St. Ingberlker Anzeiger.
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Mä 139. Dienstag den 2. September 1879.
Deutsches Reich.
Mänchen, 31. Aug. Die von den Ministerien der Ju⸗
stiz, des Inneren und der Finanzen erlassenen, sehr umfassenden
Vorschriften für die Geschäftsbehandlung in den zur Zuständigkeit
der Schöffengerichte gehörigen Straffachtn enthalten verschiedene auch
das größere Publicum interessirende Bestimmungen. So heißt es
in 5 11: „Bei Uebertretungen und sonstigen minder wichtigen
Strafsachen wird sich die Thätigkeit des Amtsauwaltes im vorbe⸗
reitenden Verfahren in der Regel auf die Erforschung der Beweis—⸗
mittel sowie, wenn die Erholung von Ueberführungsgegenständen oder
chriftlichen Beweisstücken veranlaßt erscheint, auf deren Herbeischaff
ung zu beschränken haben, während die Erhebung des Beweises der
Hauptverhandlung vorzuhalten ist.“ In 8 31 wird angeordnet:
Die ordentlichen Sitzungstage sind, nanientlich auf dem Lande,
chunlichst so zu wählen, daß die Bevölkerung durch die Vorladungen
hierzu nicht in der Verrichtung ihrer Berufsgeschäfte, z. B. im
Besuch von Schrannen, Märkten u. dgl. gestört wird.“ (Mit dieser
Anordnung ist einem seiner Zeit in der Abgeordnetenkammer ge⸗
äußerten Wunsch entsproheu.) Nach 8 32 soll, soferne nicht be⸗
ondere Hinderungsursachen bestehen, ein Sitzungstag, welcher späler
us 3 Wochen vom Einlaufen des amtsanwalischaftlichen Strafan⸗
rags statifiadet, nicht als Termin best:3mmt werden. In die Straf⸗
üisten sind, wie 8 81 bestimmt, gleichviel ob die Verurtheilung in
Bahern oder außerhalb Bayerns erfolgt, u. A. einzutragen die
Strafurtheile und Sirasbefehle wegen der im R.St. G.B. für das
Deutsche Reich, in dem bayerischen Ausführungs-Gesetz zur R.St.⸗
P.O. im P.St.“G.⸗B. oder in besonderen Reichs⸗ und Landes—⸗
jesetzen oder Verordnungen vorgesehenen Ueberlretungen, jedoch nur
in dem Falle, wenn die fragliche Uebertretung für die Beurtheilung
des allgemeinen bürgerlichen Lebenswandels oder des Verhaltens der
betr. Person in ihrer besonderen Berufsstellung von Bedeutung ist.
— In 8 00 endlich wird angeordnen: Die Ecledigunz der Straf⸗
achen ist mögzlichst zu beschleunigen. Jede vom Amtsanwalt oder
pom Amtsrichter zu pflegende Amtshandlung muß in der Regel
binnen 24 Stunden, nachdem sich der Anlaß hierzu ergeben hat
mn dringlichen Fällen selbst an Sonn⸗ und Feiertagen vorgenommen
oder angeordnet und letzteren Falls unverzüglich ausgeführt werden.
— Wie heute versichert wird, soll die Ernennungsordre der Räthe
für das oberste Landesgericht bezüglich einiger der Vorgeschlagenen
höchsten Ortes auf Hindernisse gestoßen sein und es sich hieraus er⸗
lläre, daß die Bekanntgabe dieser Ernennungen sich bisher ver⸗
zoͤgert hat.
Berlhin. Der Kaiser wird am Montag von Babelsberg
in das hiesige königliche Palais übersiedeln und daselbst dis zur
Abreise nach Königsberg (4. September) verweilen.
Berlin. In Folge der kriegerischen Verwidelung zwischen
Peru, Bolivia und Chile ist es nothwendig erschienen, für eine
Jarkere Vertretung der deuischen Kriegsflagge an der Westküste von
Südamerika Sorge zu tragen. Zu diesem Zwecke ist die Bildung
ines aus zwei schweren Korvetten und einem Kanonenboot bestehen⸗
den Odservationsgesoͤwaders angeordnet. Die Panzerkorvette Hansa
befiadet sich dekanntlich schon seit einiger Zeit im Stillen Ocean.
Zu derselben wird in Kurzem noch eine der auf auswärtigen Sta⸗
ionen befindlichen Korvetten und endlich das Pauzerkanonenboot
Dyäne, dessen Indiensistellung möglichst beschleunigt wird, hinzu—
treten. Zum Olktober werden außerdem noch drei Korveiten, die
gedeckte Korvette Vineta“ und die Glattdeckskorvetten Victoria und
Augusta zum Ersatz der auf der ostasiatischen und australischen
Station befindlichen Schiffe in Dienst gestellt.
Die praktische Durchführbarkeit des Gesehes gegen die Verfäl⸗
hung von Nahrungsmittteln ꝛc. erheischt eine Anzahl eingehender
Jdus führungsbestimmungen. Dieselben erfordern sehr umfangreiche
Arbeiten, mit welchen man im Reichsgesundheiteamt augenblicklich
zeschaͤftigt ist.
Zu den neuesten großartigen Eisenbahn⸗—
inkaufsprotetten der preußischen Regierung
zemerlt die NRat.“Iig.: „Das in der Berlin⸗Anhalter Bahn ange⸗
egte Kapital betraäͤgt Ml. 107,250, 000; dabon sind M. 51,150, 000
Stammaktien, Mk. 55,500,000 41 procentige Prioriläten. Das
Unlagekapital der Rheinischen Bahn beziffect sich auf M. 447,600,000;
zavon Stammaklien 220,575,000, Prioritäls-Stammaktien
,425,000 und Prioritäten 222. 600, 000 (größtenthe 18 zu 422 pCt. ).
Duzu kommen noch Mk. 37,500,000 Stammaktien der Call Trierer
fisenbahn. Es handelt sich also um ein Geschäft im Werth von
Mk. 600, 000,000, und mit der Stettiner, Berlin⸗Potsdamer,
Mazdeburg-Halberstädter, Hannover-Altenbekener und der Köln⸗
MNindener Eisenbahn, zusammen von ungefähr anderthalb Milliarden
Mark. Man sieht, wir sind wiederum in einer Milliardenzeit an⸗
gelangt. Führen die Verhandlungen zum Abschluß und findet fich
m Landtaz die Majorität für die Ecwerbung dieser 6 großen Ei⸗
enbahnen, so wäre die Verstaatlichung der preußischen Esenbahnen
in der That so weit durchgeführt, daß alsdann zu thun fast nichts
nehr üdrig bleibt. Zunädhst bleibt indeß noch die Vorfrage, ob
die Altionaͤre der beiden letztgenannten Bahnen, insbesoudere der
Rheinischen, die Begründung des niedrigen Gebots als richtig an⸗
exkennen und sich zur Annahme disselben bereit fiiden werden. Was
die Entscheidung der Ankaufsfrage im Abgeordnetenhause anlangt,
o kann es nur erwünscht sein, wenn die Reg'erung die bezüglichen
Vorlagen vereinigt vor den Landtag bringt. Auf diese Weise
vird wenigsteas die ganze Tragweite der Maßregeln unverschleiert
bor Augen treten.“
Ausland.
Paris, 30. Aug. Die deuisch⸗ russische Spannung be⸗
häfrigt hier alle Blätter. Das „National“, indem er die Missson
des Freiheren v. Manteuffel nach Warschau bespricht, ersieht darin
ine augenblicklich verpflichtende friedliche Erscheinung, ftagt aber,
velche dauernden Chancen des guten Einvernehmens dadur h erzielt
verden.“ Die ‚Estafette“ meint, die augenblckliche Mißstimmung
zer beiden alten Freunde Deutschland und Rußland läßt scheinen,
als ob Deutschlund von dem Wohlwollen Rußlands absieht, um
ich die All anz mit Oesterreich zu reserviren, welches den besten
Vortheil aus der Situation ziehen wird. In einem Wiener Briefe
ührt die „République frargaise“ aus, daß, je mehr sich Deutsch⸗
and von Rußland entferne, es genöthigt sei, sich an Oesterreich
inzuschließen. Andererseits sei es klar, daß, je mehr Oesterreich
m Orient vorrücke, es um so mehr verpflichtet sei, sich mit Deuisch⸗
and zu liiren und in Folge dessen auch um so mehr in Abhängig⸗
leit von Deutschland gerathe.
Petersburg, 31. Auz. Bestinstru'rte Kreise nennen
den Fürsten Donduloff Korsakoff als General-Gouberneur von Odessa,
wvohin derselbe mit seinem Siabe abgereist ist. Totleben geht in
derselben Eigenschaft nach Warschau.
Rermischtes.
F Aus Zweibrücken, 29. August schreibt man der
„Ksrs!. Z.“: Wie wir aus sicherer Quelle hören, haben sich zwei
Officiere der Zweibrücker Garnison duellirt und soll der eine, Lieule⸗
nant Merkel, schwer verwundet vom Platze getragen worden sein.
J Zweibrücken, 1. Sept. Gutem Vernehmen nach wird
der Herr Bischof Ehrler von Speyer am Samstag den 4. Oklober
nächsthin hierherlommen, um an diesem Tage die feierliche Ein⸗
weihung der kathol. Kirche vorzunehmen und am darauffolgenden
Zonniag hier zu firmen. (Zw. 3.)
F Metz, 80. August. Morgen früh rüden der Stab, die
l. und 8. Compagnie des Pionier-Vatls. Rr. 15, welche wahrend
der großen Herbstübungen der 31 Dwision zugetheilt sind,
von hier ab, die beiden Infanterie-Regimenter der baierischen
Besatzungs⸗Brigade, welche gestern ihre Brigade ˖Uebungen deschlossen
haben, sowie die Dragoner⸗Regimenter Nc. 10 und 183 und das
Alanen⸗ Regiment Nr. 4 verlassen nächsten Montag die Garnilon,
die frei werdenden Kasernements werden schon am selben Tage,
also am 1. September, durch die hier eintückenden Truppen der
16. Division und zwar Jaftr.⸗Rat. Ne. 30 und 70, Jäger-Batl.
Nt. 8 und das Dragoner⸗Regt. Nr. 7 bezogen.
fWuürzbarsg, 29. Aug. Der Mörder der Glaser'schen
Eheleute ist ermittelt: ein schon seit einiger Zeit in der Frohnfeste