichspolitik stellen, wofür die Staatsregierung mit 
iller Energie einzustehen die Pflicht und den Willen habe. 
Die „Prob.⸗Korr.“ bekämpft ferner die von liberalen Blätiern her⸗ 
»orgerufene Furcht vor dem ungreifbaren Schr ckbilde, das man 
deaktion heiß“. Die Regierung müsse erwarten, daß diejenigen 
Wahler, welche entschlossen seien, die Regierung zu unterstützen, von 
»en Wahlbewerbern das Erkennungszeichen fordern, woran zur Zeit 
Freunde und Gegner der Regierung am sichersten zu unterscheiden 
7 —AL 
Arhent. 
Der Zeitungskrieg russischer Journale gegen Deutschland daueri 
jort und der Aruikel der Nerdd Auj Hiq.“, in welchem das 
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russenfreundliche Verhalten des Fürsten Bismarck auf dem Berliner 
Fongreß nachgewiesen wurde, findet in der russischen „Petersburger 
Zeitung“ einen übeln Widerhall. Das russische Blatt ereifert sich 
über die deutsche Niedertracht, die Alles thut, um dem unschuldigen 
stußland in jeder erdenklichen Weise zu schaden und die nicht ruhen 
vird, bis die baltischen Provinzen von Rußland abgerissen und dem 
jermaunischen Reiche einverlebt sein werden. Großen Erfolg werden 
iun diese Hetzereien zwar unmittelbar nicht haben können, aber sie 
verden doch immerhin eine Mißstimmung zwischen Deutschland und 
stußland vorbereiten helfen und den Weg zu einer politischen Gegner⸗ 
haft baynen. 
Ausland. 
Paris, 20. Aug. Die jezt erfolgte Bekannimachung von 
desseps bestätigt, daß die zur Durchstechung der Landenge von Pa⸗ 
nama gebildete internationale Kanal-Gesellschaft bereit sei, den ein⸗ 
jezahlten Betrag der gezeichneten Allien zurückzuzahlen. Lesseps er⸗ 
lärt darin, daß er des schließlichen Erfolges des Unternehmens 
jewiß sei und nach Amerika gehen werde, um die Frage der Aus- 
ührung des Unkernehmens zu lösen. 
Dem „Berl. Tagbl.“ wird aus Petersburg unterm 18. 
d. telegraphirt: Auf Grund einer Benachrichtigung, daß die Nieder— 
age einer Kleinhandlung auf der Wyborger Seite des Besborodko⸗ 
Zruospelt bedeutende Pulvervorräthe aufbewahrte, beschlagnahmte die 
Zolizei am Samstag Nacht einen dort gerade ankommenden Trans⸗ 
vort von mehreren Wagen. Auf denselben waren außer drei Kisten 
nit Pulver auch andere Sprengstoffe sowie gefüllte Granaten. In 
er Niederlage wurden 200 Kilo Pulver und andere Sprengstoffe 
orgefunden. Der Ladenbesitzer, welcher das alte Geschäft vor Jahres⸗ 
rist gekauft, wurde verhafiet und das Geschäft versiegelt. 
Rermischtes. 
. St. Ingbert, 21. Aug. Da hier noch vielfach über 
die Vortheile, welche der ersolgreiche Besuch einer vollständigen La⸗ 
einschule gewährt, Unkenntniß besteht, so werden im Nachstehenden 
zie hauptsächlichsten Rechle bezeichnet, welche die Absolventen einer 
iollständigen Lateinschule gen'eßen. 
1. Schüler, welche eine fünfklassige Lakeinschule mit vier Ordi⸗ 
narien besucht haben, sind zum Uebertritt in die J. Gymnasialklasse 
ines humanistischen Gymnasiums ohne Prüfung berechtigt, wenn sie 
das Zeugniß der Reise erhallten haben. 
2. Nur solche Schüler, welche die dritte Classe der Latein⸗ 
chule besucht und die Berechtigung zum Vorrücken in die vierte 
ꝛrhalten haben, sind zum Eintritt in den J. Kuts des Realgym⸗ 
nasiums ohne vorhergehende Prüfung berechtigt. 
3. Die Verechtigung zum einjährigen Freiwilligendienst ge⸗ 
vährt der erfolgreiche Besuch der J. Gymnasialklasse eines huma⸗ 
nistischen oder des III. Kurses eines Realgymnasiums. 
4. Da nach Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 
35. März 1875 nur derjenige als Apothelerlehrling angenommen 
verden kann, welcher sich an einer Anstalt, an welcher Latein obli— 
atorischer Lehrgegenstand ist, das Zeugniß der Reife für den ein⸗ 
ährigen Freiw'll gendienst erworben hat, so ist der Besuch der La⸗ 
einschule für alle Diejenigen geboten, welche sich dem Berufe eines 
Apothekers widmen wollen. 
5. Für Diejnigen, welche sich dem Post-, Eisenbahn⸗ oder 
elbstsiändigen Telegraphendienst zu widmen gedenken, ist von Wich⸗ 
iigleit, daß der erfolgreiche Besuch einer vollständigen Lateinschule 
sur Aufnahme als Adsprant ohne Prüfung berechtigt. 
6. Nach allerhöchster Verordnung vom 29. Sepliember 1869 
zefähigt der Besuch einer vollstäud gen Latelnschule zum Eintritt in 
zin Schullehrerseminar mit der Bedingung des Bestehens einer Auf⸗ 
nahmsprüfung und des Nachweises über genossenen Privatunterricht 
in det Musil. 
7. Der erfolgreiche Besuch der Lateinschule, verbunden mit dem 
Absolutorium der Reatschule erwirbt die Zulossung zur theoreilischen 
Heometerptüfung. 
8. Laut Justizministerialhlait vom 13. Juli 1871 haben di—